1 Das Fußballentwicklungsmodell mit seinen 5 Stufen
In der Natur hat alles seinen geregelten Ablauf. Eine Nacht geht allmählich und ohne jegliche Eile in einen neuen Tag über, so wie ein Nachmittag langsam zum Abend wird und sich dann in eine neue Nacht verwandelt. Eine Jahreszeit folgt der nächsten immer in einer seit Jahrhunderten vorprogrammierten Folge. Die Pflanzen entwickeln sich aus den Samen, so wie jeder Mensch – und auch der Fußballspieler – obligatorisch jede einzelne der vielen Entwicklungsphasen durchlaufen muss, bevor er erwachsen wird. Alles befindet sich in einer natürlichen Ordnung ohne jegliche Eile, weil die Natur keine abrupten Sprünge kennt.
Nur wir, Trainer, Eltern, Spieler oder Offizielle, sind ungeduldig und überstürzen oft die Ereignisse, weil sich unsere Gedanken häufig schneller bewegen als unser Leben. Unsere Hast, die natürlichen Prozesse in der Entwicklung unserer jungen Fußballspieler zu beschleunigen oder gar nicht zu beachten, führt in vielen Fällen zu enttäuschenden Leistungen vieler unserer Berufsfußballer, die in ihrer Jugend noch als große Talente galten.
Ein Fußballtraining traditioneller Prägung, welches sich den Gesetzen der Natur und ihren Normen nicht anpasst und ihre charakteristischen psychophysischen Besonderheiten nicht berücksichtigt, ist leider im Fußball und insbesondere im Jugendfußball noch weit verbreitet, da, in Ermangelung entsprechender Kenntnisse, weiterhin nach konventionellen Methoden trainiert wird. Jede Veränderung führt zunächst zu einer gewissen Ermüdung und Unbequemlichkeit, bis man sich auf den Wechsel und die neuen Anforderungen eingestellt hat. Zum Schluss können dann nach einer gewissen Zeit die Früchte geerntet werden, die man vorher gesät hat.
Der Lehrweise des Fußballspiels sollte heute wegen ihrer unzweifelhaften Bedeutung, die sie für die Zukunft junger Fußballspieler besitzt, mehr Aufmerksamkeit geschenkt und diese sollte so präzise definiert werden, dass sich jeder Jugendtrainer daran orientieren kann, um dann effektiver und attraktiver lehren zu können.
Die improvisierten Lehr- und Lernmodelle, mit denen in den meisten Klubs in den letzten Jahrzehnten experimentiert wurde, sollten wegen ihrer geringen Effektivität durch ein programmiertes Lehren und Lernen (siehe das Programm von „Fußball kindgemäß trainieren“) abgelöst werden, das bereits in einigen Ländern zu optimalen Ergebnissen beim Lernen des Fußballspielens mit den jüngeren Altersstufen führte.
Um die Lernerfolge in allen Vereinen im Kinder- und Jugendfußball zu optimieren, ist es notwendig, eine Methodik und Didaktik einzuführen, an der sich alle Kinder- und Jugendtrainer orientieren können. Nur so kann erreicht werden, dass alle Kinder und Jugendlichen, unabhängig davon, in welchem Land oder Klub sie aufwachsen, die gleichen Entwicklungsmöglichkeiten haben. Als Folge würde natürlich die Zahl der Talente durch die Verbesserung der Lehrmethoden deutlich ansteigen.
„Von einem gelungenen Anfang an entwickelt sich alles zwangsläufig!“
D. Millmann
Immer noch wird gefordert, dass die besten Fußballlehrer für den Kinder- und Jugendfußball zur Verfügung stehen sollten. Dies bleibt jedoch eine Utopie, weil Trainer im Kinder- und Jugendfußball generell sehr wenig verdienen und alle die, die über ausreichend Erfahrung und Kenntnisse verfügen, eher im Erwachsenenfußball tätig werden, weil hier die Gehälter deutlich höher sind.
Um dieses delikate Problem zu lösen und den Kinder- und Jugendfußballern keinen dauerhaften Schaden zuzufügen, sollten sich die Verantwortlichen in den Verbänden auf ein kindgemäßes Lehr- und Lernmodell für den Kinder- und Jugendfußball einigen, das den wenig erfahrenen Trainern genaue Hinweise darüber gibt, welche Trainingsinhalte und Wettkämpfe in jeder Altersstufe (z.B. für Achtjährige, 10-Jährige oder 12-Jährige) am effektivsten die Spielfähigkeit der Kinder stimulieren können. Die Folgen wären, ähnlich wie im Mathematikunterricht oder in anderen Schulfächern, weniger Irrtümer oder Fehler der Lehrer, die optimale Nutzung des Potenzials vieler junger Spieler und somit eine deutliche Anhebung des Spielniveaus von den F-Junioren aufwärts.
Für ein optimales kindgemäßes Lehr- und Lernmodell sprechen insbesondere der Schwierigkeitsgrad und die Komplexität des Fußballspiels. Oft müssen wir feststellen, dass sich selbst die besten Fußballspieler sehr häufig im Spiel irren und das mehrmals pro Minute. So ist es üblich, dass bei Jugendspielen und bei den Amateuren innerhalb von einer Minute (davon ist der Ball nur 40 Sekunden im Spiel) beide Mannschaften etwa 5 x den Ball verlieren.
Die traditionelle Lehrweise des Fußballs ist überholt
Das schwache Spielniveau, das in vielen Wettspielen durch die zu häufigen Fehler zum Ausdruck kommt, ist u.a. auf die Mängel in der tradionellen Lehrweise des Fußballs zurückzuführen, die das Potenzial der Spieler nicht optimal entwickeln konnte. Immer noch wissen die meisten Trainer nicht, wie ein Fußballspieler am besten lernt. Das wiederholte Einüben von technischen Fertigkeiten als Voraussetzung eines jeden Spiels dominiert noch immer in den meisten Klubs und Institutionen, in denen Fußball gelehrt wird. Die Trainer wollen häufig alles kontrollieren, anstatt ihren Schülern wiederholt Freiheiten zu geben, um ihrer Fantasie, Kreativität und Vorstellungskraft freien Raum zu geben. Stattdessen instruieren die Fußballlehrer, Ausbilder oder Trainer zu viel und denken für ihre Spieler. Diese sollten vielmehr mit altersgemäßen Problemen auf dem Spielfeld konfrontiert werden, die sie dann auch selbst zu lösen in der Lage sind.
Fußball für Kinder und Jugendliche sollte immer kind- und spielgemäß gestaltet sein
Fußball wird leider noch in den meisten Teilen der Welt für die Kinder auf die gleiche Art und Weise gelehrt wie für die Erwachsenen, ohne das Spiel in jeder Entwicklungsstufe des Spielers an seine körperlichen und geistigen Fähigkeiten anzupassen, so wie es das nachfolgende Modell vorschlägt. Mit einer attraktiven und effektiven Lehrweise des Fußballs, die ihre Inhalte und Methoden immer dem jungen Spieler anpasst, kann das Spielniveau erheblich angehoben werden.
Das hier beschriebene Fußballentwicklungsmodell wird in fünf Stufen unterteilt (siehe Modell), die sich dem natürlichen Wachsen des Kindes anpassen. Vier Entwicklungsstufen werden dem Spiel der Erwachsenen vorgeschaltet, bis in der fünften Entwicklungsstufe Fußball so gespielt wird, wie man es fast täglich im Fernsehen beobachten kann.
Das Fortschreiten von einer zur anderen Entwicklungsstufe geschieht durch die allmähliche Zunahme der Schwierigkeit und der Komplexität der Spielsituationen (jedes Mal gibt es mehr Spieler und weniger Spielraum), aber auch durch die Forderung, diese immer besser „lesen” und verstehen und die getroffenen Entscheidungen immer schneller ausführen zu können.
Stufe | Inhalt | Alter | Spielklasse |
1º | Spiele grundlegender Fertig- und Fähigkeiten | ab 7 Jahren | E-Junioren |
2º | -Spiele | ab 8 Jahren | E-Junioren |
3º | Spiele für Fußball 5 und Fußball 7 | ab 10 Jahren | D-Junioren |
4º | Spiele für Fußball 8 | ab 13 Jahren | C-Junioren |
5º | Spiele für Fußball 11:11 | ab 14 Jahren | B-Junioren |
Jede der fünf Entwicklungsstufen beinhaltet eine Zusammenstellung von verschiedenen, aufeinander abgestimmten Lehrinhalten, mit denen die Intelligenz und die Spielfähigkeit der jungen Spieler schrittweise entwickelt wird und die dabei immer an bereits bekannte und schon beherrschte technische und taktische Fertigkeiten und Fähigkeiten der vorhergehenden Stufe anschließen. Auf jeder Stufe lernt der junge Spieler meist durch seine Fehler, die ihm durch die Einfachheit der Spielaufgaben fast immer selbst bewusst werden. Weil er die vom Trainer angebotenen Probleme im Spiel, die immer seinem physischen und psychischen Leistungsstand entsprechend angepasst wurden, häufig selbstständig lösen kann, anstatt sie vom Trainer gelöst zu bekommen, wird sein Lernen beschleunigt, gefestigt und in der Qualität verbessert.
Jugendtrainer, die dieses hier ausführlich beschriebene Lehr- und Lernprogramm einige Jahre lang mit ihren jungen Spielern anwenden, befinden sich plötzlich nach acht Jahren an ihrem Lehrziel, d.h. ihre Schüler dazu befähigt zu haben, das Fußballspiel zu beherrschen und es auch in seinen Einzelheiten zu verstehen.
Bevor die Kinder- und Jugendtrainer anhand des Fußballentwicklungsmodells ihre Schüler stimulieren, haben diese, laut Gallahue (1973), die folgenden vier wichtigen Phasen in ihrer motorischen Entwicklung durchlaufen:
Erste Phase der Reflexbewegungen
Bereits vor der Geburt bis ungefähr zum achten Lebensmonat.
Zweite Phase der rudimentären Bewegungen
Ab etwa dem ersten Lebensjahr bis zum Ende des zweiten Lebensjahres.
„Alle haben sich heute an Sofortlösungen in unserem Leben gewöhnt, wie z.B. bei der Zubereitung des Essens (Instantessen), der Aufnahme von Fotos mit der Digitalkamera, beim Kaffeetrinken und bei der...