Häufig scheint es gefordert die Notwendigkeit von Bewegungs- und Entspannungsverfahren, gerade auch in der Suchttherapie, zu erläutern und zu verteidigen. Das Bewegen ist aber, als fortwährender, sich entfaltender Prozess, zentraler Aspekt des Lebens selbst, so dass über den Sinn und Zweck desselben nicht weiter diskutiert werden müsste (vgl. SCHRÖDINGER 1951, WEINBERG 2004). WEINBERG erläutert, dass es vielmehr wichtiger ist das Bewegen in Hinblick auf dessen Qualität, also dessen Einfluss auf beispielsweise Lebendigkeit, Gesunderhaltung, Lebensgenuss und Freizeitgestaltung, zu untersuchen (ebd. 2004, 186-187).
Nach meiner Erfahrung in der Arbeit mit Suchtmittelabhängigen, stellt das Qigong einen Weg dar, welcher Entwicklung, Sinnfindung und Heilung fördern kann, gerade auch für Menschen mit solchen Problematiken. Dies werde ich in der vorliegenden Arbeit darlegen und begründen.
Einen Schwerpunkt bildet hierfür die Darstellung des, bisher unveröffentlichten, Modells Wilhelm MERTENS’ zur Suchtentstehung und den Wirkmechanismen, die das Qigong für betroffenen Menschen bietet. Wilhelm MERTENS ist dipl. Bioingenieur, und seit 20 Jahren Qigong- und Taijiquanlehrer. Er leitet die Schule für „bewegende und berührende Künste“ in Hamburg (gemeinsam mit Dr. M. PLÖTZ), ist Vorsitzender des dt. Dachverbandes für Qigong und Taijquan und war mehr als 10 Jahren in der Suchthilfe (bei der Therapiehilfe e.V., Hamburg) als Qigonglehrer tätig. Auch mein Qigonglehrer ist er seit einigen Jahren.
Sein Erklärungsmodell zeichnet sich durch eine positive Wertung des Drogenabhängigen aus. Ursächlich für dessen Erkrankung ist nach MERTENS kein Mangel, sondern eine besondere Sensationsfähigkeit, die allerdings nicht ausreichend bewältigt wird.
Nach der Darlegung des Modells, werde ich es mit Theorien der Krankheits- und Gesundheitsforschung, vor allem dem Salutogenese-Modell und dem Vulnerabilitäts-Stress-Modell, in Beziehung setzen. Zudem stelle ich im Laufe der Arbeit, an verschiedenen Punkten, Bezüge zur Biophotonenforschung und -analyse her. Ihr vitalistischer und quantenphysikalischer Hintergrund lässt lebendige Prozesse unter einem anderen Blickwinkel als die klassische Schul-wissenschaft begreifen. Die Biophotonenanalyse macht Gesundheit und Lebendigkeit messbar und bietet so die Möglichkeit, auch die Einflüsse des Qigong auf den Menschen, unter diesen Gesichtspunkten zu betrachten.
Folgend wende ich mich der eigentlichen Suchtforschung zu, lege Probleme in der Definition des Sucht- und Abhängigkeitsbegriffes dar, um das Phänomen „Sucht“ dann aus biochemischer, lerntheoretischer und lebendigkeitstheoretischer Sicht zu skizzieren.
Weiterhin stehen das Qigong und seine möglichen Wirkungen, bezogen auf die zuvor beschriebene Zielgruppe, im Vordergrund. Hierfür führe ich kurz in das Qigong ein und stelle Parallelen zwischen dem traditionell chinesischen Denken und der Biophotonentheorie her. Ich schildere Wirkzusammenhänge, die im Qigong begründet sind, wie das Eintauchen in das Wahrnehmen und Regulationsmöglichkeiten emotionaler und physiologischer Prozesse, sowie Erfahrungen des Einsseins und sinnstiftende Aspekte. Abschließend benenne ich Gefahren und Widerstände, die beim Praktizieren und Vermitteln auftreten können.
Mir ist bewusst, dass der weit gefächerte Charakter dieser Arbeit auf Kosten einer Vertiefung einzelner Themen und Aspekte geht. Da aber MERTENS Modell unveröffentlicht ist und in diesem Bereich noch nicht viele Publikationen zu finden sind, möchte ich zunächst eine Standortbestimmung vornehmen.
Die Biophotonentheorie und ihre Konsequenzen, die immer wieder in diese Publikation einfließen, sind nur begrenzt bekannt, daher hier eine kurze Einführung.
Einführung in die Biophotonentheorie
Die Biophotonentheorie bietet ein revolutionäres Erklärungsmodell, sowohl für das Verständnis aller Lebensprozesse, als auch für die Wirkungen des Qigong im Sinne einer Kohärenztherapie. Ausgehend von Quantenphysik, Biologie und vitalistischer Tradition, basiert dieser Forschungszweig auf Forschungen und Erkenntnissen namhafter Wissenschaftler, wie Alexander G. GURWITSCH, Fritz-Albert POPP, Ilya PROGOGINE (Nobelpreisträger für Chemie 1977) und Erwin SCHRÖDINGER (Nobelpreisträger für Physik 1933).
Als die Geburtsstunde der Biophotonentheorie wird ein Experiment (1922) GURWITSCHs – ein russischer Biologe und Mediziner – betrachtet. Er stellte fest, dass es bei jungen Zwiebelwurzeln an der Stelle zu vermehrtem Zellwachstum kommt, auf die eine zweite Zwiebelwurzel gerichtet ist. Diese Wachstumsstimulation unterblieb, sobald er die Zwiebeln durch Fensterglas trennte (schirmt ultraviolettes Licht ab), erfolgte aber bei Quarzglas (ist durchlässig für ultraviolette Strahlung). Dies ließ den Schluss zu, dass Licht (elektromagnetische Strahlung) im ultravioletten Bereich für diesen Effekt verantwortlich ist. GURWITSCH nannte dieses Licht „mitogenetische“, also zellteilungsauslösende Strahlung (siehe ebd. 1926).
Diese mitogenetische Zellstrahlung konnte 1975 von RUTH, mittels eines ultraempfindlichen Lichtvervielfachers, zweifelsfrei nachgewiesen werden (vgl. RUTH 1977). Das Spektrum erstreckt sich nicht nur auf den UV-Bereich, sondern auch über den sichtbaren bis in den Infrarotbereich hinein. Diese Zellstrahlung ist ultra schwach und kohärent, wie Laserstrahlung und eignet sich so ideal zur Informationsübertragung (vgl. POPP 1984).
Kohärenz bedeutet hier keine starre, unflexible Ordnung, sondern eine dynamische Stimmigkeit, ein multiplikatives Zusammenwirken (lat. cohaerere = zusammenhängen, verbunden sein, Bestand haben). Sie bedingt, dass geringe Energien notwendig sind, um nachhaltige Wirkungen zu erzielen. POPP verwendet das Bild einer gleichmäßig schwingenden Schaukel, um Kohärenz zu verdeutlichen: „Schon der nächste Schub könnte eine einmal in Gang gesetzte Bewegung wieder bremsen, wenn er nicht ‚rhythmisch‘, hier stets synchron mit der Schwingung, erfolgte. Andererseits vermögen beliebig schwache Impulse, ‚kohärent’ in die Geschwindigkeitsrichtung der Schaukel angesetzt, hohe Amplituden und beständige Schwingungen anzuregen“ (ebd. 1984, 100).
WEINBERG (2004, 186) definiert Kohärenz als „ein Maß des Zusammenwirkens aller Zellen und Organe, das auf der Fähigkeit beruht, frequenzkodierte Information mit elektromagnetischen Wellen zu übertragen“ (vgl. auch MER-TENS Definition des „Qi“, S. 39).
Die Biophotonentheorie geht davon aus, dass die Zellstrahlung ein kohärentes und dynamisches Biophotonenfeld (Photonen sind Lichtquanten) an der Laserschwelle bildet, welches den Organismus mit allen seinen stofflichen Prozessen einbettet, informiert und somit reguliert.
Die Laserschwelle beschreibt einen Bereich genau an der Grenze zwischen kohärentem geordnetem Laserlicht und chaotischen herkömmlichen Licht. Zu behaupten Kohärenz wäre prinzipiell gut und chaotische Felder schlecht würde zu kurz greifen. Chaotische Felder bieten die Möglichkeit des Wandels, der Entwicklung. So kann das Feld an der Laserschwelle sowohl geordnet und interferenzfähig sein (wichtig z. B. bei hoher Stoffwechselaktivität), als auch Wachstum fördernd wirken, abhängig von dem jeweiligen Bereich in dem es schwingt.
Gespeichert und abgestrahlt wird das kohärente Licht vor allem durch die pulsierende Doppelhelix der DNS, aber auch durch pulsierende Zellorganellen, Neuronen, Transmitterrezeptoren, sowie der Muskulatur und dem Körperwasser. Diese schwingenden Systeme werden biologische Oszillatoren genannt. Es sind demnach rhythmische Bewegungen (Frequenzen), die den Organismus abstimmen und als Ganzes agieren lassen. „Lebende Organismen speichern von daher gesehen Beweglichkeit und Wirksamkeit (‚Energie’), die ‚immer bereit stehen und jederzeit mobilisierbar’ sind“ (WEINBERG 2004, 195).
Die Speicherfähigkeit für Licht, für Ordnung wird Resonatorgüte genannt und entspricht wiederum der Kohärenz eines Feldes. Sie kann Aufschluss geben über den Gesundheitszustand eines Organismus und ist um ein Vielfaches höher als beispielsweise bei einem technisch hergestellten Laser, so dass auch ultraschwache Strahlungsintensitäten ausreichend sind, um den Körper zu regulieren (vgl. BISCHOF 1995, 193).
Ein weiterer wesentlicher Begriff in der Biophotonenforschung, ist der der negativen Entropie. Sie steht im engen Zusammenhang mit der Resonatorgüte. Entropie meint die Tendenz zum Ausgleich aller Unterschiede (z. B. die Tendenz aller Energie sich von einem Gebiet höherer Konzentration in ein Gebiet niedriger Konzentration auszubreiten, vgl. BISCHOF 1995, 481). Entropie bedeutet also Strukturverlust, Zerfall. Allen lebenden Organismen ist aber auch das gegenpolige Prinzip die Neg-Entropie immanent: Die Fähigkeit Ordnung zu speichern, Struktur und Kohärenz zu erhalten.
Der Bereich der möglichen Anwendungen dieses Forschungszweiges ist groß. Die Biophotonenmessung ist nicht invasiv und mit relativ geringem Aufwand verbunden. Allerdings ist das hochdynamische Feld eines Lebewesens nicht mit nur einer Messung zu verstehen. Einen wichtigen Beitrag leistet die Biophotonentheorie bereits in der Krebsforschung, im Nachweis der Wirksamkeit von Homöopathie, Akupunktur, Qigong und in der Lebensmittelqualitätsanalyse (siehe BISCHOF 1995). Erklärbar werden Formungsprozesse, da das Biophotonenfeld als Blaupause dient.
Auch die emotionalen und heilsamen Wirkungen von Klängen und Musik, die ja ebenso aus geordneten Schwingungen besteht, werden nachvollziehbar.
Die Biophotonentheorie kann Brücken schlagen...