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Satan, Beelzebub, Luzifer - Der Teufel in der Kunst

AutorArturo Graf
VerlagParkstone-International
Erscheinungsjahr2017
Seitenanzahl378 Seiten
ISBN9781783106684
FormatePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis11,95 EUR
'Der Teufel hält die Fäden, die uns bewegen!' (Charles Baudelaire, Die Blumen des Bösen, 1857.) Satan, Beelzebub, Luzifer... der Teufel hat viele Namen und Gesichter; sie alle haben Künstlern stets als Inspirationsquelle gedient. Bilder von Teufeln wurden oftmals von kirchlichen Personen von hohem Rang in Auftrag gegeben, um, je nach Gesellschaft, mit Bildern der Furcht oder Ehrfurcht und mit Darstellungen der Hölle die Gläubigen zu bekehren und sie auf den von ihnen propagierten rechten Pfad der Tugend zu geleiten. Für andere Künstler, wie z. B. Hieronymus Bosch, waren sie ein Mittel, um den völligen moralischen Verfall seiner Zeit anzuprangern. Auf dieselbe Weise hat die Beschäftigung mit dem Teufel in der Literatur oftmals Künstler inspiriert, die den Teufel mithilfe von Bildern austreiben wollten; dazu gehören insbesondere die Werke von Dante Allighieri und Johann Wolfgang von Goethe. Im 19. Jahrhundert fühlte sich die Romantik zunächst von dem mysteriösen und ausdrucksvollen Gehalt des Themas angezogen und setzte die Verherrlichung der Böswilligkeit fort. Auguste Rodins Höllentor, ein monumentales Lebenswerk, für das er sich sehr gequält hat, stellt nicht nur diese Leidenschaft für das Böse perfekt dar, sondern enthüllt auch den Grund für diese Faszination. Was könnte in der Tat fesselnder, motivierender für einen Mann sein, als seine künstlerische Meisterschaft zu prüfen, in dem er die Schönheit im Hässlichen und Diabolisch darstellt?

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Leseprobe

 

Vittore Carpaccio,
Hl. Georg und der Drachen, 1516.

Öl auf Leinwand, 180 x 226 cm.

San Giorgio Maggiore, Venedig.

 

 

Erst als die Renaissance am Horizont erscheint, oder besser, als sie sich zu entfalten beginnt, erhält Satan langsam etwas von seiner Schönheit zurück. Es ist auch nicht schwer zu begreifen, dass eine in die Schönheit verliebte Epoche, eine alles dem Schönheitskult widmende Epoche selbst bei Satan keine allzu unedle und scheußliche Missgestalt ertragen konnte. In Michelangelos Das Jüngste Gericht unterscheiden sich die Figuren der Dämonen nicht groß von denen der Verdammten, und sie beeindrucken eher dadurch, dass sie Ehrfurcht gebieten, als durch ihre Scheußlichkeit. John Miltons Dämonen behalten trotz ihres Sturzes einen nicht geringen Teil ihrer früheren Schönheit und Erhabenheit. Die Dämonen Torquato Tassos (1544 bis 1595) dagegen erscheinen als seltsame und schreckliche Gestalten und lassen sogar alle die Ungeheuer der Antike wieder aufleben. Die Figur des Kavaliers im samtenen Wams und seidenem Umhang, die mit einer langen Hahnenfeder geschmückte Kappe und das Schwert an der Seite sind ein Produkt neuzeitlicher Fantasie.

Die Dämonen hatten zwar eine eigene Gestalt, aber nach Belieben konnten sie auch andere Gestalten annehmen. Die Vielfalt dabei ist jedoch so groß, ihre Entwicklung so beträchtlich, dass es nicht immer möglich ist, zwischen beiden zu unterscheiden. Generell lässt sich sagen, dass es keine Form gibt, die der Teufel dann und wann nicht annehmen kann, eine Fähigkeit, mit der er sich der Bezeichnung als „Höllischer Proteus“, wie er mitunter genannt wird, höchst würdig erweist. Milton war sich dieser Fähigkeit sehr wohl bewusst. Wenn er von den gefallenen Engeln spricht, sagt er:

 

Denn Geister können, wenn sie irgend wollen,

Ein jegliches Geschlecht, ja beide führen,

So zart und einfach ist ihr reiner Stoff:

Durch Glieder und Gelenke nicht gezwängt,

Noch auf der Knochen spröde Kraft gestützt,

Wie plumpes Fleisch; nein, was auch für Gestalt

Sie wählen, ob verdichtet, ob gedehnt,

Licht oder dunkel, sie vermögen doch

Die luftigen Geschäfte zu vollzieh’n

Sowohl des Hasses Werke wie der Liebe.[28]

 

In dieser höllischen Maskerade wollen wir einen Augenblick innehalten, um uns zu fassen. Die Teufel, hässlich von Natur aus, konnten durch List und Geschick eine Gestalt annehmen, die schön und verführerisch war; sie konnten aber auch eine hässliche, missgebildete Gestalt annehmen, die von ihrer eigenen hässlichen Gestalt abwich. Je nach Absicht und Bedarf nahmen sie mal diese Form an, mal jene.

Dass die Teufel, besonders im Altertum, den Christen als die eine oder andere heidnische Gottheit erschienen, wird wohl niemanden verwundern. Dem heiligen Martin, (316/317 bis 397) dem berühmten Bischof von Tours, erschienen sie getarnt als Merkur, Venus, Jupiter und Minerva. Aber der heilige Martin lebte im 4. Jahrhundert, zu einer Zeit, als das Heidentum zwar nicht mehr in voller Blüte stand, aber doch noch recht lebendig war. Somit sind seine Visionen leicht zu erklären.

Nicht so leicht lässt sich jedoch erklären, dass im 13. Jahrhundert dem Bischof von Nocera, dem auch als heiliger Rainald von Ravenna bekannten heiligen Rinaldo, Teufel in Gestalt von Bacchus, Merkur, Hebe, Venus und Jupiter erschienen. In diesem zweiten Falle sind wir gezwungen, darin den Einfluss der Lektüre klassischer Autoren und die Symptome der beginnenden Renaissance zu sehen. Es sind wohl dieselben Gründe, die die Dämonen maskiert als heidnische Gottheiten auftreten ließen, und die sie auch dazu verleiteten, sich in der Gestalt illustrer Männer aus alter Zeit zu zeigen. Im 10. Jahrhundert erschienen dem Grammatiker Vilgardo aus Ravenna eines Nachts mehrere Teufel in den Gestalten der Dichter Horaz (65 v.Chr. bis 8 v.Chr.), Vergil und Juvenal (1./2. Jh.). Sie dankten ihm für den Eifer, mit dem er sich ihren Schriften widmete und versprachen, nach seinem Tode ihren Ruhm mit ihm zu teilen.

Sehr oft nahmen die Teufel, die sowieso schon eine menschliche Gestalt besaßen, eine andere, ebenfalls menschliche Gestalt an, die ihrem Begehr eher zustatten kam. Aus unzähligen Geschichten frommer und heiliger Männer wissen wir, dass ihnen Dämonen in der Gestalt attraktiver Frauen erschienen, in zahllosen Geschichten weiblicher Heiliger lesen wir, dass sich Dämonen in der Gestalt forscher und stattlicher Jünglinge verbargen. Nicht selten heckten die Teufel Pläne aus, sich der Frau oder dem Mann, die sie peinigen wollten, in der Gestalt von Freunden, Verwandten oder anderweitig bekannten und vertrauten Personen zu zeigen – woraus leicht ein großer Schaden und Skandal entstehen kann und auch oft entstand.

Die ehrwürdige Maria de Maillé (1331 bis 1414) entdeckte den Teufel im Gewand eines Eremiten, der bei allen im Rufe stand, ein gottgefälliger Mann zu sein. Der seligen Gherardesca von Pisa und anderen heiligen Frauen erschien der Teufel in Gestalt ihrer Ehemänner. Als Galan getarnt entwich er eines Tages aus dem Schlafgemach der heiligen Kunigunde von Luxemburg (um 980 bis 1033). Ein anderes Mal machte er sich eines noch anstößigeren Verhaltens schuldig. Er nahm die Gestalt des frommen Silvanus, des Bischofs von Nazareth an, enthüllte einem jungen Mädchen sein heftiges Verlangen und wurde unter ihrem Bett aufgefunden. Als der Dominikaner Thomas Cantipratensis (1201 bis 1263) eines Tages aus dem Fenster schaute, sah er den Teufel in Gestalt eines Priesters, der sich in einer höchst ungebührlichen Körperhaltung zur Schau stellte. Der Mönch rief nach ihm, und im Handumdrehen verschwand der Dämon. Derselbe Thomas berichtet, dass im Jahr 1258 in der Nähe von Köln eine große Horde Teufel in der Verkleidung von Karmelitern gesichtet worden sei – über die Wiesen laufend und tanzend.

Recht oft lassen sich die Teufel in Gestalt verschiedener Tiere sehen. Was den Drachen betrifft, bin ich nicht sicher, ob das die natürliche Form einiger Teufel war oder eine gelegentlich angenommene. Als Drache, das ist wohl wahr, erscheint Satan in der Apokalypse, und vielen Heiligen erschienen teuflische Drachen. Im 8. Jahrhundert beschrieb Johannes von Damaskus (700 bis 754) die Dämonen als durch die Lüfte fliegende Drachen. In manchen Fällen scheint der Drache ein Mittelding zwischen Dämon und wildem Tier zu sein.

Doch zahllos sind die anderen Tiergestalten, die Dämonen anzunehmen pflegten, um die rechtschaffenen Seelen der Gläubigen zu foppen, zu quälen und zu erschrecken. Der heilige Antonius (der Große; um 251 bis um 356 (?)), hatte sie weit draußen in der Wüste in Gestalt brüllender, heulender Raubtiere und in Gestalt von Schlangen und Skorpionen gesehen. In Gestalt eines Löwen tötete der Teufel ein Kind, das vom heiligen Eleuthere (456 bis 532), dem Bischof von Tournai, wieder zum Leben erweckt wurde. Etwa tausend Jahre später sah sie die heilige Colette (1380 bis 1446) noch immer als Fliegen, Füchse, Kröten, Schlangen, Schnecken und Ameisen. Im 13. Jahrhundert entdeckte der heilige Giles den Teufel im Panzer einer riesigen Schildkröte.

Vielen Menschen zeigte er sich in Gestalt eines Raben. Nach der Legende des heiligen Vedast (2.Hälfte des 5. Jh. bis 540) wurde einst beobachtet, wie die Dämonen eine Wolke aus Fledermäusen bildeten und so die Sonne verdunkelten. In Gestalt eines Hundes wurde der Teufel zum Gefährten von Papst Silvester II. (um 950 bis 1003), den man der Ausübung magischer Künste verdächtigte. Ebenfalls als Hund erschien er Faust, und als Hund bewachte er Schätze unter der Erde. Den Hexen zeigte er sich bei ihren ausgelassenen Festen als riesiger Ziegenbock, als Katze rieb er sich das Hinterteil in ihren Küchen, als Fliege brummte und summte er unentwegt um die Köpfe ehrlicher Leute. Kurz gesagt, es gibt keine wilde, ekelhafte oder scheußliche Kreatur, hinter deren Gestalt sich nicht ab und zu Dämonen versteckt hätten.

Diese ganze teuflische Zoologie sollte uns nicht überraschen. Es war nicht nur selbstverständlich, dass die Dämonen, um gewisse Ziele zu erreichen, die Tiergestalten annehmen würden, die am geeignetsten dafür waren, nein, zwischen den Tieren – zumindest manchen Tieren – und den Dämonen bestand eine gewisse Ähnlichkeit, mitunter waren sie tatsächlich wesensgleich. Neben der Tatsache, dass in der christlichen Symbolik Geschöpfe wie der Affe, der Löwe oder die Schlange für den Teufel stehen und neben der Tatsache, dass die Dämonen selbst sehr oft als Bestien oder wilde Tiere bezeichnet werden, trifft es auch zu, dass bestimmte Tiere in Dämonen verwandelt oder mit ihnen verwechselt werden können.

In einer uralten Formel zu Teufelsaustreibung wird Gott gebeten, die Früchte der Erde vor Mäusen, Raupen, Schlangen, Maulwürfen und anderen unreinen Geistern zu bewahren. Andererseits erinnere ich mich, in einem alten „Bestiarium“, einer zoologischen Abhandlung des Mittelalters, gesehen zu haben, dass der Teufel zusammen mit den anderen wilden Tieren verzeichnet war. Ich habe bereits darauf hingewiesen, dass der Drache eine Art Zwischenglied zwischen Dämon und wildem Tier bildete, dasselbe gilt für die Basilisken.

Die häufig in Gesellschaft von Hexen auftauchende Kröte stellt sich nach manchen Überlieferungen...

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