2 Zusammenfassende Würdigung der aktuellen Vertriebsperformance
2.1 Stärken und Schwächen der Vertriebsarbeit
Die bisherigen Ausführungen verdeutlichen, dass sich Verkäufer heute in einer wesentlich professionelleren Infrastruktur bewegen als früher. Dennoch zeigen sich hinsichtlich der Qualität der Vertriebsarbeit deutliche Verbesserungspotenziale. Hier eine Zusammenfassung der Optimierungsansätze.
Aspekte | Beschreibung | Optimierungsansätze |
Customer-Centric-Company | Programme zur Erhöhung der Kunden- und Verkaufsorientierung | • Es dominieren Lippenbekenntnisse • Geschäftsprozesse sind nicht auf Kundenbedürfnisse ausgerichtet • Oft herrscht in Abteilungen eine »Bunker-Mentalität« vor |
Bewusster Umgang mit der Investition Verkauf | Wie wird die Investition Vertrieb im Hinblick auf Effizienz und Effektivität bestmöglich genutzt? | • Es mangelt in der Praxis an ausreichender Kostentransparenz. Welche Betreuungskosten verursachen einzelne Kunden? • Vertrieb als »Black Box« • Die Wirkungsmechanismen des Vertriebs sind nicht genügend transparent. Was sind „gute“, was „schlechte“ Kosten? |
Marktsegmentierung | Fokussierung der Vertriebsarbeit auf lukrative und strategisch wichtige Marktsegmente | • Oft dominiert noch die undifferenzierte Marktbearbeitung; Verkäufern sind Prioritäten unklar • Es werden zu wenig Erfolgspfade in der Bearbeitung der Segmente aufgezeigt |
Kundensegmentierung und -klassifizierung | Aufteilung der Marktsegmente in Kundengruppen und Größenklassen als Voraussetzung einer potenzialgerechten Betreuung | • Mangelnde Kundentransparenz und damit die fehlende Voraussetzung einer Segmentierung • Segmentierungen und Klassifizierungen münden nicht in einer differenzierten Betreuung |
Vom Produkt- zum Lösungsverkauf | Verzahnung einzelner Angebotselemente zu kundenspezifischen Lösungspaketen | • Möglichst viel Service korrespondiert nicht mit wirklich Relevantem • Verkäufer haben Probleme, Mehrwert zu kommunizieren |
Multichannel-Marketing | Vertrieb über mehrere stationäre und nichtstationäre Vertriebskanäle | • Oft ergänzen sich Kanäle nicht, sondern konkurrieren miteinander |
Key-Account-Management | Ausrichtung des absatzpolitischen Instrumentariums auf die Bedürfnisse spezifischer Schlüsselkunden | • Selektion von Key-Accounts erfolgt unsystematisch • KAM-Programme sind unzureichend strategisch im Unternehmen verankert • Es mangelt an individuellen Kundenbearbeitsstrategien |
Management neuer Verkaufschancen | Erfassung, Bewertung und systematische Verfolgung neuer Verkaufschancen | • Pipeline-Management und systematische Angebotsverfolgung sind nur in wenigen Verkaufsorganisationen etabliert |
Verkaufsprozess-management | Vereinheitlichung von Vorgehensweisen in Schlüsselprozessen wie der Neukundenakquisition | • Verkaufsprozesse sind nur rudimentär oder gar nicht formuliert oder dokumentiert • Prozesse werden nicht über Kennzahlensysteme gesteuert |
Verkaufsbeitrag des Topmanagements | Einbeziehung des Topmanagements in den Verkaufsprozess bei wichtigen Projekten oder Schlüsselkunden | • Zu wenige Topmanager verstehen sich als erste Verkäufer des Unternehmens • Es dominieren Ad-hoc-Maßnahmen • Es mangelt an systematischen Programmen, um Top-Manager situativ richtig einzusetzen |
Veränderte Verkäuferprofile und Mitarbeiterqualifizierung | Verkäuferprofile bilden die zukünftig relevanten Mitarbeiteranforderungen unter anderem als Basis für nachhaltig wirksame Qualifizierungsmaßnahmen ab | • Verkäuferprofile sind zu pauschal und orientieren sich nicht an strategisch wichtigen Aufgaben • Papier ist geduldig. Profile schlummern in Schubladen und »leben« nicht. • Der Dialog zwischen Personalentwicklung und Vertriebsmanagement ist lückenhaft • Entwicklungsmaßnahmen sind zu wenig transfer- und ergebnisorientiert • Return-on-Training-Kalkulationen finden nicht statt |
CRM-Systeme | Customer-Relationship-Management als kundenorientierte Unternehmensphilosophie, die sich moderner Informations- und Kommunikationstechnologie bedient | • CRM-Systeme sind zu wenig auf die Belange der jeweiligen Firmen ausgerichtet • Verkaufsmannschaften werden mangelhaft in die Entwicklung eingebunden; folglich wird CRM als Kontrollinstrument gesehen und nicht als Hilfsmittel zum Gebiets-/Kundenmanagement |
Mitarbeiterführung und -steuerung | Die Art, Intensität und inhaltliche Ausprägung wie Führungskräfte auf ihre Mitarbeiter Einfluss nehmen | • Führung erfolgt zu undifferenziert und orientiert sich zu wenig am Entwicklungsstatus der Mitarbeiter • Führung ist zu eindimensional und orientiert sich zu stark an monetären Anreizen • Führung muss sich mehr auf die Aktivitäten und Fähigkeiten konzentrieren und nicht nur Zielabweichungen aufzeigen |
Abbildung 13: Optimierungsansätze im Vertrieb
2.2 Mögliche Optimierungspotenziale
Aus übergeordneter Sicht sollen hierzu einige Thesen aufgestellt werden. Letztlich muss jedoch jedes Unternehmen eigene Betrachtungen anstellen.
These 1: Die einzelnen Rädchen des Verkaufsinstrumentariums greifen nicht ineinander!
Damit Konzepte im Markt wirklich »rund« laufen, müssen die verschiedenen »Rädchen« auch ausreichend aufeinander abgestimmt sein. Dies ist in der Praxis aber oft nicht der Fall. Einige Instrumente werden optimiert, andere nicht. Wer jedoch zum Beispiel seinen Verkaufprozess neu gestaltet und nicht gleichzeitig das variable Entlohnungssystem der Verkäufer anpasst, wird zwangsläufig zu keinen optimalen Ergebnissen gelangen. Um im Bild zu bleiben: Falls nur ein Rädchen im Getriebe eine Unwucht aufweist, kommt das gesamte System ins Stocken. Dieser Ablauf ist nach unserer Einschätzung in zahlreichen Firmen beobachtbar. Viele an sich gute Initiativen sind ungenügend aufeinander abgestimmt und greifen deshalb im Markt nicht.
Abbildung 14: Das Mercuri-Sales-Process-Management-Modell
(Quelle: Belz | Bußmann 2002)
Das Mercuri-Sales-Process-Management-System zeigt die verschiedenen Aspekte auf, die berücksichtigt werden müssen, wenn es darum geht, eine Strategie zu Ergebnissen zu führen. Eine Strategie mündet für die Verkäufer in einem oder mehreren Verkaufsprozessen, wie zum Beispiel dem Neukundengewinnungsprozess. Wichtig ist, dass dieser Prozess entsprechend unterstützt wird. So muss sich der strategische Schwerpunkt »Neukundengewinnung« auch im Zielsystem des Verkäufers oder im Provisionssystem niederschlagen. Das Controlling muss entsprechend angepasst werden wie auch das Mitarbeitertraining. Erst dann sind die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Implementierung der Strategien gegeben.
These 2: Es gibt eine Überfrachtung von Konzepten und Mängel in der Implementierung von Konzepten
Weniger ist mehr. Viele Unternehmen leiden unter einer Überfrachtung von Konzepten und Initiativen. Bereits an früherer Stelle wurde schon einmal angesprochen, dass der Mensch an sich, und der Verkäufer im Besonderen, meist nicht auf »Multitasking« ausgelegt ist. Darüber hinaus haben wir immer wieder den Eindruck, dass Marketing- und Vertriebsprofis Konzepte nicht wirklich zu Ende entwickeln. Firmen konkurrieren unseres Erachtens nicht nur um bessere Konzepte, sondern mindestens genauso intensiv um eine vorteilhafte Implementierung. Und hier liegt meist die Crux. Wir erleben immer wieder, dass auf der Geschäftsleitungsebene von Unternehmen neue Verkaufsansätze...