Wie eingangs bereits dargestellt, erfolgt zunächst die theoretische Auseinandersetzung mit dem Oberthema dieser Arbeit, dem Personalmarketing. Dabei wird vorab auf die Begriffseinordnung, die historische Entwicklung sowie auf die im Rahmen dieser Arbeit favorisierte Definition des Begriffes Personalmarketing eingegangen (Kap. 2.1.1). Nachfolgend werden mit der Personalforschung, dem internen sowie externen Personalmarketing die wesentlichen Aktionsfelder des traditionellen Personalmarketings dargestellt (Kap. 2.1.2). Im nächsten Schritt erfolgt die Auseinandersetzung mit den strategischen Zielsetzungen (Kap. 2.1.3) und die Beschreibung des Personalmarketing als Planungs- und Entscheidungsprozess (Kap. 2.1.4). Abgerundet wird diese Theoriedarstellung mit der Beschreibung ausgewählter Wirkungsmodelle im Personalmarketing (Kap. 2.1.5).
Der Begriff Personalmarketing beschäftigt die Wissenschaft bereits ein halbes Jahrhundert, wobei das Grundverständnis sowohl über die Zeit als auch aus der Perspektive verschiedener Autoren variiert. Dabei erstreckt sich das Auffassungsspektrum von der grundsätzlichen Ablehnung des Begriffes bis hin zum Begreifen des Personalmarketings als Bestandteil der Unternehmensstrategie.[21]
In der Vergangenheit unterlag das Personalmarketing einem steten Wandel. Dabei wechselten sowohl der Blickwinkel auf den Fachbereich als auch die Schwerpunktsetzung der theoretischen Grundlagen. Vereinfacht beschrieben, hat das Personalmarketing sechs historische Phasen[22]durchlebt.
In den frühen 1960er Jahren wurde während der Entwicklungsphase der Begriff Personalmarketing erstmals in der Fachliteratur verwendet. Dabei wurde nicht nur ein neuer Fachbegriff geprägt, sondern die Personalwirtschaft vielmehr auch dogmatisch revolutioniert. In dieser Phase hielten klassische Instrumente des Marketings, wenn auch noch recht abstrakt, Einzug in die personalwirtschaftliche Theorie und Praxis. Stein des Anstoßes und Hauptziel war die Steigerung des Absatzes und damit unweigerlich des Unternehmenserfolges über die Ressource Mensch.[23]
Schon konkreter ging es in der Entstehungsphase in den späten 1960er Jahren bis Mitte der 1970er Jahre zu. Nun wurde das Personalmarketing als ein wichtiges Instrument zur externen Personalbeschaffung erschlossen. Im Fokus stand dabei die Beschäftigung mit Themen wie dem Arbeitsplatzmarketing, der kundenorientierten Personalbeschaffung, der personalwerbenden Kommunikation sowie der allgemeinen Personalimagepflege.[24]
Dennoch wurde der Begriff Personalmarketing während dieser Zeit abhängig vom jeweiligen Zeitgeist und den konjunkturellen Rahmenbedingungen häufig noch unterschiedlich interpretiert und in die Unternehmenspraxis integriert. Erst als die Übertragung des Marketingansatzes in die verschiedenen Unternehmensbereiche zu innovativen Ansätzen im Personalmarketing führte, entstanden in der Fachpresse heftige und kontroverse Diskussionen. Bis dahin fiel es vielen Unternehmenslenkern schwer, den erwerbstätigen Menschen als Kunden zu betrachten und vor allem diesen auch als solchen zu behandeln. Diese Einstellung in den Köpfen der Manager veränderte sich, als sich der Arbeitsmarkt von einem Anbietermarkt zu einem Nachfragermarkt wandelte, auf dem die Arbeitskräfte ein knappes Gut darstellten. Die Suche nach neuen Ansätzen zur Generierung eines optimalen Unternehmensimages nach außen verschaffte dem Personalmarketing eine hohe Aufmerksamkeit und führte in der Folge schnell zu der dazugehörigen konzeptionellen Fundierung.[25]
Mitte der 1970er bis Mitte der 1980er Jahre befand sich das Personalmarketing in der Etablierungsphase. Die in den vergangenen Jahren entwickelten Methoden konnten in dieser Phase ausgereift werden. Eine weitere Optimierung des Personalmarketings sollte durch die Berücksichtigung unternehmensimmanenter Besonderheiten in der Ablauforganisation erreicht werden. Obgleich es sich hierbei um einen essentiellen Ansatz handelt, einen Quantensprung machte der Fachbereich dennoch nicht, was letztlich auch auf eine schleppende konjunkturelle Entwicklung in diesem Zeitraum zurückzuführen ist.[26]
Erst Ende der 1980er Jahre, mit dem rasanten Fortschreiten der technologischen Entwicklung und des prognostizierten Engpassfaktors Fachkraft, entwickelte sich das Personalmarketing „vom eher eindimensionalen Lösungsansatz für Personalbeschaffungsprobleme zum komplexen Personalmanagementkonzept mit Einbin dung in das gesamte Unternehmensgeschehen.“[27] Das Verständnis, die aktuellen und potenziellen Mitarbeiter als Kunden wahrzunehmen, führte zur Übertragung von Werbekonzepten auf die Personalbeschaffung sowie insgesamt zu einer erheblichen Professionalisierung der Mitarbeiterrekrutierung und -bindung.[28]
Diesen vierten Entwicklungsschritt bezeichnet Fröhlich als die Phase der ganzheitlichen Reformulierung. In diesem Zeitraum konnten internes und externes Personalmarketing unter strategischen Gesichtspunkten miteinander verknüpft werden. Der Anbindung an die Unternehmensstrategie folgte unweigerlich die Sicht auf entsprechende Maßnahmenkataloge zur Umsetzung.[29]
Die in den 1990er Jahren folgende Differenzierungsphase brachte verschiedene ganz konkrete Maßnahmen des Personalmarketings hervor. In den Mittelpunkt des Interesses rückten in dieser Phase eher quantitative Methoden wie der Einsatz von Vergütungs- und Beschaffungssystemen. Qualitativ fanden das spezielle externe Unternehmensumfeld, Branchenspezifika und kulturelle Besonderheiten mehr und mehr Berücksichtigung im Personalmarketing. Erstmals gingen auch Veränderungen im technologischen Umfeld in die Personalarbeit ein.[30]
Bereits seit dem Jahr 2000 bis heute befindet sich das Personalmarketing in der sechsten, der Integrationsphase. Die in den vergangenen Phasen gewonnenen Erkenntnisse und entwickelten Methoden sollen unter Wahrung aller Interessen gebündelt und weiterentwickelt werden. Es ist zu begrüßen, dass die aktuelle Entwicklung des Fachbereichs auf eine Veränderung in Richtung eines umfassenden, ganzheitlichen Personalmarketings abzielt. Die Orientierung an Strategie und konkreter Zielsetzung des Unternehmens, stets mit ganz besonderem Augenmerk auf die Kundeninteressen, und die Wahl fachlich verlässlicher Methoden treten dabei mehr und mehr in den Vordergrund.[31]
Nach heutigem Stand werden im Wesentlichen drei Auffassungsebenen unterschieden. Demnach wird Personalmarketing im engeren Sinne als ein Instrument zur Rekrutierung von neuen Mitarbeitern am externen Arbeitsmarkt verstanden. Der erweiterte Begriff betrachtet neben der Gewinnung geeigneter Arbeitnehmer zusätzlich auch die Bindung, Motivation und Entwicklung der vorhandenen Mitarbeiter.[32] Die weiteste und im Rahmen dieser Arbeit favorisierte Auffassung beschreibt das Personalmarketing
„als eine personalpolitische, mitarbeiterorientierte Denk- und Handlungskonzeption …[, deren Ziel es ist,] bei aktuellen und potenziellen Mitarbeitern eine langfristige>Präferenz gegenüber dem Unternehmen zu schaffen“.[33]
In dieser für die weitere Betrachtung zugrundeliegenden Definition sind folgende Begriffe besonders hervorzuheben:
Mitarbeiterorientierung bedeutet in diesem Zusammenhang, dass das Personalmarketing versucht, sich bei all seinen Maßnahmen an den Erwartungen und Einstellungen der gegenwärtigen und zukünftigen Mitarbeiter zu orientieren. Denkkonzeption meint, dass die Grundzüge des Personalmarketings von den Entscheidungsträgern aller Unternehmensebenen verstanden und akzeptiert werden müssen. Personalmarketing wird zur Aufgabe aller Angehörigen des Unternehmens und ist nicht nur Sache der Personalabteilung. Handlungskonzeption beschreibt die Forderung, dass Leitsätze und Konzepte des Personalmarketings nicht nur eine Idee bleiben, sondern im Unternehmen umgesetzt werden. Schließlich wird die Ansprache aktueller und potenzieller Mitarbeiter dadurch erklärt, dass sich das Personalmarketing zum Ziel gemacht hat, qualifizierte Mitarbeiter zu gewinnen und bereits angeworbene Mitarbeiter langfristig zu binden.[34]
Eine weite Auslegung des Begriffs bedeutet, „dass nahezu jede personalbezogene Aktivität gleichzeitig auch eine Maßnahme des Personalmarketings darstellt, direkt oder indirekt, bewusst oder unbewusst.“[35] Daher ist es in der Praxis oft schwierig, die Aufgaben und Prozesse einem eigenständigen personalwirtschaftlichen Funktionsbereich oder einer Abteilung zuzuordnen. Das Personalmarketing wird deshalb in der Regel als Querschnittfunktion[36] verstanden, die als Leitbild oder Orientierungsrahmen in allen Prozessen der Personalwirtschaft präsent ist.[37]
Im nächsten Schritt soll die Darstellung der Struktur im Personalmarketing aus zwei Blickwinkeln erfolgen. Dabei werden unter der Überschrift Aktionsfelder im Kapitel 2.1.2 zunächst die zentralen Aufgaben beschrieben. Abbildung 3 zeigt die traditionelle Aufteilung in Personalforschung (Kap. 2.1.2.1) sowie dem internen (Kap. 2.1.2.2) und externen Personalmarketing (Kap. 2.1.2.3).[38]
Abbildung 3: Aktionsfelder im traditionellen...