3 Rückenschule
Auch wenn Ihre Arbeitstechnik gut ist, bleibt doch viel Gewicht, das Sie heben müssen. Es ist also unerlässlich zu wissen, in welcher Haltung der Rücken am wenigsten belastet wird. Unter dieser Voraussetzung können Sie manche Arbeitssituationen auch als ein Krafttraining für Ihren Rücken sehen.
Hier einige Übungen, die Ihnen helfen sollen, ein »Gefühl« für Ihren Rücken zu bekommen:
Vorsicht
Bei diesen Übungsbeispielen handelt es sich um ein vorbeugendes Bewegungsprogramm.
Sollten Beschwerden vorhanden sein oder sollten bei den Übungen Beschwerden auftreten, ist es notwendig, einen Arzt zu konsultieren und gegebenenfalls bei einem Physiotherapeuten ein genau abgestimmtes, individuelles Übungsprogramm für das jeweilige Rückenproblem zu erlernen.
3.1 Übungsvorschläge für die Körperhaltung
Übung 1: Becken kippen ( Abb. 10)
Die Wirbelsäule setzt mit dem Kreuzbein am Becken an. Das bedeutet, dass die Stellung des Beckens ausschlaggebend ist für eine aufrechte Haltung. ( Abb. 11).
Ist das Becken nach hinten gekippt, so ist die Lendenwirbelsäule nach hinten gebeugt. Wir können uns mit dem Oberkörper noch so sehr aufrichten, wir bleiben »krumm«.
Abb. 10: Setzen Sie sich auf einen Hocker. Für die erste Übung legen Sie die Hände an die Beckenschaufeln. Lassen Sie jetzt das Becken nach vorne und nach hinten kippen. Diese Bewegung findet in den Hüftgelenken und in der Wirbelsäule statt.
Abb. 11: Sie sitzen gerade, wenn das Becken aufgerichtet und nicht nach hinten gekippt ist (kein Hohlkreuz machen!). Rückenund Bauchmuskulatur haben eine leichte Haltespannung.
Tipp
Damit sich die Hüftgelenke frei bewegen können, sollten die Füße nicht zu nahe beieinander stehen. Der Hocker sollte so hoch sein, dass Sie die Füße gut am Boden abstützen können. Er sollte aber auch nicht zu niedrig sein, denn je stärker die Hüftgelenke gebeugt sind, desto schwieriger wird es, den Rücken aufzurichten.
Vorsicht
Vorsicht beim Sitzen in tiefen Polstermöbeln: Wenn die Lendenwirbelsäule lange in Beugung »durchhängt«, werden die Bandscheiben einem erhöhten Druck ausgesetzt.
Übung 2: Nach vorne schaukeln ( Abb. 12)
Abb. 12: Suchen Sie mit den Fingern einer Hand die Dornfortsätze der Lendenwirbel. Diese sind als Knochenvorsprünge gut tastbar (Kontrollabschnitt 1). Mit der zweiten Hand berühren Sie den Abstand zwischen dem Bauchnabel und der Brustbeinspitze, der untersten Knochenspitze des Brustbeines (Kontrollabschnitt 2).
Lehnen Sie sich nun etwas nach vorne und richten Sie sich wieder auf. In den zwei Kontrollabschnitten sollte keine Bewegung stattfinden. Dadurch bleibt Ihre Lendenwirbelsäule in Streckung, und die Bewegung findet in den Hüftgelenken statt. Am Anfang ist diese Übung nicht einfach. Beginnen Sie also mit kleinen Bewegungen und lassen Sie das Bewegungsausmaß erst größer werden, wenn die Wirbelsäule stabil gehalten werden kann.
Mit dieser Übung sollen Sie lernen, Ihre Wirbelsäule in Streckung zu stabilisieren, obwohl Sie den Oberkörper nach vorne bewegen. Das sind Situationen, die im Alltag ständig vorkommen, und zwar bei jeder Bewegung, die den Oberkörper nach vorne bringt. Beim gleichzeitigen Anheben eines Gewichts wird es dann besonders schwierig, die Wirbelsäule gerade zu halten.
Übung 3: Nach hinten schaukeln ( Abb. 13)
Abb. 13: Für die nächste Übung bleiben Sie mit den Händen an Ihren Kontrollpunkten (Bauchnabel-Brustbeinspitze und Dornfortsätze der Lendenwirbelsäule).
Bewegen Sie sich mit stabiler Wirbelsäule von der aufrechten Position ein wenig nach hinten und wieder vor in die aufrechte Position. Das ist ein Training für Ihre Bauchmuskeln und gleichzeitig eine gute Übung, um zu lernen »Haltung zu bewahren«.
Merke
Kräftige und ausdauernde Bauch- und Rückenmuskeln sollen für Ihren Rücken ein muskuläres Korsett bilden, das aktiv stabilisiert – beim Bewegen und ganz besonders beim Heben von Gewichten.
Übung 4: Aufstehen ( Abb. 14)
Abb. 14: Berühren Sie mit Ihren Händen die Kontrollabschnitte (Bauchnabel-Brustbeinspitze und Dornfortsätze der Lendenwirbelsäule).
Lehnen Sie sich mit aufgerichteter Wirbelsäule nach vorne, bis Sie spüren, dass Ihr Körpergewicht von den Füßen übernommen wird. Das ist dann der Fall, wenn Knie und Schultern von der Seite gesehen über den Vorfüßen sind. Der Kopf ist jetzt sogar vor den Füßen. Nun können Sie aufstehen.
Tipp
Das Aufstehen mit Patienten gelingt ebenfalls am besten, wenn Schultern, Knie und Füße übereinander eingeordnet sind. Jede Abweichung zwingt zu Ausweichbewegungen, und der Patient braucht mehr Unterstützung.
Übung 5: Richtiges Bücken ( Abb. 15)
Abb. 15: Stellen Sie sich so hin, dass Ihre Füße beckenbreit auseinander stehen und die Fußspitzen leicht nach außen gedreht sind.
Berühren Sie mit Ihren Händen die Kontrollabschnitte (Bauchnabel-Brustbeinspitze und Dornfortsätze der Lendenwirbelsäule).
Beugen Sie sich nun mit stabiler Wirbelsäule nach vorne. Die Bewegung findet in den Hüftgelenken statt, gleichzeitig müssen Sie Ihre Knie beugen und das Gesäß nach hinten bewegen. Die Knie zeigen über die Fußspitzen und nicht nach innen. Als Variante können Sie mit einer Hand z. B. zu einem Sessel hinuntergreifen.
Sie können diese Übung auch variieren, indem Sie sich in Schrittstellung bücken oder z. B. vor einem Sessel stehen und üben, leichte Gegenstände von der Sitzfläche aufzuheben. Sie entwickeln auf diese Weise ein Gefühl für richtiges Aufrichten und Stabilisieren der Wirbelsäule beim Bücken und Heben.
Merke
Gehen Sie in die Knie und heben Sie Lasten mit möglichst aufgerichtetem Oberkörper an. Die Beugung der Kniegelenke sollte jedoch nie mehr als 90° betragen.
Übung 6: Richtiges Drehen ( Abb. 16)
Abb. 16: Legen Sie im Stehen Ihre Hände zur Kontrolle an Rippen und Beckenkamm. Drehen Sie Sich jetzt zur Seite. Der Abstand zwischen Rippen und Beckenkamm sollte gleich bleiben, Oberkörper und Beckenbereich bewegen sich miteinander. Wenn sich der Abstand verändert, dann findet die Drehung in der Wirbelsäule statt. Das soll jedoch beim Heben vermieden werden. Es ist wichtig, dass Sie diese Bewegung aus Ihren Hüftgelenken machen. Dazu müssen die Beine in leichter Schritt- oder Grätschstellung stehen und mitdrehen. Die Knie dürfen nicht in Streckung blockiert sein.
Merke
Drehbewegungen des Rumpfs beim Heben belasten die Bandscheiben und die Zwischenwirbelgelenke stark. Deshalb sollten Sie beim Drehen das Becken mitbewegen.
(Vgl. Klein-Vogelbach 2012, Funktionelle Bewegungslehre).
3.2 Übungsvorschläge für Gleichgewicht und Koordination
Übung 7: Fußschaukel ( Abb. 17)
Abb. 17: Fußschaukel
Stellen Sie sich aufrecht hin, die Füße eine Handbreit voneinander entfernt. Nun rollen Sie 10 x auf die Vorfußballen – und zurück – auf die Fersen.
Bleiben Sie bei der 10. Wiederholung auf den Vorfußballen stehen und drücken Sie die Fersen zusammen.
Diese Position 10 Sekunden halten. Sie spüren beim Zusammendrücken der Fersen deutlich einen Spannungsaufbau am ganzen Rumpf.
Danach wieder in die Ausgangsposition, entspannen und die Füße auslockern.
Übung 8: Einbeinstand ( Abb. 18)
Heben Sie ein Bein an und bringen Sie es in eine 90°-Stellung für Hüft- und Kniegelenk. Halten Sie...