Was haben Katharina Schratt, die Freundin von Kaiser Franz Joseph, der Waffenproduzent Karl Skoda, die Operndiva Selma Kurz-Hahn, und der Wiener Erzbischof Kardinal Anton Gruscha miteinander zu tun? Sie alle gehören zu den 929 reichsten Wienern des Jahres 1910. Vom Spitzenreiter Baron Albert von Rothschild an erster Stelle mit einem Jahreseinkommen von 25,6 Millionen Kronen bis Berthold Popper, Freiherrn von Podhragy, mit genau 100.000 Kronen im Jahr reicht dieses Panorama der Wiener Gesellschaft knapp vor dem Zusammenbruch der Habsburgermonarchie: Adelige, Bankiers, Industrielle, Hoteliers, ein paar Universitätsprofessoren und Rechtsanwälte, einige Künstler und ein Kardinal. Es ist Habsburgs Wien, Rothschilds Wien, Wittgensteins Wien. Eine Welt, in der die Einkommensungleichheit wie nie mehr seither auf die Spitze getrieben war und die Besteuerung die Ungleichheit noch zusätzlich verschärfte, wo ein Industriearbeiter etwa 1000 Kronen, ein Dienstmädchen 300 Kronen und ein Mittelschulprofessor 2000 bis 3000 Kronen im Jahr verdiente. Eine Traumzeit für Millionäre. Und ein Traum, aus dem es ein jähes Erwachen gab.
Roman Sandgruber, geb. 1947, Dr. phil., seit 1988 o. Univ.-Prof. für Wirtschafts- und Sozialgeschichte an der Johannes-Kepler-Universität Linz, wirkliches Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften; Präsident des Verbunds oberösterreichischer Museen. Bisher 20 Bücher und etwa 200 Beiträge in wissenschaftlichen Zeitschriften und Sammelwerken zu Themen der österreichischen und allgemeinen Wirtschafts-, Sozial-, Kultur- und Zeitgeschichte. Wissenschaftlicher Leiter mehrerer kulturhistorischer Landesausstellungen in Nieder- und Oberösterreich und regelmäßige Publikationstätigkeit in verschiedenen Printmedien.
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