Die einzige weibliche Teilnehmerin an der legendären „Lewis-und-Clark-Expedition“ von 1804 bis 1806, die den fernen Wilden Westen erschloss, war die Shoshonen-Indianerin Sacajawea (um 1787–1812), nach anderer Schreibweise auch Sacagawea, Sahcahgahwea oder Sakakawea. Durch die Berichte über diese abenteuerliche Forschungsreise wurde sie zu einer wahren Volksheldin und beliebten indianischen Folklorefigur. Vermutlich ist sie bereits 1812 in jungen Jahren und nicht erst 1884 im hohen Alter gestorben.
Sacajawea kam um 1787 als Tochter eines Häuptlings der Nördlichen Shoshonen zur Welt. Der Begriff „Sho-Sho-ni“ bedeutete bei den Nachbarstämmen soviel wie „Grashüttenbewohner“. Die von den Weißen geprägte Bezeichnung „Snake“ („Schlangen“) für die Shoshonen hat gar nichts mit Schlangen zu tun. Möglicherweise bezog sie sich auf die S-förmigen „Schlangenlinien“ ihrer Zeichensprache, die einen schwimmenden Lachs symbolisierte.
Der Name Sacajawea heißt entweder „Vogelfrau“ oder „Die Frau, die das Kanu zu Wasser bringt“. Mit etwa 13 Jahren geriet sie 1800 oder 1801 bei einem der jährlichen Raub- und Jagdzüge, welche die Hidatsa-Indianer im Westen durchführten, in deren Gefangenschaft. Die Hidatsa (auch Minitari genannt), ein Stamm der Sioux-Sprachfamilie, nahmen Sacajawea in ihr Dorf am Oberen Missouri in North Dakota mit.
Der französisch-kanadische Trapper und Pelzjäger Toussaint Charbonneau (1758/1767–1843) kaufte bald danach Sacajawea und eine andere gefangene Shoshonin namens „Otter Woman“ von den Hidatsa und betrachtete sie als seine Ehefrauen. Charbonneau soll am 20. März 1767 in Bocherville (Quebec, Kanada) unweit von Montréal geboren worden sein. Nach anderen Angaben soll 1758 oder 1759 sein Geburtsjahr gewesen sein. Sein Geburtsort spielte bei Entdeckungsreisen und beim Pelzhandel eine Rolle.
Charbonneau arbeitete zeitweise als Pelzjäger für die „North West Company“, eine Handelskompanie für Pelze in Kanada. Mitte der 1790-er Jahre nahm er an einer Expedition teil, bei welcher er angeblich unangenehm auffiel. Der ebenfalls für die „North West Company“ tätige John Mcdonell schrieb über ihn am 30. Mai 1795 in sein Tagebuch: „Tousst. Charbonneau wurde von einer alten Saulteaux-Indianerin mit einer Ahle verletzt, als er ihre Tochter vergewaltigte – ein wohlverdientes Schicksal angesichts seiner Brutalität. Er konnte nur noch mit Schwierigkeiten gehen.“ Mcdonell kannte diese Geschichte, die sich am Lake Manitou in Kanada ereignete, allerdings nur vom Hörensagen, galt als sehr sittenstreng und hatte den Spitznamen „Der Priester“. Es war also auch gut möglich, dass Charbonneau die junge Salteaux-Indianerin mit Worten und Geschenken verführen und nicht vergewaltigen wollte.
Vermutlich während seiner Tätigkeit für die „North West Company“ gelangte Charbonneau erstmals in Siedlungen der Mandan-Indianer und Hidatsa-Indianer am Oberlauf des heutigen Missouri River im jetzigen North Dakota. Bei diesen Indianerstämmen ließ er sich nieder und arbeitete fortan auf eigene Rechnung für verschiedene Firmen als Fallensteller, Hilfsarbeiter und Dolmetscher für die Sprache der Hidatsa.
Am 30. April 1803 verkaufte der französische Kaiser Napoléon I. (1769–1821) für 15 Millionen US-Dollar das 2,1 Millionen Quadratkilometer große Louisiana-Territorium an die USA. Dieses riesige Gebiet erstreckte sich zwischen New Orleans im Süden und Kanada im Norden sowie zwischen dem Mississippi River im Osten und den Rocky Mountains im Westen. Pikanterweise hatte Napoléon I. die Kolonie Louisiana erst 1800 von Spanien mit der Auflage erworben, sie nicht an die USA zu verkaufen.
Dank dieser als „Louisiana Purchase“ bezeichneten Transaktion wuchs das damalige Gebiet der USA um etwa 140 Prozent. Thomas Jefferson (1743–1826), der dritte Präsident der USA, erntete wegen des Erwerbs von Louisiana teilweise heftige Kritik. Zweifler aus den Nordoststaaten der USA betrachteten die Kaufsumme als viel zu hoch und das neue Gebiet als wertlos. Napoléon hätte allerdings das für den Handel des Südens ungemein wichtige New Orleans und das Recht auf freie Schifffahrt auf dem Mississippi River nicht verkauft, wenn er nicht auch den „wertlosen
Nordwesten“ losgeworden wäre. Aus jenem „öden Land“ entstanden später das heutige Louisiana sowie Missouri, Arkansas, Iowa, Minnesota, Nord- und Süddakota, Nebraska, Oklahoma, der größte Teil von Kansas, Colorado, Wyoming und Montana.
Bereits einige Wochen nach diesem Landkauf ließ Präsident Jefferson den US-Kongress 2.500
US-Dollar bereitstellen, um intelligente Offiziere mit zehn oder zwölf Männern auszusenden, die das Land bis zum westlichen Ozean erkunden sollten. Wichtige Ziele waren die Suche nach einem schiffbaren Wasserweg vom Atlantik zum Pazifik, der beispielsweise den Handel mit China ermöglichen würde, die Gründung einer mächtigen Nation zwischen Atlantik und Pazifik sowie die Erforschung der Indianer, Tiere, Pflanzen und Geologie.
Jefferson ernannte Meriwether Lewis (1774–1809), der ab 1800 Captain bei der US-Armee und seit 1801 sein Privatsekretär war, zum Anführer der Expedition. Jefferson beschrieb ihn als furchtlos, klug und mit der Wildnis vertraut.
Im Frühsommer 1803 begann Lewis mit den Vorbereitungen der Forschungsreise zum Pazifik. Im Laufe der Zeit erhielt diese Expedition, die in die Geschichte der USA einging, verschiedene Namen. Zunächst sprach man von „Freiwilligen der Entdeckung des Westens“, später von „Corps of Discovery“ und zuletzt von der „Lewis-und-Clark-Expedition“.
Jefferson schickte Lewis nach Philadelphia, wo man ihn in medizinischen Fragen, im Anfertigen von Landkarten, im Umgang mit Sextanten und weiteren Fertigkeiten schulte. Die besten Wissenschaftler des Landes übernahmen die Ausbildung von Lewis. Der Arzt Benjamin Rush (1745–1813) machte ihn mit Grundlagen der Medizin vertraut. Der Astronom Andrew Ellicott (1754–1820) brachte ihm die Navigation anhand der Stellung der Sterne bei. Der Botanikprofessor Benjamin Smith Barton (1766–1815) unterrichtete ihn, wie man Pflanzen identifizierte und wissenschaftlich beschrieb. Während dieser Zeit erwarb Lewis für 20-US-Dollar seinen Hund „Seaman“.
Am 19. Juni 1803 fragte Meriwether Lewis brieflich beim ehemaligen Lieutenant William Clark (1770–1838), unter dem er zeitweise bei der US-Armee im „Fort Greenville“ gedient hatte, an, ob dieser sich mit ihm das Kommando bei der geplanten Expedition teilen wolle. Lewis schrieb an Clark, es gäbe niemand auf Erden, mit dem er seine Aufgabe mit gleicher Freude teilen würde wie mit ihm.
Zehn Tage später sagte Clark am 29. Juni 1803 dem „lieben Merne“ – so ein Spitzname von Meriwether Lewis aus dessen Kinderzeit – per Brief zu. Er antwortete, es gäbe sonst niemand, mit dem er etwas Derartiges unternehmen noch es ernstlich in Betracht ziehen würde. Ein weiterer Spitzname von Lewis war übrigens „Meri“.
Lewis und Clark gehörten angesehenen Pflanzerfamilien im US-Bundesstaat Virginia an. Lewis stammte aus der Locust Hill Plantation in Albemarle County und Clark aus Caroline County (beide in Virginia).
Meriwether Lewis wurde am 18. August 1774 in Ivy, etwa sieben Meilen (rund elf Kilometer) von Charlottesville, als Sohn von Lieutenant William Lewis und seiner Ehefrau Lucy Meriwether Lewis geboren. Sein Vater starb im November 1779, als er mit seinem Pferd in einen eiskalten Fluss stürzte. Damals war Meriwether erst fünf Jahre alt. Seine Mutter heiratete bereits sechs Monate später den Armee-Offizier Captain John Marks.
Im Alter von zehn Jahren zog Meriwether mit seiner wohlhabenden Familie nach Georgia. Mit 13 schickte man Meriwether nach Virginia zurück. Fortan erhielt er bei Privatlehrern eine Ausbildung, die ihn darauf vorbereitete, die Plantage seines Vaters zu übernehmen. Wie seine Mutter interessierte sich auch Meriwether für Pflanzen.
Obwohl Meriwether Lewis und William Clark aus derselben Gegend in Virginia stammten, lernten sie sich erst in den frühen 1790-er Jahren als junge Männer kennen, als beide freiwillig in der Miliz dienten. 1794 befehligten Clark und Lewis eine Armee von 1.600 Landwehrmännern aus Kentucky und marschierten zum „Fort Defiance“ am Great Miami River. Dort stießen sie zu General Anthony Wayne (1745–1796), genannt „Mad Anthony“ („Verrückter Anthony“). Dessen einige hundert Männer zählende Westarmee sollte die von Indianern bedrohten weißen Siedler nördlich des Ohio River schützen. Trotz langer Verhandlungen zwischen Wayne und Häuptlingen kam kein Vertrag zustande, der die Ansiedlung von Weißen erlaubte. Stattdessen erfolgten immer wieder Überfälle der Indianer, bei denen Weiße skalpiert und ihre Siedlungen niedergebrannt wurden. Aus diesem Grund entschloss sich Wayne, die Indianer zu vertreiben. In der „Schlacht von Fallen Timbers“ im westlichen Ohio, an der auch Clark und Lewis teilnahmen, besiegte er am 20. August 1794 die Indianer. Einige Monate später unterzeichneten die Indianerstämme den Vertrag, den General Wayne anbot.
Lewis gehörte auch einer Abteilung der Miliz an, welche 1794 die...