Studienarbeit aus dem Jahr 2000 im Fachbereich Ethnologie / Volkskunde, Note: 1, Universität Bielefeld (Fakultät für Soziologie), Veranstaltung: Einführung in die Sozialanthropologie, Sprache: Deutsch, Abstract: Beginnend mit der revolutionären Wende in der Ethnologie, die durch Bronislav Malinowski und dessen neuartiges Konzept von Feldforschung ausgelöst wurde, entwickelte sich in England die social anthropology. Sie wurde in den 20er und 30er Jahren zunächst von Malinovski selbst, und dessen funktionalistischer Theorie geprägt, da dieser in England lehrte. Malinovski definierte die kulturellen Institutionen als Funktionen der 'basic needs' wie z.B. Nahrung, Fortpflanzung und Kommunikation. Detailgenaue Beschreibung der aufgenommen Eindrücke galt als wichtiger als Einordnung in eine theoretische Ordnung. In den 40er und 50er Jahren wurde Malinovskis Schüler Radcliffe-Brown zum bestimmenden Theoretiker. Er richtete das Interesse stärker auf das Netz der sozialen Beziehungen. Dies implizierte eine hohe Bewertung der theoretischen Ordnug und einen höheren Abstraktiongrad. Von Beginn an spielte die Erforschung sog. akephaler (kopfloser) oder segmentärer Gesellschaften also von Gesellschaften ohne Staat eine wichtige Rolle in der social anthropology. Möglicherweise weil gerade im Machtbereich des britischen Empire besonders viele dieser Völker anzutreffen waren. Darüber hinaus gab es zunächst noch starke Sympathien seitens der social anthropology gegenüber diesen Gesellschaften und dem Anarchismus als Theorie von der Abschaffung des Staates. Die intensive Beschäftigung mit akephalen Gesellschaften setzte sich auch unter den Schülern Radcliffe-Browns Meyer Fortes und Evans-Pritchard fort, jedoch gleichzeitig mit der Akademisierung des Faches, zunehmend unter anderen Vorzeichen: Die Arbeiten Evans-Pritchards über die Nuer, einen Volkstamm im Südsudan, wurden von der britischen Kolonialbehörde finanziert, und standen dem Kontext, daß es den Kolonialtruppen nicht gelang, dieses Volk vollständig zu unterwerfen, weshalb man eine genauere Kenntnis von dessen politischen Strukturen wünschte. Ungeachtet dieser mehr als fragwürdigen Kooperation mit einer imperialistischen Macht, muß man der social anthropology aber zu gute halten, daß sie mehr als alle anderen dazu beigetragen hat, das rassistische Bild vom 'primitiven Wilden' zu widerlegen, indem sie zeigte, daß es sich um funktionierende (Malinovski) und in sich rational strukturierte Gesellschaften handelt. [...]
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