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Tiergestützte pädagogische Interventionen: Entstehung und Probleme im Spannungsfeld von Therapie und Pädagogik

AutorAnne Langer
VerlagBachelor + Master Publishing
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl68 Seiten
ISBN9783956847646
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis19,99 EUR
Der Schweizer Pädagoge Johann Heinrich Pestalozzi (1746-1827) vertrat bereits die Meinung, dass der einzelne Mensch, den es ganzheitlich 'mit Kopf, Herz und Hand' zu fördern gilt, im Mittelpunkt pädagogischen Denkens und Handelns stehe. Auf diesem reformpädagogischen Ansatz basieren noch heute zahlreiche Bildungskonzepte, deren Anliegen es ist, die individuellen Ansprüche eines Kindes zu berücksichtigen und diesen gerecht zu werden. Eine authentische Form des Lernens bietet die tiergestützte Pädagogik. Diese wird in der vorliegenden Thesis unter verschiedenen Aspekten betrachtet. Es werden die geschichtliche Entwicklung sowie der aktuelle Stand der Anerkennung tiergestützter pädagogischer Interventionen dargestellt. Eine geschichtliche Beleuchtung des Themas ist notwendig, um den aktuellen Entwicklungsstand der Disziplin nachvollziehen und analysieren zu können. Dabei soll der Frage nachgegangen werden, weshalb diese Fachrichtung trotz der zunehmenden Etablierung innerhalb der vergangenen 30 Jahre ein Nischendasein führt. Zugleich soll die Aufmerksamkeit auf die tiergestützte Pädagogik gerichtet werden, welche bis heute im Vergleich zur tiergestützten Therapie zu wenig Beachtung findet.

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Leseprobe
Textprobe: Kapitel 2.3, Konzepte der Mensch-Tier-Beziehung: Nach Betrachtung der Entwicklung der Mensch-Tier-Beziehung sollen im Folgenden Konzepte erläutert werden, die ihre Existenz und Perspektive beleuchten. Diese Theorien dienen demzufolge vorrangig als Erklärungsmodelle für eine allgemein existierende Mensch-Tier-Beziehung. 2.3.1, Die Biophilie - als Basis für die Mensch-Tier-Beziehung: Der Evolutionsprozess des Menschen vollzog sich stets im Einklang mit seiner Umwelt. Diese bestand aus der Natur und allen in ihr existierenden Lebewesen. Aufgrund dessen begründet der Verhaltensbiologe Edward O. Wilson 1984 die Biophilie-Hypothese. Sie besagt, dass der Mensch aufgrund der Prägung und Beeinflussung durch seine Umwelt in seiner jahrtausendelangen evolutionären Entwicklung, eine natürliche Verbundenheit zur Natur und zu allen in ihr beheimateten Lebewesen in sich trägt. Dabei handelt es sich nach Vernooij und Schneider (2008) 'nicht um einen einfachen Instinkt, sondern um ein komplexes Regelwerk, welches das Verhalten, die Gefühle, aber auch die geistigen Fähigkeiten, die Ästhetik und sogar die spirituelle Entwicklung des Menschen betrifft'. Kruger und Serpell (2010) halten hierzu folgendes fest: 'This theory asserts that humans possess a genetically based propensity to attend to, and be attracted by, other living organisms.' Somit sucht der Mensch nach dem Kontakt zu anderen Formen des Lebens. Auch Kellert wies 1993 nach, dass Menschen das Bedürfnis haben sowohl in Verbindung zu ihrer belebten, als auch unbelebten Umgebung zu stehen. Neben dem Nutzen zur Nahrungssicherung und Kleidungsherstellung, galt das Tier bereits damals als Gefährte des Menschen. Es diente nicht nur zur Jagd, sondern auch zur Sicherheit. Das Beobachten der Tiere und das Berücksichtigen ihrer Verhaltensweisen schützten die Menschen vor Gefahren durch andere Tiere oder verheerende Witterungsverhältnisse. Dementsprechend signalisierten die Tiere den Menschen Entspannung und somit Sicherheit oder Anspannung und demzufolge Gefahr. In der heutigen Zeit der Modernisierung, Technisierung und Urbanisierung ist dies nicht mehr notwendig, da wir sowohl durch die Medien, als auch durch technische Geräte wie elektronische Wetterstationen oder Wetterapps auf dem Mobiltelefon vor Unwettern gewarnt werden. Dies ist bequem und sicher für uns und unsere Existenz, verschlechtert allerdings das Gefüge von Beziehungen zwischen der Menschheit und seiner unmittelbaren, belebten Umgebung. Eine genaue Beobachtung und Wahrnehmung seiner Umgebung und der sich in ihr befindenden Tiere, ermögliche dem Menschen seine '[...] archetypischen Kommunikations- und Interaktionsmöglichkeiten gewahr [zu werden]', so Olbrich (2003). Der deutsche Autor ist eine der Koryphäen im Forschungsbereich zur Mensch-Tier-Beziehung und fügt hinzu, dass Tiere keine instrumentelle oder bio-chemische Wirkung auf kranke Organe hätten, jedoch dazu beitragen würden, dass 'innerhalb der Person, eine Verbundenheit zwischen bewussten und unbewussten, zwischen kognitiven und emotionalen, zwischen implizit-erfahrungsorientierten und explizit-kontrollierenden Prozessen verbessert wird.' 2.3.2, Die Du-Evidenz: Der deutsche Sprachpsychologe Karl Bühler prägte 1922 den Begriff der Du-Evidenz innerhalb des zwischenmenschlichen Bereiches. Seiner Auffassung nach, sei dies die Fähigkeit des Menschen eine andere Person als Individuum und somit als 'Du' wahrnehmen und respektieren zu können. Evidenz bedeutet 'unmittelbare und vollständige Einsichtigkeit, Deutlichkeit oder Gewissheit', demnach wird etwas als evident bezeichnet, wenn es keinerlei Beweise mehr zur Belegung der Richtigkeit bedarf. Somit erklärte der Zoologe Konrad Z. Lorenz (1903-1989), dass es eine Art Denkzwang sei, andere lebende menschliche Subjekte anzuerkennen. Der Soziologe Theodor Geiger (1891-1952) übertrug 1931 die Du-Evidenz erstmals auf die Mensch-Tier-Beziehung. Dabei verstand er sie als 'eine Sache des Erlebniswissens'. Ausgehend davon seien für die Entwicklung der Du-Evidenz v.a. persönliche Erlebnisse und authentische Empfindungen für andere Lebewesen (ganz gleich ob Mensch oder Tier) bedeutend. Somit scheint die Du-Evidenz vorrangig auf der sozio-emotionalen Ebene zu wirken. Dementsprechend ließe sie sich als Voraussetzung für die Fähigkeit des Empathieempfindens beschreiben. Greiffenhagen (2007) versteht unter dem Konzept der Du-Evidenz in Bezug auf die Mensch-Tier-Beziehung folgendes: 'Mit Du-Evidenz bezeichnet man die Tatsache, dass zwischen Menschen und höhere Tieren Beziehungen möglich sind, die denen entsprechen, die Menschen unter sich bzw. Tiere unter sich kennen.' Bei Vernooij und Schneider wird jener Vorgang als 'autonom und deutlich gefühlsbegleitet' bezeichnet, zu dessen Kontrolle es erheblichen Aufwand bedarf. Vor allem wenn Ähnlichkeiten zwischen Mensch und Tier im körpersprachlichen Ausdruck und bezüglich der spezifischen Bedürfnisse wie Kommunikation, Nähe, Bewegung und Interaktion bestehen, lässt sich das Potential der Mensch-Tier-Beziehung voll ausschöpfen. Denn dann kann das Gegenüber als 'Du' wahrgenommen werden. Vernooij und Schneider betonen, dass eine solche Beziehung speziell mit sozial lebenden Tieren eingegangen werden kann. Dazu gehören Herden- und Rudeltiere wie Pferde und Hunde, da diese ähnlichen emotionalen und sozialen Bedürfnissen nachgehen. Diese haben ein komplexeres Gehirn als nicht sozial lebende Tiere und sind uns Menschen aufgrund ihres sozialen Verhaltens sehr ähnlich. Dass sowohl Mensch als auch Tier über ihre Körpersprache kommunizieren ist zweifelsfrei unumstritten. Die tierische Du-Evidenz zeigt sich dann, wenn das Tier für den Menschen die Rolle des Genossen und Partners einnimmt und ihm darüber hinaus personale Qualitäten zugeschrieben werden. Ein Beweis für diese Tatsache ist bereits die Namensgebung. Der Mensch gibt seinem Tier einen Namen, durch welchen er sich von der Masse abhebt und der ihm Individualität verleiht. Es gilt somit gewissermaßen als Familienmitglied mit personalen Eigenschaften. Film- und Serienstars wie 'Flipper' der Delfin, die Collie Hündin 'Lassie' oder der Affe 'Charly' sind nur einige Beispiele, welche die Du-Evidenz zwischen Mensch und Tier (z.T. maßlos übertrieben) widerspiegeln. Außerdem demonstrieren sie die den Tieren zugeschriebenen sozio-emotionalen Qualitäten.
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