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Väter im Aufbruch?

Deutungsmuster von Väterlichkeit und Männlichkeit im Kontext von Väterinitiativen

AutorAnja Wolde
VerlagVS Verlag für Sozialwissenschaften (GWV)
Erscheinungsjahr2008
Seitenanzahl312 Seiten
ISBN9783531906386
FormatPDF
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis46,99 EUR
Männlichkeitsforschung und Väterforschung sind bislang zwei eher getrennt voneinander bestehende Forschungsrichtungen. Anja Wolde verknüpft beide wissenschaftlichen Diskurse. Anhand von Publikationen aus dem Kontext von Väterinitiativen untersucht sie in einer geschlechtertheoretischen Perspektive Deutungsmuster von Vaterschaft, Väterlichkeit und Männlichkeit. Dabei geht sie folgenden Fragen nach: Wie werden in den Publikationen Veränderungen in den Geschlechterarrangements- und -beziehungen thematisiert? Welche Vorstellungen von Väterlichkeit und Männlichkeit werden relevant gemacht und wie werden sie zueinander in Beziehung gesetzt? Inwieweit sind die sich in den Väterinitiativen engagierenden Männer Akteure eines Wandels, sowohl in Richtung der Auflösung als auch der Verfestigung von Hierarchien und Machtbeziehungen zwischen den Geschlechtern?

Dr. Anja Wolde ist Sozialwissenschaftlerin und arbeitet an den Universitäten Hildesheim und Hannover.

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Leseprobe
4 ‚Geschlechterkampf’ und ‚männliche Autonomie in Geschlechterkooperationen’ (S. 117-118)

In den von mir untersuchten Publikationen finden sich Ausdeutungen der Geschlechterverhältnisse und -beziehungen, die sich bündeln lassen in der Vorstellung eines Geschlechterkampfes auf der einen Seite und der von männlicher Autonomie in Kooperation mit Frauen zur anderen. Diesen Vorstellungen können verschiedene Spektren innerhalb der Väterinitiativen zugeordnet werden. Die ‚Trennungsväter’ oder ‚kämpfenden Väter’ orientieren sich an dem Deutungsmuster eines Geschlechterkampfes, wobei die Vorstellung leitend ist, dass dieser Kampf nur mit Sieg oder Niederlage enden kann. Entsprechend formieren sich diese Väter geschlechterpolitisch.

Die als ‚moderat’ bezeichneten Väter thematisieren hingegen eher Möglichkeiten von Kooperationen zwischen den Geschlechtern, die allerdings als ambivalent erfahren werden, da sie mit Wünschen nach mehr Autonomie als Mann und Vater kollidieren – ich werde diese Gruppe daher im weiteren als ‚ambivalente Väter’ bezeichnen. In diesem Zusammenhang kommt dem Spannungsverhältnis von konstatierten Differenzen und Vorstellungen von Gleichheit zwischen den Geschlechtern eine zentrale Rolle zu. Eine ungebrochene Orientierung an einer Kooperation zwischen den Geschlechtern, und damit auch an gleichberechtigter Partnerschaft, lässt sich im Spektrum der Väterinitiativen nicht finden. ,

Den zentralen Deutungsmustern ‚Geschlechterkampf’ und ‚männliche Autonomie in Geschlechterkooperationen’ lassen sich wiederum unterschiedliche Deutungsmuster von Männlichkeit und Weiblichkeit, von Vaterschaft und Mutterschaft und der Geschlechterbeziehungen zuordnen. , Während innerhalb der Männerverständigungsliteratur vor allem die Art und Weise fokussiert wird, wie Männer und Frauen sich zueinander in ein soziales und individuelles Verhältnis setzen bzw. gesetzt werden (vgl. Meuser 1998a, Hoffmann 1998), diskutieren Väterinitiativen Männer und Männlichkeit in einer triadischen Beziehungskonstellation. Es geht nicht nur um die Beziehungen der Geschlechter zueinander, sondern darin auch um die Beziehung des Vaters oder der Mutter zum Kind.

Da sozial und psychodynamisch die Bindung des Mannes an seine Partnerin eine andere ist als die an sein Kind und die Familie ein Ort ist, an dem es besonders um individuelle, nicht austauschbare emotionale Beziehungen geht, betont der Blick auf Geschlechterbeziehungen in der Familie andere Aspekte von Mann-Sein und Männlichkeit, als es z. B. in den von Meuser analysierten Texten der Männerverständigungsliteratur der Fall ist. Damit erfolgen zum Teil auch andere Interpretationen der Geschlechterdifferenzen und der Geschlechterbeziehungen und diese werden auf andere Weise aufeinander bezogen. Besonders interessant ist in diesem Zusammenhang, ob und wie Vorstellungen von Männlichkeit und Vaterschaft bzw. Väterlichkeit zueinander in Beziehung gesetzt werden.

4.1 Kampf zwischen den Geschlechtern

Typisch und grundlegend für die Ausdeutung der Geschlechterverhältnisse und -beziehungen als Geschlechterkampf sind zwei Texte von Matthias Matussek: der im November 1997 veröffentlichte DER SPIEGEL-Artikel „Der entsorgte Vater. Über feministische Muttermacht und Kinder als Trümpfe im Geschlechterkampf" sowie seine Buchveröffentlichung "Die vaterlose Gesellschaft. Überfällige Anmerkungen zum Geschlechterkampf" von 1998. Typisch, weil hier von Matussek in geschlossenen Texten Argumentationen zusammengeführt werden, die sich bis dahin in vielen Leserbriefen, Fernsehinterviews und Flugblättern betroffener Väter finden ließen und bis heute finden lassen. Grundlegend, weil durch diese Bündelung in den breit veröffentlichten Texten Deutungsmuster bereitstellt werden, die innerhalb der Väterinitiativen und auch in den Medien wieder aufgegriffen werden.
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis7
Einleitung11
1 Geschlecht, Männlichkeit und Vaterschaft23
2 Väterinitiativen: ein neues soziales Phänomen52
3 Method(olog)ische Überlegungen und methodische Umsetzung66
4 Geschlechterkampf’ und ‚männliche Autonomie in Geschlechterkooperationen’116
5 Widersprüchliche Veränderungen in den Geschlechterarrangements und Geschlechterbeziehungen – Konflikte in den Selbstdeutungen von Vätern: Ein Resümee277
Literatur292

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