Seelisches Leiden im kulturellen Wandel: Eine wissenschaftstheoretische Betrachtung des Umbruches in Wissenschaft und Gesellschaft

Autor	Bruno Mohr
Verlag	Diplomica Verlag GmbH
Erscheinungsjahr	2012
Seitenanzahl	90 Seiten
ISBN	9783842819528
Format	PDF
Kopierschutz	kein Kopierschutz/DRM
Geräte	PC/MAC/eReader/Tablet
Preis	34,99 EUR

In dem vorliegenden Buch stellt der Autor die These auf, dass das wissenschaftliche Paradigma des Kausaldeterminismus nicht mehr in der Lage ist, die heutigen Herausforderungen einer immer komplexer werdenden, globalisierten Welt erfolgreich zu bewältigen. Er beschreibt, wie der Wandel des wissenschaftlichen Paradigmas mit der Auflösung sinngebender Wirklichkeitskonstruktionen einhergeht. Der sich hieraus ergebende Verlust allgemeinverbindlicher Glaubenssysteme führt zu einer Individualisierung und Verunsicherung der Mitglieder der Gesellschaft, die sich in einem Anstieg seelischer Abweichung von den Normalitätserwartungen zeigt.
Der psychiatrische Umgang mit seelischer Abweichung, die der Autor bewusst nicht als psychische Erkrankung etikettiert, wird im Sinne der dynamischen Systemtheorie als Versuch der Systemerhaltung angesehen. Dies sei in einer Zeit des Paradigmenwandels jedoch nur eine vorübergehende Erscheinung.
Die Entwicklung eines neuen Paradigmas, das in der Lage ist, der Komplexität unserer Zeit erfolgreich zu begegnen, sei nicht aufzuhalten.
Es ist die zentrale These des Autors, dass seelische Abweichung von gesellschaftlichen Normalitätserwartungen als kreatives Potential erkannt werden muss. Im Sinne einer dialogischen Kommunikation sollte dieses Potential zur Entwicklung einer neuen 'ethisch korrekten' Wirklichkeitskonstruktion genutzt werden. Eine solche Wirklichkeitskonstruktion wäre in der Lage, die Komplexität und Vielfalt des Lebens in ihr Weltbild zu integrieren, statt Menschen auszugrenzen, die in ihrem Verhalten und Erleben engen normativen Vorgaben nicht entsprechen.

Bruno Mohr wurde 1953 in Hamburg geboren. Er studierte Philosophie, Sozialwesen und Kriminologie. Während seines Studiums im Fachbereich Sozialwesen entstand durch Praktika im Landeskrankenhaus und im sozial¬psychiatrischen Dienst sein Interesse an dem gesellschaftlichen Umgang mit seelischem Leiden. Durch Weiterbildungen in systemischer Therapie, Beratung und Supervision wurde der Autor mit dem systemischen Konstruktivismus vertraut, der seine berufliche und wissenschaftliche Perspektive nachhaltig beeinflusste.
Das berufsbegleitende Masterstudium der Kriminologie regte ihn an, seelisches Leiden nicht als Krankheit sondern als Abweichung von gesellschaftlichen Normen zu betrachten.
Nach unterschiedlichen Tätigkeiten als Heilpraktiker, Judotrainer und Sozial¬pädagoge arbeitet der Autor heute im sozialpsychiatrischen Dienst eines Hamburger Gesundheitsamtes.

Kaufen Sie hier:

Horizontale Tabs

Blick ins Buch

Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis	3
Einleitung	5
1 Kultureller Wandel	8
1.1 Der Kulturbegriff	8
1.2 Wissenschaft als Kulturprodukt	9
1.3 Kultureller Wandel aus Sicht des systemischen Konstruktivismus	12
1.4 Paradigmenwechsel	14
1.4.1 Vom metaphysischen Paradigma zum mechanistischen Paradigma	16
1.4.2 Der Einfluss des mechanistischen Paradigmas auf die Bedeutung von Gesundheitund Krankheit	18
2 Kultureller Wandel in der Postmoderne	20
2.1 Anstieg von Komplexität und Risiko als Folge der Ziel- und Zweckorientierung desmechanistischen Paradigmas	21
2.2 Individualisierung und die Auflösung gesellschaftsstabilisierender Normen undWerte	23
2.3 Auflösung des mechanistischen und Entstehung eines konstruktivistischen undsystemischen Paradigmas	26
2.3.1 Wissenschaftliche Wirklichkeitskonstruktionen in der Postmoderne	31
2.3.2 Systemische Wirklichkeitskonstruktionen in der Neurobiologie	34
3 Die Funktionalität des „neurobiologischen Selbstverständnisses“ für das Regierendurch Freiheit	36
3.1 Das Entstehen einer Kontrollkultur	36
3.2 Die Psychiatrie als Legitimationsinstanz der gesellschaftlichen Sinnwelt	38
3.3 Die Konstruktion der psychiatrischen / neurologischen „Krankheit“	40
3.4 Der Vormarsch der „Lebenswissenschaften“	42
3.4.1 Molekularisierung in der Neurobiologie	43
3.4.2 Vom Risiko zur Anfälligkeit	44
3.4.3 Die Konstruktion des „neurobiologischen Selbst“ als Masterstatus undVerpflichtung zur Selbststeuerung	46
3.5 Regieren durch Freiheit	47
3.6 Die Wirksamkeit der Kontrolle durch Freiheit	50
4 Für einen systemisch-konstruktivistischen interdisziplinären Diskurs zwischen SozialundNeurowissenschaften	53
4.1 Das Krankheitskonzept in der systemisch konstruktivistischen Perspektive	55
4.1.1 Das Krankheitskonzept auf der innersubjektiven Ebene	56
4.1.2 Das Krankheitskonzept auf der interkommunikativen Ebene	57
4.1.3 Das Krankheitskonzept auf der gesellschaftlichen Ebene	59
4.2 Vom genetischen Determinismus zu kreativen Lernprozessen neuronaler Netzwerke	60
4.2.1 Kritik des genetischen Determinismus	60
4.2.2 Kreative Lernprozesse neuronaler Netzwerke	62
4.3 Informationsaustausch als verbindendes Element zwischen Sozial- undNeurowissenschaften	64
4.3.1 Informationsaustausch zwischen Nervensystem und Umwelt	65
4.3.2 Informationsaustausch in sozialen Systemen	68
4.4 Ethisches Handeln im Umgang mit abweichendem Verhalten	71
4.4.1 Ethisches Handeln in der Perspektive der dynamischen Systemtheorie	71
4.4.2 Konsequenzen eines ethisch korrekten Handelns für den Umgang mitabweichendem Verhalten	74
Schlussbemerkungen	76
Literatur	78
Autorenprofil	89