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E-Book

Reiten als Spiegel des Herzens

Über die tiefe und achtsame Verbindung mit dem Pferd

AutorIna Ruschinski
VerlagCrystal Verlag
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl128 Seiten
ISBN9783958477063
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis9,99 EUR
'Pferde können unser Lebenspartner sein, das Herz öffnen, den Geist und den Willen - wenn wir es zulassen.' Der Weg dahin ist nicht immer einfach und wirft Fragen auf. Wie wirken wir auf das Pferd? Wie wirkt das Pferd auf uns? Sagt unser Pferd 'Ja' zu uns? Wie können sich Reiterin und Pferd einander öffnen, um zu einer wahren Partnerschaft beim Reiten zu kommen? Wie steht es mit der Angst beim Reiten? Behindert sie die harmonische Partnerschaft? Ina Ruschinski nimmt uns mit auf die Entdeckungsreise zu einer harmonischen Partnerschaft mit dem Pferd, die zu mehr Achtsamkeit und innerer Verbundenheit führt.

Ina Ruschinski lebt bei Oldenburg zusammen mit ihren Pferden. Schon in ihrem dritten Lebensjahr hatte sie erste Kontakte mit Pferden, die sie nie wieder losließen. Seit ihrer pädagogischen Ausbildung ist sie in einer sozialen Einrichtung der Stadt Oldenburg als Reitpädagogin tätig und begleitet seitdem viele Kinder auf den vier Ponys eines Abenteuerspielplatzes in ihrer Entwicklung. Sie ist Trainerin C Westernreiten und Autorin mehrerer Buch, unter anderem 'Dein Pferd - Spiegel deiner Seele' und 'Seelenwege'.

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Leseprobe

Und so sind wir bei dem Thema, das uns seit Jahrtausenden so eng mit den Pferden verbindet und so viele Fragen, Blickwinkel, Gefühle, Motivationen und Verirrungen aufwirft.

Wir, die wir die Pferde lieben und uns eines unter erheblichem Kostenaufwand leisten, tun dies nicht nur um der Pferde selbst willen, ob ihres schönen Anblicks (und sicher gibt es tatsächlich etliche Ausnahmen, die Pferde aufgrund dessen besitzen), sondern weil wir den Wunsch hegen, sie zu reiten, auf ihnen zu sitzen und getragen zu werden. Und viele selbstkritische Menschen denken jetzt eventuell: Na ja, es ist wohl manchmal eher ein Ertragen.

Mich fragte ein zehnjähriges Mädchen, ob es nicht Tierquälerei sei, ein Pferd zu reiten. Ganz unvorbelastet und reinen Wesens fragte sie sich das und letztendlich dann auch mich. Ich fand ihre Bewusstheit, ihren weitsichtigen Blick bemerkenswert. So begannen wir gemeinsam herauszuarbeiten, was denn ethisch vertretbar sei, wenn man Pferde reitet. Wir alle haben vielleicht schon einmal den Satz gehört, dass Pferde nicht zum Reiten geboren wurden. Doch noch weniger wurden sie geschaffen, um für unser unreflektiertes Vergnügen herzuhalten oder schlimmstenfalls sogar für das Ausleben unserer Schattenseiten – für unser Ego.

Das Pferd muss auch „Ja“ sagen dürfen, wenn man es reitet, aber eben auf seine Art und Weise, befand das Mädchen. Ich stimmte zu. „Doch wie stelle ich das fest?“, wollte es weiter wissen.

Ich antwortete, dass sie den Menschen auf ihren Pferden beim Reiten zuschauen solle. Dann, so sei ich mir sicher, würde sie das erkennen.

Auch bei sich selbst, wenn sie auf dem Rücken eines Ponys sitze, solle sie darauf achten, was das Tier ihr signalisiert und auf seine Weise zurückmeldet. So könne sie feststellen, ob sie beide eine gemeinsame Sprache gefunden hätten, die sich in freudiger Bewegung ausdrückt. Kinder verstehen das zum Glück sehr schnell.

Und auch Menschen, die so rein gar nichts mit Pferden zu tun haben, können meines Erachtens sehr gut erkennen, ob „Reiten“ schön anzusehen ist und eine Harmonie besteht oder nicht. Das stelle ich immer wieder fest und registriere Anmerkungen im Publikum, die sehr interessant und aussagekräftig sind. Der Blick reitunerfahrener Zuschauer und Zuschauerinnen ist noch nicht getrübt von eigenen Vergleichen, Erfahrungen und vermeintlichem Wissen, wie etwas beim Reiten zu sein hat. Sie sehen einfach, ob es ein schönes Miteinander zwischen Mensch und Pferd gibt, ob sie eins sind oder eben nicht.

Das Pferd soll die Möglichkeit haben, Ja zu dem
Menschen auf seinem Rücken zu sagen
.

Das wäre fürwahr eine gute Sache. Das würde so manchem Pferd erhebliche Qualen ersparen, wenn das ein grundsätzlich anzulegender Maßstab wäre.

Gehen wir doch einmal gedanklich gemeinsam zu einem unserer letzten Besuche einer Pferdeveranstaltung. Zu einem Reitturnier, einer Pferdemesse oder auch nur zu einem Reitstall in der Nähe. Versuchen Sie sich an die Mimik und die Körpersprache der Pferde zurückzuerinnern. Wie viele Ja von Pferden zu ihren Reitern und Reiterinnen fallen Ihnen da ein?

Es ist aufschlussreich und leider auch so traurig.

Interessant ist in diesem Zusammenhang auch, dass man das Ja nicht nur in der Mimik des Pferdes meist vergeblich sucht, sondern auch in der angespannten Miene der reitenden Menschen. Erstaunlich, wie wenig gelöste, glücklich lächelnde Menschen man im Sattel sieht. Und das, wo doch Reiten angeblich zu absoluter Glückseligkeit führen soll. Dein Pferd – Spiegel deiner Seele …

Ich musste das Mädchen dann leider zum Teil bestätigen: Viel Reiterei, die wir sehen, ob im Fernsehen oder wo auch immer, kommt der Tierquälerei gefährlich nahe. Nein, ich muss mich verbessern: empfinde ich persönlich als Quälerei.

Aber zum Glück gibt es sie noch, die Pferd-Mensch-Paare, bei deren Anblick uns das Herz aufgeht!

Kinder zum Beispiel, die noch nicht durch falschen Ehrgeiz (meistens ausgelöst von den Eltern) verkrampft wurden und in reine Freude und Begeisterung auf dem Pferderücken ausbrechen. Erwachsene, Späteinsteiger, die das Glück, vom Pferd getragen zu werden, noch rein und vor allem auch dankbar empfinden – bevor sie dann, in der Mühle des Reitunterrichts, von diesen Gefühlen mehr und mehr entfremdet werden. Berührend ist auch zu sehen, wenn Menschen durch Reittherapie einen tiefen Zugang zu Freude, Vertrauen, Nähe und zu ihrem wahren Sein erleben dürfen, immer vorausgesetzt, das Pferd geht genauso gestärkt aus dieser Einheit heraus.

Und nicht zuletzt auch die Reitkünstler, die es verstehen, das Pferd unter ihnen in Ausdruck und Schönheit „wachsen“ zu lassen, weil die Kunst nicht in dem Abrufen von Lektionen steckt, sondern in der Kommunikation zweier so unterschiedlicher Wesen, die sich in einer fließenden gemeinsamen Bewegung freudig ausdrückt.

Menschen, die offenen Herzens ihre Pferde reiten, egal, auf welcher Stufe des Könnens sie sich auch immer befinden.

Man erkennt es an der Energie, die Pferd und Mensch miteinander verbindet und der man sich nicht entziehen kann – weil sie einen anrührt.

Die gemeinsame Schwingung zwischen Mensch und Pferd, die man spürt und sieht. Ich bin jedes Mal wieder fasziniert, wenn ich solche Paare erleben darf: Der Mensch sitzt mit reiner Liebe zu seinem Pferd im Sattel und jede seiner Handlungen und Gedanken sind geprägt von dieser hohen Energie. Das Pferd fühlt sich sichtlich wohl in der Verschmelzung mit seinem Menschen, „schwebt“ in dieser gemeinsamen Schwingung über den Boden dahin und sucht im Kopf seines Menschen nach der nächsten Aufgabe, die sie zusammen tun wollen, ja, es kommt seiner Idee förmlich zuvor.

Wenn man sein Herz dem Pferd bedingungslos öffnet,
beim Reiten oder bei was auch immer, dann wird man
niemals schlecht handeln
.

Und das meine ich wortgetreu. Ein Mensch, der offenen Herzens ist, schützt sich selbst und seine Handlungen vor Negativität. Die so oft zitierte Führungskraft, die man in der Beziehung mit und auf dem Pferd sein soll, bleibt stets liebevoll und fair.

Das Gegenteil allerdings bedeutet, dass kein Pferd Ja zu einem Menschen sagt, der sich ihm gegenüber aggressiv, abwertend oder demütigend verhält.

Und mal ganz ehrlich, wenn man Reiten als eine Art Liebesbeziehung versteht, würden Sie zu solch einem Partner Ja sagen?

Pferde haben kein Interesse an einem Menschen, der mit solch einer Energie in ihrer Nähe agiert. Sie wollen sich diesem Menschen, wenn es irgend geht, nur ganz schnell wieder entziehen oder ihn gar von ihrem Rücken hinunter haben. Und falls dies den Pferden nicht möglich ist, ertragen sie ihn eben stillschweigend – weil es ihnen so „beigebracht“ wurde.

Ein anderes sensibles Thema in diesem Zusammenhang ist, wie Pferde einen Menschen auf ihrem Rücken empfinden, der restlos dem Gefühl seiner Angst erlegen ist. Kann sich ein Pferd da sicher fühlen und ihm „sein Leben“ vertrauensvoll hingeben? Sicher nicht. Kann es sich wohlfühlen unter ihm? Durchaus möglich. Das muss allerdings jeder Mensch, der zu großer Angst neigt, für sein eigenes Pferd selbst beantworten. Vielleicht werden manche Pferde der Angstenergie entgehen wollen, was wiederum die Angst seines Menschen fördert und gegenseitiges Vertrauen immer schwieriger macht.

Doch viele Pferde können auch lernen, der Angst des Menschen im Sattel keine übergroße Bedeutung beizumessen. Pferde, die ausgeglichen in sich ruhen und – das ist sehr wichtig – eine sichere und vertraute Umgebung mit anderen Pferden um sich haben, können die Angst des Menschen ausgleichen. Das sieht man zum Beispiel bei Therapiepferden. Doch gerade für diese Arbeit muss sich ein Pferd mit einem deutlichen Ja entscheiden dürfen.

Und es gibt die Pferd-Mensch-Beziehungen, in denen das Pferd trotz der häufig mitschwingenden Angst Ja zu diesem seinem Menschen sagt – eben weil es eine Verbindung zwischen ihnen beiden gibt, die größer ist als das Gefühl der Angst.

Angst ist ein großes, allgegenwärtiges Thema. Dem ist in diesem Buch ein ausführliches Kapitel gewidmet, in der Hoffnung, einigen Menschen, die das Thema „Angst am Pferd“ nur allzu gut kennen und erleben, Hilfen und Sichtweisen anzubieten.

Doch zurück zum Reiten, das heute so vielfältig geworden ist. Und glücklicherweise gibt es viele interessante, kompetente Menschen, die neue Ideen und Ansätze in die Reiterei bringen. Viele von ihnen veröffentlichen ganz wunderbare Lektüren über die Reitkunst. Ich habe dem gar nichts hinzuzufügen – was die gymnastische Ausbildung oder die muskuläre Formgebung des Pferdes angeht.

Wenn man ein Pferd hat und es reiten...

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