3. Reden direkt ins Unterbewusstsein
So werden Sie zum Meinungsführer
Wenn Sie bisher davon ausgegangen sind, dass Sie Menschen mit Ihren Sachargumenten überzeugen können, so sollten Sie jetzt umlernen. Es gibt einen Grundsatz, der lautet:
Zuerst der Redner, dann das Anliegen.
Wenn Sie als Person nicht richtig rüberkommen, dann hat Ihr Anliegen nur noch wenig Chance, die Menschen zu überzeugen. Sie müssen zuerst als Person überzeugen, dann schifft Ihr Anliegen automatisch im Schlepptau. Die Menschen werden Ihnen alles „abkaufen“, wenn sie Sie als Meinungsführer akzeptiert haben.
Was heißt Meinungsführer? Im Englischen sagt man Opinion-Leader. Das sind die Menschen, die man innerlich als Anführer akzeptiert. Menschen, die einfach wissen, wo’s langgeht. Wäre das nicht eine prima Sache, innerhalb einer Rede zu erreichen, als Meinungsführer anerkannt zu werden?
Hinter der Meinungsführerschaft steckt eine Gruppenpsychologie. Menschen wollen geführt werden. Wenn Sie eine Gruppe von zehn willkürlich zusammengewürfelten Menschen im Urwald aussetzen, werden Sie beobachten, dass sich nach einer Zeit automatisch ein Führer herauskristallisiert. So wie unser direkter Vorfahre, der Affe, sucht auch der Mensch einen Rudelführer. Wenn Sie sich vor Menschen mit einer Rede exponieren, so sind Sie schon in der Pole-Position, jetzt müssen Sie nur noch ein paar Dinge beachten, um die Meinungsführerschaft auch wirklich zu übernehmen.
Meinungsführer haben bewiesen, dass sie’s können.
Wie soll Ihr Publikum wissen, dass Sie auf einem Gebiet erfolgreich waren, dass Sie gewisse Dinge besser beherrschen als der Durchschnitt? Es führt kein Weg daran vorbei – Sie müssen es erzählen. Ich weiß nun zu Genüge aus meinen Rhetorikseminaren, dass die meisten Menschen enorme Schwierigkeiten haben, positiv über sich zu sprechen, ihre Erfolge beim Namen zu nennen. Sie sind der Überzeugung, dass das arrogant und überheblich wirkt. Und so verharren sie in der ihnen anerzogene Bescheidenheitsschablone. Sie bewundern zwar insgeheim andere, die mit Erfolg von ihren Stärken sprechen, aber die halten sie im Stillen für größere, wirklich gute Menschen. Die dürfen so was machen. Aber nicht ich kleine Kreatur. Ich erinnere mich beispielsweise an einen Mann in meinem Seminar, der ein Weltpatent für einsturzsichere Hochhäuser besaß. Er sprach vier Sprachen fließend, er war Inhaber einer Firma mit zehn Angestellten und in seinen vorhergehenden Jobs hatte er die gesteckten Ziele um 200 Prozent übererfüllt. Und an der Stelle, wo er sagen sollte, warum er gut ist, führt er allen Ernstes als einziges Argument an, dass er ein guter Zuhörer sei. So werden Sie leider nicht zum Meinungsführer. Meinungsführer wissen, was sie geleistet haben, und erzählen auch davon.
Bauen Sie in Ihre Rede eine Geschichte ein, die Sie mit Bravour bestanden haben (Success-Story)
Das Publikum will wissen, wo derjenige, der da vor ihnen steht, schon einmal bewiesen hat, dass er seinen Mann, seine Frau gestanden hat. Und das muss in einer Form geschildert werden, die die Leistung auch wirklich hervorhebt, und nicht etwa kleiner erscheinen lässt.
Einer meiner Kunden wurde zum Generalmanager eines Internetunternehmens berufen. Das Unternehmen war in Schräglage geraten und die Mitarbeiter waren komplett verunsichert, ob und wie es jetzt weitergehen sollte. Zusammen bereiteten wir im Rhetorik-Coaching die entscheidende 20-minütige Ansprache vor den neuen Mitarbeitern vor. Es galt, das Vertrauen in die Zukunft der Firma wieder herzustellen. Die Mitarbeiter mussten Vertrauen in den neuen Kapitän des Schiffs gewinnen. So schwer es diesem Generalmanager fiel, er musste mir nicht nur alle seine Erfolge aus der Vergangenheit erzählen, sondern diese dann auch öffentlich vor Publikum so wiederholen, dass das Publikum beeindruckt von seiner Erfolgsgeschichte war. Nach anfänglichem Zögern fand er schließlich sogar Spaß an dieser neuen Art, von sich zu erzählen. Ihm war vorher gar nicht klar gewesen, was er bisher eigentlich geleistet hatte.
Schildern Sie Ihre Fähigkeiten und Leistungen so, dass sie beeeindrucken.
Positiv von sich und seiner Arbeit erzählen zu können ist eines der wichtigsten Dinge in der Rhetorik überhaupt. Nur wenn Sie von sich selbst überzeugt sind, können Sie andere von Ihrem Anliegen überzeugen. Daher eine kleine Übung für Sie:
Versuchen Sie, liebe Leser, einmal folgenden Satz laut auszusprechen: „Ich bin genial – ich bin ein klasse Typ“. Sprechen Sie ihn aber bitte so, dass Sie selbst daran glauben. Wenn Sie damit Probleme haben, so sind Sie wahrscheinlich nicht auf der Position, die Sie denken verdient zu haben. Tatsache ist: Sie überzeugen viel mehr durch Ihr Auftreten, als durch Ihre Sachargumente. Wenn Sie sich selbst als Person toll finden, findet Ihr Publikum auch Ihr Anliegen toll. Das sind unterbewusste Vorgänge.
Verblüffen Sie Ihr Publikum mit interessantem Detailwissen
Diese weitere Methode für Meinungsführerschaft ist manchmal etwas aufwendiger. Sie erkundigen sich über das Publikum und referieren dann wie beiläufig über Details aus dem Fachgebiet des Publikums, nur um die Zuhörer zu verblüffen. Wenn Sie beispielsweise Futtermittelhersteller sind und vor Bauern referieren, so könnten Sie beispielsweise eine kleine Passage einbauen, wo Sie mit Wissen über Krankheitsursachen bei Milchvieh erstaunen. Da muss man sich halt schlau machen! Jedenfalls müssen Sie beim Publikum den Gedanken auslösen: Oh, das klingt aber interessant. Der weiß Bescheid.
Angenommen, Sie haben ein Ingenieurbüro und Sie wollen durch eine Präsentation den Auftrag für die Sanierung der Kanalisation einer Gemeinde bekommen, so erkundigen Sie sich bereits vorher über die Details der Kanalisation und die Maßnahmen, die dort bereits früher gemacht wurden. Stellen Sie sich vor, Sie erzählen den Gemeindevertretern:
„Sie haben in Ihrer Gemeinde genau 18,4 km Rohrkanalisation mit einem Durchmesser von 50 cm. Gelegt wurden die ersten Rohre 1974 und die erste Sanierung fand 1982 statt.“
Und das alles wussten die Gemeindevertreter bis jetzt selbst noch nicht. Damit erstaunen Sie!
Ein Kunde von mir hatte eine revolutionäre neue Technologie fürs Internet erfunden. Nun ging es darum, Kooperationspartner zum Vermarkten dieser Technologie zu finden. Im Einzelcoaching bereiteten wir eine immer wieder verwendbare Rede vor, bei der wir bewusst am Anfang eine Geschichte einbauten, die ihn als Meinungsführer etablierte. Jeder redet vom Internet, aber kaum einer kennt im Detail die Geschichte, wie dieses damals entstanden ist. Darüber machten wir uns schlau. Wenn Sie so eine Geschichte erzählen, versetzen Sie die Leute erst einmal in Erstaunen. Es geht darum, beim Publikum unterbewusst den Gedanken auszulösen: Das klingt interessant. Der weiß Bescheid. Es ist allerdings wichtig, wirklich herauszufinden, ob dieses Wissen beim Publikum noch nicht bekannt ist. Nur dann verblüffen Sie.
Die Ausnahme: Fachbegriffe zur Meinungsführerschaft
Weiter oben habe ich bereits ausgeführt, dass Sie Fachwörter möglichst immer mit einem anschaulichen Begriff ersetzen sollten. Hierfür gibt es eine Ausnahme: Wenn Sie sich als Meinungsführer etablieren wollen, können Sie systematisch aus Ihrem Fachgebiet Fremdwörter einbauen, die ein Fachwissen signalisieren. Das mag jetzt manchen als Widerspruch zu meiner vorhergehenden Aussage erscheinen. Dies ist es aber nicht, wenn Sie zwei Grundsätze beachten. Erstens: Ihre Fachbegriffe dürfen trotzdem keine Energie kosten. Das heißt, Sie geben zum Fachbegriff immer das entsprechende bildhafte Wort dazu. Zweitens: Sie müssen trotzdem möglichst nahe an der Bildersprache bleiben. Das heißt, (ansonsten) kurze und einfache Sätze bilden. Grundsätzlich bleiben natürlich weiterhin Worthülsen wie „effizient“, „innovativ“, „flexibel“ usw. verboten.
Ein Meister in diesem Gebiet ist Dr. Michael Spitzbart. Er brilliert durch ein ungemein großes Fachwissen und dokumentiert dies unter anderem durch medizinische Fachausdrücke. Aber zu jedem Fachbegriff gibt er immer das entsprechende bildhafte Wort oder einen Vergleich hinzu. Ansonsten ist seine Sprache elementar einfach und seine Sätze sind sehr kurz und bildhaft. Ein Beispielsatz von ihm:
„… das sind äußerlich sichtbare Alterungsprozesse. Innerlich sichtbar ist die Arteriosklerose, die Gefäßverkalkung …“
Sofort nach dem Fachbegriff folgt das anschauliche Wort.
Oder an anderer Stelle:
„… Adrenalin, das böse Stresshormon, das haut die Kerben in die Blutgefäße, und der Gegenspieler ist das Noradrenalin, das Eustress-Hormon, wenn alles flutscht, wenn alles genau so funktioniert, wie Sie es sich wünschen, obwohl Sie unter Druck stehen …“
Bringen Sie Ihr Publikum...