MEINE GESCHICHTE
Meine Geschichte beginnt anders als die einer typischen Kochbuchautorin. Zwar habe ich immer sehr gern gegessen, den größten Teil meines Lebens aber nicht gerne selbst gekocht. Mich schreckten die langen Zutatenlisten ab, dass man spezielle Küchengeräte braucht, die ganze Zeit des Kochens und nicht zuletzt der gefürchtete Stapel schmutzigen Geschirrs am Ende. Das schien mir total kompliziert. Ich ahnte nicht, dass die Entdeckung einer einfacheren Kochmethode eine riesige Rolle dabei spielen würde, schlechte Essensangewohnheiten zu verändern, die ich im Laufe meines Lebens entwickelt hatte.
Ich wuchs in einer ziemlich dysfunktionalen Familie auf. Nachdem meine Eltern sich hatten scheiden lassen, verbrachten mein Bruder und ich eine Menge Zeit damit, zwischen den beiden hin und her zu pendeln. Auch wenn ich wusste, dass ich geliebt wurde, fehlte unserem Leben die Beständigkeit, und Ernährung war bei uns nie ein Thema. Mein Dad konnte ein paar Gerichte zubereiten, zum Beispiel Hähnchen-Sticks und Kartoffelpüree, aber wirklich kochen gelernt hat er nie.
Meine Mum witzelte immer, dass ihre Spezialitäten Dosen, Mikrowelle und Essen-to-go seien. Wir waren oft in Drive-ins, Mittwochabend gab es Pizza aus dem Supermarkt und fast jeden Tag gab es zum Frühstück Bagels.
Wenn ich sage, dass Zucker und Kohlenhydrate den größten Teil meiner Ernährung ausgemacht haben, untertreibe ich: Sie waren meine Ernährung. Ich erinnere mich, dass ich monatelang kein Wasser trank; stattdessen nur Softdrinks (meist Ginger Ale oder Cola) und davon nicht selten an einem Tag eine Zwei-Liter-Flasche. Das heißt, dass ich etwa 840 Kalorien bzw. 234 Gramm Zucker zu mir nahm! Heute kommt mir das ziemlich verrückt vor, denn ich komme wunderbar mit weniger als 20 Gramm Kohlenhydraten an einem Tag aus.
Mein Gewicht wurde zum Problem, als ich mit elf Jahren in Kalifornien auf die Mittelschule kam (als wenn die Mittelschule für ein Mädchen in dem Alter nicht sowieso schon eine schwierige Zeit wäre). Ich passte in kein einziges Kleidungsstück aus den »coolen« Läden, in denen die anderen einkauften. Meine Klassenkameraden zogen mich erbarmungslos mit meinem Gewicht auf, belegten mich mit jedem abfälligen Schimpfnamen, den man sich nur denken kann, und nach einer Weile begann ich die Sachen zu glauben, die die Leute sagten. Mein Selbstwertgefühl sank Tag für Tag, aber das Essen war immer für mich da. In diesen köstlichen, süßen Momenten vergaß ich meine Probleme zu Hause, die Sticheleien in der Schule und die Angst, die ich im ganzen Körper spürte – ich genoss einfach nur das Erlebnis des Essens.
Meine erste Diät begann ich in der Mittelschule. Drei Tage hielt ich durch, dann hörte ich wieder auf. Das war der erste von vielen – und ich meine vielen – fehlgeschlagenen Versuchen abzunehmen.
Als ich auf die Oberschule kam, war mein Gewichtsproblem nur noch schlimmer geworden, und ich fühlte mich ausgeschlossen. Ich wollte mich für ein Anfänger-Basketballteam bewerben. (Wenn man 1,80 m groß ist, wird in Kalifornien natürlich von einem erwartet, dass man Basketball spielt.) Auch wenn ich nicht sehr gut war, kam ich irgendwie ins Team. (Und falls Sie denken, dass ich zu hart mit mir selbst bin: Unser Team hat in der ganzen Saison nur ein einziges Spiel gewonnen.) Ich erinnere mich, wie froh und glücklich ich war, endlich irgendwo dazuzugehören.
Aber schon an dem Tag, als wir unser Teamdress bekamen, schlug meine Freude in Panik um. Als es um unsere Kleidergrößen ging, hörte ich mein Herz klopfen. Vor allen anderen meine Größe sagen zu müssen war so demütigend! Damals wog ich zwischen 90 und 100 Kilo und trug Größe 46/48. Als ich an der Reihe war, murmelte ich mit gesenktem Kopf schnell meine Größe. Der Coach suchte alle Sets durch und gab mir das größte zum Anprobieren. Schon beim Blick darauf wusste ich, dass es nicht passen würde. Trotzdem ging ich damit in den Toilettenraum, betrat eine Kabine, schloss die Tür und versuchte, mich in die Sachen zu zwängen. Mir stiegen die Tränen in die Augen, und eine Weile blieb ich in der Kabine stehen, während ich mühsam versuchte, die Tränen zu unterdrücken. Niemand sollte mich weinen sehen. Als die meisten meiner Teamkolleginnen gegangen waren, gab ich dem Coach mit einem Kopfschütteln Trikot und Hose zurück. Ich fühlte mich so gedemütigt, dass ich kein Wort herausbrachte.
Der Coach fand dann bei der Schulauswahlmannschaft größere Sachen für mich, und so war ich als Einzige im Team des ersten Jahrgangs anders angezogen als die anderen Mädchen. Das scheint vielleicht keine große Sache zu sein, aber wer jemals Gewichtsprobleme hatte, versteht, wie schmerzhaft solche Momente sein können. Bei jedem Spiel trug ich ein anderes Trikot und eine andere Hose als meine Teamkolleginnen. Die Leute machten sich lustig über mich, weil ich anders angezogen war, und wieder einmal kam ich mir wegen meines Gewichts minderwertig vor. Ich hatte das Gefühl, nie irgendwo ganz normal dazugehören zu können.
Als ich ein Teenager war, sprach mein immer schlanker und bei allen beliebter Bruder mit mir über mein Gewicht. Er sagte Sachen wie: »Na, iss einfach nicht mehr so viel«, oder: »Nimm ab, das kann doch nicht so schwer sein.« Autsch, wenn es nur so einfach gewesen wäre, und ja, es war so schwer. Ich wusste, dass er mir nur helfen wollte und dass seine Worte lieb und besorgt gemeint waren. Aber ich glaube, dass niemand wirklich verstand, wie unfähig ich mich fühlte. Und ich bin mir nicht sicher, ob er damals wusste – oder heute weiß –, dass ich immer zu ihm aufgeschaut habe. Ich war so stolz, seine Schwester zu sein. Er war all das, was ich gern gewesen wäre: klug, witzig, beliebt und fit. Auch wenn er nichts dafür konnte, wuchs ich in seinem Schatten auf und verstand nie, warum ich nicht wie er sein konnte.
Nachdem ich die Highschool abgeschlossen hatte, ging ich von zu Hause weg zum College. Ich verlor 14 Kilo durch eine Low-Carb-/High-Fat-Diät, aber ich hatte die ganze Zeit Hunger. Als ich mit der Diät aufhörte, nahm ich jedes einzelne Pfund wieder zu und noch ein paar mehr obendrauf. An dem Punkt fühlte ich mich, als hätte ich einfach alles schon ausprobiert. Ich hatte versucht, Kalorien zu zählen. Ich hatte versucht, mich mehr zu bewegen und weniger zu essen. Ich hatte eine vegetarische Diät und eine Nur-Saft-Diät gemacht. Ich hatte sogar ein medizinisch überwachtes Programm zum Abnehmen probiert, bei dem ich Appetitzügler nahm, Vitamin-B12-Spritzen bekam und jede Woche gewogen wurde.
Mit jedem Misserfolg gab ich mich etwas mehr selbst auf. Im College lief es nicht gut, und nach einem Jahr zog ich schließlich wieder zu Hause ein. Ich fühlte mich wie ein zerbrochener Mensch, ohne das geringste Selbstwertgefühl und außerstande, irgendetwas mit meinem Leben anzufangen.
Zu Hause wurde dann alles noch schlimmer. Ich machte ein paar extrem schwierige Zeiten durch, versank in einer tiefen Depression, verlor jegliches Interesse, blieb allein, sah meine Freunde kaum noch und verbrachte die meiste Zeit in meinem Zimmer mit Essen. Natürlich machte dieses Verhalten alles nur noch schlimmer, aber damals erkannte ich den Zusammenhang nicht.
Eines Tages bekam ich eine Message auf MySpace (ja, ich fühle mich alt!) von jemandem, den ich nicht kannte. Nach kurzem Zögern öffnete ich die Nachricht, die von einem Typen namens Mick war. Er schrieb, dass er über meine Seite gestolpert sei und einfach nur Hallo sagen wollte.
Ein paar Wochen später traf ich mich mit Mick, und meine Güte, war ich nervös! Ich hatte bis dahin nicht viele Dates gehabt und erwartete nicht, dass sich jemand für mich interessieren würde. Wir wurden schließlich Freunde und redeten stundenlang über das Leben, die Liebe, Politik und einfach über alles. Die Stunden vergingen für uns wie Sekunden. Mick war mit ähnlichen Schwierigkeiten wie ich aufgewachsen, was seine Familie, sein Gewicht und das Leben allgemein betraf. Zwischen uns bestand eine Verbindung, wie ich sie nie zuvor mit jemand anderem gefühlt hatte. Er half mir durch eine der schwierigsten Zeiten, und mit seiner Unterstützung bekam ich nach und nach mein Leben wieder in den Griff.
In jeder neuen Beziehung gibt es am Anfang eine Honeymoon-Phase. Während dieser Zeit nahm ich sogar noch mehr zu. Ich glaube, ich war so glücklich und verliebt, dass mir mein Gewicht einfach egal war und ich dachte: »Nun, Mick liebt mich genau so, wie ich bin, also genieße ich den Moment und mache mir keine Sorgen darüber, wie viele Pfunde ich zunehme.«
Eines Morgens – ich war 25 – wachte ich plötzlich mit starken Schmerzen in meiner rechten Seite auf. Mick fuhr mich ins Krankenhaus, wo festgestellt wurde, dass meine Gallenblase entzündet und voller Steine und Grieß war. Noch am selben Tag wurde mir die Gallenblase herausgenommen. Eine Krankenschwester sagte mir, dass Gallenblasenpatienten typischerweise weiblich sind, einen hellen Teint haben, sehr dick und um die 40 Jahre alt sind. Dadurch ließ sie mich auf nette Art wissen, dass ich all diese Kriterien erfüllte, nur dass ich noch keine 40 Jahre alt war. Autsch! Mit meinem Gewicht konfrontiert zu werden war immer hart für mich, aber dies im medizinischen Zusammenhang zu hören war noch schlimmer.
Ich bekam eine neue Diät verschrieben, eine Low-Fat-Diät. Ich dachte: »Okay, das ist es! Das ist meine Chance abzunehmen und gesund zu werden.« Ich befolgte die Empfehlungen des Arztes sorgfältiger als bis dahin jede andere Diät, und was glauben Sie? Ich nahm noch schneller zu als vorher. Wieder kam ich mir wie eine Versagerin vor.
Ein paar Jahre später machte Mick mir einen Heiratsantrag. Zu der Zeit trug ich...