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E-Book

Rauchpause

Wie das Unbewusste dabei hilft, das Rauchen zu vergessen

AutorMaja Storch
VerlagHogrefe AG
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl132 Seiten
ISBN9783456755960
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis14,99 EUR
Warum raucht man eigentlich? Warum kann man nicht einfach wieder aufhören? Und warum ist es so qualvoll, mit dem Rauchen aufzuhören? Was hat die Psyche mit dem Rauchen zu tun? Die Erfolgsautorin und Psychologin Maja Storch zeigt in ihrem Buch, dass beim Wunsch, mit dem Rauchen aufzuhören, nicht nur der körperliche Entzug bedacht werden muss. Auch das psychische System, vor allem das Unbewusste, muss damit einverstanden sein, denn die Zigarette hat meistens auch mit persönlicher Identität zu tun. Storch zeigt, dass das Rauchen durch unbewusste Lernvorgänge mit positiven Erinnerungen verknüpft ist, die - oft unbemerkt - zu einem Bestandteil der eigenen Identität werden. So kann z. B. die Zigarette (die ein Cowboy auf einem Pferd raucht) mit Freiheit und Abenteuer verbunden sein, ohne dass dies jemals so richtig bewusst wird. Daher ist nicht nur der körperliche Entzug ein Thema sondern auch die Neuorganisation des gesamten psychischen Systems: Es braucht eine neue Identität, die sich auch ohne das Rauchen gut und «komplett» anfühlt. In «Rauchpause» werden anschaulich die theoretischen Grundlagen, die zum Verständnis dieser Zusammenhänge benötigt werden, erläutert. Anschließend wird anhand des amüsanten Beispiels der Autorin selbst und weiterer Fallbeispiele gezeigt, mit welchen Schritten ein qualfreier, identitätsgerechter Neubeginn in die lebenslange Rauchpause eingeleitet werden kann. Das Buch entstand auf Initiative der Lungenliga Zürich.

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Leseprobe

7 Mit dem Rauchen aufhören


Rauchen aufhören: erster Versuch


Mein guter Grund war also gefunden in Gestalt von Camilla Parker Bowles und ich hatte den Plan, das Rauchen aufzugeben. Wenn man mit dem Rauchen aufhören möchte, gibt es zwei Möglichkeiten: die Sofort-von-heute-auf-morgen-Methode oder die langsamere Schritt-für-Schritt-Variante. Was die langsame Variante betraf, so traute ich mir selbst dabei nicht über den Weg, denn ich hatte die Sorge, dass diese Wahl nur ein kläglicher Versuch meinerseits sei, das Nichtrauchen hinauszuzögern – eine Art billiger Selbstbetrug. Darum begann ich mit der Sofort-Methode. Ich wählte dazu eine ähnliche Situation wie Urs, der Fliesenleger, denn ich kenne einige Menschen, die nach einer erkältungsbedingten Abstinenz einfach nicht wieder mit dem Rauchen angefangen haben und auf diese Art Nichtraucher geworden sind.

Meine alljährliche Erkältung kam pünktlich, die Halsschmerzen ebenfalls, das Rauchen schmeckte nicht. Ich rauchte ohne Probleme krankheitshalber drei Tage nicht, die Halsschmerzen vergingen, ich war wieder gesund. Ich rauchte weiterhin nicht. Mein erster gesunder Tag im Büro ohne Zigarette verlief ziemlich gut, bis ich einen Anruf von der Kostenstelle bekam, die mich auf einen Abrechnungsfehler hinwies, der mich eine beträchtliche Summe kosten würde. Stress. Ich rauchte nicht, aber die Zigarette fehlte mir. Am Feierabend bestieg ich wie üblich den Zug von Zürich nach Schaffhausen. Normalerweise setzte ich mich ins Raucherabteil, man kannte sich da schon, es waren immer dieselben Gesichter, so eine Art Pendler-Feierabend-Club. Ich rauchte ja nicht, darum setzte ich mich zu den Nichtrauchern. Unbekannte Gesichter und irgendwie alle so gesund und vernünftig. Langweilig und schal. Ich kam mir vor wie eine Frührentnerin. Im Raucherabteil, das man durch eine Glasscheibe beobachten konnte, qualmte es gemütlich. Ich saß elend auf dem Trockenen. Aber ich hielt durch.

Zu Hause angekommen wurde es am schlimmsten. Ich trank ein Glas Rotwein und die Zigarette dazu fehlte mir ganz fürchterlich. Das Vergnügen war halbiert. Beim Gespräch mit meinem Mann wusste ich nicht, wohin mit meinen Händen. Ich war nervös und gereizt. Das hielt ich drei Tage durch. Am Abend des vierten Tages bestiegen meine Beine wieder das Raucherabteil im Zug, weil ich selbst ja keine Zigaretten mehr hatte, fragte ich einen Bruder im Geiste nach einer, die ich bereitwillig erhielt, und war wieder ein lebendiger, vollständiger Mensch.

Mir war klar, dass die Sofort-Methode bei mir niemals funktionieren würde, denn ich fühlte mich dabei in meiner kompletten Identität bedroht. Von meinem Lebensgefühl her, hatte das Nichtrauchen mit dem Lebensende viel mehr zu tun als das Rauchen. Logisch ist das nicht, ich weiß, aber das Unbewusste ist eben nicht an Logik gebunden. Eine ähnliche Beschreibung erhielt ich kürzlich von einer Seminarteilnehmerin. Sie hatte beschlossen mit dem Rauchen aufzuhören, und sich dazu bei einer Akupunktur-Ärztin angemeldet. Sie beschrieb, dass sie die Tage vor dem Akupunktur-Termin die doppelte Menge geraucht habe, auf Vorrat sozusagen, und dass sie sich gefühlt habe, als handele es sich bei diesem Termin um eine Verabredung mit EXIT oder Dignitas.

Aus psychologischer Sicht, aus der Perspektive des Unbewussten, wird in der Tat etwas symbolisch zum Sterben begleitet, ein Persönlichkeitsanteil nämlich. Der Persönlichkeitsanteil, der das Rauchen großartig fand, wird von einer Sekunde auf die andere in Rente geschickt oder für unbedeutend erklärt. Aus der Sicht des Unbewussten ein Meuchelmord. Viele Rauchende, die mit der Sofort-Methode aufhören, beschreiben eine lange Zeit der Qual und der inneren Kämpfe. Diese Kämpfe sind – metaphorisch gesprochen – die Überlebenskämpfe der Rauch-Persönlichkeit.

Ich füge an dieser Stelle zwei Textauszüge aus einer Publikation zum Nichtrauchen ein, damit deutlich wird, was ich mit dem Sterben der Rauch-Persönlichkeit meine (DE CORBAN, 2004). Es handelt sich um eine Art Kummerkasten, bei dem Nichtraucher in spe ihre Sorgen schildern können und ein Arzt ihnen gute Tipps gibt.

Wohlgemerkt! Die Arzt-Antworten sind aus der Sicht des Verstandes sachlich völlig richtig und gut. Ich selbst esse jeden morgen warmen Brei mit Kompott und liebe inzwischen dieses Frühstück, es bekommt mir viel besser als die frühere Kaffee-Zigi-Variante. Das weiß ich heute. Wenn man mir jedoch damals, bei meinem ersten Versuch mit dem Rauchen aufzuhören, in Aussicht gestellt hätte, dass mein Leben «danach» aus Grüntee, Getreidebrei und der bedächtigen Herstellung von Apfelschnitzen bestehen würde, dann hätte mein Unbewusstes damit das Altersheim assoziiert und mit Sicherheit ein energisches Veto eingelegt. Ich wollte ja nur aufhören zu rauchen, ich wollte ja nicht gleich eine Heilige werden.

Weil ich selbst Psychologin bin, wurde mir nach dem ersten Versuch klar, dass es für mich niemals in Frage kommen würde, mit der Sofort-Methode zu arbeiten. Ich hatte keine Lust auf mehrwöchige Qualen. Außerdem war mir zuviel über die Arbeitsweise des Unbewussten bekannt, als dass ich es bei meiner Sammlung von Assoziationen für aussichtsreich hätte halten können, meine Rauch-Persönlichkeit zu opfern und mich damit erfolgreich zum Nichtrauchen zu zwingen. Die Folgerung war klar: Ich musste nach einer Methode Ausschau halten, die mit dem Unbewussten und nicht gegen das Unbewusste funktioniert.

Raucherin-Frage: Es ist mir eine liebe Gewohnheit, nach dem Essen einen heißen, frischen Espresso zu trinken und dazu selbstverständlich eine Zigarette anzuzünden. Diese Vollendung der Mahlzeit ist für mich seit Jahr und Tag die Krönung. Jetzt habe ich den Vorsatz gefasst, mit dem Rauchen aufzuhören, doch allein der Gedanke an die «Leere» nach dem Essen macht mich nervös, und ich befürchte, dass just dann der Verzicht auf die Zigi zum Stolperstein meiner Pläne wird, oder kann ich mich selbst überlisten?

Arzt-Antwort: Ändern Sie Ihren Lebensstil und machen Sie es sich zur Gewohnheit, nach dem Essen einen Grüntee zu brauen… alternativ: Schälen Sie sich stattdessen langsam und bedächtig einen Apfel, zerlegen Sie ihn in Schnitze und freuen Sie sich danach über das grandiose Gefühl: Ich hab’s schon wieder geschafft!

Raucher-Frage: Mein Tag fängt normalerweise mit einer Tasse Kaffee und einer Zigarette an...Wenn ich nun die Zigarette weglasse, wird mir auch der Kaffee nur noch halb so gut schmecken. Wie soll ich dann noch lustvoll einen strengen Arbeitstag in Angriff nehmen?

Ärztin-Antwort: … Optimal wäre ein warmes Frühstück aus gekochtem Getreide und etwas Früchtekompott … Sie können den Brei auch am Vorabend zubereiten und ihn dann nur noch dem gedünsteten Obst beigeben. Sie können Hirse oder Haferflocken verwenden, können Zimt oder Nüsse dazugeben, ganz nach Ihren Vorlieben.

Rauchen aufhören: zweiter Versuch mit dem Unbewussten


Im Lauf meiner Therapieausbildung habe ich mich auch mit Hypnose beschäftigt und halte sehr viel von dieser Methode, das Unbewusste themenspezifisch und zielgerichtet zu beeinflussen. Weil ich keine Zeit für Hypnose-Sitzungen während des Tages hatte, kaufte ich mir eine Serie von Nichtraucher-CDs von einer ausgewiesenen Expertin. Diese CDs waren technisch brillant gemacht. Sie waren so angelegt, dass man sie vor dem Einschlafen hören konnte, um die Suggestionen dann die Nacht hindurch unbewusst arbeiten zu lassen. Die CDs enthielten Suggestionen, die das Nichtrauchen betrafen und anschließend einen wunderbaren Text, der direkt zum Einschlafen überleitete. Man musste nur noch die Kopfhörer abstreifen und konnte direkt danach ins Reich der Träume gleiten.

Die Idee, auf der die Trance-Texte aufbauten, war die, zum Thema «Rauchen» abstoßende innere Bilder zu erzeugen und zum Thema «Nichtrauchen» attraktive innere Bilder. Auf diese Weise sollte allmählich eine emotionale Neubewertung herbeigeführt werden. In der Sprache der Verhaltenstherapie spricht man auch von «Konditionierung». Das Rauchen sollte an unangenehme Assoziationen gekoppelt werden, so dass man instinktiv, mit dem Okay des Unbewussten, allmählich eine Aversion gegen das Rauchen entwickelte.

Die negativen Bilder waren sehr eindrücklich. «Sie befinden sich in einem Bunker, in einem kleinen, engen Raum ohne Fenster, der gefüllt ist mit Zigarettenqualm… Ihre Augen tränen, Ihr Hals kratzt, Sie sehnen sich nach frischer Luft…» zum Fürchten. Auf einer anderen CD wurde man in der Imagination über einen Krankenhausflur geleitet, der mit beinamputierten ehemaligen Rauchern besiedelt war. «Sie riechen den Geruch von Krankenhaus und sehen die gelbliche Farbe des Linoleums. Die Gesichter der Kranken sind fahl und drücken Hoffnungslosigkeit aus. Ihnen wird übel und Sie sehnen sich nach einer fröhlichen, gesunden Umgebung.» Igitt. Nachdem auf diese Weise ein gehöriger Ekel vor dem Rauchen induziert worden war, wechselte das Bild und man wurde an einen Bergsee geführt oder auf eine duftende Sommerwiese, wo man mit vollen Lungen die süße, gute Luft genießen konnte.

Die CDs funktionierten bei mir ziemlich gut. Ich wurde negativ konditioniert, denn die üblen Rauch-Imaginationen konnten einem wirklich die Freude komplett verderben. Bloß das Ziel der negativen Konditionierung war nicht wunschgemäß. Mein Unbewusstes begann zwar, eine deutliche Abneigung zu entwickeln. Jedoch nicht gegen...

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