Kapitel 1
Gesundheitliche Aspekte
«Nichts wird die Gesundheit des Menschen
und die Chancen auf ein Überleben auf der Erde so steigern
wie der Schritt zur vegetarischen Ernährung.»
(Albert Einstein)
Fördert Fleischessen gewisse Krankheiten? Kann umgekehrt eine rein vegetarische Ernährung die Gesundheit stärken? Kann sie mithelfen, bestimmte Krankheiten zu vermeiden bzw. Heilungsprozesse zu unterstützen?
Vegetarier bejahen diese Fragen aus praktischer Erfahrung. Sie berichten von einer Verbesserung ihres Wohlbefindens, die nicht nur körperliche, sondern auch geistige und seelische Aspekte umfasst. Außerdem fühlen Menschen nach der Umstellung auf die vegetarische Ernährung eine neue Leichtigkeit sowie eine erhöhte Kreativität und Konzentrationsfähigkeit.
Wie das vorliegende Buch aufzeigt, ist der gesundheitliche Aspekt nicht das einzige und nicht einmal das wichtigste Argument für eine vegetarische Ernährung. Was die Frage der Gesundheit betrifft, so ist es hinlänglich erwiesen, dass man sich ohne Fleisch und Fisch und auch ohne Milchprodukte vollwertig ernähren kann. Es ist aber auch eine Tatsache, dass man mit einem mäßigen Fleischkonsum gesund leben kann. Wer, wie noch unsere Großeltern, höchstens ein- oder zweimal in der Woche Fleisch (mit Bio-Qualität) isst, unterliegt dadurch kaum oder nur in geringem Maße den nachfolgend aufgezählten Gesundheitsrisiken.
Dennoch wollen wir hier ausführlich auf die gesundheitsgefährdenden Aspekte des heutigen Fleischkonsums eingehen, denn medizinische Untersuchungen und Studien auf allen Kontinenten erbringen immer mehr Beweise, dass der angestiegene Fleischkonsum zu zahlreichen Krankheiten führt oder deren Entstehen zumindest unterstützt. Dies trifft vor allem auf die sogenannten Zivilisationskrankheiten zu, wie Arteriosklerose, Herz- und Kreislauferkrankungen, Bluthochdruck, Wasserablagerungen, Stoffwechselstörungen, Übergewicht, Hautkrankheiten, Allergien, Gicht, Osteoporose, Rheuma, Diabetes und Krebs: allesamt degenerative, oft chronische Krankheiten, die bei Vegetariern erwiesenermaßen seltener auftreten als bei Fleischessern.
Hinzu kommt, dass Vegetarier erheblich weniger zu Fehlernährung, Fettleibigkeit, hohem Alkoholkonsum und Nikotinsucht neigen. Der Belastung durch Umweltschadstoffe ist ihr nachweislich stärkeres Immunsystem ebenfalls besser gewachsen.
Vor hundert Jahren waren in Europa Getreide, Gemüse, Hülsenfrüchte, Kartoffeln, Obst und gelegentlich Milch(produkte) von Weidekühen die Grundlage der menschlichen Ernährung. Damit wurden die Menschen ausreichend mit allen notwendigen Nährstoffen (Protein, Fette, Kohlenhydrate, Vitamine, Mineralstoffe/Spurenelemente und Ballaststoffe) versorgt. Erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts kamen Fleisch, Fisch, Geflügel und Eier in großen Mengen hinzu, zusammen mit anderen vitalstoffarmen Nahrungsmitteln (sterilisierte oder uperisierte Milch, Industrienahrung, Fast Food). So verzehren die Westeuropäer und Amerikaner heute gegenüber dem Jahr 1900 rund 33% mehr Milchprodukte, 50% mehr Rindfleisch, 72% mehr Fisch, 190% mehr Eier und 280% mehr Geflügel. Dies hat verständlicherweise erhebliche gesundheitliche Auswirkungen, was sich insbesondere an der drastischen Zunahme der erwähnten Zivilisationskrankheiten zeigt. (Nach: Dr. med. Werner Hartinger, Chirurg und ehemaliger 1. Vorsitzender der Vereinigung «Ärzte gegen Tierversuche», 1998).
Herzkrankheiten
Schon seit längerem haben Forscher den Verdacht geäußert, dass eine fleischzentrierte Ernährung die Entstehung von Arterienverkalkung und Herzkrankheiten fördert. Bereits 1961 schrieb das amerikanische Ärztejournal: «90 bis 97% der Herzkrankheiten könnten durch eine fleischlose Kost vermieden werden.» (Journal of the American Medical Association, 176/1961)
Die im Fleisch enthaltenen Proteine sind für den menschlichen Körper nur mit erheblichem Energieaufwand (und nie zu 100%) abbaubar, weil die Bausteine der Proteine, die Aminosäuren, vom tierischen Organismus entsprechend der eigenen Art zusammengefügt werden und vom menschlichen Organismus zuerst wieder aufgespalten werden müssen, was eben nie restlos möglich ist. (Für den menschlichen Körper ist es einfacher, die Aminosäuren aus Pflanzen und Früchten zu beziehen; interessanterweise essen die Menschen fast nur vegetarisch lebende Tiere!)
Bei einer Ernährung, die dem Körper zu viele Proteine zuführt, werden die nicht abgebauten Proteine, ebenso wie die Cholesterin-Fette, allmählich zu einem Problem, denn sie lagern sich an den inneren Arterienwänden ab und behindern die Blutzirkulation im Körper, weshalb das Herz bedeutend mehr arbeiten muss, um das Blut durch die engen und verhärteten Blutbahnen zu pumpen und den Körper mit Sauerstoff zu versorgen. Dies führt zu erhöhtem Blutdruck und wird so zur Ursache von Herzbeschwerden, Herzinfarkten und anderen Krankheiten.
Obwohl gewisse Pflanzen ebenfalls einen hohen Proteinanteil aufweisen (insbesondere Sojaprodukte und Hülsenfrüchte, aber auch Nüsse und Samen), besteht bei einer vielseitigen vegetarischen Ernährung keine Gefahr eines Proteinüberschusses, da die Pflanzen und Früchte keine einseitigen Proteinkonzentrate darstellen wie Fleisch (und kein Cholesterin enthalten).
Und selbst wenn pflanzliches Protein nicht zu 100% verdaut wird, kann es vom Menschen doch viel leichter ausgeschieden werden. Pflanzliche Proteine sind ganz anders zusammengesetzt als tierische, weshalb sie, wenn sie in den menschlichen Darm gelangen, leicht erkannt und ausgeschieden werden können. Das tierische Protein hingegen hat eine große Ähnlichkeit mit unserem körpereigenen Protein, weshalb es öfter durch die Darmwand ins Blut durchgelassen wird – und dort kommt es dann zu den Ablagerungen, weil das artfremde tierische Protein nicht das ist, was wir benötigen (es sieht nur ähnlich aus).
Dieser Zusammenhang wird durch folgende Fakten bestätigt: Während im 20. Jahrhundert immer mehr tierische Produkte in die Ernährung aufgenommen wurden, stiegen die tödlichen Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebsfälle jährlich um 3 – 5% und machen heute mehr als zwei Drittel aller Todesursachen des Menschen in den westlichen Ländern aus. Allein zwischen 1975 und 1985 nahmen die Herz-Kreislauf- Fälle in Deutschland um 41% zu, die Tumorbildungen bei Kindern und Erwachsenen um 80%, die Gesamtzahl der Krankenhauseinweisungen um 114% und die Krankheiten um Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett um 227% (Information des Bundesverbandes der deutschen Ortskrankenkassen).
Und wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Vegetarier an einem Herzinfarkt stirbt? Nach neuesten Forschungsergebnissen lediglich 5% des Durchschnittsrisikos! Und in manchen Fällen konnten Herzerkrankungen sogar allein durch die Umstellung zu einer vegetarischen Ernährung rückgängig gemacht werden.
Zusammenfassend sagt Dr. William Castelli, langjähriger Leiter der «Framingham Heart Study», der längsten epidemiologischen Studie in der Geschichte der Medizin (ab 1948 bis heute): «Vegetarier ernähren sich am besten. Sie weisen von allen Bevölkerungsgruppen die wenigsten Herzkrankheiten auf […] Bei niemandem ist die Herzinfarktrate so gering wie bei ihnen, und ihre Krebsrate entspricht nur 40% des allgemeinen Wertes. Durchschnittlich überleben sie zurzeit andere Menschen um circa sechs Jahre.»
Das «Eskimo-Argument» widerlegt
Das Online-Portal der Süddeutschen Zeitung berichtete am 3. Mai 2014 unter der Überschrift «Mär aus dem Meer»:
«Jahrzehntelang wurden die Vorzüge des Fischöls gepriesen. Schließlich lebten die fisch-essenden Eskimos besonders lang. Nun sind kanadische Forscher auf die Idee gekommen, einmal im Archiv nachzuschauen. […]
Die Chemiker Jørn Dyerberg und Hans Olaf Bang hatten – beginnend 1971 – immer wieder in Fachartikeln behauptet, dass Eskimos seltener an Herzkrankheiten und Schlaganfall leiden und eine erstaunliche Lebenserwartung aufweisen. Als Ursache wurden Fisch, Wal und Seehund auf dem Speiseplan vermutet. […] Die Studien wurden als Beleg angeführt, dass Herzkrankheiten in Grönland selten sind, dabei haben die dänischen Forscher gar nicht die Häufigkeit der Herzleiden untersucht. Ist ja auch nicht leicht in einer Region, in der es kaum Ärzte gibt und 30 Prozent der Bevölkerung in schwer zugänglichen Siedlungen leben. In den Studien wurde zudem die Ernährung von nur sieben Eskimos untersucht.
Mit besseren medizinischen Daten der vergangenen vier Jahrzehnte konnte [der kanadische Arzt Georg] Fodor nun zeigen, dass Herzerkrankungen bei Eskimos ähnlich oft vorkommen wie in Europa oder Nordamerika und dass die Nordmänner öfter am Schlaganfall sterben. Die durchschnittliche Lebenserwartung nördlich des Polarkreises liegt gar um zehn Jahre unter der in Dänemark.»
Damit gilt die weit verbreitete These, dass die Ernährung mit Fisch und Fischprodukten sich günstig auf den Cholesterinspiegel auswirke und besonders gut Herzkrankheiten und Schlaganfall vorbeugen würde, als wissenschaftlich widerlegt.
Krebs
Die schulmedizinische Forschung weist seit Jahrzehnten auf einen Zusammenhang...