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E-Book

Tausend und ein Abenteuer

AutorKurt Faber
VerlagJazzybee Verlag
Erscheinungsjahr2019
Seitenanzahl269 Seiten
ISBN9783849653019
FormatePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis0,99 EUR
In diesem Band erzählt der deutsche Reiseschriftsteller von Abenteuern, die er rund um den Globus erlebt hat. Inhalt: 'Denn zu bewundern und zu schauen ...' Fahrt nach Südwest Jim macht Dampf Mooiprat Auf Koffipad Gesiebte Wüste Intermezzo in Angola Das Land der dunklen Ehrenmänner Tausend Kilometer im Kanu Der König kommt! Von Schwarzen, Ganz 'Schwarzen' und anderen Dingen Der Hunger von Whitechapel Paradies der Landstreicher Romantik der Wolle Insel der Seligen Riffe und Palmen

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Leseprobe

Auf Koffipad


 


Kurt Faber, der Hungerkünstler / Auf Pad / Das moderne Schiff der Wüste / Ein Kapitel über die Frauen / Besuch auf der Farm / Ein mooi Plaatsje / In der Kalahari / Begegnung mit Buren / Auch ein Auto / Kaffee bei Oom Paul / Bei den Wassern Babylons / Im Hartebeesthaus / Oom Piet erzählt eine Geschichte / Die »sware Ziekte« und das »afrikaanse Geneesmittel« / Ein schwieriger Fall / Im Bastardland / Schutztruppenlatein / Eine seltsame Geschichte
 

Es hilft nichts, daß man sich dagegen wehrt. Noch je und je war der Mensch ein Sklave des Milieus, in dem er lebte. Noch je und je hat solches Milieu in den Gehirnen Verwirrung angerichtet und sich endlich widergespiegelt in den subtilen Mitteln der Sprache. So ist im Laufe der Jahrhunderte die stolze niederländische Sprache unter dem Einfluß der afrikanischen Sonne verdorrt zu einem bequemen Wellblechholländisch, Afrikaans genannt; eine Sprache, die sich herrlich dazu eignet, die Bockies in den Kraal zu jagen und den Ochsengespannen das Fürchten beizubringen, aber sonst –

 

Und wenn das schon die Holländer tun, warum sollen dann die Deutschen zurückbleiben?

 

»Wenn einer spricht die Sprache wert,
Die seine Mutter ihn gelehrt,
Das ist gar keine Sache!
Nein, wer den deutschen Laut verfälscht,
Wer möglichst greulich kauderwelscht,
Der, der beherrscht am besten
Die Sprache von Südwesten!«

 

So sang der Dichter schon zu deutscher Zeit. Und warum soll es dann besser geworden sein in diesen Mandatstagen? Und warum – so frage ich mich – warum soll ich mich so weit bloßstellen in den Augen aller Landeskundigen, daß ich mich eines anderen Idioms bediene? Und also werde ich für die Folge meine weiteren Eindrücke in südwestafrikanischer Sprache niederschreiben.

 

– O heilige Einfalt, die etwa in der heißen Sonne eine Ziege über den Ausspannplatz laufen sähe und bei deren Anblick nicht von einem Bockie spräche! Man würde solchen Menschen einfach nicht für voll nehmen, man würde ihn in die hinterste Klasse einreihen, zu den hoffnungslosesten Grünhörnern, er bekäme etwas zu hören über solch bedauerlichen Mangel an Anpassungsfähigkeit! Und darum werde ich mich nicht noch weiter wehren gegen den Geist dieses Landes. Ich werde ein Auge zudrücken und dann noch eines. Ich werde mich versündigen an allen guten Geistern der deutschen Sprache und werde fürderhin von Bockies und Beestern sprechen. Ich werde mein Baüe anziehen und auf Pad gehen und diesem Powian von einem Bambusen eins mit dem Schambol geben, wenn er nicht Hakahana macht. Ab und zu – miskie – werde ich dann im Schtor einen Suppi genehmigen, in der Fläche die Hartebeesters und die Wildebeesters jagen und alles das zuletzt noch niederschreiben, weil eben das »Pampier« geduldig ist. –

 

Das Intermezzo im Gefängnis war vorbei, aber nicht vergessen. Meinen afrikanischen Namen hatte ich weg. Wo immer ich mich blicken ließ in einem Wirtshause – ich wollte sagen in einer Bar –, da schmunzelten die Leute ein wenig.

 

»Ah, der Hungerkünstler!« So war es gut, daß schon am ersten Tage ein alter Afrikaner mich einlud, einmal mit ihm »auf Pad« zu gehen. – Auf Pad? Ist das eigentlich noch der richtige Ausdruck für so etwas? Wer denkt bei dem Worte nicht an die lange Schlange der Ochsenwagen, die in der tiefen Spur beschaulich zwischen den Dornbüschen schaukelt? An Staub und Hitze und brüllende Ochsen und Kaffern, die mit langen Peitschen knallen, und an eine üppige Matratze im Wagen, auf der der Ouwbaas liegt. Und abends ein loderndes Feuer unter funkelnden Steinen, und ringsum die verworrenen Stimmen der Wildnis, die zu uns mit ewig neuer Sprache sprechen.

 

Und ist es nun das? Von aller Romantik afrikanischer Landstraßen nichts anderes mehr als dieses benzinschnaubende, kilometerfressende Ungetüm. – Ach, es hilft nichts, daß wir uns dem Zeitgeist entgegenstemmen. Das Auto ist doch das moderne Schiff der Wüste. –

 

Windhuk liegt schon hinter uns. Nun fahren wir zwischen den Gärten von Klein-Windhuk, wo die reifenden Trauben aus dem dunklen Blätterwerk der Weinberge leuchten. Da und dort sieht man stattliche Feigenbäume, da und dort die weißen Oleanderblüten, die für einen Augenblick den Benzingeruch vertreiben. Schlanke Eukalyptusbäume stehen staubig am Wegrand. Unser Führer und Gastgeber gibt uns ausführliche Auskunft über die lieben Männer und die bösen Frauen, die hier in der Gegend hausen. Bald haben wir den Ort hinter uns gelassen, und der schnurrende Motor führt uns hinaus in die endlose afrikanische Steppe, die überall so grau und dürr erscheint, wenn man sie aus der Nähe betrachtet, und so voller Farben, wenn man den Blick in die Ferne wendet. Wie still es hier ist! Nur da und dort glucksen ein paar Perlhühner, nur da und dort liegen ein paar langhornige Ochsen im Schatten eines Kameldornbaumes. Hier huscht ein mausartiges Geschöpf mit einem buschigen Schwanz wie ein Eichhörnchen über die Straße, eine Herde Ziegen, ich wollte sagen Bockies, steht stumm und störrisch auf der Pad, die sie erst im letzten Augenblick freigeben.

 

In der Ferne taucht mitten aus der grenzenlosen Einsamkeit des Buschlandes das schimmernde Wellblechdach eines Farmhauses auf.

 

»Schreiben Sie auch Romane?« fragte mein Gastgeber.

 

»Nein«, sagte ich.

 

»Schade,« meinte der Afrikaner, »dort drüben könnten sie ein Motiv dafür finden. Der Mann ließ sich eine Braut aus Deutschland kommen, die dann auch prompt eintraf, zusammen mit ihrer Schwester, und wie das nun zuweilen so kommt – wie nun Braut Nummer eins nach Deutschland fährt, um sich die Aussteuer anzuschaffen, verlobt er sich mit der Schwester. Das war nicht schön, werden Sie sagen. Aber wie nun Braut Nummer zwei zum gleichen Zweck übers Wasser geht, lernt sie einen jungen Kerl kennen und gibt dem Gewesenen den Laufpaß. – Ja, die Frauen! Die waren früher dünn gesät wie die Regentage hierzulande! Einige behalfen sich mit Bastardfrauen, andere blieben zeitlebens Junggesellen oder sie gingen nach Swakopmund und wählten sich etwas aus unter denen, die von wohltätigen Gesellschaften in Deutschland als Weihnachtspaket herübergeschickt wurden.«

 

Dicht beim Farmhause biegt die Pad links ab in eine bergige Gegend, wo die Farmen ziemlich dicht beieinander stehen und man Gelegenheit hat zum Absteigen und zu einer Tasse Kaffee, verbunden mit einem »mooi Pratje«, das der Afrikaner so sehr liebt.

 

Es war ein schönes Haus, das wir vor uns sahen. Das Auto pflügte durch den tiefen Sand des Schwarzen oder Weißen Nossob. Genau weiß ich es nicht mehr. Ringsum in der Steppe weideten die Ochsen – werde ich es denn nie lernen? – die Beesters. »Morrow!« sagte der Hausherr, der vor der Gartentür stand. »Morrow!« antworteten wir. Darauf traten wir gleich ein ohne Umstände, gemäß dem ungeschriebenen Gesetz der großen, selbstverständlichen afrikanischen Gastfreundlichkeit und im Umschauen hatten wir Gelegenheit zu beobachten, wie ganz europäisch komfortabel diese Hinterwäldler doch eingerichtet sind. Die Hausfrau, eine rundliche Dame von schwäbischem Typ, begrüßte uns herzlich, wie lang vermißte liebe Verwandte, und während nun die Kuckucksuhr tickte und die Katze auf der Haustreppe schnurrte und wir Männer einen »Katholischen« tranken, ging die Frau in die Küche – nein, so war es nicht – da kam ein Rauch aus der Kombüse, derweilen die Missis die Kost klar machte und wir die neue Windhuker Stadtchronik durchsprachen.

 

Dann deckte die Frau – ich wollte sagen die Missis – den Tisch in der Weinlaube im Garten mit leckeren Spätzle und duftendem Sauerbraten, bei dem wir uns weiter auf deutsch-afrikanisch unterhielten. – Drüben in Neudamm, da habe es heuer schon viel – was sage ich? – da habe es stief geregnet. In Voigtskirch seien alle Dämme vollgelaufen, und Nachbar Müller habe auf seinem Platze schon annähernd 100 Millimeter Regen gehabt. – Ja, so sei es. Denn wisse: wenn zwei oder drei Südwestafrikaner zusammensitzen, da reden sie erstens vom Regen, zweitens noch mehr vom Regen und drittens holen sie nach, was sie vom Regen vergessen haben. Man redet doch am meisten von dem, was man nicht hat. Ueber dem hat man schon längst die Pfeife angezündet, und der Hausvater erzählt in seiner bedächtigen Art von den wilden, schönen Zeiten von Anno dazumal.

 

Er war dabeigewesen, wie François die Feste Hoorekrens stürmte. Er hatte Leutwein erlebt und die ersten wilden Jahre, in denen man mit den Stiefeln ins Bett stieg und zu Pferde ins Wirtshaus hineinritt. Die Zeit, in der man an der Bar um Reitpferde und Ochsenwagen knobelte und Hotelrechnungen in Diamanten bezahlte – ah, damals! Da war das Gesetz kaum länger als ein Flintenlauf, und heute wohnen sechsunddreißig Advokaten in Windhuk!

 

Und nun kommt endlich auch einmal die Frau zu Wort und zeigt uns die großen...

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