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E-Book

Sportzuschauer

AutorBernd Strauß
VerlagHogrefe Verlag GmbH & Co. KG
Erscheinungsjahr2012
Seitenanzahl246 Seiten
ISBN9783840922626
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis26,99 EUR
Ob vorm Fernseher oder live im Stadion - wohl ein jeder war schon einmal als Zuschauer eines Sportereignisses indirekt oder direkt dabei. In diesem Band nähern sich erstmalig verschiedene Experten aus ihren jeweiligen Disziplinen dem Phänomen «Sportzuschauer» und überraschen mit neuen Sichtweisen und Erkenntnissen zu folgenden Themen: Seit wann gibt es das Phänomen des Sportzuschauers und wie hat es sich im Verlauf der Menschheitsgeschichte entwickelt? Welche Formen von Sportzuschauern gibt es heute und wie organisieren sie sich? In welcher Form treten Sportzuschauer in der Literatur in Erscheinung? Aus ökonomischer Sicht stellt sich die Frage, inwieweit Sportzuschauer den Markt beeinflussen und welche Kaufkraft sie bspw. darstellen? Welche Phänomene treten aus physikalischer Sicht auf, wenn Sportzuschauer eine «La-Ola-Welle» initiieren oder Beifall spenden? Inwieweit beeinflusst das Betrachten von Sportveranstaltungen die physische und psychische Gesundheit? Warum sind sich Sportzuschauer des Sieges ihrer Mannschaft oder ihres Spielers so sicher, dass sie hohe Mengen Geld wetten? Wie kommen sie zu ihren Urteilen hinsichtlich des Sieges oder der Niederlage ihres Teams? An welche rechtlichen Vorgaben ist die Polizei bei Einsätzen in Zusammenhang mit Sportevents gebunden und wie gehen sie gegen randalierende Sportzuschauer vor? Wie kommt es unter Sportzuschauern zu Gewalt und Ausschreitungen und in welchen Gruppen organisieren sich gewaltbereite Sportzuschauer?

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Kapitelübersicht
  1. Inhaltsverzeichnis
  2. Danksagung
  3. Kapitel 1: Die Welt der Sportzuschauer
  4. Kapitel 2: Eine kurze Kulturgeschichte der Sportzuschauer
  5. Kapitel 3: Erscheinungsformen von Sportzuschauernund ihre Organisation
  6. Kapitel 4: Sportzuschauer in der Literatur
  7. Kapitel 5: Der Sportzuschauer aus ökonomischer Sicht
  8. Kapitel 6: Zuschauer und Menschenansammlungen aus physikalischer Sicht
  9. Kapitel 7: Sportzuschauer aus medizinischer Sicht: physische und psychische Gesundheit
  10. Kapitel 8: Stimmung und Lebenszufriedenheit von Sportzuschauern
  11. Kapitel 9: Kognitionen von Sportzuschauern – Urteile, Ursachenzuschreibungen, Vorhersagen und Wetten
  12. Kapitel 10: Medial dabei statt mittendrin? Sportzuschauer als Medienrezipienten
  13. Kapitel 11: Sportzuschauer und ihre Helden
  14. Kapitel 12: Einsatz der Polizei bei Sportveranstaltungen
  15. Kapitel 13: Zuschauergewalt im Fußball – Vorurteile und Diskriminierung: Hooligans, Ultras und Hooltras
  16. Autorenverzeichnis
Leseprobe
Eine kurze Kulturgeschichte der Sportzuschauer
Michael Krüger

Sport beinhaltet sowohl die eigene sportliche Aktivität als auch das Zuschauen beim Sport. Dies war im Prinzip schon immer so, aber in den verschiedenen historischen Epochen haben sich sowohl die aktiven als auch die passiven, konsumtiven Formen des Sporttreibens erheblich verändert. Nach knappen theoretischen Vorüberlegungen wird im Zeitraffer – von der Antike bis in die Gegenwart – dieses komplexe Verhältnis von Selbermachen und Zuschauen beschrieben und beleuchtet. Ein wichtiger Aspekt, der im Übrigen schon in der Frühzeit eine wichtige Rolle spielte, ist dabei die Vorbildwirkung, die vom aktiven Sport auf den Zuschauer erwartet oder erhofft wird. Im modernen olympischen Sport ist sie im 20. Jahrhundert zu einem pädagogischen Grundsatz erhoben worden.

1 Sport erleben – theoretische Vorbemerkungen

Der hohe Erlebniswert des Sports ist nicht nur ein wesentlicher Grund für die aktive Beteiligung am Sport, die seit dem Aufkommen und der Verbreitung des modernen Sports ständig zugenommen hat, wenn man den Statistiken Glauben schenken mag, sondern vor allem für das Zusehen und Konsumieren von Sport; angefangen beim direkten, unmittelbaren, authentischen Zuschauen, „Sport-Live“ sozusagen, bis hin zu den zahlreichen indirekten, vermittelten Formen des Sport-Erlebens über Zeitungen und andere Medien, heute auch das Internet. Auf dieses Merkmal postmoderner Kultur und Unterhaltung, in denen der Sport eine zentrale Rolle spielt, hat insbesondere Gerhard Schulze mit seinem Buch „Die Erlebnisgesellschaft“ (1992) hingewiesen. Über diese Medien kann das Sportereignis potenziert erlebt oder nacherlebt werden. Selbst wenn das erste Interesse an einem sportlichen Ereignis durch das Wissen über den Ausgang des Spiels oder eines Wettkampfs gelöst ist, bieten Presse, Funk, Fernsehen und Internet die Möglichkeit des gesteigerten Nacherlebens eines „Events“, das offensichtlich zusätzliche Erlebnisqualitäten bietet.

Viele Menschen wollen im Sport und beim Zusehen von sportlichen Wettkämpfen und Veranstaltungen etwas Aufregendes und Spannendes erleben. Warum gehen so viele Leute ins Stadion, wurde bekanntlich der legendäre Bundestrainer Sepp Herberger gefragt: „Weil se net wisse, wie’s ausgeht“, war seine lapidare Antwort. Das ist bestimmt richtig, aber auch nur die halbe Wahrheit, weil sich die Leute sogar immer noch für Sport interessieren, selbst wenn sie das Ergebnis schon kennen. Sie wollen die Spannung des offenen Ausgangs erleben, aber sie ergötzen sich auch an den „Dramen“, die sich im Sport abspielen und genießen die Leidenschaften, die sich in Spiel und Sport Bahn brechen; und dies selbst in medial aufbereiteten, häufig auch fiktiven und redundanten Formen. Im Sport können die Menschen, wie dies schon Aristoteles in seiner Theorie der antiken Tragödie geschrieben hatte, Helden siegen und verlieren, leben und auch sterben sehen; sei es, weil sie sich selbst und ihr Leben darin erkennen, oder auch, weil sie dort Spannungszustände und Abenteuer kennenlernen, denen sie sich nie selbst aussetzen würden, Leistungen bewundern können, zu denen sie nie fähig wären und Gefühle erleben, die in der Intensität, wie sie im Sport gespürt werden können, im normalen Leben nicht möglich sind.

Ob und inwiefern es tatsächlich zutrifft, dass Sportzuschauer wie im Theater eine „Katharsis“, eine Reinigung oder Läuterung, erfahren, wie dies Aristoteles behauptet hatte, sei dahin gestellt, fest steht jedoch, dass sportliche Schauspiele zu allen Zeiten von mehr oder weniger großen Massen von Zuschauern begeistert, mit viel Lust und Leidenschaft besucht werden.

Im Laufe der Geschichte haben sowohl Inhalte und Formen sportlich-athletischer Kämpfe und Wettkämpfe als auch die Kultur des Zusehens erhebliche Veränderungen erfahren, wie Allen Guttmann (1986) in seiner wegweisenden Geschichte der Sportzuschauer „Sports Spectators“ aufzeigte. Guttmanns Buch bildet daher eine wesentliche Grundlage dieses Beitrags. In den folgenden Ausführungen können, in annähernd chronologischer Ordnung, nur einige wenige und zugleich typische Elemente dieser Kulturgeschichte des Sportzuschauens behandelt werden. Sie stehen unter dem Leitgedanken des Soziologen und Historikers Norbert Elias, der in der Entwicklung des Sports den „Prozess der Zivilisation“ zu verdeutlichen versuchte und dabei die Sportzuschauer mit einbezog. Elias schreibt: „Die Kampfund Angriffslust findet z.B. einen gesellschaftlich erlaubten Ausdruck im sportlichen Wettkampf“, im „Prozess der Zivilisation“. „Und sie äußert sich vor allem im ‚Zusehen‘, etwa im Zusehen bei Boxkämpfen, in der tagtraumartigen Identifizierung mit einigen Wenigen, denen ein gemäßigter und genau geregelter Spielraum zur Entladung solcher Affekte gegeben wird. Und dieses Ausleben von Affekten im Zusehen oder selbst im bloßen Hören, etwa eines Radio-Berichts, ist ein besonders charakteristischer Zug der zivilisierten Gesellschaft. Er ist mitbestimmend für die Entwicklung von Buch und Theater, entscheidend für die Rolle des Kinos in unserer Welt.
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis7
Danksagung8
Kapitel 1: Die Welt der Sportzuschauer9
1 Einleitung9
2 Beobachter, Zuschauer, Erscheinungsformen und Folgen13
3 Schlussbemerkung18
Literatur19
Kapitel 2: Eine kurze Kulturgeschichte der Sportzuschauer21
1 Sport erleben – theoretische Vorbemerkungen21
2 Fans und Pilger in der griechischen Antike23
3 Brot und Spiele26
4 Ludi und circenses27
5 Aufstand im Circus29
6 Barbarisches und mittelalterliches Publikum30
7 Turnierpublikum31
8 Das Volk wird aktiv – vom Zuschauer zum Turner und Sportler33
9 Olympische Spiele37
10 Zuschauersport zwischen Animation und Konsum39
Literatur39
Kapitel 3: Erscheinungsformen von Sportzuschauernund ihre Organisation42
1 Sportzuschauer zwischen Schaulust und Hingabe42
2 Public Viewing – Gemeinschaftserlebnisse an Großleinwänden46
3 Ultras – Selbstermächtigung und Vereinstreue49
4 Medialisierung des Fantums52
5 Nach dem Spiel ist vor dem Event55
Literatur57
Kapitel 4: Sportzuschauer in der Literatur59
1 Einleitung59
2 Anstoß: Sport und Literatur – Ambivalenz oder Allianz?60
3 Beim Sport zugeschaut: Als Schriftsteller auf der Tribüne61
4 Zuschauer seiner selbst: Sportliterarische Selbstversuche und Autobiografien64
5 Seitenwechsel: Wie F.C. Delius als Zuhörer am Radio Weltmeister wurde66
6 Bundesliga in Texten: Zur Dominanz der Fan-Literatur im Fußball68
7 Abpfiff: Was bleibt?70
Literatur71
Quellen/Werke71
Kapitel 5: Der Sportzuschauer aus ökonomischer Sicht74
1 Einleitung74
2 Thematische Beschränkungen und methodische Herausforderungen76
3 Der Sportzuschauer als neoklassischer Konsument77
4 Einfluss ökonomischer Faktoren78
5 Einfluss sportspezifischer Produktmerkmale79
6 Stadionbesuch und Fernsehkonsum83
7 Herausforderungen der ökonomischen Analyse des Sportzuschauers86
8 Fazit88
Literatur89
Kapitel 6: Zuschauer und Menschenansammlungen aus physikalischer Sicht94
1 Einleitung94
2 La Ola-Wellen97
3 Panikverhalten101
4 Applaus105
5 Zusammenfassung109
Literatur109
Kapitel 7: Sportzuschauer aus medizinischer Sicht: physische und psychische Gesundheit111
1 Einleitung111
2 Physische Belastungen113
3 Psychische Belastungen114
4 Belastungsformen beim Sportzuschauer114
5 Sportevents und gesundheitliche Folgen116
6 Schlussbetrachtung122
Literatur122
Kapitel 8: Stimmung und Lebenszufriedenheit von Sportzuschauern125
1 Stimmungsmanagement durch Sportrezeption125
2 Stimmungseffekte durch Mit-Emotionen128
3 Stimmungseffekte durch Spannung und Erregung129
4 Stimmungseffekte durch Aggression130
5 Stimmungseffekte durch Eskapismus und Involvement131
6 Stimmungseffekte durch Identifikation und Fantum132
7 Einfluss der Stimmung von Sportzuschauern auf die Beurteilung von Lebensumständen und Lebenszufriedenheit133
8 Fazit136
Literatur137
Kapitel 9: Kognitionen von Sportzuschauern – Urteile, Ursachenzuschreibungen, Vorhersagen und Wetten142
1 Einleitung142
2 Soziale Kognitionen144
3 Urteile145
4 Ursachenzuschreibungen151
5 Vorhersagen und Wetten153
6 Fazit158
Literatur159
Kapitel 10: Medial dabei statt mittendrin? Sportzuschauer als Medienrezipienten164
1 Einleitung164
2 Attraktivität des Mediensports aus Rezipientenperspektive165
3 Der Prozess der Medienzuwendung170
4 Die Rezeption von Mediensport171
5 Fazit177
Literatur178
Kapitel 11: Sportzuschauer und ihre Helden182
1 Die Bedeutung von Stars182
2 Ökonomische Aspekte der Bedeutung von Stars184
3 Stars als Marken186
4 Die Entstehung von Stars187
5 Die Kultivierung von Stars189
6 Fazit191
Literatur191
Kapitel 12: Einsatz der Polizei bei Sportveranstaltungen195
1 Einleitung195
2 Verantwortungsteilung zwischen Polizei und Sport196
3 Verantwortung der Polizei197
4 Verantwortung des Sports210
Literatur213
Kapitel 13: Zuschauergewalt im Fußball – Vorurteile und Diskriminierung: Hooligans, Ultras und Hooltras216
1 Zur Geschichte der Gewalt im Umfeld von Fußballspielen216
2 Schlachtenbummler – die Fans der 30er, 40er und 50er Jahre218
3 Der Verein als (Über-)Lebensinhalt: Kuttenfans220
4 „Hurra, wir leben!“ – Hooligans220
5 Fußball ist unser Leben: Ultras und Supporter als Bewahrer der atmosphärischen Seele des Fußballs225
6 Ordnungspolitische Folgerungen236
Literatur239
Internetquellen241
Autorenverzeichnis242

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