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E-Book

Tolerant und Human - Leitideen Postmoderner Pädagogik

AutorKarl-Heinz Ignatz Kerscher
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2012
Seitenanzahl235 Seiten
ISBN9783656266853
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis39,99 EUR
Fachbuch aus dem Jahr 2012 im Fachbereich Pädagogik - Geschichte der Pädagogik, , Sprache: Deutsch, Abstract: Aus geschichtsphilosophischen Perspektiven werden im ersten Kapitel des vorliegenden Buches die sogenannten Goldenen Zeitalter der historischen Entwicklung dargestellt, in denen viele Menschen überlebten und ernährt werden konnten, die allerdings auch durch Intoleranz, Inhumanität, religiöse Indoktrination und undemokratische Gewaltherrschaft gekennzeichnet waren. Das Mittelalter in Europa wird als finstere Epoche kritisiert, in der Freiheit, Individualität und eigenständiges Denken brutal durch den katholischen Papismus unterdrückt wurden. Der Protestantismus, das Zeitalter der Aufklärung und der Fortschritt der Zivilisation zur Demokratie, Freiheit, Toleranz und zu den Menschenrechten waren Meilensteine auf dem Weg zur Humanität. Welchen Beitrag hat der Marxismus zur Emanzipation des Menschen geliefert angesichts des Stalinismus und des Staatskapitalismus? Und welche Perspektiven gibt es angesichts der Finanzkrise und Schuldenkrise zu Beginn des 21. Jahrhunderts? Im zweiten Kapitel werden Geschichte und Menschheitsentwicklung aus ausgewählten weiblichen Perspektiven beleuchtet. Die Verdrängung des Matriarchats durch das intolerante und barbarische Patriarchat wird anhand der SAHARASIA-These erörtert. Als ein Beispiel für die Grausamkeit patriarchalischer Gesellschaftsformen wird die Beschneidung weiblicher Genitalien angeprangert. Weitere Beispiele diskutieren die Rolle der Frau im Christentum und den schrecklichen Hexenwahn im Mittelalter. Erziehungswissenschaftliche Perspektiven stehen im Fokus des dritten Kapitels. Ausgehend von der Evolutionstheorie wird der friedvolle und soziale Bonobo-Schimpanse beschrieben, mit dem der Homo Sapiens immerhin 99,9 Prozent der Gene gemeinsam hat. Die Grundlagen der Tierschutz-Erziehung sind durch die Einführung eines neuen Begriffs, des Karnismus, auf eine höhere Oktave der ethisch-moralischen Diskussion angehoben worden. Bejahung von Vielfalt , Individualität und Anderssein sind Vorstellungen über die Gleichheit aller Menschen überlegen. Postmoderne Bildung fördert Kreativität, Individualität und Toleranz.Im vierten Kapitel werden ausgewählte Perspektiven postmoderner Pädagogik in Umrissen skizziert. Intelligente, Kreative, Innovative und multipel Begabte gilt es zu fördern. Menschenrechts-Pädagogik und Interkulturelle Bildung sind Grundpfeiler einer Postmodernen Pädagogik. Auch das Positive Denken kann in Erziehung und Bildung zur Förderung von Toleranz und Humanität beitragen.

Prof. Dr. phil. Karl- Heinz Ignatz Kerscher Geboren 1943 in Hamburg; Universitätsstudium Volkswirtschaft, Soziologie, Erziehungswissenschaft, Kunst, Jura und Sozialpädagogik; Ausbildung zum Volks-, Realschul- und Waldorfschul-Lehrer, Promotion zum Dr. phil.; Professor der Leuphana Universität zu Lüneburg im Ruhestand; Pionier der emanzipatorischen Sexualpädagogik, namhaftester Vertreter der Postmodernen Pädagogik; Erziehungswissenschaftler, Sexualforscher, Hochschuldozent, fachwissenschaftlicher Sachbuchautor, Zirkusdirektor beim Circus Tabasco, Feuerläufer, Straßenmusiker, Senioren-Residenz-Entertainer, ehrenamtlicher Lektor auf Kreuzfahrtschiffen, Neueste Publikationen: 'Kreativ und Innovativ. Bausteine Postmoderner Pädagogik.' München 2011. 'Fasziniert und Aktiviert. Intentionen Postmoderner Pädagogik.' München 2011. 'Kulturell und Intellektuell. Perspektiven Postmoderner Pädagogik.' München 2012. 'Tolerant und Human. Leitideen Postmoderner Pädagogik.' München 2012. 'Lustbetont und Sinnenfroh. Positionen Postmoderner Sexual-Pädagogik.' München 2012. 'Schaffensfroh und Qualifiziert. Akzente Postmoderner Pädagogik.' München 2013. 'Orientierungssuche postmoderner Pädagogik. Zwischen Bangen und Hoffen.' München 2013. 'Peace Education. Ideas for a Postmodern Pedagogy.' München 2013. 'Pazifistisch und Altruistisch. Leitsterne Postmoderner Pädagogik.' München 2013. 'Weltraum Pädagogik. Erziehung und Bildung im Zeitalter der Raumfahrt.' München 2014. 'Space Education. Pedagogy in the Era of Space Missions.' München 2014.

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Leseprobe

1.

 

Geschichtsphilosophische Perspektiven

 

1.1  Goldene Zeitalter ?

 

Neben historischen Zeiten des  Wandels gab es immer wieder  Epochen, in denen sich die Menschen über mehrere Generationen hinweg sicher aufgehoben fühlen durften im Kreislauf einer nur von Geburt und Tod markierten scheinbar unveränderlichen Welt.  “Wer in solchen Verhältnissen lebte, wähnte sich in einer natürlichen Ordnung geborgen und der besten aller Welten zugehörig, auf einem Niveau, von dem es nur noch bergab gehen könne.Das waren die goldenen Zeitalter, von denen immer wieder berichtet wird. Es gab viele davon, mal über zwei, mal gar über zehn Generationen andauernd – Epochen, in denen es örtlich begrenzt so schien, als stehe die Geschichte still, weil etwas Perfektes, nicht mehr Verbesserungsfahiges geschaffen war” (SARRAZIN, 2010, S. 21).

 

Verehrer der Hochkulturen  kennzeichnen diese Goldenen Zeitalter folgendermaßen (Vgl. SARRAZIN 2010, S. 25 ff.):

 

Es gab stets hierarchisch strukturierte Sozialorganisationen mit religiös oder materiell legitimierter Gewaltausübung.

 

Stabilität wurde durch Politik, Kultur, Wirtschaft und Relgion erreicht.

 

Die äußere und innere Sicherheit wurde durch militärische Gewalt, durch Tradition oder Institutionen  aufrecht erhalten.

 

Herrschaft und Hierarchie wurden durch Religion legitimiert.

 

Das Wirtschaftsleben wurde durch Gewährleistung von Sicherheit für Handel und Gewerbe sowie durch die Möglichkeit der materiellen Bereicherung legitimiert.

 

Je besser diese Bereiche der Politik, Kultur und Wirtschaft organisiert waren, umso stabiler waren die Gesellschaften und ihre staatlichen Organisationsformen. Für diese historische Sichtweise liefert SARRAZIN (2010, S. 25 ff.) einige Beispiele:

 

Ägypten

 

Durch die künstliche Bewässerungstechnik des Niltals entstand eine fruchtbare Landwirtschaft. Sie brachte der Bevölkerung Ägyptens einen im Vergleich zu den Nomaden der umliegenden Wüstenregionen enormen Wohlstand und legte damit das Fundament für eine drei Jahrtausende überdauernde Hochkultur. Es herrschte eine Hierarchie durch die Diktatur des Pharaos. Der Pharao war gleichzeitig weltlicher und religiöser  Herrscher. In religiöser Hinsicht galt er sogar als Gottkönig.

 

Römisches Reich

 

Das antike Rom basierte auf Gewaltherrschaft. Dank der Überlegenheit des Militärwesens konnte das Römische Reich mehr als eintausend Jahre die damals bekannte Welt erobern und beherrschen. Die römische Republik fand in den ersten siebenhundert Jahren immer wieder Wege, unter den reichen und vornehmen Familien eine Machtbalance zu schaffen. Die Verrechtlichung der sozialen Beziehungen schaffte Sicherheit und ermöglichte Gewerbe und Handel, ähnlich der gegenwärtigen Marktwirtschaft. Das interne Machtmonopol des Römischen Staates wurde  brutal durchgesetzt.

 

Doch je mehr das Römische Reich an Ausdehnung gewann, desto unübersichtlicher und funktionsuntüchtiger wurden die Institutionen des Römischen Stadtstaates. Als der Einfluss des Adels schwand, leiteten CÄSAR und AUGUSTUS die Ersetzung der Republik durch das Gott-Kaisertum  ein. Das damals revolutionäre Christentum fand trotz grausamster Verfolgungen immer mehr Gläubige und wurde deshalb im Jahre 313 mit der Bekehrung Konstantins des Großen zum Christentum zur Staatsreligion erkärt. Der Zusammenbruch des Römischen Reiches kam nach 1.100 Jahren durch innere Dekadenz und äußere Angriffe durch die Völkerwanderungen. Das Weströmische Reich wurde 476 endgültig militärisch besiegt. Das Oströmische Reich fand sein formales Ende im Jahre 1453 durch die Eroberung Konstantinoples durch die Türken.

 

Europa im Mittelalter

 

Die endgültige Zerstörung des Weströmischen Reiches  mit der Absetzung des Kaisers Romulus Augustus im Jahre 476 führte zu einem verheerenden Rückfall der Zivilisation. Rund eintausend Jahre lang beherrschte nun das Christentum mit dem Papst in Rom die weltlichen Mächte. “Im Lehnsprinzip vermischte sich germanische Gefolgschaftstreue mit der Idee der römischen Staatlichkeit und der Legitimation aus dem christlichen Glauben. Der christliche Legitimationstransfer fand symbolischen Ausdruck in der Kaiserkrönung Karls des Großen durch Papst Leo III. Im Jahre 800 in Rom” (SARRAZIN 2010, S. 28). Die weltliche Herrschaft musste sich der religiösen Macht unterordnen, aber sie bezog ihre Legitimation aus der christlichen Kirche. Im Investiturstreit rangen Kaiser und Papst um die machtpolitischen Vorrangstellung. Dieser Streit wurde im Jahre 1076 zugunsten des Papstes entschieden durch den Bußgang Kaiser Heinrich IV. nach Canossa.

 

Der Beginn der Moderne

 

Im Mittelalter wurden die technischen und wissenschaftlichen Grundlagen für die rasche Entwicklung in der Neuzeit gelegt.  Der Fortschritt zwischen 1000 und 1500 legt Zeugnis ab von einer Geisteshaltung, deren Ursachen bis heute Rätsel aufgibt. In dieser Zeit werden große Fortschritte und Erfindungen gemacht: Um das Jahr 1000 wird der eiserne Pflug und die Kumme aus China übernommen. Um 1100 wird die Dreifelderwirtschaft eingeführt. Im 12. Jahrhundert wird der Kompass erfunden. Im 13. Jahrhundert wird die mechanische Uhr erfunden. Im 14. Jahrhundert wird das Schwarzpulver entdeckt und die Feuerwaffen werden erfunden.  Im 15. Jahrhundert erfindet GUTENBERG  den Buchdruck. Im Jahre 1543 entdeckt  KOPERNIKUS  die Sonne als Mittelpunkt der Planetenbewegungen. Die Kopernikanische Wende  leitet den Abschied vom geozentrischen Weltbild zugunsten des heliozentrischen Bilds vom Kosmos ein.

 

Reformation und Aufklärung

 

Die Weltreisen der spanischen und portugiesischen Seefahrer, die Entdeckung der Neuen Welt und die Auswirkungen der Reformation führten zu einem geschichtlichen Wandel. Die Reformation läutete die Befreiung des Denkens von religiöser Bevormundung ein. Die Reformation schuf die geistigen Voraussetzungen für die Säkularisierung der Welt und die Philosophie des Zeitalters der Aufklärung. HOBBES, HUME, VOLTAIRE, ROUSSEAU und KANT  schufen die Philosophie der Aufklärung. Die Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten von Nordamerika postulierte im Jahre 1776 erstmalig in der uns bekannten Weltgeschichte, dass alle Menschen gleich geboren seien und das gleich Recht hätten, nach Glück zu streben. Wenige Jahre später führte die Französischen Revolution von 1789 zur Erklärung der ersten Allgemeinen Menschenrechte.

 

1. 2   Mittelalter           und  Aufklärung

 

HAECKEL (Vgl. 2007) nimmt eine religionskritisch ausgerichtete Perspektive der historischen Epochen ein. In seinem Werk “Die Welträtsel”, das um die Jahrhndertwende 1900 erschien, beschreibt er das Mittelalter keineswegs als Goldenes Zeitalter, sondern als finstere Epoche. Das Mittelalter lehre uns, dass das selbständige Denken und die wissenschaftliche Forschung unter der Gewaltherrschaft des katholischen Papismus durch zwölf finstere Jahrhunderte begraben blieben.

 

Die  Humanität, der Altruismus, die Toleranz und die Menschenliebe im höchsten Sinne des Wortes seien die wahren Lichtseiten des Christentums. Das Papsttum, der Papismus, aber habe es verstanden, alle christlichen Tugenden in ihr direktes Gegenteil zu verkehren. An die Stelle der christlichen Nächstenliebe trat der fanatische Hass gegen alle Andersgläubigen. Mit Feuer und Schwert wurden nicht nur die sogenannten Heiden ausgerottet, sondern auch die verschiedensten christlichen Sekten, welche Einwendungen gegen die auferzwungenen Dogmen des katholischen Aberglaubens zu erheben wagten. Überall im christlichen Europa blühten die Ketzergerichte und forderten unzählige Opfer. Deren Folterqualen bereiteten ihren von “christlicher Bruderliebe” erfüllten Peinigern besonders sadistisches Vergnügen. Das Papsttum wütete durch Jahrhunderte erbarmungslos gegen alles, was seinem Absolutheitsanspruch im Wege stand (Vgl. DESCHNER   1986 ff.).

 

Allein in Spanien wurden unter dem berüchtigten Großinquisitor TORQUEMADA (1481 bis 1498) achttausend angebliche Ketzer lebendig öffentlich verbrannt und neunzigtausend mit Einziehung ihres Vermögens und empfindlichsten Kirchenbußen bestraft. In den Niederlanden fielen unter der spanischen Herrschaft  Karls des Fünften mindestens fünfzigtausend Menschen der klerikalen Mordlust zum Opfer.

 

Während das Geheul gefolterter Menschen die Luft Europas erfüllte, strömten beim Papst in Rom die Reichtümer der ganzen tributpflichtigen christlichen Welt zusammen. Die angeblichen Stellvertreter Gottes auf Erden und deren Helfershelfer wälzten sich hingegen in Lüsten und...

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