Vorwort
Du hältst dieses Buch in den Händen und bist auf der Suche. Auf der Suche nach einer Ernährung, die dich satt, glücklich, leistungsfähig und nebenbei auch schlank macht. Ich erkläre dir, was Keto-Ernährung ist, wie sie wirkt und wie herrlich abwechslungsreich sie schmeckt – mit viel gutem Fett.
Wir schreiben das Jahr 2010. Ich bin Anfang 20 und studiere Ernährungswissenschaft an der TU München. Ich bin angehende Ernährungswissenschaftlerin und ich habe Hunger.
Für das Fach habe ich mich entschieden, weil ich Naturwissenschaften liebe. Biochemische Stoffwechselwege und Vorgänge im menschlichen Körper habe ich schon zu Schulzeiten liebend gern verinnerlicht. Mathe und Bio waren meine Leistungskurse. Physik konnte ich nur deshalb nicht belegen, weil der Kurs an unserer Mädchenschule nicht zustande kam. Trotzdem bin ich dankbar, dass ich die Zeit zwischen Grundschule und Abitur in einer reinen Mädchenklasse verbracht habe. Dadurch wusste ich einfach nicht, dass Mathe und Chemie nichts für Mädels sein sollte. Und so habe ich es lieben gelernt.
Mit 14 habe ich auch die sonnigsten Nachmittage gerne im lokalen Elektronikgeschäft verbracht. Mein Hobby war damals Amateurfunk – Funkgeräte und Schaltungen löten, die ISS beobachten und mit eigenem Rufzeichen rund um die Welt kommunizieren. Amateurfunk war modern in einer Zeit, bevor es Handys und erst recht Smartphones mit Internetverbindung gab. Dennoch war ich in der Amateurfunkprüfung das einzige minderjährige Mädel unter recht vielen elektronikbegeisterten, älteren Herren. Ich war anders.
Meine Mutter lobte meine Einsen und Interessen stets ausführlich vor ihren Bekannten. Mir war das peinlich. Für meine Mitschüler war ich seltsam, und so fühlte ich mich auch. Das brachte ich bis zur Volljährigkeit mit wechselnden Haarfarben, Frisuren, schwarzer Kleidung und Nietengürteln zum Ausdruck.
Schon mit 14 hatte ich mit 60 Kilogramm mehr auf den Rippen, als meine Mutter, die stets für ihre Fitness gelobt wurde: „Wow, du bist ja dünner als deine Tochter“. Bei den bayrischen Großeltern musste aufgegessen werden, was auf den Teller kam. Zuweilen habe ich mir ein Heft mit gesunden Rezepten gekauft und versucht, das ein oder andere Kilo abzunehmen. Mal mit Körnerkur, mal mit kalorienarmer Ernährung … weit kam ich nie, da wir in der Schule und am Nachmittag doch gerne Kekse, Eis und Backwaren gefuttert haben. Als ich dem allerersten Schwarm meines Lebens in Teenie-Jahren erzählte, dass er mir gefiel, erfuhr ich später von meinen Freundinnen, dass er mich zu dick fand. Ich war die Komische, die alte T-Shirts statt schöner Blusen trug und etwas stämmiger war. Die, die wenig sprach und lieber Sachbücher las.
Dann kam das Studium und ich zog in eine WG mit zwei Kommilitonen. Zwischen all den spannenden Vorlesungen und Wohnheimpartys lernte ich „ihn“ kennen, zwei Semester über mir. „Er“ war der Schwarm von gefühlt 50 Prozent der Studentinnen auf dem Campus und hatte mehr Freunde als jeder andere. Gemeinsam hatten wir einen genialen Sommer. Unileben pur, wie man es sich abseits aller Klausuren ausmalt. Bis die Sache mit „ihm“ und mir zu Ende war. Da alle meine Freunde auch seine Freunde waren und er jeden zwei Semester länger kannte als ich, war ich plötzlich allein. Allein mit mir, meinen Skripten und meinen Selbstzweifeln.
Es muss einen anderen Weg geben
Es war, wie gesagt, 2010, ich war angehende Ernährungswissenschaftlerin und ich hatte Hunger. Seine Neue war dünner und das war alles, was ich zu der Zeit sah. Daran musste es liegen, dachte mein früheres Ich. Und als Ernährungswissenschaftlerin wusste ich ja schließlich, wie gesunde Ernährung auszusehen hatte. Dachte ich. Wenig Fett, viel mageres Protein, viel Vollkorn. Das hatte ich von meinen Professoren aufgeschnappt. (Hier sei gesagt, dass das Studium der Ernährungswissenschaft vor allem ein naturwissenschaftliches Grundstudium und biochemisches Studium der Stoffwechselvorgänge ist – man lernt nur am Rande, was „gute“ und „schlechte“ Ernährung ist. Es ist wissenschaftlicher und anders als eine Ausbildung zum Ernährungsberater.)
In der Mensa hielt ich fortan Ausschau nach magerem Fleisch und fettarmem Gemüse. Die Auswahl war nicht groß, es blieb nicht viel, das ich essen wollte. So nahm ich rasend schnell ab. Von 60 Kilogramm auf 55 Kilogramm. Zum ersten Mal bekam ich Komplimente für meine Figur. Durch meine Liebe zum Sport nahm ich weiter ab – von 55 Kilogramm auf 50 Kilogramm.
Ohne es zu wissen aß ich für mein Sportpensum viel zu wenig und steuerte auf eine ungesunde Unterversorgung mit wichtigen Nährstoffen zu. Meine Umwelt aber lobte mein neues Aussehen. Neben der Uni arbeitete ich beim Fernsehen. Freitag, Samstag, Sonntag jeweils 15-Stunden-Schichten. Als Aufnahmeleiterin war ich für die Leitung des Teams bei Livesendungen zuständig. Die Wochenenden waren anstrengend und anspruchsvoll. Irgendwann wog ich nur noch 47 Kilogramm. Mit abnehmendem Gewicht nahm meine Leistung ab. Ich war immer unkonzentrierter und fahriger. Meine Vorgesetzten aber nahmen mich plötzlich mehr wahr. Wegen meiner Leistung? Nein. Man wollte mit mir ausgehen.
Dabei sah mittlerweile selbst ich, dass ich nicht mehr gut aussah. Sogar Klamotten in der am kleinsten verfügbaren Kleidergröße 32/34 hingen wie nasse Säcke an mir herab. Ich wollte nicht mehr abnehmen. Ich fühlte mich schwach und ausgelaugt. Meine Leistungsfähigkeit im Job war mir doch immer so wichtig. Aber, so dachte ich, ich machte doch alles richtig. Viel mageres Protein, Vollkorn, wenig Fett. Das war es doch, was alle Frauenzeitschriften und Ernährungsexperten predigten. Ich ernährte mich geradezu mustergültig, glaubte man all diesen Ratgebern. Dennoch war mir im Winter so kalt, dass ich mein Bett neben die Heizung schob, um meine Gliedmaßen zwischen den Heizungssprossen wärmen zu können. Die Kraftlosigkeit brachte mich bereits um 19 Uhr übermüdet ins Bett. Irgendwann war auch an Joggen nicht mehr zu denken, weil die Beine schlapp waren. Meine Periode bekam ich bereits ein halbes Jahr nicht mehr.
Ich stand vor einem Problem. Meine Ernährung war scheinbar gesund. Ich war aber eindeutig zu dünn und fühlte mich alles andere als fit und gesund – dass meine Umwelt mich gleichzeitig für mein Aussehen lobte, zeigt aus meiner Sicht ein grundsätzliches Problem unserer Gesellschaft, bei der ein bereits ungesund dünnes Gewicht als attraktiv wahrgenommen wird. Also suchte ich den Rat von Experten. Ich besuchte eine Frauenärztin, einen Fitnesstrainer und eine Ernährungsberaterin und sagte: „Ich bin zu dünn. Ich möchte gerne gesund zunehmen. Wie geht das?“ Die Antworten lauteten:
Fitnesstrainer: „Aber 47 Kilogramm sind doch für eine Frau in Ihrer Größe ein Top-Gewicht. Die Körperfettwaage zeigt neben jedem Parameter ein Plus an. Das heißt, Sie haben Top-Werte.“
Ernährungsberaterin: „Sie müssen sich ab sofort jeden Tag etwas zu naschen gönnen. Erlauben Sie sich Süßigkeiten.“
Frauenärztin: „Hier haben Sie ein Rezept für die Pille. Damit bekommen Sie Ihre Periode wieder.“
Was nun?
Da war ich also. Ernährungswissenschaftlerin. Die Spezies Mensch, die sich eigentlich auskennen sollte. Aber aus Studium und von Beratern bekam ich keine echte Lösung. Es musste doch einen Weg geben, sich einfach gesund zu ernähren und dadurch fitter und kräftiger zu werden? Süßigkeiten zu essen konnte doch nicht der Weg für eine gesunde Zunahme sein? Nicht, dass ich mir das unbedingt verbieten mochte, aber sie schmeckten mir einfach nicht. Und Süßigkeiten lieferten ja nun wirklich keine essenziellen Nährstoffe. Wieso sollte ich also Schokoriegel essen müssen? Das konnte ja wohl auch nicht die finale Lösung sein. Aber die Ratschläge aus dem Studium brachten mich auch nicht weiter.
Bevor ich eine Lösung für mich fand, bahnte sich mein ausgelaugter Körper selbst einen Weg. Plötzlich bekam ich Hunger, wie ich ihn noch nie erlebt hatte. Es gab Catering in der Arbeit? Ich konnte nichts anderes mehr sehen, als die Warmhalteplatten mit Nudelgerichten, die belegten Brote und die Süßigkeitenschalen. Innerhalb kürzester Zeit entwickelte ich einen Appetit wie ein Staubsauger. Wenn Essen in der Nähe war, konnte ich keinen klaren Gedanken mehr fassen. Ich hatte Hunger und der wollte gestillt werden. Ich aß und aß. Morgens auf dem Weg in die Uni plünderte ich fast die Bäckerei. Immer hatte ich etwas zu essen in meiner Handtasche. Mein Hunger war so groß, dass ich ohne Proviant nicht das Haus zu verlassen wagte. Innerhalb kürzester Zeit nahm ich zu. Auf 52 Kilogramm. Auf 55 Kilogramm. Ich war glücklich, dass ich mich fitter fühlte und wieder etwas mehr auf den Rippen hatte. Ich nahm zu auf 60 Kilogramm. Aber ich konnte nicht mehr aufhören zu essen. Die Monate des Mangels hatten meinen Körper in absolute Panik versetzt. Heißhunger machte sich in mir breit, wie ich ihn noch nie erlebt hatte. Zucker, Weißmehl, Süßigkeiten. All das wollte ich. Rund um die Uhr.
Ich bekam Angst vor mir selbst, da ich das gefühlt nicht mehr unter Kontrolle hatte. Auch bei 60 Kilogramm blieb mein Gewicht nicht stehen. Innerhalb von nur sechs Monaten nahm ich 26 Kilogramm zu – von 47 Kilogramm auf 73 Kilogramm. Meine Umwelt reagierte mit Spott und Lästereien.
Mein Körper machte plötzlich Dinge, die ich nicht verstand. Meine Gedanken kreisten um Essen. Was gibt es als Nächstes? Was könnte ich noch probieren? Mir war das peinlich. Ich begann mich zu isolieren, weil ich nicht wollte, dass jemand mitbekam, wie viel ich aß. In gerademal einem Jahr hatte ich zwei extreme Seiten kennengelernt. Die absolute Askese und Untergewicht sowie den ständigen Heißhunger, Zuckersucht und unhaltbare Zunahme.
Es...