Verhaltenstipps A–Z
Aberglaube: Es gibt zig portugiesische Bauernregeln zum Thema superstição. In ländlichen und stärker katholisch geprägten Regionen sind die Menschen noch eher abergläubisch. Die Zahl 13 ist auch in Portugal mit azar (Pech) verknüpft, schwarzen Katzen geht man gerne aus dem Weg. In ein Haus sollte man immer mit dem rechten Fuß eintreten, wenn das linke Ohr rot und heiß wird, redet jemand schlecht über einen … Mehr dazu im Kapitel „Glaube und Aberglaube“ (s. S. 117).
AIDS: In Portugal „SIDA“ genannt, sind HIV-Infektionen immer noch ein aktuelles Thema. Die Zahl Neuinfizierter ist zwar seit 2008 stetig prozentuell gesunken, dennoch weist Portugal eine der höchsten Infektionsraten von HIV (hier VIH) in Europa auf.
Alkohol: Laut Weltgesundheitsorganisation belegt Portugal im weltweiten Vergleich beim Alkoholkonsum den 10. Platz. Der obligatorische Wein zum Essen mit einem Schnaps zum Abschluss ist eher die Regel als die Ausnahme. Portugal ist ein Weinland und so ist der Konsum auch kulturell und traditionsbedingt in den Alltag integriert. Auch Bier und Spirituosen erfreuen sich großer Beliebtheit. Zwischen 2014 und 2016 ist die Zahl der Alkoholabhängigen und Alkoholgefährdeten besonders gestiegen, was viele auch auf die Finanzkrise und deren soziale Folgen zurückführen. Alkohol ist auch die häufigste Ursache bei Verkehrsunfällen. Siehe auch „Vícios“ im Kapitel „Der Alltag in Portugal“ (s. S. 208).
Ansehen: Das Image des Landes und der Nation in den Augen von Fremden oder der Welt ist den Portugiesen ein besonderes Anliegen. Man legt großen Wert darauf, nicht mit allen „Latinos“ in einen Topf geworfen zu werden. Im täglichen Umgang wird man vorwiegend auf sehr höfliche, zurückhaltende, aber durchaus hilfsbereite Einheimische treffen. Die Portugiesen definieren sich gerne als die „diskreteren, tiefgründigeren Südländer“ und möchten auch so wahrgenommen werden.
Armut/Bettelei: Trotz der sich langsam erholenden Wirtschaft waren nach Angaben des Instituto Nacional de Estatísticas im Jahr 2016 über 2,6 Mio. Portugiesen von Armut und sozialem Ausschluss bedroht – und das oftmals trotz Arbeit. Die Lage hat sich zwar leicht verbessert, doch immer noch ist pobreza für viele Familien ein Thema. Obdachlose (sem-abrigo) sind vorwiegend in den Großstädten und Ballungsräumen anzutreffen, 2017 wurden allein in Lissabon 2051 Menschen ohne festen Wohnsitz registriert – und das sind nur die offiziellen Zahlen. Ein Viertel davon lebt auf der Straße, die anderen essen und schlafen in sozialen Einrichtungen oder von der Stadt angemieteten Zimmern in Pensionen. Mit zunehmendem Tourismus werden die Wohnangebote nun langsam rar und kaum noch bezahlbar, denn private Hostels und touristische Unterkünfte schießen wie Pilze aus dem Boden und nehmen sozialen Wohnraum weg. Auch in Porto, Braga, Setúbal, Faro, Coimbra oder Aveiro sieht man leider noch viele Menschen, die sich in Bahnhöfen, Metro-Stationen, in der Nähe von Kirchen oder auf Parkbänken einrichten. Gründe für die soziale Notlage sind oft Arbeitslosigkeit, Verschuldung, Scheidung oder Drogen- und Alkoholabhängigkeit. Unter den Betroffenen sind auch viele junge Frauen und Mütter, die wegen häuslicher Gewalt auf die Straße flüchten. Betteln ist nicht sehr häufig, ab und an sieht man osteuropäische Familien mit Kleinkindern, die um Almosen bitten. Jeden Winter versuchen Sozialarbeiter der Stadtverwaltungen, die größte Not in kalten Nächten mit Decken und warmen Mahlzeiten zu lindern. Vor manchen Supermärkten verteilen karitative Organisationen insbesondere vor Weihnachten Einkaufstüten, die man mit Grundnahrungsmitteln füllen und am Ausgang für bedürftige Familien spenden kann.
Ausländer/Touristen: Seit das Land immer beliebter wird, ist das Zusammenleben mit Vertretern aus allen Ecken der Welt ein Normalzustand geworden. Generell sind Touristen und Nichtportugiesen gern gesehen und willkommen, auch wenn es in manchen sehr touristischen Stadtteilen in Lissabon und Porto für die Anwohner bisweilen schon etwas zu viel des Guten wird und es zu Problemen wie Wohnungsnot und überteuerten Preisen kommt. Andererseits ist der Tourismusboom auch ein wichtiger Motor für die in Fahrt kommende Wirtschaft. Generell sind die Portugiesen aufgrund ihrer eigenen Auswanderungsgeschichte an den Umgang mit anderen Nationalitäten gewöhnt. Seit 2016 gibt es in den Großstädten eine „Touristengebühr“: In Lissabon beträgt diese 1 €/Tag bis max. 7 € für sieben Übernachtungen, in Porto sind ab 2018 pro Übernachtung 2 €. Diese Art Kurtaxe wird in den Hotels, Hostels und lokalen Unterkünften berechnet (siehe auch „Das Bild von Touristen“ ab S. 274).
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Touristen-Doppeldeckerbus in Lissabons Unterstadt
Autofahren: Verkehrserziehung und -kontrollen sind wesentlich besser geworden. Doch lieben die Portugiesen eine rasante und risikoreiche Fahrweise. Die ansonsten gelebte Zurückhaltung wird hinter dem Steuer über Bord geworfen und offensives Überholen, Hupen, Telefonieren oder dichtes Auffahren sind der Normalzustand. Wer mit einem Mietwagen unterwegs ist, muss alle Sinne offen halten. Telefonieren am Steuer ist nicht erlaubt und die Promillegrenze liegt in Portugal bei 0,5, für Fahranfänger und Berufsfahrer sogar bei 0,2.
Baden/Nacktbaden: Portugal bietet von Nord bis Süd insgesamt mehr als 526 Badestrände (Meerestrände und Flussstrände), davon sind 320 (Stand 2017) mit der Blauen Flagge für gute Wasserqualität und gute Infrastruktur ausgezeichnet. Während der Saison (Juni–September) sind die offiziellen Badespots bewacht. In der Nebensaison gibt es keine Rettungsschwimmerstationen. An manchen Naturstränden ist auf eine starke Unterwasserströmung und heftigen Wellengang zu achten. Beliebt sind auch die zahlreichen Fluss- und Stauseestrände, die vor allem im Sommer sehr stark frequentiert sind. Nacktbaden ist an normalen Stränden nicht üblich, es gibt aber eine Reihe speziell markierter FKK-Strände. Oben-ohne-Baden ist vor allem an der Algarve mittlerweile normal und toleriert.
Begrüßung/Verabschiedung: Wenn man jemanden zum ersten Mal trifft, sind ein Handschlag und ein „Prazer, como vai?“ („Sehr erfreut, wie geht es?“), bei Jüngeren auch ein simples „Olá“ üblich. Bei näherer Bekanntschaft oder auch unter jüngeren Menschen sind zwischen Frauen und Frau und Mann angedeutete Wangenküsschen gängig (rechts und links, jeweils einmal). Ein etwas weniger förmliches „Tudo bem?!“ („Alles bestens?!“) gehört dazu. Männer geben sich die Hand oder auch einen freundschaftlichen Klaps auf die Schulter. Unter männlichen Freunden ist eine Umarmung (abraço) angebracht. Für den Abschied gilt das gleiche mit einem „Adeus, até logo“ („Auf Wiedersehen, bis bald“) oder „Tudo de bom!“ („Alles Gute!)“. Mehr dazu unter „Begegnungen, Begrüßungen, Verabschiedung“ ab S. 283.
Bekleidung: Für Besucher gibt es keine besonderen Kleidungsregeln zu beachten, es sei denn, man betritt Kirchen und Klöster, wo allzu legere Strandkleidung nicht gerne gesehen wird. Generell sollte man für Wärme wie auch kühle Nächte ausgerüstet sein. Gute Wanderschuhe und bequeme Stadtschuhe sind ebenso nützlich. Die Portugiesen kleiden sich gerne modebewusst und klassisch bis konservativ. Man legt Wert auf ein gepflegtes Äußeres und stilsicheres Auftreten, zumindest was die ältere Generation anbelangt. Bei den jüngeren Leuten geht es unkonventioneller zu. Selten aber sieht man Portugiesen außer Haus in Jogginghosen oder Trainingsanzügen und nie mit Socken in Sandalen.
Beleidigungen: Abwertende und diskriminierende Schimpfwörter können in Portugal mit Bußgeldern bestraft werden. Die Portugiesen selbst nehmen dies nicht immer ganz so genau und Begriffe wie „pretos“ für farbige Menschen afrikanischer Abstammung oder „ciganos“ für einheimische Roma-Gemeinden hört man häufig. „filha(o) da puta“ ist die portugiesische Version für „Hurentochter(sohn)“, die man zwar oft vernimmt, aber selbst lieber nicht verwenden sollte. Derbe Vulgarismen wie „merda“, „carralho“ oder „porra“ sind die am meisten verwendeten Schimpfwörter, die man nicht übersetzen möchte beziehungsweise muss. Die meisten Beleidigungen kommen wenig überraschend im Straßenverkehr oder bei Fußballspielen...