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E-Book

USA - Südwesten Reiseführer Michael Müller Verlag

mit Kalifornien

AutorVolker Feser
VerlagMichael Müller Verlag
Erscheinungsjahr2019
Seitenanzahl912 Seiten
ISBN9783956548383
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis23,99 EUR
E-Book zur 1. Auflage 2019 Mit einem detailfreudigen Mix aus 'on the road' und 'keep walking' führt Volker Fesers Reiseführer die Leser durch die gesamte Bandbreite des Südwestens der USA: vom Colorado Plateau in die Wüsten und Badlands, in die Rockies und durch Kalifornien, von San Francisco über die Brandung des Big Sur und hinauf in die Sierra Nevada, ins Great Basin, nach Las Vegas, Los Angeles, Tucson oder Albuquerque. Es geht durch kultige Kieze und historische Neighborhoods, durch Canyons und Mammutwälder, zu blau gestaffelten Bergsilhouetten, feuerroten Mesas, Klippenpalästen, Ghost Towns und spleenigen Künstlerkommunen. Die Straßen, Pisten und Pfade steuern entweder in Serpentinen gen Himmel oder schnurstracks in den Sonnenuntergang - durch grandiose, von kreatürlicher Stille geprägte Landschaften. Im Buch stecken nicht nur 28.000 Meilen, es ist auch gespickt mit Tipps zum Schlafen, Essen, Feiern, Fahren, Wandern, Bummeln und die Seele-baumeln-Lassen. Dazu gibt's eine chilischotenscharfe Prise Humor.

Volker Feser Jahrgang 1960, in Augsburg geboren. Er wohnte mehrere Jahre in West-Berlin und hat dort vom Türsteher im Striptease-Lokal New Eden bis zum Schienenreiniger bei der S-Bahn so ziemlich alle Berufssparten ausprobiert. Seit 33 Jahren lebt er in Ecuador, wo er eine Reiseagentur unterhält und maßgeschneiderte Erlebnisreisen und Galapagos-Kreuzfahrten mit Expeditionscharakter organisiert. Als Freelancer (Reisejournalist) arbeitet er seit über 20 Jahren für den Michael Müller Verlag und andere.

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Leseprobe
Stadtgeschichte
Dichte Nebelbänke sind an der Einfahrt zur San Francisco Bay die Regel. Kein Wunder, dass die europäischen Entdecker und Eroberer über einen Zeitraum von 230 Jahren daran vorbeisegelten.
Der von der spanischen Krone beauf­tragte Portugiese Juan Rodríguez Ca­brillo war der Erste, der das Goldene Tor derart verfehlte. Nach einer India­ner­attacke am Heiligabend verstarb er zudem an deren Folgen. Seine Mann­schaft setzte die Reise noch bis an die Küste des heutigen Bundesstaates Ore­gon fort, um auf dem Rückweg nach Mexiko abermals an der Bucht vor­bei­zusteuern. 1579 war es der Freibeuter und Weltumsegler Francis Drake, der im Namen von Königin Elizabeth I. auf der Suche nach einer Nordwestpassage 30 mi nördlich der Bay-Zufahrt an Land ging, ohne diese zu entdecken. 1595 erlitt der unter spanischer Flagge segelnde portugiesische Eroberer Sebas­tian Rodríguez Cermeno (Soro­menho) auf dem Weg von den Phillip­pinen in ebendieser, nach dem Eng­län­der benannten Drake’s Bay Schiff­bruch. Auch er suchte eine Verbindung zum Atlantischen Ozean. 1602 ver­passte der Spanier Sebastían Vizcaíno die Bucht mit einer kartografischen Ex­pe­ditionsflotte aus vier Schiffen. Die Fregatte Tres Reyes schaffte es bis nach Oregon, wobei 25 Mann starben und nur neun überlebten.

Junípero Serra, der Wegbereiter San Franciscos

Göttliche Aufträge
1769 erreichten der Gouverneur von Niederkalifornien Gaspar de Pórtola und der katalanische Fran­zis­ka­ner­pries­ter Junípero Serra die Bucht auf dem Landweg, verwechselten diese aber mit der einst von Cermeno be­schrie­benen Drakes Bay. Padre Serra gründetete zwanzig Missionsstationen entlang des Camino Real zwischen Baja und Alta California, darunter 1776 auch die Mission San Francisco de Asís (Mis­sion Dolores). Dort legten die Spanier auch ihren Militärstützpunkt Presidio an, nachdem Kommandant Juan Ma­nuel de Ayala am 5. August 1775 als ers­ter Europäer in die San Francisco Bay gesegelt war - die Urbewohner ta­ten dies schon lange vor der christ­li­chen Zeitrechnung. Im Zuge der Ero­be­rungs­an­sprüche gelangten wenig spä­ter auch der Franzose Jean Francois La Pérouse und der Engländer George Vancouver in die Bucht. Die Spanier tauf­ten sie Yerba Buena - „Gutes Kraut“ - in An­leh­nung an eine stark aro­matisierende Minzpflanze. Sie chris­tianisierten die friedliebenden Indianer vom Stamm der Muwekma Ohlone, die die fisch­rei­che Bucht auf Bin­senflößen kreuzten, ähn­lich den Uros auf dem süd­ame­ri­ka­ni­schen Titi­caca-See. Mit dem Bau der Missionen gerieten sie in Leib­eigen­schaft und wur­den zur Zwangsarbeit verpflichtet.
Spanier, Mexikaner, Engländer, Franzosen, Russen und Amerikaner - alle zog es nach Kalifornien. Im April 1806 erreichten die vom Zaren Ale­xander I. entsandten Weltumsegler Ni­ko­lei Petrowitsch Resanov und Adam Johann von Krusenstern die Küste bei San Francisco und erschlossen für ihre von Alaska aus operierenden Wal­fän­ger und Pelzjäger neue Territorien. Von 1812 bis 1841 existierten nördlich von San Francisco die russischen Au­βen­han­delsposten Fort Ross (Rossja) und Bo­de­ga Bay, bevor diese gegen die me­xi­ka­nischen wie amerikanischen Macht­interessen den Kürzeren zogen und in Johann August Sutters Kolonie Neu Hel­vetien übergingen (→ Kasten).
Kalifornien wird amerikanisch
1821 annektierte Mexiko die Provinz Kali­fornien, nachdem es sich vom spani­schen Mutterland nach elf­jäh­ri­gem Befreiungskrieg losgelöst hatte. Aber die geografische Dimension war zu gewaltig, die Entfernung zur Re­gie­rung in Mexiko-Stadt zu weit und die schwachen Machthaber zu sehr auf eigene Vorteile bedacht, um Kalifornien dauerhaft an Mexiko binden zu kön­nen.
Dämonische Raffgier - Kalifornien im Goldrausch
Am 12. Mai 1848 wurde das gutgläubige, zwischen endlosen India­ner­territorien und der Weite der Sieben Meere gelegene Dörf­chen beinahe mit einem Schlag zum ruchlosesten Ort jenseits des Mississippi, als nämlich der backenbärtige Mormone Sam Brannan, Ladenbesitzer und Verleger des California Star, eine Flasche mit blütengelbem Staub am Portsmouth Square schwenk­te: „Gold! Gold! Gold from the American River!“ Entdeckt wurde es, klum­pen­weise, von James Marshall, Zimmermann auf den riesi­gen Ländereien von Nueva Helvetia, beim Graben eines Müh­len­kanals im Einzugsbereich des Sacramento River. Stolzer Guts­be­sitzer war der ursprünglich aus dem Kanton Basel stammende, laut Stefan Zweig „Bankrotteur, Dieb und Wechselfälscher“ Johann August Sutter, der sich 1834 nach Amerika eingeschifft hatte. Frau und Kinder blieben der Armenfürsorge überlassen. Erst 16 Jahre später folgten sie ihm nach Amerika.
Sutter war ein personifizierter Vorläufer des amerikanischen Traumes, des selbsterfinderischen „Nichts ist unmöglich“, des Glau­bens an die immer wiederkehrende zweite Chance im Leben. 1838 durchquerte er die Prärien des Westens und arbeitete sich in wenigen Jahren zu einem der reichsten Männer Kaliforniens empor, wurde Patron über eine Heerschar von Arbeitskräften, Obst­plantagen, Rinder-, Pferde- und Maultierherden, Dämme, Müh­len, Schmieden, Gerbereien, Käsereien und Winzereien, deren Reben er aus Frankreich einführte, ebenso wie den Pleyel-Flügel, das Lieblingsklavier von Chopin. Sein zum Fort ausgebautes An­we­sen war mit 18 Kanonen bestückt.
Der goldene Spatenstich blieb nicht lange ein Geheimnis. Über Nacht ließen alle Neu-Helvetier ihre Arbeit liegen und begannen zu graben und zu sieben. Als jemand in Sam Brannans Laden mit Goldstaub bezahlte, brach über Sutters Reich die Sintflut herein. Der California Star schrieb: „1000 Seelen waschen Gold und haben dem Boden schon 100.000 Dollar entrissen.“ Am folgenden Tag muss­te der Zeitungsbetrieb eingestellt werden. Die Drucker wühl­ten bereits in den Adern unzenschwerer Nuggets. Alle Farmen und Fabriken in und um San Francisco standen plötzlich still. Haus­halte, Schiffe, Amtsstuben und Militärposten wurden Hals über Kopf verlassen und Sutters Reich wurde zum Schlachtfeld von besessenen, in erbämlichsten Camps hausenden Diggern. 1849 waren bereits über 100.000 von der Ostküste, aus Europa, China, Russland, aus ganz Amerika und dem Rest der Welt auf dem Weg nach Kalifornien. Sie kamen übers Meer und über den Isthmus von Panama, ums Kap Horn herum oder in Wa­gen­ko­lonnen auf mehrere Monate langen Landrouten.
Nicht alle erreichten ihr Ziel, viele starben an Gelbfieber, Malaria, Cholera, Hunger, vor Durst, bei Indianerattacken oder im Streit um die Claims. San Francisco verwandelte sich binnen Kürze in einen anarchistischen Moloch aus Barackenlagern, Bretter- und Segeltuchverschlägen und einer nicht mehr zu bewältigenden Rattenplage. In den Bordellen, Trinkhallen und Opiumhöhlen schaff­ten Prostituierte aus allen Kontinenten an. Um 1850 verdop­pelte sich die Einwohnerzahl alle zehn Tage, während sich die india­nische Urbevölkerung im Zuge des Goldrausches um 90 % dezimierte. Auf Skalps und abgeschnittene Indianer-Ohren waren Prämien ausgesetzt, ganze Dorfgemeinschaften wurden mit Knüppeln und Äxten massakriert, heimatlose Indianer wie Skla­ven verkauft. Das der kalifornischen Erde entrissene Gold stärkte die Union und verhalf ihr später im Bürgerkrieg auch zum Sieg über die südlichen Sklavenhalter-Staaten.
Sam Brannan widmete sich der Ausbeutung der Goldgräber und seiner mormonischen Glaubensbrüder, denen er Waren mit meh­re­ren Hundert Prozent Gewinn verkaufte und Geld für nicht vor­han­dene Claim-Rechte abknöpfte. Ohne jemals einen Spaten in die Hand zu nehmen, wurde er in Windeseile zum Millionär. Das Leben und Überleben in den Claims war extrem teuer. Ein Ei kos­tete bis zu 3 $, was heute rund 84 $ entspräche, ein Pfund Reis 8 $ (220 $), ein Pfund Butter 20 $ (560 $), eine Schaufel 36 $ (1000 $). Eine monatliche Zimmermiete entsprach dem Kaufpreis ei­ner Villa im Osten der USA. Der größenwahnsinnig gewordene Brannan übernahm sich jedoch zusehends, verfiel dem Alkohol und der Viel­weiberei, verstrickte sich in gewaltige Fehl­in­ves­ti­tio­nen und einen Berg von Schulden. Er starb 1870 als Hausierer in San Diego und hinterließ nicht mal mehr das Geld für seine Be­stattung.
Auch Johann Sutter endete in bitterer Armut. Er verklagte den Staat Kalifornien auf 50 Millionen Dollar für die Zerstörung seines Grund und Bodens und für den ihm seiner Meinung nach zu­ste­henden Anteil am Gold. Nach vierjährigem Prozess wurden seine An­sprü­che 1855 vom Obersten Gericht tatsächlich anerkannt. Doch ein Mob aus Goldgräbern stürmte daraufhin das...
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