Einführung
Möchten Sie sich mit Anwohnern für eine bessere Wohnqualität in Ihrem Quartier einsetzen? Mit anderen Eltern die Anliegen und Bedürfnisse Ihrer Kinder vertreten? Oder mit Gleichgesinnten ein Open Air in Ihrer Gemeinde veranstalten? Ein Verein ist die perfekte Rechtsform für solche Vorhaben.
Ideal für private Anliegen und Projekte
Vereine sind voll im Trend – das klingt jetzt vielleicht etwas gewagt, aber es entspricht dem Zeitgeist. Mit dem Internet und den sozialen Medien können sich Menschen heute viel einfacher und schneller vernetzen. Das ist vor allem dann ein grosser Vorteil, wenn man Gleichgesinnte sucht oder Unterstützung für ein eigenes oder übergeordnetes Vorhaben braucht.
Wer schon einmal einen Aufruf in die virtuelle Welt abgesetzt hat, war wahrscheinlich erstaunt, wie schnell und weit sich dieser dort verbreitet hat und wie viele Angebote für Unterstützung innert kürzester Zeit zurückgekommen sind. Auch wenn Gesellschaftskritiker von Individualisierung und zunehmender Anonymität sprechen: Menschen helfen und unterstützen andere Menschen nach wie vor gerne – sei es in Form von Spenden, guten Ratschlägen, tatkräftiger oder moralischer Unterstützung. An einer Frage bleiben allerdings viele solche Netzwerke hängen: Wie organisieren wir uns bei unserem Vorhaben? Und: Müssen wir rechtlich etwas regeln, oder können wir einfach loslegen?
Die meisten Menschen, die sich diese Fragen stellen, landen irgendwann beim Verein – und das mit gutem Grund: Keine andere juristische Person lässt sich so einfach und schnell gründen. Und bei keiner anderen Rechtsform ermöglicht es der gesetzliche Spielraum, die Organisation passgenau auf die Bedürfnisse der Vereinigung auszurichten. Aus diesem Grund ist der Verein nach wie vor die perfekte Rechtsform für Menschen, die gemeinsam mit anderen Menschen ein privates Anliegen verfolgen oder ein Projekt realisieren wollen.
Das bietet Ihnen dieser Ratgeber
Hauptziel dieses Ratgebers ist, interessierten Leserinnen und Lesern die Grundlagen und Vorzüge des Vereins näherzubringen – und dabei soll das Buch auch den Beweis erbringen, wie einfach sich ein Verein gründen und organisieren lässt. Denn eines ist klar: Die Einsatzmöglichkeiten der Vereinsform sind riesig, und Sie gehen dabei kein finanzielles Risiko ein – unabhängig davon, ob Ihr Vorhaben auf unbestimmte Zeit angelegt ist oder nicht.
HINWEIS Die Vereinsform ist für einen Strickclub oder einen Gamertreff genauso geeignet wie für ein politisches Komitee oder die Veranstaltung eines Quartierfests oder eines kleinen Open Airs.
Ob Sie nun einen Verein gründen wollen oder bereits in einem Verein aktiv sind: Dieser Ratgeber enthält nicht nur alles, was Sie über die Vereinsgründung wissen müssen, sondern auch Informationen und Tipps zu den wichtigsten Aspekten in bereits bestehenden Vereinen. Insbesondere finden Sie darin Anregungen zu einer massgeschneiderten Organisation, zu den Rechten und Pflichten Ihrer Mitglieder sowie zu den wichtigsten rechtlichen Fragen, denen Sie im Verlauf Ihrer Vereinstätigkeit begegnen könnten.
Die meisten Anfragen im Beobachter-Beratungszentrum, die mit dem Vereinsrecht zu tun haben, betreffen Konflikte. Erst dann zeigt sich, wie gut oder eben wie schlecht ein Verein organisiert und geführt ist. Dementsprechend widmet dieses Buch dem Krisenmanagement ein ganzes Kapitel. Der Vermeidung von Konflikten dient auch eine durchdachte und transparente Kommunikation. Wie Sie die heutigen Kommunikationsmittel innerhalb und ausserhalb Ihres Vereins optimal einsetzen, erfahren Sie ebenfalls in diesem Ratgeber.
Nicht alles, was Sie in diesem Buch finden, werden Sie in Ihrem Verein konkret umsetzen wollen und können. Greifen Sie das heraus, was Ihren Bedürfnissen entspricht, und passen Sie es den Gegebenheiten in Ihrer Organisation an. Ein ausführliches Stichwortverzeichnis hilft Ihnen bei der Auswahl der für Sie wichtigen Punkte. Wenn Sie vertiefte Informationen zu einzelnen Themen suchen, finden Sie im Anhang ein Verzeichnis mit weiterführender Literatur.
Wann ist der Verein die richtige Rechtsform?
Wollen Sie mit anderen Menschen zusammen ein bestimmtes Ziel erreichen, sich für ein gemeinsames Projekt einsetzen oder einfach Geselligkeit in vertrauter Runde erleben? Dann sollten Sie über die Gründung eines Vereins nachdenken, denn diese Rechtsform bietet fast nur Vorteile.
Das Hauptargument für die Gründung eines Vereins: Er ist – wie die Aktiengesellschaft (AG), die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) oder die Genossenschaft – eine Körperschaft, also eine juristische Person. Das heisst, dass er eine eigene, von den Mitgliedern unabhängige Rechtspersönlichkeit hat. Mitglieder kommen und gehen – der Verein bleibt bestehen. Ein Verein kann Vermögen und Schulden haben, er kann sogar erben und selbständig vor Gericht klagen und verklagt werden.
Gerade hinsichtlich Schulden beziehungsweise Haftung für Vereinsschulden bietet diese Rechtsform den wichtigsten Vorteil: Es haftet ausschliesslich das Vereinsvermögen – sofern die Mitglieder in ihren Statuten nichts anderes festgesetzt haben.
Ein weiterer wichtiger Wesenszug der Vereinsform ist, dass die Mitglieder das Sagen haben. Für die Gründer bedeutet dies, dass sie möglicherweise ihren Einfluss auf die Weiterentwicklung verlieren, wenn neue Mitglieder dem Verein beitreten. Dies selbst dann, wenn sie im Vorstand sitzen. Denn der Vorstand ist das vollziehende Organ; er untersteht zwingend der Aufsicht der Vereinsversammlung.
GUT ZU WISSEN Im Unterschied zur AG, GmbH und Genossenschaft dürfen Vereine sich nur idealen und nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten widmen – wie etwa Sport, Kunst, Politik, Wohltätigkeit oder ganz einfach Geselligkeit. Mit anderen Worten: Hauptziel darf niemals sein, Gewinn oder sonst einen geldwerten Vorteil für den Verein und / oder seine Mitglieder zu erwirtschaften.
Gegenstück zum Verein: die einfache Gesellschaft
Die einfache Gesellschaft gehört zu den Rechtsgemeinschaften und ist somit keine juristische Person. Dementsprechend haben die Gesellschafter einstimmig das Sagen; sie verpflichten durch ihr Handeln nur sich selbst. Für allfällige Geschäftsschulden haftet jedes Mitglied solidarisch und unbeschränkt mit seinem Privatvermögen.
Eine einfache Gesellschaft entsteht bereits, wenn mindestens zwei Personen mit vereinten Kräften und Mitteln ein gemeinsames Ziel erreichen wollen. Dieses Ziel darf – im Unterschied zu den Vereinen – auch wirtschaftlicher Natur sein. Eine einfache Gesellschaft liegt beispielsweise vor, wenn Sie sich mit mehreren Personen und Firmen zusammentun, um ein Bauwerk zu erstellen. Auch die Gründergemeinschaft, welche die Vereinsgründung vorbereitet, stellt eine einfache Gesellschaft dar (siehe Seite 28).
Typische Anliegen für eine Vereinsgründung
Dank der sozialen Medien finden Menschen heutzutage schnell Gleichgesinnte, um gemeinsam ein Ziel zu erreichen. Dementsprechend gibt es viele gute Gründe, zu diesem Zweck einen Verein zu gründen. Hier einige Beispiele aus dem Beratungsalltag:
▪Soziale Anliegen. Bilder von Armut, Krieg und Umweltkatastrophen bewegen immer wieder Menschen dazu, anderen Menschen in der Not zu helfen – zum Beispiel indem sie mit weiteren Hilfsbereiten Geld, Kleider oder Nahrungsmittel organisieren.
▪Interessenvertretung. Eltern von schulpflichtigen Kindern haben oft ähnliche Bedürfnisse und Interessen. Vielleicht möchten sie einen Lernclub gründen, oder sie tun sich zusammen, um sich gegenseitig besser unterstützen zu können.
▪Sport. Er ist nach wie vor einer der häufigsten Gründe, die Vereinsform zu wählen. Nebst den traditionellen Sportvereinen gibt es heute viele Nischenanbieter – etwa eine Sportschule, die während der Schulferien Schnupperkurse für Kinder organisiert, oder Anbieter von wöchentlichen Trainings, bei denen die Mitglieder nicht an Meisterschaft und Turnieren teilnehmen müssen.
▪Beratung. Fachleute, die neben ihrem Job noch Ressourcen frei haben oder nach der Pensionierung ihre bisherige Arbeit nicht vollständig aufgeben wollen, schliessen sich zusammen, um Ratsuchenden mit beschränkten finanziellen Mitteln ein günstiges oder sogar kostenloses Beratungsangebot offerieren zu können.
▪Politik. Über soziale Netzwerke lassen sich heute leicht politisch interessierte Menschen finden, die mit Gleichgesinnten das politische Geschehen in der Gemeinde mitprägen möchten. Übrigens sind auch die meisten politischen Parteien als Vereine organisiert.
▪Kultur. Sei es ein Laientheater, eine Ausstellung von jungen Künstlerinnen und Künstlern oder die Organisation eines Musikanlasses...