Zum besseren Verständnis des Themas soll zunächst der Begriff „Demografie” erklärt werden. Frei aus dem Griechischen übersetzt, bedeutet es „Volk beschreiben“. Veranschaulicht durch Kennziffern und Zahlen soll Demografie die Veränderung der Bevölkerungszahl und ihrer Strukturen (Alter, Geschlecht, Familienstand, Lebensform, Nationalität, Kinderzahl, Region, Gesundheitszustand usw.) aufgrund demografischer Verhaltensmuster/Ereignisse (Geburt, Heirat, Scheidung, Umzug, Erhaltung der Gesundheit, Tod) beschreiben (Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung, 2004, S. 9).
Der demografische Wandel wird in den nächsten Jahrzehnten zunehmend die gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland beeinflussen und die Unternehmen, insbesondere den Personalbereich, sowohl in strategischer als auch operativer Sicht vor eine große Herausforderung stellen (Lukas, J., 2012, S. 5). Es handelt sich hierbei nicht um einen neuen Trend, sondern vielmehr um einen globalen und stetig verlaufenden Änderungsprozess einiger grundlegender demografischer Verhaltensmuster. In Europa begann dieser Wandel Mitte des 19. Jahrhundert, dauert folglich bereits 150 Jahre an und wird schließlich alle Länder und Unternehmen im Verlauf des 21. Jahrhunderts in unterschiedlichem Ausmaße betreffen (Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung, 2004, S. 11). Kern der demografischen Entwicklung ist die rapide Alterung und Dezimierung der Gesellschaft, bereits heute ist jeder fünfte Deutsche über 65 Jahre alt. Die Zahl der über 80-jährigen wird sich bis 2060 im Vergleich zu heute fast verdreifachen. Dagegen wird die Anzahl der gesamten Bevölkerung in 45 Jahren noch auf 67,6 Millionen geschätzt. (Statistischen Bundesamt, 2015, S. 19).
Einen detaillierteren Einblick über die Faktoren der demografischen Entwicklung soll das nächste Kapitel bieten.
Eine kontinuierlich steigende Lebenserwartung und dauerhaft niedrige Geburtenzahlen sind Kennzeichen der demografischen Entwicklung (Bundesministerium des Innern, 2011).
Abbildung 1 Altersaufbau der Bevölkerung in Deutschland, 1910, 1950, 2010 und 2060.
In Abbildung 1 ist deutlich die Veränderung der Bevölkerungsverteilung erkennbar. 1910 ist der Anteil der Kinder am höchsten und wird bis zum Alter von 85 Jahren kontinuierlich weniger. 40 Jahre später liegt der größte Anteil der Bevölkerung bei den Jugendlichen zwischen 10 und 15 Jahren sowie den 45 bis 50-jährigen. Die Bevölkerungsprognose für das Jahr 2060 zeigt auf, dass die Verteilung wesentlich schlanker geworden ist und bei den 70 bis 75-jährigen die maximale Breite erreicht wird, während sich der Anteil an Kindern im Vergleich zu 1950 um 50% verringert. Der Kurvenverlauf verlängert sich dagegen bis zu einem Alter von 100 Jahren.
Langfristige Bevölkerungsvorausberechnungen stellen Modellrechnungen oder Zukunftsprognosen dar, die zeigen, wie sich unter bestimmten Annahmen von Komponenten eine Bevölkerung entwickeln könnte (Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung, 2013, S. 9). Als Basis für die Beschreibung der vielfältigen Aspekte der demografischen Situation dienen Statistiken der Geburten-, Sterblichkeits- und Wanderungsentwicklung, letzteres über die Grenzen und innerhalb Deutschlands.
In diesem Zusammenhang ist die Geburtenrate als ein wesentlicher Faktor zu betrachten, der maßgeblich mitbestimmt, ob eine Bevölkerung wächst oder schrumpft. Zum Erhalt der Bevölkerungszahl, bzw. Generationenersatz, wären pro Frau 2,1 Kinder notwendig. In Deutschland lag die Anzahl im Jahr 2014 jedoch bei durchschnittlich 1,47 Kindern je Frau (Statista, 2016). Dieser Wert beruht auf der zusammengefassten Geburtenziffer (Fertilitätsrate), der die Anzahl an Kindern beschreibt, die eine Frau zwischen ihrem 15. und 50. Lebensjahr bekommen würde, wenn sich ihr Geburtenverhalten innerhalb dieser 35-jährigen Zeitspanne so verhalten würde, wie das durchschnittliche Geburtenverhalten aller 15 bis 50-jährigen Frauen im betrachteten Berichtsjahr (Bundesministerium des Innern, 2011, S. 13). Die Anzahl der Geburten steht dabei im Zusammenhang mit den Familien- und Lebensformen. Schwankungen sind abhängig von Entwicklungen in diesem Bereich, da verheiratete Frauen durchschnittlich mehr Kinder haben als alleinerziehende oder in nichtehelichen Lebensgemeinschaften lebende Frauen (Bundesministerium des Innern, 2011, S. 13). Tabelle 1 stellt gleich mehrere Aspekte dar. Zum einen ist erkennbar, dass die Gesamtzahl an Kindern von 1996 bis 2010 um mehr als 16% gesunken ist. Zum anderen wird deutlich, dass Ehepaare in beiden Jahren immer den größten Teil an Kindern bekommen. 2010 ist der Anteil an Kindern bei den Alleinerziehenden und nichtehelichen Lebensgemeinschaften gestiegen, was mit der rückläufigen Zahl der Eheschließungen zusammenhängt. Die Heiratsneigung also nimmt ab: 1989 lag die Gesamtzahl der Eheschließungen noch bei 530.000, 2010 lediglich bei 382.000 (Bundesministerium des Innern, 2011, S. 19). Zusätzlich stieg die Kinderlosenquote in den letzten 26 Jahren nahezu linear an, bei Frauen, die zwischen 1968 und 1972 geboren sind, liegt sie bei 22%, das ist doppelt so viel, wie bei den Frauen aus dem Jahrgang 1940 (Statistisches Bundesamt, 2015, S. 30).
Tabelle 1 Kinder unter 18 Jahren in der Familie nach dem Familientyp, 1996 und 2010 (in 1.000/Prozent) (Bundesministerium des Innern, 2011, S. 19).
Darüber hinaus sorgen insbesondere der Fortschritt in der medizinischen Entwicklung, Hygiene, gesündere Ernährung und verbesserte Umwelteinflüsse für eine höhere Lebenserwartung (Lukas, J., 2012, S. 11). Mithilfe sogenannter Sterbetafeln wird in Deutschland seit ca. 140 Jahren ein kontinuierlicher Anstieg der Lebenserwartung beobachtet. Die aktuelle Lebenserwartung von Neugeborenen liegt für Jungen im Durchschnitt bei 77,7 Jahren und für bei Mädchen bei 82,8 Jahren (Statistisches Bundesamt, 2015, S. 34). Verglichen mit den Werten aus dem Jahr 2006 ist das bei Männern ein Zuwachs von 3,8 Jahren und bei Frauen 3,3 Jahren (Bundesministerium des Innern, 2011, S. 21). Dazu kommt, dass die Lebenszeit, die Menschen in Gesundheit verbringen, stetig wächst. Der Alterungsprozess wird nicht verlangsamt, sondern setzt immer später im Leben ein, deswegen werden die Menschen nicht nur älter, sondern bleiben vor allem auch länger gesund (Bundesministerium des Innern, 2011, S. 25).
Die Zu- und Abwanderung stellt sich als weitere Determinante der demografischen Entwicklung dar, die alle Erscheinungsformen der grenzüberschreitenden Migration umfasst. Wanderungsbewegungen haben sowohl Einfluss auf die Struktur der Bevölkerung als auch auf die zukünftige Bevölkerungszahl, die maßgeblich durch das Wanderungssaldo bestimmt wird (Differenz zwischen Zu- und Fortzügen) (Statistisches Bundesamt, 2015, S. 37). Trends, wie bei der Geburtenentwicklung oder Lebenserwartung, lassen sich hierbei kaum ableiten. Der Saldo ist immer abhängig von dem Migrationspotential resultierend aus politischen, wirtschaftlichen, demografischen oder ökologischen Entwicklungen in den Herkunftsländern sowie der Migrationspolitik Deutschlands und folglich auch der wirtschaftlichen und sozialen Attraktivität als Zielland. Die Arbeitnehmerfreizügigkeit für die EU-Beitrittsstaaten, der Zustrom an Asylbewerbern aus Kriegs- und Krisengebieten Asiens und Afrikas sowie die arbeitsmarktmotivierte Zuwanderung aus Südeuropa tragen aktuell zu einer deutlichen Zunahme der Nettozuwanderung bei (Statistisches Bundesamt, 2015, S. 40). Insbesondere die Zuwanderung aus Afghanistan, Irak und Syrien, die aufgrund der derzeitigen akuten Bedrohung durch kriegerische Auseinandersetzungen und der schlechten Wirtschaftslage unter großem Wanderungsdruck stehen, prägen die Migrationszahlen (Statistisches Bundesamt, 2015, S. 40). Betrachtet man das Wanderungssaldo hinsichtlich Bildungsniveau und Berufsqualifikationen der Wandernden, um Aussagen zum Stellenwert internationaler Migration hinsichtlich Gewinn oder Verlust von Hochqualifizierten zu treffen, kann man von einem Gleichgewicht sprechen. Durch die starke Zuwanderung kann weder von einem deutlichen Gewinn im Sinne eines „brain gains“, noch von einem Verlust von Hochqualifizierten „bain drain“ durch die gegenüberstehende geringere Abwanderung gesprochen werden (Bundesministerium des Innern, 2011, S. 28).
Das Durchschnittsalter in Deutschland steigt trotz der im Durchschnitt jüngeren und kinderreicheren Zuwanderer kontinuierlich an. Im Jahr 1960 lag es bei 36, 1996 stieg es auf 40,2 Jahre an (Wolff, H., 2000, S. 251) und 2015 liegt Deutschland mit einem Durchschnittsalter von 46,2 Jahren auf dem zweiten Platz der 20 Länder mit dem höchsten Durchschnittsalter der Bevölkerung, direkt hinter Japan (Statista, 2016). 2030 prognostiziert das Department of Economic and Social Affairs der UN Deutschland ein Medianalter von 48,6 Jahren, sprich, die Hälfte der Bevölkerung ist älter, die andere Hälfte ist jünger. 2060 ist ein Alter von 51,4 Jahren vorausgesagt (United Nations, 2015).
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