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Rapmusik in der Sozialen Arbeit mit Jugendlichen

AutorJochen Pries
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl74 Seiten
ISBN9783668032019
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis29,99 EUR
Bachelorarbeit aus dem Jahr 2014 im Fachbereich Soziale Arbeit / Sozialarbeit, Note: 1,3, Katholische Hochschule Nordrhein-Westfalen, Sprache: Deutsch, Abstract: Die positiven Erfahrungen, die ich innerhalb der Hip Hop-Szene gesammelt habe, begleiten mich bis heute. Sie haben maßgeblich Anteil, den Beruf des Sozial Arbeiters zu erlernen. Mit zwanzig Jahren gab ich meinen ersten Rapworkshop in einem Jugendzentrum. Die thematische Ausrichtung meines Angebots stieß auf viel Interesse bei den jugendlichen Zentrumsbesuchern. Sehr schnell war erkennbar, dass die Arbeit mit Rapmusik bei ihnen die gleichen positiven Effekte erzielte, wie damals bei mir. Die Auseinandersetzung mit Hip Hop im Allgemeinen und Rapmusik im Speziellen zog sich durch meinen gesamten beruflichen Werdegang, ebenso, wie durch mein Studium. Logische Konsequenz daraus ist, dass ich versuche, dem Phänomen Hip Hop und seinen Wirkungsweisen auf Jugendliche in der Sozialen Arbeit in meiner Bachelorarbeit auf den Grund zu gehen und seinen positiven Nutzen für die Jugendarbeit wissenschaftlich zu belegen. Die vorliegende Arbeit gliedert sich in fünf Kapitel. Das erste setzt sich mit der Entstehungsgeschichte der jugendkulturellen Szene 'Hip Hop' auseinander. Es werden Besonderheiten der Kultur, Verhaltensweisen, Wert- und Normvorstellungen, die vier Elemente der Szene sowie der Import nach Deutschland erläutert. Im zweiten Kapitel folgt ein Definitionsversuch der Lebensphase 'Jugend' sowie eine tiefer gehende Auseinandersetzung mit den Funktionen und Wirkungsweisen von Jugendkulturen und (Rap)Musik auf Jugendliche. Der dritte Teil dieser Arbeit soll zeigen, welche Auswirkung Musik und das aktive Musizieren auf Menschen in der Adoleszenz hat und darüber hinaus, welche kompetenzfördernden Mechanismen das Musizieren für die Soziale Arbeit birgt. Darauf folgend findet eine Kopplung statt. Das musikalische Stilmittel Rap wird in die Soziale Arbeit eingebettet. Des Weiteren enthält dieser Abschnitt Erläuterungen zu den Anwendungsgebieten innerhalb der Jugendarbeit, den Anforderungen an die Soziale Arbeit und sozialpädagogische Zielsetzungen. Der Abschluss dieses Abschnitts befasst sich mit der Integration von Rapmusik als Hilfsmittel in das Sozialarbeiterische Konzept der Lebensweltorientierung nach Hans Thirsch. Im Schlussteil dieser Ausarbeitung werden von mir selbst durchgeführte Projekte, welche die Rapmusik zum Gegenstand bzw. Hilfsmittel hatten, vorgestellt.

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Leseprobe

3. Die Lebensphase Jugend


 

Die Befassung mit dem Thema 'Rapmusik in der Sozialen Arbeit mit Jugendlichen' setzt neben der grundlegenden Erläuterung des Phänomens 'Hip Hop' auch eine Definition dessen, was unter 'Jugend' zu verstehen ist, voraus.

 

Die Phase der Jugend ist rudimentär formuliert eine Zwischensequenz der beiden Lebensbereiche Kindheit „(als Zeit weitestgehender Bevormundung zum Schutz vor Selbstgefährdung)“[46] und dem Erwachsensein „(als Zustand umfassender Selbstverantwortlichkeit und moralisch geforderter Fremdsorge)“[47].

 

Die Schwierigkeit der genauen Verortung dieser Zwischensequenz, also der Übergangsphase von der Kindheit in die Phase der Jugend und die darauf folgende Phase des Übergangs, von der Jugend in das Erwachsenenalter, liegt in der unklaren Trennschärfe. Die Lebensphase der Jugend ist ein Bereich, der eine genaue zeitliche Bestimmung der Altersgrenzen aufgrund seiner Offenheit nicht zulässt. „Man kann nicht sagen, dass ein Individuum ab dem Alter oder Tag X zum Jugendlichen und ab dem Alter oder Tag Y zum Erwachsenen wird.“[48]

 

Nach rechtlichen Gesichtspunkten, genauer, nach dem achten Sozialgesetzbuch, ist jugendlich, der „14 aber noch nicht 18 Jahre alt ist“[49]. „Im Strafrecht wird zwischen dem noch nicht strafmündigen Kind, dem Jugendlichen (14-17 Jahre) und dem Heranwachsenden (18-20 Jahre) unterschieden.“[50]

 

Der Zeitpunkt des Eintritts in die Jugend, der Verbleib in diesem Stadium des Lebens, sowie der des Austritts aus ihr, ist nicht nur höchst individuell, „sondern auch in den verschiedenen Kulturen und ihren sozialen Schichten sehr unterschiedlich“[51]. Als biologisches Merkmal für den Eintritt in die Phase der Jugend kann das Erreichen der Geschlechtsreife, also, die beginnende Pubertät dienen. Die pubertäre Phase umfasst junge Menschen in der Altersspanne von ca. 12 bis 18 Jahren und somit die Kerngruppe der Jugendlichen.

 

„[…] In den Sozialwissenschaften gelten als Voraussetzungen für die Ausbildung von Jugend als sozialem Phänomen u.a. die Freistellung von Arbeit und anderen Verpflichtungen der eigenverantwortlichen Lebenssicherung sowie die Zusammenführung der Heranwachsenden in gleichaltrigen Gruppen.“[52] Junge Menschen bis 21, die Heranwachsenden, lassen sich in die Kategorie 'nachpubertäre Phase' einordnen. Darauf folgt die Phase der 'Postadoleszenz'. Postadoleszenz beschreibt eine weitere Lebensphase Heranwachsender, welche zwischen Jugend und Erwachsenenalter eingeordnet wird.

 

Der Zeitpunkt des Austritts aus der Jugend, hinein in das Erwachsenenalter, ist dagegen weit schwieriger einzugrenzen. Für die Soziologie beginnt das Erwachsensein mit Eintritt in das Erwerbsleben und somit der Selbstsicherung der wirtschaftlichen Verhältnisse. Dies kann sich „[...] abhängig von Lebensumständen und Chancen […] in der Spanne von 18 bis 30 Jahren hinziehen“[53].

 

Die Phase der Jugend beschreibt also die Zeitspanne im Leben junger Menschen vom Übergang des Kindseins in die Pubertät bis hin zum 'fertigen' erwachsen sein.

 

Doch Jugend ist nichts natürliches im eigentlichen Sinne des Wortes 'natürlich'. Jugend ist etwas 'kultürliches'. Jugend ist ein „[...] Kulturphänomen [,welches] einerseits durch eigenständige Inhalte und Lebensvollzugsformen seine Konturen gewinnt, andererseits wegen seiner enormen Heterogenität nur schwer zu fassen ist“[54].

 

Losgelöst von der Dauer der Lebensphase Jugend, ist sie ein besonderer Abschnitt in der Entwicklung des Menschen. Durch den stetig fortschreitenden Abspaltungsprozess vom eigenen Elternhaus geht ein Stück des Schutzes, welcher das Kindsein impliziert, verloren. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass Jugendlichen die Option geboten wird, an der Gestaltung ihrer Umwelt zu partizipieren. Dies geschieht durch den kommunikativen Diskurs mit z.B. Eltern, Verwandten, Lehrern und Freunden über soziale Norm- und Wertvorstellungen oder einfach durch Grenzüberschreiten. Durch den Versuch, über eigene Neigungen und Haltungen zu diskutieren und sie durchzusetzen, entwickeln Jugendliche die ersten Entwürfe ihres Selbstkonzeptes. Häufig nach dem 'try and error'-Prinzip.

 

Das Stadium der „soziokulturellen Altersphase“[55] Jugend birgt für die Betroffenen die Gefahr, mit dem Gesetz in Konflikt zu geraten, da ihnen rechtliche Regelungen, wie die der Strafmündigkeit ab dem 14. Lebensjahr aufgezeigt werden. Die „[...] im Spannungsfeld von eigenen Neigungen und der Reaktion und dem Zuspruch des Umfeldes entwickelte Identität kollidiert in der Jugend typischerweise […] mit gesellschaftlichen Wertemustern [...]“[56].

 

„[...] Jugend ist die Zeit, in der Menschen sich in der Wirklichkeit so orientieren müssen, dass sich ihnen ein Bild von der Wirklichkeit und von ihrer eigenen Rolle in ihr ergibt. Jugend ist die Zeit der wachen Erfahrung von gesellschaftlichen und eigenen Lebensmöglichkeiten, die Zeit, in der sich die eigenen Optionen und Erwartungen ausbilden in der Auseinandersetzung mit Vorgaben, Erwartungen und vor allem auch im Widerspruch zu Ihnen. Jugend ist eine Zeit des Fragens, Suchens, und Experimentierens mit den eigenen Möglichkeiten, eine Zeit des Kampfes um die eigene Identität.“[57]

 

Ein weiterer zentraler Faktor für die Identitätsbildung und Sozialisation junger Menschen in der Adoleszenz, ist die Gruppe der Gleichaltrigen, die Peergruppe. „Mehr als zwei Drittel der Jugendlichen (71%) [gaben] in 2010 an, Mitglied einer Clique zu sein.“[58] „Kameraden spielen in der Zeit des 'Nicht-mehr-Kindseins' und 'Noch-nicht-Erwachsenseins' eine wichtige Rolle und helfen bei der Bewältigung entwicklungsspezifischer Aufgaben wie etwa der Identitätsfindung während der Pubertät.“[59]

 

Werte und Normen werden meist von 'Obrigkeiten', von 'höherer Stelle', wie Eltern und Schule vermittelt. Durch das oben angesprochene Spannungsfeld, bestehend aus gesellschaftlichen oder familären Wertesystemen und dem Prozess der Identitätsfindung, als Folge der Ablösung von Familie, wird die Freundesgruppe zu einer Art 'Testfeld', in dem neue, reifere Verhaltensweisen sowie eigene Norm- und Wertvorstellungen erprobt und vermittelt werden.

 

Die Gruppenstrukturen Gleichaltriger, in welcher Jugendliche eine gleich-berechtigte Position und gleichen sozialen Status innehaben, sind von immenser Wichtigkeit. „Die Hierarchie im Elternhaus, die 'Deutungshoheit' über Werte und Normen existiert so nicht, und diese Gleichberechtigung ist ein wichtiges Merkmal für befriedigende soziale Kontakte.“[60] Mit der Peergruppe können jugendrelevante Themen behandelt werden, z.B. Konflikte mit den Eltern, erste sexuelle Kontakte, problematische Phasen in der Schule.

 

Dies geschieht in einer Form, wie es junge Menschen mit den Eltern nicht können oder wollen. Der Austausch innerhalb der Freundesgruppe leistet Hilfestellung bei der Problembewältigung. Wissens- und Erfahrungsdefizite, sowie Vorsprünge, werden durch das reziproke Kommunikationsverhalten ausgeglichen. Die Peergruppe wird zum „Medium der Ablösung vom Elternhaus“[61]. Jugendliche schaffen sich „[...] eine eigene Welt, in der man sich nach eigenen Regeln mit seinesgleichen bewegen kann“[62].

 

Jungen und Mädchen in der Phase der Adoleszenz suchen und finden ihre Peergruppen durch gemeinschaftliche, altersspezifische Interessenlagen jugendrelevanter Themen wie Mode, Musik, Filme, den Kontakt zum anderen (oder gleichen) Geschlecht und vor allem durch die damit verbundene Gestaltung gemeinsamer Freizeitaktivitäten. Die Gruppe der Gleichaltrigen ist „[...] essentiell für die Ausprägung von Verhaltensweisen, der Art und Weise sich zu kleiden, […] die Ausbildung des Musikgeschmacks [und] des Interaktionsverhaltens“[63].

 

Verbindendes Element aller Jugendlichen ist die „gemeinsame Generationslage“[64] trotzdem sind sie nicht als heterogene Gruppe anzusehen. Ganz im Gegenteil. Laut Zimmermann sind sie „sozial, geschlechtlich, politisch, religiös und auch zum Teil ethnisch differenziert“[65]. Daraus lässt sich ableiten, dass nicht pauschal gleiche Interessen für die gesamte Kohorte der Jugendlichen vorhanden sind. Interessenpräferenzen sind je nach Vorlieben, Freundeskreis und Lebensabschnitt unterschiedlich.

 

Durch Zuordnung zu Peergruppen gleicher Interessenlage entstanden über die Zeit eine Vielzahl differenter Jugend(sub)kulturen mit differenten sprachlichen Besonderheiten, optischen Merkmalen, eigener Musik und speziellen Ritualen. „Von einer jugendlichen Subkultur kann gesprochen werden, wenn ein Interaktionssystem innerhalb der umfassenden Gesellschaft entstanden ist, das von Jugendlichen dominiert ist [...].“[66] Auf die Besonderheiten von Jugendsubkulturen wird im weiteren Verlauf dieser Ausarbeitung näher eingegangen.

 

Neben all den oben genannten Faktoren, den Hürden und Schwierigkeiten, die junge Menschen in ihrer...

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