China, ich bin da
Am chinesischen Zoll gibt es eine lustige Einrichtung. Zwei Knöpfe, mit einem lachenden und einem traurigen Gesicht. Damit kann man die Serviceleistung der Zöllner beurteilen. Schade, dass es dies nicht vorher in München gab. Hier drückte ich natürlich den lachenden Knopf, man will ja nicht gleich auffallen.
Transrapid, leider nicht
Koffer holen und dann ab zum Transrapid. Das Ding muss ich ausprobieren aber leider startet der erst ab 10 Uhr. Mist, also rein in die Metro, mit der Metrokarte vom Robert ging das vollkommen unkompliziert. Eine solche Karte kann man fast immer an den Informationsschaltern in den U-Bahnhöfen kaufen. Auch wenn es keine sprachliche Verständigung gibt, es ist einfacher als man denkt. Die kennen ihre Touris schon.
Bahn fast leer, schon einen Sitzplatz gefunden und die Klimaanlage ist guter Dinge. Circa in der Mitte der Strecke muss man umsteigen, dies hatte ich aber nicht mitbekommen und so erklärte mir ein Chinese, dass ich hier umsteigen muss. Aber auf chinesisch, ich habe es trotzdem kapiert. Diese Hilfsbereitschaft habe ich noch einige Male angetroffen.
Beim Aussteigen, auf einem überirdischen Bahnhof, schlug mir eine feuchte Hitze entgegen, dass ich meinte, jemand würde eine Badewanne heißes Wasser über mich kippen. Die nächste Bahn war vollbesetzt. Ich zwängte mich mit meinem Gepäckstücken zu den anderen, die Türe schloss sich und die Klimaanlage pustete mir direkt in den Nacken. Schööööön. Was sich dann immer wieder beim Ein- und Aussteigen an den Türen abspielte ist echt eine Herausforderung. Milliarden von Menschen stehen direkt vor der Tür zum Einsteigen und Milliarden die hinaus wollen. Nein, nicht wie in München, dass man erst die von drinnen heraus lässt und dann einsteigt, nein, beide Parteien stürmen sofort und ohne Rücksichtnahme, so kam es mir jedenfalls vor, rein und raus. Das Gedränge und Geschubse ist unglaublich aber keiner wird sauer.
Erste Hilfe
In diesem Durcheinander fragte mich ein Chinese in stark gebrochenen Englisch (ich wäre froh so chinesisch zu können) ob ich umsteigen müsste und wo. Erst wusste ich nicht, was es den angeht, ich sagte es ihm dennoch.
An der Station ginge die Tür auf der anderen Seite auf, ich muss sofort mit Gepäck und mir selber durch die Menschenmassen drängen und mich vor die Tür stellen und keinen vor mich lassen, sonst käme ich nicht raus. Er half mir, den Koffer durch die Menschen hindurch zu zerren. Dabei schubste er, wie ich die anderen wild in der Gegend herum, trat ihnen auf die Füße, rammte den Ellbogen und meinen Rucksack in Rücken, Nieren und Bauch. Die so Malträtieren drehten sich um und halfen noch den Koffer und mich zur Tür zu quetschen und grinsten dabei über das ganze Gesicht. Ich wäre allein an meiner Station nicht hinaus gekommen, wenn ich noch auf meinem alten Platz gestanden wäre. Na gut, so geht das hier also. Jemand rief noch aus dem Waggon: „Enjoy Shanghai“. Es hatte keinen ironischen sondern einen sehr freundlichen Charakter wie er das rief.
Heiß, heißer, Wäsche waschen
Endlich an meiner Station Dapuqiao angekommen und raus auf die Straße. Ich immer noch meine leichte Jacke, Hemd und Jeans an. Das Hotel war nicht weit weg, vielleicht acht Minuten zu Fuß. Als ich schließlich mein Zimmer im 35. Stock betrat, war ich kurz vor dem Kollaps. Nassgeschwitzt bis dort hinaus, hyperventilierend. Erst mal die zwei Flaschen Wasser, die im Zimmer waren, in zwei Zügen heruntergezogen.
Wäsche waschen
Schuhe aus und so wie ich war gleich unter die kalte Dusche. Die Klamotten konnten auch eine Wäsche vertragen, selbst die Jacke war durch und durch nassgeschwitzt. Dann machte ich es so wie ich es oft auf Reisen in heißen Länder mache. Wenn es eine Dusche gibt, Schuhe aus und mit allen Klamotten darunter, Haare waschen, langsam ausziehen und dabei kurz die Sachen durchwaschen, auswringen und dann aufhängen. Somit benötigt man nur zwei Garnituren, eine hat man an, die andere trocknet, das geht in manchen Ländern sehr schnell.
Balkonien mal anders
Jetzt aber erst mal hinaus auf den Balkon, mal sehen, wo ich denn bin. Im Zimmer war es hübsch kühl, kaum war die Balkontüre geöffnet fühlte ich mich wieder wie in einem Dampfgarer. 35. Stock, nicht ganz, die zwei ist in China nicht beliebt und die vier ist mit allen Derivaten auch schlecht. Es fehlt also der zweite Stock und der vierte und der 14., der 24, und der 34. Stock. Ich habe nie herausgefunden was die zwischen dem 39. und dem 50. machen. Aber der Ausblick auch vom nur 30. Stock ist phänomenal.
Dass die Chinesen die „vier” nicht mögen hängt damit zusammen, dass die chinesische Aussprache für „vier” gleichlautend ist mit dem Wort für „sterben”, nämlich „si” (hat mir Sven Fischer erklärt, ein gelernter Sinologe). Es sind zwar verschiedene Schriftzeichen für „vier” und für „sterben”, aber sie werden gleich ausgesprochen. Die Abneigung kann man unter diesen Umständen durchaus nachvollziehen, finde ich.
Rein ins Getümmel
Leichte Klamotten an, Kamera und zwei Linsen und hinaus auf die Straße. Wie schon aus anderen asiatischen Ländern gewohnt, erst Mal an die Kreuzung stellen und den Verkehr beobachten. Die fahren hier doch etwas anders als so ein verwöhnter Westler, der schon von Kindesbeinen an lernt, was Recht und Gesetz im Straßenverkehr ist. Man kann in Deutschland nicht mitten in der Nacht auf einer einsamen Straße bei Rot gehen, da man sonst 5 € zahlen muss. Eigenverantwortung wird so gut abgestellt.
Rot bei einer Ampel in China heißt aber nicht, dass Autos oder Busse nicht doch fahren können. Rechtsabbiegen ist auch bei roter Ampel in China immer erlaubt und die Autofahrer reduzieren wegen ein paar Fußgänger nicht unbedingt die Geschwindigkeit. Einbahnstraßen und dass man rechts fährt, ist auch nur was für Weicheier. Verkehr fließt also nicht nur aus der „erlaubten“ Richtung, der Chinese an sich fährt auch schon mal auf der falschen Seite in eine Einbahnstraße hinein, meistens mit dem Roller manchmal auch mit einem größeren Kraftfahrzeug.
Orientierung
Diesen Tag würde ich jetzt als Orientierungstag nutzen. Mal leicht quer durch die zentrale Innenstadt bis zum Bund. Einfach mal sehen was hier so los ist. Aber zuerst in den nächsten Laden Wasser kaufen, drei Flaschen sollte man dabei haben, eine die man trinkt, eine welche die andere kühlt und eine wenn man auf dem Weg ist neues Wasser zu kaufen. Über die größeren Kreuzungen führen Fußgängerbrücken die einen wunderschönen Ausblick auf die jeweilige Verkehrslage geben. Ich fragte mich allerdings, wie alte Menschen oder Behinderte über solch eine Kreuzung kommen, es gibt nur Treppen.
Der Verkehr ist dicht, aber nicht so dicht, wie ich oft gehört habe. Stellt man sich in München zur Hauptverkehrszeit mal auf eine Brücke über den mittleren Ring, sieht es auch nicht anders aus.
Bis jetzt war alles wie in München. OK, etwas mehr Menschen, heißer, feuchter, Schriftliches konnte man nicht lesen und die Menschen hatten eine doch etwas andere Sprache. Aber das ist ja in den meisten Länder so.
An der nächsten Ecke konnte ich einen Blick auf einen Hauseingang werfen, das war dann aber doch definitiv nicht wie bei uns. Fahrräder schon, Wäsche auf der Leine auch aber das Wasser, die Hähne und Waschbecken waren vor dem Haus. Vierzehn Stück konnte ich in diesem kleinen Gang zählen, jeder Hausbewohner hatte wohl sein eigenes. Traditionell sind in chinesischen Häusern das Wasser und die Waschbecken nicht in den Häusern. Für die Toiletten und Duschen gibt es extra Häuschen. Oft findet man auch noch kleine Öfen zum Kochen vor dem Haus oder der Wohnung im Hausgang.
Erste Nahrungsaufnahme
Bei meinem ungeordneten Marsch durch die Stadt durchquerte ich einen kleinen Zipfel der Altstadt, sozusagen den Geburtsort Shanghais. Hier hat sich seit Jahrhunderten kaum etwas verändert, außer, dass dieses Gebiet immer kleiner wird, man braucht ja schließlich Bauland. Hier leben die Menschen noch direkt auf und mit der Straße. Kleine Restaurants, in denen Fisch, Fleisch, Gemüse und alles andere was benötigt, wird auf der Straße vorbereitet wird. Die uns bekannten hygienischen Verhältnisse werden dabei kaum erreicht.
Für die Altstadt würde ich mir sowieso einen Tag Zeit nehmen, also nicht hetzten und seit der letzten lukullischen Bordverpflegung verspürte ich doch einen leichten Hunger. Wer als Tourist hier hungrig bleibt, ist selber Schuld. Bei dieser kleinen Küche roch es sehr verführerisch und das Essen sah sehr lecker aus.
Alle lachten, als ich versuchte, etwas zu bestellen. Die Speisekarte im Hintergrund hat nicht wirklich geholfen. Ich deutete auf verschiedene Gemüsesorten und Nudeln und die junge Köchin grinste leicht und deutete noch auf etwas, das sah wie Fleisch aus, mehr aus dem Inneren eines Tieres, was es war und von welchem Tier, war für mich nicht zu erkennen. Ich schüttelte leicht den Kopf, was wieder für einen Heiterkeitsausbruch bei den Anwesenden sorgte. Man muss ja nicht gleich in den ersten Minuten den Held spielen. 12 RMB hat die Schale mit Nudeln und Gemüse gekostet, ungefähr 1,50 €.
Und lecker war...