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Recht und Macht

Festschrift für Hinrich Rüping

AutorGeorg Steinberg
VerlagHerbert Utz Verlag
Erscheinungsjahr2008
Seitenanzahl423 Seiten
ISBN9783831608508
FormatPDF
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis47,99 EUR
In der vorliegenden Festschrift sind zum Zeichen der wissenschaftlichen Wertschätzung für und persönlichen Verbundenheit mit dem Jubilar Hinrich Rüping Beiträge seiner Freunde, Kollegen und Schüler gesammelt. Sie thematisieren im Spektrum des geltenden Rechts neben strafrechtlichen Fragestellungen auch das Strafverständnis des Privatrechts und des öffentlichen Rechts, die rechtsgeschichtlichen Beiträge reichen vom alttestamentlichen und mittelalterlichen Strafbegriff über spätmittelalterliches, barockes und frühneuzeitliches bis hin zum neuzeitlichen Strafverständnis.

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Leseprobe
1. Begehung (Seite 21)

Mit dieser Parallelisierung ist allerdings die Frage noch nicht beantwortet, ob die geläufig angewandten Zurechnungsregeln des Begehungsdelikts überhaupt richtig sind. Konkret, ist es richtig, das Erleichtern einer Erfolgsherbeiführung als Begehungsteilnahme – und dann freilich zwingend: das Nicht-Erschweren als Unterlassungsteilnahme – zu bestrafen? Armin Kaufmann hat für die Unterlassungsvariante nichts als Spott übrig: Soll ein Lagerwächter vor der Übermacht der eindringenden Feinde nicht fliehen dürfen, sondern verpflichtet sein, sich zur Erschwerung eines Diebstahls erst einmal fesseln zu lassen und sodann den Dieben mit kunstreicher Rhetorik die Schrecken einer verbrecherischen Existenz vor Augen zu führen? – Solche „Anstrengungen“, die auch Rüping, wie schon angeführt wurde, als „erkennbar sinnlos“ ansieht, kann es zwar beim Begehungsdelikt nicht geben, da die Verbotsnorm durch ein von Anstrengungen freies Unterlassen der Tatbestandsverwirklichung befolgt wird, aber aus dem Fehlen eines körperlichen Einsatzes folgt nicht, es könnten keine „Kosten“ entstehen, die sich auf ihren „Sinn“ befragen ließen. Das vermutlich bekannteste Beispiel sei hier als Frage formuliert: Warum darf sich selbst dann niemand ein gutes Trinkgeld verdienen, indem er für den Dieb die zum Einsteigen vorgesehene Leiter oder das Einbruchswerkzeug zum Tatort trägt, wenn dieser den Transport ansonsten ohne große Mühe allein bewerkstelligt hätte?
Das Argument, es dürften keine hypothetischen Sachverhalte „hinzugedacht“ werden (dass nämlich der Täter den Transport notfalls selbst geleistet hätte), zielt in die richtige Richtung, ist aber viel zu weit formuliert: Geradezu selbstverständlich dürfen hypothetische Verläufe natürlicher Art hinzugedacht werden. Beispielhaft, wer eine Alarmanlage zerstört, die freilich vor dem Erscheinen eines Diebes gewiss von einem umstürzenden Baum mitgerissen worden oder die wegen eines Stromausfalls funktionsuntüchtig gewesen wäre, hat zwar (neben vollendeter Sachbeschädigung) versucht, dem Dieb zu helfen, aber mehr auch nicht. Schon genauer spezifizierend heißt es teils, „ein strafbares Verhalten“ werde „nicht dadurch irrelevant, dass erforderlichenfalls auch ein anderer eingesprungen wäre“.
Blick ins Buch
Inhaltsverzeichnis
Vorwort10
Teil I „Strafe“ im geltenden Straf-, Zivil- und öffent­lichen Recht16
Natürlicher Zusammenhang versus gesellschaftliche Bedeutung. Zur Kausalität der Beihilfe18
I. Die Garantenstellung als Ansatz18
II. Erhaltung des Erklärungsmusters „Zurechnung“22
III. Kausalität25
IV. Weiterungen?28
Was bedeuten die in dem Katalog der Tatobjekte des § 306 Abs.1 StGB verwendeten Begriffe?30
Regelungsmodelle zur Vermeidung von Mehrfachverfolgung derselben Tat innerhalb der Europäischen Union50
I. Mehrfachverfolgungen im europäischen Rechtsraum, Gründe und Vermeidestrategien50
II. Begrenzung der nationalen Strafgewalt auf Grund der Prinzipien des internationalen Strafrechts des StGB56
III. Begrenzung der Strafrechtsgewalt anhand des „lex loci“- oder „lex mitior“-Grundsatzes66
IV. Begrenzung der Ausübung nationaler Strafgewalt durch § 56 Abs.3 IRG67
V. Begrenzung der Strafrechtsgewalt auf Grund der Schutzpflicht des Staates68
VI. Begrenzung nationaler Strafgewalt und Schutz der Rechte des Beschuldigten70
VII. Fazit71
Strafrecht im Wandel – Die Veränderungen im Sanktionssystem als Ausdruck zunehmender Punitivität?74
I. Bestandsaufnahme74
II. Erklärungen83
III. Schlussfolgerungen90
Liberale Potentiale des strafrechtlichen Rechtsguts­konzepts – Überlegungen zur „Inzest-Entscheidung“ des BVerfG vom 26.02.2008 – 2 BvR 392/07 –92
I. Einleitung92
II. Liberale Herkunft und liberale Potentiale des Rechtsgutskonzepts93
III. Das Rechtsgutskonzept und die „Inzest-Entscheidung“102
IV. Ergebnis109
Strafe im Privatrecht110
Kann Schadensersatz Strafe sein? Zum Wandel des Verhältnisses von Schadens­ersatz und Strafe unter Berücksichtigung von Gefährdungshaftung, Versicherung und Familienrecht126
I. Einführung126
II. Die „Zweispurigkeit“ von Zivil- und Strafrecht129
III. Präventive Elemente in der Gefährdungshaftung?134
IV. Versicherungsimmanente Lösungen als Alternative zur Strafbarkeit?136
V. Funktionen des Schadensersatzes im Spannungsfeld von Ausgleich und Sanktion138
VI. Führt die Ausweitung der Ersatzfähigkeit immaterieller Schäden zu einer Renaissance traditioneller Funktions­bestimmungen des Schadensersatzes?145
VII. Resümee151
Gedanken zur Strafe im Privatrecht154
I. Begriffliches154
II. Pflicht zum Rechthaben?157
III. Der private Schutz von Rechtspositionen im Marktgeschehen159
IV. Zum Beispiel die Abschöpfung169
V. Fazit172
Positive Bekenntnisfreiheit versus Kirchensteuer­erhebung im Spiegel bundesverfassungsgerichtlicher Wertungsimpulse und ausländischer Alternativmodelle174
I. Zum Stand der Rechtsprechung174
II. Verfassungsrechtliche Spannungslagen177
III. Wahlzuordnung als Ausweg182
IV. Ergebnis194
Parallelwelten – Drittmittel in strafrechtlicher und hochschulrechtlicher Hinsicht196
I. Vom Eindruck schwindender Einheit der Rechtsordnung196
II. Strafrecht und Hochschulrecht als Parallelwelten197
III. Folgeprobleme und Fazit207
Das Bundesverfassungsgericht als „Repeat Player“: Die Verfassungsbeschwerde als „Motor der Verfassungs­politik“ und Mittel zur Machtsteigerung1212
III.219
Anhang (Tabellen, Schaubild)224
Teil II „Strafe“ in Philosophie und Rechtsgeschichte228
Jenseits von Eden (Genesis 2,4b–3,24)230
Erster Akt.231
Zweiter Akt.234
Literatur237
„Wer Menschenblut vergießt, des Blut soll auch durch Menschen vergossen werden.“ – Überlegungen zu peinlicher Strafe, Fehde und Buße im mosaischen Recht238
I. Ein Brudermord und seine Bestrafung238
II. Gott als Fehdeführer240
III. Fehde, Versühnung und Vertragsbruch243
IV. Ius talionis im frühen Mittelalter247
Aus der Strafrechtspraxis der kursächsischen Fürstenschule Pforta in der zweiten Hälfte des 16.Jahrhunderts250
I. Einleitung250
II. Dokumentierte Verfahren255
III. Schlussbetrachtung270
Unrecht in der bildenden Kunst der frühen Neuzeit. Das Böse als versteckte Botschaft des Barock – Ein Essay272
I. Forschungsfrage272
II. Auswahl der Kunstbereiche272
III. Unrechtsgegenstände274
IV. Ordnung und Illusion280
V. Kriterien für die Auswahl der Darstellungen282
VI. Kunst als Methode284
VII. Schlußfolgerung291
Bildnachweis294
Die Zuständigkeit des kaiserlichen Reichshofrats in Reichspolizeisachen und die Ladung des Hallenser Rechtsgelehrten Christian Thomasius vor den Reichshofrat296
II.298
,Polizei‘ im Deutschen Idealismus bei Johann Gottlieb Fichte310
I. Darstellung312
II. Erläuterung316
III. Resumée323
Der Kerker als politisches Symbol in der Reformzeit326
I. Der Kerker im ungarischen Strafsystem326
II. Der Kerker in der Belletristik328
III. Das Symbol des Kerkers zwischen den politischen Richtungen332
IV. Fachkritik an den Verhältnissen in den Kerkern335
Das sozialistische bürgerliche Recht in Ungarn338
I. Das Zeitalter des sogenannten Kriegskommunismus338
II. Die neue Wirtschaftspolitik (Novaja Ekonomitscheskaja Politika)339
III. Die Entstehung des stalinistischen bürgerlichen Rechts343
IV. Das sowjetische Familien- und Eherecht344
V. Die Eigentümlichkeiten des ungarischen bürgerlichen Rechts347
Die Wiederzulassung vor den Nationalsozialisten geflohener Rechtsanwälte nach 1945 – ein bedrückendes Kapitel deutscher Standes­geschichte350
Einleitung350
I. Rechtsanwalt in Mainz, Flucht und Exil351
II. Der Kampf um eine „Wiedergutmachung“352
III. Epilog362
Als Staatsanwalt in einem Verfahren gegen NS-Gewaltverbrecher364
I. Einleitung364
II. Beginn des Verfahrens366
III. Die Anklage366
IV. Der Tatort367
V. Die Täter369
VI. Die Hauptverhandlung371
VII. Rechtsmittel und Vollstreckung376
VIII. Schlussbemerkung376
Strafe, Strafvollzug und Strafdrohung im Bild378
I. Galgen und andere Richtstätten379
II. Pranger, Schandkugel, Kaak382
III. Arrest, Gefängnis384
IV. Narrenköpfe, Fratzensteine, Abweisebilder386
V. Straßenverkehr389
VI. Schluß391
Abbildungen392
Die Grundlagen des deutschen Strafverfahrens. Zehn verbreitete Fehlvorstellungen und ihre notwendige Korrektur394
Einführung394
I. Der Begriff „Inquisitionsverfahren“394
II. Vereinigung aller Verfahrensfunktionen in der Hand des Richters?395
III. Der frühneuzeitliche Strafprozess als Willkürverfahren (1)? –396
Verteidigungs­mög­lichkeiten396
IV. Der frühneuzeitliche Prozess als Willkürverfahren (2)? –398
„Beweisverwertungs­ver­bote“398
V. „Verdachtsstrafen“399
VI. Hexenprozesse als „Justizfrevel“ und „Rechtsverstoß“?400
VII. Rückständigkeit der deutschen strafrechtlichen Aufklärung401
VIII. Die gescheiterte Reform des reformierten Strafprozesses404
IX. Die Bedeutung der Schwurgerichte für den reformierten Strafprozess406
X. Die „Einführung in die Geschichte der deutschen Strafrechts-pflege“ von Eber­hard Schmidt und die Folgen408
Hinrich Rüping – Aus den Veröffentlichungen 1968–2008412
Autorenverzeichnis420

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