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Traditionelle und alternative Wohnformen für Seniorinnen und Senioren. Heimunterbringung oder betreutes Wohnen?

zur Entscheidungsfindung zwischen Heimunterbringung und betreutem Wohnen

AutorAndrea Schulz
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2006
Seitenanzahl155 Seiten
ISBN9783638520577
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis31,99 EUR
Diplomarbeit aus dem Jahr 2004 im Fachbereich Soziale Arbeit / Sozialarbeit, Note: 1,0, Fachhochschule Kiel (Soziale Arbeit und Gesundheit), 78 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: Die vorliegende Diplomarbeit fragt nach den traditionellen und alternativen Wohnformen im Alter. Ausgehend von der demografischen Entwicklung und dem damit einhergehenden quantitativen Anstieg alter Menschen1 sind Wohn- und Versorgungsstrukturen für diese Bevölkerungsgruppe mit oft speziellen Anforderungen und Bedürfnissen erforderlich. Es geht in dieser Arbeit, ausgehend von dieser Entwicklung und den rechtlichen Rahmenbedingungen, darum, eine Übersicht über die in Deutschland verbreiteten und verfügbaren Konzepte für Wohnen im Alter zu schaffen. Des Weiteren sollen die Umzugsstrukturen und -motive von Seniorinnen und Senioren herausgearbeitet werden. Insbesondere sollen dabei die Umzugsstrukturen und -motive von BewohnerInnen eines Pflegeheimes und einer Einrichtung des betreuten Wohnens im Rahmen einer empirischen Untersuchung verglichen werden.

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Leseprobe

2 Alterung der Gesellschaft in Deutschland


 

Die Bestimmung des Lebenslaufs mit der Lebensphase des Alters wird immer schwieriger. Das Lebensende ist mit dem Tod klar abgrenzbar. Jedoch werden die Phasen des mittleren und höheren Erwachsenenalters immer schwieriger zu bestimmen sein (vgl. Backes, Clemens 1998, S.23).

 

Noch in den siebziger Jahren war der Eintritt in das Rentenalter, in den Ruhestand, ein klarer Altersschnitt. Doch durch die Entwicklung von Altersteilzeit und Vorruhestand sowie Erwerbsunfähigkeit und Arbeitslosigkeit älterer ArbeitnehmerInnen sind hier die einst klaren Grenzen verschwommen. Durch diese Entwicklung ist die Grenze des Austritts aus der Erwerbsarbeit auf bis zu sechzig Jahre gesunken. In dieser Zeit des Wartens auf die Altersrente, gelangen die Betroffenen in eine Phase der Desorientierung durch fehlende Modelle einer sozialen Rolle Außerdem bezeichnen sich Menschen immer später als alt. Dieser Prozess kann als eine Verjüngung des Alters betrachtet werden (vgl. Backes, Clemens 1998, S.23).

 

Der Lebensabschnitt des Alters kann heute bis zu 50 Jahren dauern, wenn beispielsweise ein frühzeitiger Ruhestand und ein hohes Sterbealter zusammenkommen. Das Alter ist somit zu einer komplexen Großphase des Lebens geworden, welche immer mehr an Bedeutung gewinnt (vgl. Backes, Clemens 1998, S.23).

 

Durch die Verlängerung des Alters können die SeniorInnen in drei Untergruppen aufgesplittet werden: Man spricht hier in Fachkreisen von den „Jungen Alten“, den „Alten“ sowie den „Alten Alten“. Die „Jungen Alten“ haben noch Ressourcen und Kompetenzen, um Leistungen für andere, zum Beispiel ihre Kinder oder ihre Nachbarn, zu erbringen. Die „Alten“ verfügen noch über die Selbstkompetenz, um für sich selbst zu sorgen. Die „Alten Alten“ hingegen sind durch den Verlust ihrer Selbstkompetenz auf Unterstützungsleistung angewiesen, beispielsweise bei Pflegebedarf (vgl. Backes, Clemens 1998, S.24).

 

Deutlich wird, dass es „die“ Alten als homogene Gruppe nicht gibt. Die SeniorInnen bilden eine heterogene Gruppe von Menschen mit verschiedensten Lebenserfahrungen und Biografien (vgl. Mai 2003, S.13).

 

In dieser Diskussion spielt besonders die Hochaltrigkeit[2] eine Rolle, da vornehmlich dieser Personenkreis am häufigsten hilfe- und pflegebedürftig wird und dann auf Unterstützung angewiesen ist. Grund dafür ist das steigende Risiko der Multimorbidität[3], Abnahme der geistigen Leistungsfähigkeit sowie Isolation und Vereinsamung mit steigendem Lebensalter (vgl. Mai 2003, S. 112).

 

Lebenslagen im Alter sind also sehr differenziert. Dominierende Faktoren hierbei sind die materielle Lage, der Gesundheitszustand und die sozialen Netzwerkbeziehungen. Auch die Dimensionen des Wohnens, gesellschaftliche Partizipation und allgemeines Wohlbefinden spielen eine wichtige Rolle. Diese Faktoren im Zusammenhang bilden die Lebenswelt älterer Menschen. Das macht die wichtige Stellung des Wohnens im Alter so deutlich (vgl. Backes, Clemens 1998, S.241). Die Wohnsituation trägt maßgeblich zum Wohlbefinden bei, da sich besonders im Alter der Lebensraum auf das Wohnen bezieht und sich das Wohnumfeld einengt (vgl. Backes, Clemens 1998, S.243).

 

2.1. Demografische Entwicklung


 

„Die demographische [sic] Alterung wird in den kommenden Jahrzehnten zu einem bestimmenden Element der demographischen [sic], sozioökonomischen und politischen Entwicklung Deutschlands werden.“ (Mai 2003, S.9).

 

Nach Japan, Italien und der Schweiz ist Deutschland das Land mit dem weltweit vierthöchsten Durchschnittsalter der Bevölkerung. Diese Entwicklung wird sich in den kommenden Jahrzehnten weiter fortsetzen, begleitet von der gleichzeitigen Abnahme der Bevölkerungszahl (vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend 2002, S.55).

 

Abbildung 1: Bevölkerungsentwicklung in Deutschland

 

 

In der Betrachtung der Entwicklung der Bevölkerung über einen langen Zeitraum, ergibt sich das Bild einer deutlichen Ausdehnung der Alterspopulation. Um 1910 wurde von der so genannten Alterspyramide [4] gesprochen. Bis zum Jahr 2040 wird sich die Alterspyramide in eine Urnen- beziehungsweise Pilzform[5] verändern (vgl. Backes, Clemens 1998, S.32)

 

 

Abbildung 2: Veränderung der Bevölkerungsstruktur in Deutschland

 

 

Diese Statistik zeigt das stetige Steigen der Anzahl älterer Menschen und das Sinken der Anzahl junger Menschen im Vergleich deutlich (vgl. Backes, Clemens 1998, S.34).

 

Die Ursachen für den demografischen Wandel sind verschiedenen Entwicklungen in den vergangenen Jahrzehnten zuzuschreiben. Ein Grund sind einschneidende politische Ereignisse, wie die Weltkriege und die Weltwirtschaftskrise des vergangenen Jahrhunderts. Diese hatten einen drastischen Geburtenrückgang, sowie Verluste durch Gefallene und andere Kriegsopfer zur Folge. Ein weiterer Grund sind die medizinischen Fortschritte, die zur Senkung der Sterblichkeit sowohl bei Neugeborenen als auch bei alten Menschen beigetragen haben[6], sowie die Möglichkeiten der Empfängnisverhütung. Außerdem haben sich die sozialen und wirtschaftlichen Bedingungen in die Richtung verändert, als dass sich die Geburtenrate verringerte[7] (vgl. Backes, Clemens 1998, S.32).

 

Die Alterung der Bevölkerung hat auf drei verschiedenen Ebenen statt gefunden: Die erste Ebene ist das Steigen der absoluten Zahl der älteren Menschen.

 

Die zweite Ebene ist das relative Wachstum des Anteils älterer und alter Menschen, was bedeutet, dass das Verhältnis zwischen jungen und alten Menschen sich verschoben hat (vgl. Backes, Clemens 1998, S.36).

 

Abbildung 3: Entwicklung des Verhältnisses junger zu alten Menschen

 

 

War das Verhältnis 1997/1998 zwischen Kindern und Jugendlichen unter 20 Jahren zu den Alten über 65 Jahren noch etwa gleich, wird es im Jahre 2040 1:2 sein (vgl. Backes, Clemens 1998, S.36).

 

Die dritte Ebene der Bevölkerungsalterung ist das Ansteigen der Zahl der hochaltrigen Menschen (vgl. Backes, Clemens 1998, S.37). Betrug der Anteil der über 60jährigen im Jahre 1999 noch 23% wird sich dieser Anteil bis zum Jahr 2050 auf 36% steigern (vgl. Mai 2003, S.11).

 

In den vergangenen Jahren ist eine stetige Zunahme der Lebenserwartung ersichtlich. Hauptursache dieses Trends sind die verbesserten Lebensbedingungen und der medizinische Fortschritt (vgl. Belardi, Fisch 1999, S.40).

 

Abbildung 4: Durchschnittliche Lebenserwartung bei der Geburt in Jahren

 

 

Derzeit sind in Deutschland 2,9 Millionen Menschen 90 Jahre und älter. Im Jahr 2020 werden es um die 5,1 Millionen Menschen sein. Im Jahre 2050 rechnet das Statistische Bundesamt sogar mit circa 8 Millionen Menschen die 80 Jahre und älter sind. Das wird etwa 11% der Bevölkerung entsprechen(vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend 2002, S.55).

 

Eine Art eigenständige neue Lebensphase des Alters hat sich entwickelt (vgl. Belardi, Fisch 1999, S.40). Die erhöhte Lebenserwartung birgt allerdings zahlreiche Risiken. Mit steigendem Lebensalter erhöht sich nämlich unter anderem die Wahrscheinlichkeit, dass ein Heimplatz benötigt wird (vgl. Belardi, Fisch 1999, S.172).

 

Abbildung 5: Personen die einen Heimplatz in Anspruch nehmen nach Alter

 

 

So ist abzusehen, dass es immer mehr alte Menschen geben wird, die pflegebedürftig sind. Auch die steigende Zahl verwirrter Personen und Menschen mit Altersdemenz[8] stellen eine hohe Anforderung an die Pflege (vgl. Belardi, Fisch 1999, S.40). Deutlich wird der steigende Bedarf an Versorgungsstrukturen mit wachsendem Lebensalter. So ist bei gleicher Entwicklung und Zunahme älterer Menschen zu erwarten, dass bis zum Jahr 2020 die heutigen Pflegekapazitäten quantitativ um 50 Prozent aufgestockt werden müssen. Bis zum 2050 wird sich der Bestand voraussichtlich sogar mehr als verdoppeln müssen, um dem Bedarf zu entsprechen (vgl. Kremer-Preiß, Stolarz 2003, S.6). Mit dieser Darstellung wird der steigende Bedarf an institutionellen Wohnformen deutlich.

 

Die Auswirkungen der veränderten Altersstruktur auf die Gesellschaft sind vielfältig. In Bezug auf das Wohnen im Alter spielen hierbei besonders veränderte Haushalts- und Familienstrukturen eine Rolle, dazu in Kapitel 5 mehr.

 

2.2. Ältere Migrantinnen und Migranten


 

Wenn über die Alterung der Gesellschaft in Deutschland gesprochen, dürfen die Menschen ausländischer Herkunft nicht vernachlässigt werden. Gerade in der Bevölkerungsgruppe ausländischer MigrantInnen ist mit einem überproportionalen Anstieg der Zahl alter und pflegebedürftiger Menschen zu rechnen (vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend 2001, S.39).

 

Ende der 1990er Jahre lag die Zahl der MigrantInnen über 60 Jahre bei 570.000. Nach...

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