1 Diagnose: Fructose-Intoleranz
Warum führt Fructose im Darm bei manchen Menschen zu Beschwerden? Und wie wird die richtige Diagnose gestellt?
Bei der Fructose-Intoleranz handelt es sich um eine Nahrungsmittel-Unverträglichkeit gegenüber dem Zuckerstoff Fructose. Die mit der Nahrung verzehrte Fructose wird im Dünndarm nicht ausreichend aufgenommen, deshalb spricht man auch von einer Fructose-Malabsorption. Die Fructose gelangt in den Dickdarm, wo sie von Darmbakterien abgebaut wird. Dies kann zu verschiedenen Beschwerden, wie Blähungen, Völlegefühl, aber auch depressiven Verstimmungen, führen. Wie viel Fructose jeder Betroffene beschwerdefrei verträgt, ist individuell unterschiedlich.
Die hereditäre Form der Fructose-Intoleranz ist nicht Thema dieses Buches! Dies ist eine schwere, aber auch extrem seltene Stoffwechselerkrankung. Betroffene müssen von Geburt an klinisch überwacht werden und unterliegen schwerwiegenden Einschränkungen bei der Lebensmittelauswahl. Dieser Ratgeber richtet sich ausschließlich an Menschen mit einer Fructose-Malabsorption, was nichts anderes als schlechte Fructose-Aufnahme bedeutet. Wenn im weiteren Verlauf dieses Buches von einer Fructose-Intoleranz die Rede ist, so ist damit stets eine Malabsorption gemeint.
Wer unter einer schlechten Fructose-Aufnahme leidet und dennoch fructosehaltige Speisen und Getränke verzehrt, kann unter
Magenschmerzen,
Blähungen,
Völlegefühl,
durchfallartigen Störungen,
Übelkeit nach dem Essen,
aber auch depressiven Verstimmungen,
Antriebslosigkeit und
Stimmungsschwankungen
leiden. Betroffene, bei denen die Fructose-Intoleranz noch nicht erkannt ist, leiden auch häufiger an Infektionskrankheiten.
Das Mittel der Wahl zur Vermeidung dieser Beschwerden ist eine Ernährung, bei der auf krank machende Lebensmittel weitestgehend verzichtet wird. Zusätzlich sollte ein Mangel an Zink, Folsäure und Tryptophan vermieden werden. Wer diese Ratschläge beherzigt, kann mit nur geringen Einschränkungen ein sehr gesundes Leben führen und braucht fructosebedingte Beschwerden nicht länger zu befürchten. Wie Sie sich fructosearm ernähren und gleichzeitig alle lebensnotwendigen Nährstoffe in ausreichendem Maße zuführen, erfahren Sie in diesem Buch.
1.1 So entstehen die Beschwerden
Verzehrt ein gesunder Mensch fruchtzuckerhaltige Speisen, so werden diese im Dünndarm beschwerdefrei verdaut. Möglich wird das durch eine Reihe komplexer Verdauungsvorgänge, von denen einer den Namen GLUT-5 trägt. Dieses Transportprotein ist verantwortlich für die Verstoffwechselung von Fructose. GLUT-5 nimmt einzelne Fruchtzuckermoleküle auf und schleust diese durch die schwer überwindbare Darmwand hinein in den Blutkreislauf. Da Fructose zuvor nicht umgewandelt werden muss, steht sie – wie der Traubenzucker – relativ schnell dem Stoffwechsel zur Energiegewinnung zur Verfügung.
1.1.1 Die Fructose-Aufnahme im Darm ist gestört
Eine intestinale Fructose-Intoleranz ist im Prinzip nichts anderes als ein GLUT-5-Mangel. Da dieses Transportprotein nicht in ausreichendem Maße produziert wird, können je nach Mahlzeit nicht alle Fructose-Moleküle verstoffwechselt werden und wandern stattdessen durch den gesamten Darm bis hinein in den Dickdarm. Leider läuft dieser Vorgang nicht ganz ohne Nebenwirkungen ab. Zum einen hat Fruchtzucker – ähnlich einem Soßenbinder – wasserbindende Eigenschaften. Auf seinem Weg durch den Darm entzieht Fruchtzucker dem umliegenden Gewebe Wasser und vergrößert so das Stuhlvolumen. Dadurch kommt es vielfach zu hörbaren Darmgeräuschen und je nach Menge zu plötzlich auftretendem Stuhldrang und wässrigen Durchfällen.
1.1.2 Beim Abbau durch Bakterien entstehen Gase
Im Dickdarm wird die Fructose zusätzlich durch die dort befindlichen Darmbakterien fermentiert. Bei diesem Prozess entstehen als Stoffwechselprodukte Methan, Wasserstoff, Kohlendioxid und kurzkettige Fettsäuren. Letztere üben einen anregenden Effekt auf die Darmperistaltik aus und fördern so die Tendenz zu durchfallartigen Störungen. Die entstandenen Gase werden in Form von Blähungen entsorgt. Aber bis es so weit ist, sammeln sie sich häufig im oberen Bereich der Dickdarmschleife an und vermitteln ein starkes Völlegefühl, das sich sogar in einem vorgewölbten Bauch zeigen kann. Zusätzlich werden dadurch die Eingeweide nach oben gedrückt, wo sie auf Magen und Herz Druck ausüben. Betroffene klagen dadurch häufig über Übelkeit und Beklemmungsgefühle in der Brustgegend. Nicht selten werden solche Symptome fehlgedeutet und Patienten, die davon berichten, mit hypochondrischen Störungen in Verbindung gebracht.
1.2 Der H2-Atemtest
Anhand der Darmgasbildung kann man eine Fructose-Malabsorption klinisch nachweisen: Beim sogenannten H2-Atemtest, der in gastroenterologischen Arztpraxen und in fast allen Kliniken durchgeführt werden kann, misst man die Wasserstoffabatmung von Patienten nach der Einnahme einer Fruchtzuckerlösung. Leidet ein Patient unter Fructose-Intoleranz, so gelangen Fructose-Moleküle in den Dickdarm, wo im Rahmen des Fermentationsprozesses Wasserstoff entsteht. Ein Teil davon diffundiert durch die Darmwand und gelangt über die Blutbahn bis in die Lungen, von denen er bereits nach wenigen Minuten abgeatmet wird. Lässt sich in der Atemluft der Testperson nach kurzer Zeit ein Wasserstoffanstieg feststellen, so kann man mit ziemlicher Sicherheit von einer Fructose-Intoleranz ausgehen.
1.2.1 Wie Sie sich selbst testen können
Sie können auch mit einfachen Mitteln selbst feststellen, ob eine Fructose-Intoleranz vorliegt oder nicht. Trinken Sie, am besten auf leeren Magen, ein Glas Multivitaminsaft und beobachten Sie Ihre Körperempfindungen in den nächsten Stunden. Treten die bereits genannten Symptome auf, so ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass Sie zum Kreis der Betroffenen gehören.
1.3 Weitere mögliche Beschwerden
1.3.1 Tryptophanmangel
Leider sind Magen-Darm-Beschwerden nicht die einzige Folge einer Fruchtzucker-Unverträglichkeit. In Studien fand man auch signifikante Zusammenhänge zwischen dieser Krankheit und seelischen Störungen. Dies liegt zum einen an einem gestörten Serotoninhaushalt, der mit der Fructose-Intoleranz in Zusammenhang gebracht wird. Man geht davon aus, dass die Aufnahme der Aminosäure Tryptophan in den Blutkreislauf unterdrückt wird. Da Tryptophan aber zur Bildung des »Glückshormons« Serotonin dringend benötigt wird, leiden Betroffene in direkter Folge überproportional häufig unter Stimmungseintrübungen, Antriebslosigkeit, seelischen Verstimmungen und bisweilen manifesten Depressionen.
1.3.2 Folsäuremangel
Ein weiterer Auslöser für seelische Beschwerden liegt im Folsäuremangel begründet, der bei Patienten mit Fructose-Intoleranz fast zwingend auftritt. Aus Untersuchungen weiß man, dass dieses sensible B-Vitamin bei dieser Patientengruppe oftmals nicht in ausreichendem Maße gebildet wird. Man führt dies zurück auf krankhafte Veränderungen der Darmflora durch die häufige Konfrontation mit Fructose in den unteren Darmabschnitten. Dort nämlich wird die Folsäure bei gesunden Menschen in ausreichender Menge gebildet. Ein Folsäuremangel kann neben anderen Folgeerkrankungen ähnliche Symptome verursachen wie ein Serotoninmangel: depressive Verstimmungen, Reizbarkeit und Konzentrationsstörungen.
1.3.3 Zinkmangel
Doch nicht nur Folsäuremangelerscheinungen werden mit der Fructose-Intoleranz in Verbindung gebracht, sondern auch Zinkmangel. Dieses lebenswichtige Spurenelement wird zur Aktivierung vieler Enzymsysteme ebenso benötigt wie für einen gesunden Hormonhaushalt und beim Stoffwechsel. In einer Studie litten alle Personen mit Zinkmangel auch gleichzeitig unter einer Fructose-Intoleranz. Typische Folge eines Zinkmangels sind häufige Erkältungen aufgrund einer geschwächten Immunabwehr, Hauterkrankungen, Probleme mit Haaren und Nägeln und Wundheilstörungen.
1.3.4 Wie Sie ausreichend Zink, Folsäure und Tryptophan zuführen
Für Betroffene ist es daher wichtig, durch die Auswahl geeigneter Lebensmittel eine ausreichende Versorgung mit Zink, Folsäure und Tryptophan sicherzustellen. Da ausgerechnet Obst und Gemüse Hauptlieferanten von Folsäure aus der Nahrung sind, stellt dies bei einer Fruchtzucker-Unverträglichkeit ein gewisses Problem dar. Aber auch Leber, Milch und Vollkornprodukte enthalten reichlich davon. Da Folsäure ein sensibles Vitamin ist, sollte auf eine schonende Aufbewahrung und Zubereitung geachtet werden. Das Spurenelement Zink findet sich besonders in tierischen Lebensmitteln, also in Fleisch, Fisch, Eiern und Käse. Aber auch mit Vollkornprodukten und grünem Tee können Sie Ihre Zinkspeicher auffüllen. Zu den tryptophanreichen Lebensmitteln zählen Thunfisch und Schweinefleisch, Ei, Walnüsse, Kürbiskerne und Buchweizen. Speziell für Menschen mit Fructose-Intoleranz gibt es im Apothekenhandel ein Präparat namens Fructophan. Es enthält den Tagesbedarf an Zink, Folsäure und Tryptophan und ist...