Das im OECD-Vergleich unterdurchschnittliche Abschneiden deutscher Schülerinnen und Schüler zu Beginn des neuen Jahrtausends - die Rede war vom PISA-Schock - rückt die unterrichtsnahe Forschung wieder ins Zentrum der Bemühungen. Dem Trend entsprechend werden auch zunehmend Videoanalysen, sog. Videografien, eingesetzt, um Erkenntnisse über Unterricht und dessen Qualität zu gewinnen. Die Erörterung der Besonderheiten und Vorzüge, aber auch der Grenzen dieser Methode stehen im Mittelpunkt vorliegender Studie. Als besonders gewinnbringend können Videografien dann angesehen werden, wenn die aufgezeichnete Stunde ein typisches Abbild des alltäglichen Unterrichts aufzeichnet. Da aufgrund der besonderen Situation im Klassenzimmer Verzerrungen nicht auszuschließen sind, kann sich hier unter Umständen eine Schwachstelle auftun. Darüber, ob und in welcher Art diese Annahme gültig ist, ist bisher wenig bekannt. Beschreibungsmerkmale sind nötig, um festzustellen, inwiefern videografierter Unterricht repräsentativ ist. Diese stellt die Unterrichtsforschung bereit. Gefragt wird also, ob und in welchen Dimensionen videografierter Unterricht vom gewohnten Verlauf abweicht und worauf Lehrkräfte vermeintliche Abweichungen zurückführen. Im ersten Teil des vorliegenden Buches werden Grundüberlegungen zur Unterrichtsforschung skizziert und die Frage erörtert, was guten Unterricht auszeichnet, Anschließend werden Möglichkeiten der Unterrichtserfassung beleuchtet, insbesondere die der Videografie. Zur Einordnung der späteren Urteile von Lehrkräften zum eigenen Unterricht werden ferner Attributionstheorien vorgestellt. Im Rahmen der DESI-Videostudie (Deutsch Englisch Schülerleistungen International) wird im zweiten Teil dieses Buches die Begleituntersuchung zur Repräsentativität vorgestellt. Durch ein spezielles, zugleich deduktiv und induktiv generiertes, Kategoriensystem werden Lehrerurteile klassifiziert, diskutiert und abschließend unter der übergeordneten Fragestellung der Repräsentativität von videografiertem Unterricht kritisch reflektiert.
Christian Marquardt, Jahrgang 1978. Sein Studium der Erziehungswissenschaft und Psychologie für Arbeit, Betrieb und Organisation schloss der Autor im Jahr 2005 mit dem akademischen Grad des Diplom-Pädagogen ab. Bereits während seines Studiums arbeitete er in Bildungsforschungsprojekten und entwickelte besonderes Interesse an Diagnostik und sozialwissenschaftlichen Forschungsmethoden. Nach einigen Jahren in Erwachsenenbildung und Qualitätsmanagement arbeitet er heute am Zentrum für empirische pädagogische Forschung der Universität Koblenz-Landau auf dem Gebiet der Kompetenzdiagnostik an der Entwicklung neuer Assessment-Formate für Aus- und Weiterbildung in Schule und Beruf.
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