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Transparenz - Eine neue Ära im Steuerrecht

Schriftenreihe IStR Band 96

VerlagLinde Verlag Wien Gesellschaft m.b.H.
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl192 Seiten
ISBN9783709406915
FormatePUB/PDF
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis46,99 EUR
Auswirkungen des automatischen Informationsaustauschs in der Praxis

Stand Bankauskünften in Österreich, Schweiz, Liechtenstein und in anderen Staaten bisher noch das Bankgeheimnis entgegen, entwickelte sich der automatische Informationsaustausch im Bereich der Einkünfte aus Kapitalvermögen zum international anerkannten Standard. Österreich, die Schweiz, Liechtenstein und Luxemburg werden ab 2016 dem automatischen Informationsaustausch, der mit dem FATCA der USA seinen Ausgang nahm, beitreten.

Die Auswirkungen des automatischen Informationsaustauschs werden in diesem Buch sowohl aus wissenschaftlicher Sicht als auch hinsichtlich der Auswirkungen auf die Praxis behandelt. Im Fokus stehen dabei:
  • FATCA und seine Umsetzung in Österreich
  • Neue automatische Informationsaustausch nach dem Meldestandard der OECD
  • Zusammenspiel von Informationsaustausch und Geldwäschevorschriften
  • Zukunft der Rubik-Abkommen mit Schweiz und Liechtenstein
  • Bankgeheimnis nach dem Bankenpaket 2015

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Leseprobe

47Der Gemeinsame Meldestandard der OECD


Nora Engel-Kazemi/Viktoria Wöhrer


I. 48Einleitung


Der automatische Informationsaustausch im Finanzbereich hat in den letzten Jahren im Rahmen der Bekämpfung der Steuerhinterziehung sehr stark an Bedeutung gewonnen. Die Globalisierung und die Liberalisierung der Finanzmärkte sowie ein in einigen Staaten lange Zeit sehr strenges Bankgeheimnis machten es Steuersündern leicht, ihr Vermögen auf Konten in anderen Staaten zu lagern und damit vor der Steuerpflicht im eigenen Land zu verstecken. Die Enthüllungen von Whistleblowern im UBS-Fall 127 ließen das Ausmaß der Steuerhinterziehung erahnen und führten dazu, dass die USA ihre Anstrengungen, Zugriff auf diese Daten zu erhalten, erhöhten. Eine der ergriffenen Maßnahmen war die Einführung von FATCA, einer unilateralen Maßnahme der USA, die ausländische Finanzinstitute zur Datensammlung und Weitergabe an die US-Steuerbehörden verpflichtet. Nach Kritik an der einseitigen Verpflichtung ausländischer Finanzinstitute mit dem Druckmittel der Strafsteuerbelastung durch die USA wurden zur Umsetzung von FATCA zwei verschiedene Musterabkommen entwickelt, von denen das Modell 1 in einer Variante Modell 1A einen automatischen Informationsaustausch auf Gegenseitigkeit vorsieht. Dieses Abkommen diente in weiterer Folge als Vorlage für die Entwicklung des Gemeinsamen Meldestandards, der einen automatischen Informationsaustausch auf globaler Ebene zum Ziel hat. Im Rahmen eines automatischen Informationsaustauschs werden im Voraus genau definierte Informationen routinemäßig in regelmäßigen Abständen an einen anderen Staat übermittelt. Der automatische Austausch von Finanzinformationen soll die Transparenz steigern und verhindern, dass Steuersubstrat im Ausland vor den Steuerbehörden des Ansässigkeitsstaats verborgen werden kann.

Der Gemeinsame Meldestandard sieht einen sehr umfangreichen automatischen Austausch von Finanzinformationen vor. Dieser umfasst Kontosalden, Zinsen, Dividenden, Einkünfte aus bestimmten Versicherungsprodukten, Verkaufserlöse aus Finanzvermögen und sonstige Einkünfte aus in dem Konto gehaltenem Vermögen oder in Bezug auf das Konto geleistete Zahlungen. Diese Informationen müssen zuerst von den Finanzinstituten an die Steuerbehörden ihres Ansässigkeitsstaats übermittelt werden, damit ein anschließender reziproker Austausch zwischen den Steuerbehörden der teilnehmenden Staaten möglich ist. Die im Gemeinsamen Meldestandard enthaltenen Gemeinsamen Melde- und Sorgfaltsstandards müssen innerstaatlich geregelt werden und verpflichten die Finanzinstitute zur Sammlung und Übermittlung der relevanten Finanzdaten. Die im Gemeinsamen Meldestandard der OECD enthaltene Mustervereinbarung ist auf bilateraler oder multilateraler Ebene umzusetzen. Diese Vereinba49rung regelt den bilateralen automatischen Austausch der gesammelten Finanzdaten zwischen den Finanzbehörden.

Im Rahmen der Entwicklung und Einführung dieses umfangreichen automatischen Informationsaustauschs ist auch die Fragestellung, inwieweit das Bankgeheimnis noch aufrechterhalten werden kann und sollte, relevant. 128 Während die De-facto-Abschaffung des Bankgeheimnisses gegenüber Steuerbehörden in zwischenstaatlichen Sachverhalten sicherlich einen Beitrag zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung leistet, so sind dennoch auch Fragen des Datenschutzes betroffen.

II. Historische Entwicklung


A. Frühe Bemühungen der OECD


Der OECD waren das Bankgeheimnis und der fehlende umfassende Informationsaustausch schon lange ein Dorn im Auge. Seit fast 30 Jahren engagiert sich die OECD bereits für eine Lockerung oder Abschaffung des Bankgeheimnisses gegenüber den staatlichen Finanzbehörden. Bereits im Jahr 1985 wurde im Bericht „Taxation and The Abuse of Bank Secrecy“ nicht nur kritisiert, dass dem Fiskus durch das Bankgeheimnis und den fehlenden Informationsaustausch Steuereinnahmen entgehen, sondern auch die Bevorzugung jener Steuerpflichtigen, die ausreichende Mittel besitzen, um ihr Vermögen im Ausland zu verbergen, als problematisch angesehen. Vorgeschlagen wurden daher eine Aufweichung des Bankgeheimnisses im innerstaatlichen Bereich sowie eine verstärkte Nutzung von Bankdaten durch den Informationsaustausch nach Art 26 OECD-MA. Einige OECD-Staaten, neben Österreich auch Luxemburg, Portugal und die Schweiz, hatten jedoch Bedenken gegen eine Aufweichung des Bankgeheimnisses. 129

1998 kritisierte die OECD im Bericht „Harmful Tax Competition – An Emerging Global Issue“ erneut das Fehlen von effektivem Informationsaustausch und nannte es ein Charakteristikum eines „tax havens“. 130 Neben der Intensivierung des Informationsaustauschs forderte die OECD insbesondere einen Zugang zu Bankinformationen für Steuerbehörden, um die Verzerrung der Kapitalflüsse durch schädlichen Steuerwettbewerb zu verhindern. 131 Im Jahr 2000 betonte die OECD erneut die aufgrund der Globalisierung und Liberalisierung der Finanzmärkte – dem Ende der Devisenkontrollen und dem einfacheren Zugang zu ausländischen 50Banksystemen – immer wichtigere Lockerung des Bankgeheimnisses gegenüber dem Fiskus. 132

Einen ersten Schritt in Richtung effektiven Informationsaustausch stellte das im Jahr 2002 verabschiedete Musterabkommen über den Informationsaustausch („TIEA“) dar, welches das Bankgeheimnis explizit nicht mehr als legitimen Ablehnungsgrund für eine Auskunftserteilung vorsah. 133 Dieser das Bankgeheimnis in der grenzüberschreitenden Besteuerung einschränkende OECD-Standard wurde mit dem Update 2005 in das OECD-MA und mit dem Update 2011 auch in das UN-MA übernommen. Seither darf das Bankgeheimnis ausdrücklich nicht mehr als Rechtfertigungsgrund für die Verweigerung des Informationsaustauschs herangezogen werden. 134 Im Juli 2012 wurde der Anwendungsbereich von Art 26 OECD-MA außerdem auf Gruppenanfragen ausgeweitet. 135

B. Sparzinsenrichtlinie


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