1.1. Relevanz des Themas
Die Firma PricewaterhouseCoopers[1] prognostiziert für das Jahr 2015 weltweite Sportsponsoring-Ausgaben in Höhe von 45,3 Mrd. US$ (PWC, 2011). Primäre Ziele eines Sponsoring-Engagements sind dabei ein gesteigertes Markenbewusstsein (Cornwell, 2014) und ein Imagetransfer des Gesponserten auf den Sponsor (Bruhn, 2010). Die Prognose von PricewaterhouseCoopers zeigt, dass Sponsoren enorm viel Geld im Bereich Sport ausgeben, damit die genannten Ziele erreicht werden. Gerade der Sport stellt eine große Plattform mit einzigartigen Charakteristika bereit, sodass dieser für Unternehmen attraktive Möglichkeiten bietet ihre Marken zu präsentieren (Smith und Westerbeek, 2007). Als Beispiel ist hier das Fairplay im Sport zu nennen. Jedoch werden auch Probleme wie Doping, Spielmanipulation (Match-Fixing) und Korruption zwangsläufig über den Sport hinweg Gegenstand des Sponsoring-Engagements.
Im Jahr 2015 geriet der Begriff der Korruption in besonderem Ausmaß in die Schlagzeilen (u. a. Nufer und Bühler, 2015; Tagesschau.de, 2015; WeltN24 GmbH, 2015). Der oberste Verband des Weltfußballs, die Fédération Internationale de Football Association (FIFA), erlitt aufgrund der korruptionsverdächtigen WM-Vergaben an Russland (2018) und Katar (2022) einen großen Imageschaden (Nufer und Bühler, 2015). Es liegen insgesamt 14 Verdächtigungen gegen FIFA-Funktionäre vor, sieben von diesen 14 wurden auf Antrag von US-Behörden mit dem Vorwurf der Annahme von Bestechungsgeldern von mehr als 100 Mio. US$ verhaftet (Tagesschau.de, 2015). Auch die Schweizer Behörden ermitteln aufgrund von Bestechungsvorwürfen im Hinblick auf die bereits erwähnten WM-Vergaben nach Russland und Katar (Tagesschau.de, 2015). Infolgedessen haben sich diverse Sponsoren wie beispielsweise Continental, Castrol und Johnson & Johnson vom Weltverband distanziert (Nufer und Bühler, 2015). Neuerdings stellen sowohl die treuen als auch die neu hinzugekommenen Sponsoren der FIFA Anforderungen an den Verband, v. a. ein besseres Image der FIFA wird gefordert (Nufer und Bühler, 2015). Ob es aus Sicht der Sportkonsumenten den Sponsoren zusteht, Druck auf Organisationen auszuüben und damit Einfluss auf das Geschehen zu nehmen bzw. deren Aufgabe als verantwortungsvoll handelndes Unternehmen ist, ist u. a. Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit.
Seit einigen Jahren ist auch das Thema Match-Fixing im italienischen Fußball in besonderem Maß präsent. Zuletzt sollen im Zeitraum zwischen 2011 und 2013 ca. 30 Spiele der ersten italienischen Fußballliga, der Serie A, manipuliert worden sein (Spiegel Online, 2013). Das Unternehmen Sportradar überwacht jährlich sportartübergreifend ca. 60.000 Spiele und stellte im Jahr 2013 rund 350 Fälle von Match-Fixing fest (dpa Deutsche Presse-Agentur GmbH, 2014). Dabei werden jährlich rund 750 Mrd. € weltweit mit Sportwetten umgesetzt, davon 70 % in Asien und 30 Mrd. € in Deutschland (dpa Deutsche Presse-Agentur GmbH, 2014).
Die beiden erläuterten Themen Korruption und Match-Fixing begleiten ein Sponsorship ebenso wie auch Dopingvorfälle. Hier tritt insbesondere der Radsport häufig in Erscheinung. Dies war auch der Grund, weswegen sich das Unternehmen Deutsche Telekom im Jahre 2007 aus dem Radsport zurückzog (Spiegel Online, 2007).
Auch das Konzept der Corporate Social Responsibility (CSR) wird für Unternehmen zunehmend bedeutsamer (Bhattacharya, Korschun und Sen, 2009; Babiak und Wolfe, 2009; Walters, 2009; Öberseder, Schlegelmilch und Murphy, 2013). Eine moderne (Kurz-) Definition des CSR-Ansatzes lautet: „the responsibility of enterprises for their impacts on society” (European Comission, 2011, S. 6). Dem Ansatz nach sollen Unternehmen sowohl soziale, umweltbedingte, ethische und ökonomische Themen als auch Menschenrechte und die Belange der Konsumenten in Zusammenarbeit mit den Interessengruppen (Stakeholder) in ihre Geschäftstätigkeiten und Kernstrategien einfließen lassen (European Comission, 2011).
Im Rahmen dieser Arbeit soll geprüft werden, ob dieser CSR-Ansatz auch für das Sportsponsoring Gültigkeit besitzt, da Sportsponsoring in jedem Fall eine Geschäftstätigkeit der sponsernden Unternehmen darstellt. Die zentrale Thematik liegt nun in der Übertragung und Umsetzung des Managementansatzes CSR auf das Sportsponsoring. Es stellt sich die Frage, ob ein Unternehmen mit integriertem CSR-Konzept dieses auch tatsächlich im Rahmen seines Sponsoring-Engagements anwendet. Ist dies der Fall, sollte es in der Verantwortung des Sponsors liegen, einen Einklang zwischen CSR-Konzept und den Besonderheiten des Sports mit all seinen Problemen herzustellen. In genau dieser Verantwortung des Sponsors liegt das zentrale Problem. Fordern sportinteressierte Personen von Sponsoren überhaupt ein verantwortungsvolles Verhalten? Wann handelt ein Sponsor verantwortungsvoll und wann eben nicht?
Vor dem Hintergrund der bereits erwähnten weltweiten Sportsponsoring-Ausgaben (PWC, 2011) und der zunehmenden Bedeutung des CSR-Konzeptes (Bhattacharya, Korschun und Sen, 2009; Babiak und Wolfe, 2009; Walters, 2009; Öberseder, Schlegelmilch und Murphy, 2013) scheint eine Verbindung zwischen Sponsoring-Engagement und CSR folgerichtig. Es soll herausgefunden werden, wie Unternehmen während ihres Sponsoring-Engagements idealerweise handeln sollten. Aus diesem Grund wird im ersten Schritt die Sensitivität der Konsumenten herausgefiltert, d. h. haben Sportinteressierte überhaupt ein Gespür für verantwortungsvolles Sponsoring? Denn letztendlich ist es das Ziel eines Sponsors im Konsumentenbewusstsein positiv verankert zu sein (Cornwell, 2014). Sowohl die Unternehmen selbst als auch die Wissenschaft haben also ein Interesse daran, die Vorstellungen der sportinteressierten Konsumenten über das Thema der Verantwortung von Sponsoren im Bereich des Sports herauszufinden. Zum einen, um ihr Handeln gezielt danach ausrichten zu können und zum anderen, um neue Erkenntnisse zu erlangen und weitere Ansatzpunkte für die Forschung zu schaffen.
Die wissenschaftliche Literatur hat sich in der Vergangenheit sowohl sehr intensiv mit den Wirkungen von Sponsoring-Engagements (u. a. Quester, 1997; Rifon, Choi, Trimble und Li, 2004; Delmas und Burbano, 2011) als auch mit den Wirkungen von CSR-Maßnahmen auf die Konsumenten (u. a. Mohr und Webb, 2005; Sen und Bhattacharya, 2001; Du, Bhattacharya und Sen, 2007; Kemper, Schilke, Reimann, Wang und Brettel, 2013) beschäftigt. Ein paar wenige wissenschaftliche Publikationen behandeln das Zusammenspiel beider Themen (u. a. Lacey, Close und Finney, 2010; Simmons und Becker-Olsen, 2006; Uhrich, Koenigstorfer und Groeppel-Klein, 2014; Plewa und Quester, 2011). Auch wurden Krisensituationen bei Sponsorships (v. a. Schnittka, Sattler und Farsky, 2013; Till und Shimp, 1998; Louie, Kulik und Jacobsen, 2001; Votolato und Unava, 2006; Uhrich und Flöter, 2014; Messner und Reinhard, 2012; Hughes und Shank, 2005) und die Möglichkeiten von CSR-Maßnahmen im Rahmen von Produktkrisen (v. a. Klein und Dawar, 2004; Luo und Bhattacharya, 2009; Peloza, 2006; Eisingerich, Rubera und Bhardway, 2011) von unterschiedlichen Wissenschaftlern untersucht. Dabei wurden jedoch weder eine mögliche Verantwortung von Sportsponsoren in solchen brisanten Krisensituationen noch die Sichtweisen der Konsumenten berücksichtigt. Aus diesem Grund ist die Zielsetzung dieser Arbeit, auf empirischer Grundlage zu untersuchen, ob Sportsponsoren aus Sicht der Konsumenten eine Verantwortung für brisante Situationen im Hochleistungssport (z. B. Dopingvorfälle, Match-Fixing, Korruption) haben. Es soll herausgefunden werden, ob die Konsumenten den Sportsponsoren ein (nicht-) verantwortliches Verhalten zuschreiben und ob sie hierfür Kriterien ausmachen, die ein verantwortungsvolles Verhalten beschreiben können.
Diese Arbeit beginnt mit einer Einleitung, welche die Relevanz, das Ziel und den Aufbau der Arbeit darlegt. Im Anschluss daran werden theoretische Grundlagen näher erläutert. Dabei werden die Begriffe, Konzepte und Theorien rund um die Themen Sponsoring und CSR näher beleuchtet. Das Sponsoring, im Speziellen das Sportsponsoring, wird dabei definiert und die Ziele von Sponsoring-Maßnahmen erklärt. Auch die Wirkungen von Sponsoring-Maßnahmen werden skizziert. Da diese Arbeit die Meinung der Konsumenten untersucht, sind die Wirkweisen des Sponsorings bei den Konsumenten hilfreich, um die Zusammenhänge von Sponsoring-Maßnahmen, -Zielen und -Wirkungen besser zu verstehen. Auch die Problemfelder im Sportsponsoring (v. a. Doping, Match-Fixing und Korruption) werden erläutert, da die Arbeit die Verantwortung der Sponsoren aus Sicht der Konsumenten untersucht und die benannten Problemfelder dabei eine besondere Brisanz im Hinblick auf die Verantwortung der Sportsponsoren aufweisen. Ein Teil der Datenerhebung beschäftigt sich aus diesem Grund damit, herauszufinden, wie umfassend die Verantwortung von Sponsoren aus Sicht der Konsumenten sein sollte. Zudem wird auch der Begriff CSR definiert und dessen Aktualität und Bedeutung hervorgehoben sowie die potentiellen Wettbewerbsvorteile für Unternehmen durch CSR und mögliche Probleme des CSR-Managementansatzes benannt. Nach dem Aufzeigen der Themen Sportsponsoring und CSR wird das Zusammenspiel beider Begriffe beleuchtet. Im Anschluss...