Limit – Hold’em
Spielstruktur
Viele Leser von Pokerbüchern erwarten, einen einfachen und allgemein anwendbaren Schlüssel zu finden, wie welche Karten gespielt werden sollen! Es ist, leider, nicht ganz so einfach. Wobei das „leider“ nicht ernst gemeint sein kann, denn wäre es wirklich so leicht, Poker zu spielen, würde sich der Vorteil erfahrener Profis sehr rasch neutralisieren.
Es geht im Pokerspiel darum, alle verfügbaren Informationen bestens auszuwerten – besser, als es unser Gegner tut!
Die Basis des Spiels beruht auf Berechnungen. Wie Sie später im Kapitel Spieltheorie lesen werden, unterliegt auch das Anwenden von Bluffs mathematischen Prinzipien. Hinzu kommen die Informationen, die wir über das Spielverhalten der Gegner gesammelt haben. Als nächsten Schritt variieren wir unser eigenes Spiel, um den Gegner zu täuschen. Und damit komme ich zum ersten Merksatz:
1 Bereichern Sie Ihr gewohntes Spiel langsam durch überlegte strategische Schritte!
Mir sind persönlich eine Menge von Spielern bekannt, die grundsätzlich gar nicht so schlecht abgeschnitten haben. Dann versuchten Sie, ihr Spiel zu verbessern, lasen Empfehlungen von Profis, insbesondere solchen, die zu aggressivem Spiel raten, wollten den Tisch mit Erhöhungen überrennen – und plötzlich sahen sie ihre Bankroll dahinschmelzen.
Poker ist ein Strategiespiel! Das Werkzeug dieser Strategie sind meist Erhöhungen. Doch nur wenn diese zum richtigen Zeitpunkt und unter den passenden Voraussetzungen eingesetzt werden, führen sie zum Erfolg.
Jedem Pokerspieler ist daran gelegen, sich zu verbessern. Doch wie in jeder anderen Disziplin, kann diese Verbesserung nicht dadurch bewirkt werden, dass eine Spielweise, die zu gewissem Erfolg geführt hat, plötzlich durch eine völlig andere ersetzt wird.
Was immer für Sie neu ist, wenden Sie es vorsichtig an!
Versuchen Sie, den wirklich idealen Zeitpunkt zu finden. Führt der eine oder andere Schritt nicht zu greifbarem Erfolg, unterlassen Sie ihn, überdenken Sie ihn, verändern Sie die Taktik. Versuchen Sie es zu einem späteren Zeitpunkt nochmals, und Sie werden unter Umständen erkennen, was Sie beim ersten Mal falsch gemacht haben.
Im Pokerspiel verfolgen wir zwei grundsätzliche Ziele:
- Mit guten Karten so viel wie möglich zu gewinnen
- Mit schlechten Karten so wenig wie möglich zu verlieren
Auch wenn diese Darstellung banal klingen mag, so stoßen wir immer wieder auf Situationen, in denen wir durch direkte Berücksichtigung dieser beiden Prinzipien unseren Erfolg entscheidend beeinflussen können.
Der erstgenannte Punkt mag einfacher zu befolgen sein. Insbesondere wenn Ihr Blatt ein wirklich erstklassiges ist. Oft jedoch haben Sie einen isolierten Gegner vor sich, und die Wahrscheinlichkeit, dass Ihr Blatt das bessere ist, ist voll auf Ihrer Seite. Trotzdem, Sie befürchten das Unwahrscheinliche, verfallen in unangebrachte Vorsicht, checken, wenn ein Einsatz angebracht wäre – und gewinnen um dieses eine Stück weniger!
Wesentlich einschneidender ist jedoch die zweite Regel! All die Einsätze, die in übertriebenen Optimismus, ungenaue Kalkulationen, unangebrachte Bluffs, Neugier, falsches Einschätzen des Gegners und sonstigen Leichtsinn investiert werden, summieren sich im Laufe des Jahres zu respektablen Summen.
Dazu eine kleine Geschichte von Mike Caro: Ein Pokerspieler, der übers Jahr 50.000 Dollar verloren hatte, wird von einer guten Fee nach seinem sehnlichsten Wunsch gefragt. Wie zu erwarten, möchte er seinen Verlust wettgemacht haben. Darauf möchte die Fee wissen:
„Möchtest Du in jedem Pot, den Du gewonnen hast, etwas mehr Gewinn, oder möchtest Du in jedem verlorenen Pot den Verlust verringert?“
Was mag der glückliche Pokerspieler darauf wohl antworten? Dass es ihm egal sei, Hauptsache, er kriege sein Geld zurück? Vermutlich! Doch wenn Sie über die Situation kurz nachdenken, zeigt sich sehr rasch die Moral von der Geschicht’.
Es ist nämlich wirklich egal, ob sich Ihr Profit aus mehr Chips in gewonnenen Pots oder weniger in den verlorenen zusammensetzt. Die logische Schlussfolgerung: Schenken Sie beidem entsprechendes Augenmerk! Jeder Einsatz, den Sie verlieren könnten, aber nicht verlieren, kommt letztendlich einem Gewinn gleich.
Sie spielen auf einer Einsatzhöhe von 10/20 Dollar, fünfmal pro Woche, 200 Hände täglich. Das sind übers Jahr rund 50.000 einzelne Partien. Bloß in jedem zehnten Spiel lassen Sie sich zu einem ungerechtfertigten kleinen Einsatz hinreißen. Sie gehen bei einer Präflop-Erhöhung mit, von der Sie wissen, dass Ihre Chancen minimal sind.
Sie versuchen einen Bluff am Flop, obwohl mehrere Gegner im Spiel sind. Sie versuchen, das Big Blind zu stehlen, obwohl Sie bereits wissen, dass dieser Gegner sein Blind bis aufs Letzte verteidigt. Immer nur ein kleiner Einsatz, der – so scheint es – bei Pots von 100 Dollar und mehr kaum ins Gewicht fallen kann.
Doch, er fällt ins Gewicht! Und zwar gewaltig. Denn dadurch verlieren Sie in 5.000 Händen jeweils zehn Dollar, was sich am Jahresende zu einem Verlust von 50.000 Dollar addiert!
Daraus ergibt sich der nächste Merksatz:
2 Jeder einzelne Einsatz muss berücksichtigt werden!
Die Basis des Spiels, das Gerippe, ist trockene, auf Berechnungen beruhende Strategie. Das Spielen der bestmöglichen Anfangskarten. Erhöhungen nur dann einsetzen, wenn es zu deutlichem Vorteil führt. Mitgehen, nur wenn es die Dominanz des Blattes oder die Verbesserungschancen erlauben. Den Gegner nur dann eines Bluffs verdächtigen, wenn es auch wirklich Anzeichen dafür gibt.
Solange Sie sich strikt an diese Spielweise halten, werden Sie nur geringe Ausschläge in Ihrer Gewinn-Verlust-Statistik verzeichnen. In manchen Fällen, abhängig von den Eigenschaften und der Spielstärke der Gegner, werden Sie regelmäßige kleine Gewinne erzielen. Gelegentlich werden Sie verlieren, doch diese Verluste halten sich in Grenzen.
Und warum werden Sie manchmal verlieren, wenn Sie sich strikt an Berechnungen halten, nur vorteilhafte Karten spielen, sich in keine unnötigen Bluffs verrennen, passen, wenn Gefahr droht?
Ihr Spiel ist leicht zu durchschauen! Ihre Gegner, sofern sie auch darauf achten, wissen, dass, wenn immer Sie im Pot sind, Ihre Karten es auch rechtfertigen. Sie erhöhen vor dem Flop, und es fällt ein Ass auf den Tisch. Alles klar! Sie haben vermutlich gespielt, vielleicht . Spieler um Spieler schiebt seine Karten nach Ihrem Einsatz zur Tischmitte!
(Als Ausnahme mag hier aggressives Spiel online anzuführen sein, wo das Spielverhalten der Gegner oft kaum beobachtet wird beziehungsweise regelmäßig neue Spieler am Tisch sitzen, denen Ihre Zurückhaltung noch nicht aufgefallen ist!)
Aus diesem Grunde ist es notwendig, das verhaltene Spiel durch Variationen zu bereichern. Während Sie zwar Ihrer Linie, die auf Berechnungen und Wahrscheinlichkeiten basiert, folgen, schwenken Sie auch immer wieder davon ab. Einmal nach links, dann nach rechts, einmal kurzfristig, dann über längere Zeiträume. Diese Variationen sind es, die es dem Gegner erschweren, Informationen über Sie zu sammeln. Sie werden unberechenbar!
Verhaltensmuster
Eine beträchtliche Anzahl von Spielern folgt einer gewohnten Strategie. Beginnen wir hier mit den beiden Extremen:
Der Rock (Felsen): Ein Spieler, der sich fast ausnahmslos an die soeben beschriebene Spielweise hält. Er setzt nur auf seine besten Anfangskarten und passt, sobald er das Gefühl hat, nicht über die besten Chancen auf den Pot zu verfügen. Sein Spiel ist durchschaubar und leicht einzuschätzen. Allerdings gewinnen Sie selten viele Chips von ihm. Sobald er sich in einem Pot entsprechend engagiert, müssen Sie von einem wirklich starken Blatt ausgehen.
Der Maniac (Verrückter): Dieser Spieler bringt seine Einsätze, meist Erhöhungen, ohne seine Karten dabei zu berücksichtigen. Er erhöht vor dem Flop, reraist, bringt es zum Maximum, wiederholt das Gleiche am Flop und am Turn. Meist hält er absolut nichts Passendes in der Hand, gelegentlich sind es aber doch zwei Asse oder, und dann wiederum kauft er am River ein...