Klaus und ich feiern Anfang Juni diesen Jahres unseren 10. Hochzeitstag, deshalb sollte es ein ganz besonderer Urlaub in diesem Zeitraum werden. Als wir dann buchen wollten, war uns Klaus´ Kollege zuvor gekommen. So mussten wir unseren Urlaub auf Ende April verschieben. Vielleicht war das schon ein Zeichen dafür, dass wir diesen Urlaub lieber nicht gemacht hätten, aber dazu später im Bericht.
Wir haben schon ziemlich viel von unserer schönen Erde gesehen, doch in der Karibik waren wir noch nie, überhaupt noch nie über dem „großen Teich“. Da es ein Tauchziel sein sollte, entschieden wir uns für die Karibik, doch welche der unzähligen Inseln soll es sein? Kuba? nein, die Domrep ist zu kommerziell, alle französischen Inseln fallen wegen der Sprachbarriere weg, in Jamaika ist das Tauchen nicht interessant genug, die ABC-Inseln sind eher holländisch als karibisch, die auch nicht. Jetzt hatte sich die Zahl der für uns interessanten Inseln schon sehr verringert. Der letzte ausschlaggebende Punkt war der Preis. Die meisten der übriggebliebenen Inseln sind viel zu teuer, so dass eigentlich nur noch Tobago übrig blieb. Wir hörten und lasen nur gute Kritiken über die Insel und ihre Tauchgründe. Es soll sogar Mantas dort geben, die wir bisher noch nie gesehen haben. Tobago liegt zusammen mit Trinidad vor der venezolanischen Küste. Die beiden Inseln bilden eine Republik, eine ziemlich reiche Republik, denn sie fördert Erdöl und Erdgas vom Meeresgrund. Deshalb sind die Leute dort auch nicht darauf angewiesen, den Touristen auf den Geist zu gehen. Das ist der große Vorteil. Man kann sich in Ruhe umsehen. Wenn man dann ein Anliegen hat, wird man sehr freundlich bedient, kauft man nichts, bekommt man ein freundliches Auf Wiedersehen mit auf den Weg. Die Einheimischen sind zurückhaltend, haben immer ein Lächeln auf den Lippen und sind mit ihrem Leben zufrieden. Durch die Hitze läuft allerdings alles sehr langsam ab, eilig hat es dort niemand, Stress ist ein Fremdwort.
Unsere Reiseleiterin Edith erzählte auf der Inselrundfahrt, dass die Arbeitslosigkeit auf Tobago bei drei bis vier Prozent liegt. So wie wir das festgestellt haben, jedoch zum größten Teil durch „Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen“. Das beste Beispiel dafür sind die Lebensmittelläden. Kommt jemand auf die Idee, einen Lebensmittelladen zu eröffnen, muss er noch zwei oder drei Leute haben, die ebenfalls einen eröffnen. Denn nicht in jedem Laden wird alles angeboten. Der eine Laden hat kein Wasser, der nächste kein Bier und der dritte kein Eis. Jeder Laden verkauft nur einen Teil des gesamten Angebotes, dafür liegen alle Läden dicht beisammen. So kann jeder etwas verdienen. Die Leute werden dadurch nicht reich, aber es reicht zum Leben. Dazu kommt der Familienzusammenhalt. Wenn jemand in finanzielle Bedrängnis gerät, wird er von der Familie aufgefangen. Da landet keiner auf der schiefen Bahn, wenn er das nicht will.
Der Durchschnittsverdienst am Tag liegt bei 8,- Tie-ties, so heißt die Währung auf Tobago. Das sind 1,23 Euro. 1,- Euro sind also 6,50 Tie-tie´s. Die Abkürzung Tie-Tie heißt vollständig Trinidad-Tobago-Dollar (TT$).
Viele Leute haben zwei Jobs, um über die Runden zu kommen oder den Tag sinnvoll zu verbringen. Der Besitzer eines Souvenirladens empfahl sich uns als Gästehausbesitzer. Er verdient sicher genug damit, setzt sich aber trotzdem in seinen Laden, um mit Menschen zusammenzukommen.
Die Lieblingsbeschäftigung der Tobagonians, wie sich die Einheimischen selbst bezeichnen, ist allerdings das Limen (sprich: Leimen), also das Rumhängen, das gemeinschaftliche Zusammensitzen.
Die Insel selbst ist sehr abwechslungsreich. Während der Norden gebirgig und mit Regenwald bedeckt ist, zum größten Teil unzugänglich, ist der Süden flach wie ein Brett, mit viel weniger Vegetation. Im Norden regnet es öfter und es ist sehr feucht, der Süden dagegen bleibt meist trocken.
Die meisten Touristen halten sich im Süden auf, vielleicht auch deshalb, weil sich dort der Flughafen befindet. Sie lernen den Norden höchstens im Rahmen einer Inselrundfahrt kennen, die man entweder organisiert buchen kann, oder man mietet sich ein Auto, das man an jeder Ecke bekommt.
Ach ja, noch etwas zu den Kennzeichen in Tobago. Das finden wir lustig. Es lässt sich anhand der Nummernschilder genau erkennen, was man vor sich hat. Die Nummern der Privatautos beginnen mit P wie privat: z.B. PXX 111. Die Nummern der Mietfahrzeuge fangen mit R wie rent (mieten) an, die der Taxis mit H wie hire (vermieten) und der erste Buchstabe bei den Pickups und Laster ist ein T wie Truck. So einfach ist das.
Wir haben das Glück, ein Reiseangebot erhalten zu haben, bei dem wir beide Seiten Tobagos gleichermaßen kennen lernen können. Wir buchten eine Woche Urlaub im Nordwesten und eine Woche Urlaub im Südosten.
Die Ostküste Tobagos wird vom Atlantik umspült, die Westküste dagegen von der Karibik. Optisch macht sich das auf der Insel nicht bemerkbar, die Gewässer haben eben nur zwei verschiedene Namen. Beim Tauchen spürt man jedoch Unterschiede. Der Atlantik ist strömungsreich und hat eine größere Vielfalt zu bieten. Die Karibik ist sanfter und ruhiger. Besonders viel Strömung gibt es dort, wo beide Meere aufeinander treffen. Da stößt man als Taucher schnell an seine Grenzen. Die Unterwasserwelt Tobagos ist sehr reich, auch dank der Nähe der Mündung des Orinoko in Venezuela, der viele Nährstoffe in Tobagos Gewässer spült. Deshalb kommen hier auch öfters Großfische wie Mantas und Walhaie vor.
Aber das allerbeste sind die Vögel. Tobago besitzt eine sehr artenreiche und geschützte Vogelwelt. Vom Kolibri bis zum Fregattvogel lassen sich an die zweihundert Arten bewundern, wenn man sie nur findet. Trotzdem erschließt sich dem Normalbürger eine Vielzahl verschiedener, teilweise sehr bunter Vögel. Es ist eine Augenweide, diese Tiere zu beobachten, so tropisch und exotisch wie sie sind. Es sind die Juwelen der Insel.
Jetzt möchte ich aber mit dem Urlaubsbericht beginnen.
Schon um 4.15 Uhr hieß es aufstehen. Vom Flughafen Hahn im Hunsrück brachte uns ein Shuttle zum Frankfurter Flughafen. Wir nahmen einen Bus früher, man weiß ja nie, ob man pünktlich ankommt.
Der Flug startete mit einer Stunde Verspätung und sollte neuneinhalb Stunden dauern. Dank unserer Nachbarin, die bei Condor arbeitet, bekamen wir zwei Plätze am Notausgang bei den Tragflächen und konnten uns dadurch etwas freier bewegen. Allerdings sind das auch die kältesten Plätze, wie wir schnell feststellen mussten. Die Stewardessen stellten uns deshalb Decken zur Verfügung. Es hat eben alles seine zwei Seiten.
Anhand des Monitors ließ sich die Flugroute verfolgen. Wir überflogen Köln, Ostende, London (unter einer dicken Nebeldecke), die englische Südküste, die irische Südküste über Shannon, dann überquerten wir den Atlantik bis vor Neufundland, wo das Flugzeug nach Süden abdrehte. Das Beste daran war, dass es die ganze Strecke über Land so gut wie keine Wolken gab, und ich alles ganz genau sehen konnte. Komischerweise lag nur der Großraum London im dichten Nebel. Ob das irgendwie mit den geografischen Verhältnissen zusammenhängt? Keine Ahnung. Es war wirklich nur der Großraum London, der für seine vielen Nebel- und Regentage weltberühmt ist. Nach einem guten, aber langen Flug landete die Maschine in Crown Point, im Südwesten Tobagos. Nach Erledigung der Formalitäten stiegen wir in ein Shuttle zum Hotel Manta Lodge, das in Norden der Insel liegt.
Ankunft am Flughafen Crown Point
Nach eineinhalb Stunden kurvenreicher Fahrt kamen wir endlich in Speyside, im Norden Tobagos gelegen, an. Auf der Fahrt dorthin erinnert uns die Insel an Kenia. Die Häuser und die Landschaft ähneln sich sehr, nur dass uns hier auf Tobago alles viel niedlicher und sauberer vorkommt, selbst die Ziegen sind kleiner. Es gibt schmucke kleine Villen in freundlichen Farben. Zuerst fuhren wir den einzigen Highway vom Flughafen zur Hauptstadt Scarborough entlang. Danach weicht der Highway einer sehr kurvenreichen schmalen Straße, die sich meistens an der Küste entlang schlängelt. Auffallend ist der riesige Aufwand, mit dem diese Straße teilweise gebaut wurde. Eine herrliche Aussicht auf das blaue Meer jagt die nächste. Die eineinhalb Stunden vergingen wie im Flug, wenn uns nicht so heiß in den dicken Sachen gewesen wäre.
Das Hotel Manta Lodge liegt am Ende des Ortes Speyside, nur durch eine Straße vom Strand getrennt. Es ist kein Hotelkomplex, sondern offen in den Ort integriert. Manta Lodge ist ein kleines Hotel mit nur zweiundzwanzig Zimmern, genau das Richtige für uns.
Völlig erledigt meldeten wir uns an und bezogen das Zimmer, schön hell mit einem fantastischen Blick auf Palmen, blühende Büsche und das Meer. Unter dem Fenster befindet sich ein kleiner Pool.
Hotel "Manta Lodge" in Speyside
Als allererstes stellten wir uns unter die Dusche und zogen etwas Leichteres...