In Kapitel 3 wird zunächst vorangestellt, welche und wie viele Personen zu den ethnischen Minderheiten in Deutschland dazu gehören. Nach dem Überblick der ethnisch-vielfältigen Gruppen wird deren Marktsegment analysiert. Nach der Verdeutlichung der Wichtigkeit des multi-ethnischen Segmentes wird die bisherige Repräsentanz der ethnischen Zielgruppen in der Werbung kritisch betrachtet. Letztendich folgt ein Zwischenfazit des dritten Kapitels.
Der Begriff der ethnischen Minderheiten „ [...] verdeutlicht, dass es sich um Bevölkerungsgruppen handelt, die zahlenmäßig in der Minderheit und in sich vielfältig differenziert sind“ [96]. Des Weiteren beschreibt es, dass sie keine deutsche Abstammung und Herkunft besitzen.[97] Das statistische Bundesamt verwendet synonym die Bezeichnung der Personen mit Migrationshintergrund und liefert bereits viele Informationen über die ethnischen Gruppen. Zunächst ist zu klären, wer zu den Personen mit Migrationshintergrund dazugehört: „Personen mit Migrationshintergrund können [...] Ausländer oder Deutsche, zugewanderte oder in Deutschland geborene Ausländer[98], Spätaussiedler, Eingebürgerte mit persönlicher Migrationserfahrung sowie auch deren Kinder sein, die selbst über keine unmittelbare Migrationserfahrung verfügen. Personen mit Migrationshintergrund sind entweder selbst zugewandert oder gehören der zweiten beziehungsweise dritten Generation an“ [99]. Der Großteil der Zugewanderten besitzt die deutsche Staatsbürgerschaft und erreicht rechtlich den gleichen Status wie Heimisch-Deutsche. Der andere Teil behält die Doppelstaatsbürgerschaft oder die Staatsbürgerschaft des Heimatlandes.[100]
Abbildung 4: Überblick der Personen mit und ohne Migrationshintergrund
Quelle: Eigene Darstellung
Die Einwanderungsgeschichte Deutschlands begann bereits in den 50er Jahren mit den südeuropäischen Anwerbenationen, zuerst mit Italien, dann Spanien und Griechenland, der Türkei, Marokko und Portugal. Im Zuge der Gastarbeit, sind viele aus dem Ausland zugewandert, was zur Folge hatte, dass sich deren Familien und Kinder über Generationen hinweg in Deutschland ein Leben aufbauten. Neben den Gastarbeitern gehören unter anderem auch (Spät-) Aussiedler zu den großen Einwanderungswellen dazu. [101]
Heutzutage variieren die Gründe für Immigration stärker als zur damaligen Zeit, beispielsweise aus wirtschaftlichen Gründen, Flucht vor politischer oder religiöser Verfolgung, Erweiterungen der EU-Länder, aus Gründen bezüglich Bildung-, Arbeits- oder sonstigen Zukunftsperspektiven, oder auch aus persönlichen Anlässen wie Familie und Heirat.[102]
Mit den Berechnungen des Mikrozensus 2012 zählt das statistische Bundesamt die Bevölkerung mit insgesamt 81,9 Mio. Menschen.[103] Davon zählen rund 16,3 Mio. zur Bevölkerung mit Migrationshintergrund, dies entspricht 20 Prozent. Mit 7,4 Mio. oder 9,0 Prozent sind davon Ausländer vertreten. Über 70 % der Migranten kommen aus europäischen Ländern, davon stammen rund 32% (über 5 Mio. Personen) aus den Ländern der EU-27. Zu den größeren Gruppen zählen Migranten aus Polen mit etwas mehr als 1,5 Mio. (9,4%) und Italien mit knapp 760 Tausend (4,6%). Über 6 Mio. Zuwanderer (39,2%) kommen aus dem sonstigen Europa unter anderem sind dabei Migranten aus der Türkei mit knapp 3 Mio. (18,3%) und russischen Föderation mit circa. 1,2 Mio. (7,4%) vertreten. (Spät-) Aussiedler, die überwiegend aus den Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion stammen, bilden mit 3,2 Mio. (19,6%) eine der größten Zuwanderergruppen (Schätzungen liegen bis zu circa 4 Mio.[104]). Migranten aus dem ehemaligen Jugoslawien messen eine Zahl von 1,6 Mio. (9,8%). Zur Bevölkerung mit Herkunft aus Asien (15,3%), Australien und Ozeanien (0,2%) zählen 2,6 Mio. Afrikanische und amerikanische Immigranten bilden mit unter 600 Tausend (3,7%) und 500 Tausend (3%) die Minderheiten bei den Migrantengruppen. Von über 1,2 Mio. Personen kann keine Angabe bezüglich ihrer Herkunft gegeben werden. Im Mikrozensus werden viele Herkunftsländer nicht detaillierter beschrieben.[105]
Die Zuwanderung in Deutschland ist über die Jahre hinweg ein langfristig-wachsender Prozess. Allein 2013 sind über eine Mio. Personen zugewandert, 13% mehr wie im Vorherigen. Trotz der einkalkulierten Fortzüge, ist ein Wanderungsüberschuss von rund einer halben Million zu verzeichnen. Während die Mehrheit aus dem EU-Raum kommt, steigen bedeutend die Zuzüge aus Afrika und Asien.[106]
In den folgenden Unterkapiteln wird ein Überblick über das Marktsegment der ethnischen Minderheiten in Deutschland gegeben, folglich typische Charakteristika über diese Zielgruppen (vergleiche dazu Kapitel 2.4). Jedoch ist zu beachten, dass die Beschreibungen letzten Endes nicht zwingend auf jedes Individuum zutrifft, sondern durchaus aus den verschiedensten Hintergründen zu Abweichungen kommen kann.
Aufenthaltsdauer
Auch wenn die divergenten ethnischen Gruppen aus jeweils gleichen Herkunftsländern stammen, sind sie unter anderem aufgrund ihrer Aufenthaltsdauer und Erfahrung in Deutschland stark heterogen. Etwa zwei Drittel der Personen mit Migrationshintergrund sind selbst immigriert (erste Generation), davon haben über 5,4 Mio eine Aufenthaltsdauer von bereits 20 Jahren und mehr (8,5% sogar seit mehr als 40 Jahren). Ebenso über 5,4 Mio, etwa ein Drittel ist bereits in Deutschland geboren (zweite oder dritte Generation), das heißt ohne eigene Migrationserfahrung. Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer der Bevölkerung mit Migrationshintergrund liegt bei 20 Jahren, insbesondere Personen aus den ehemaligen Anwerbeländern weisen einen langjährigen Aufenthalt nach oder gehören bereits zur zweiten und dritten Generation.[107]
Sprachkenntnisse
Die Sprachkenntnisse variieren stark innerhalb sowie zwischen den ethnischen Gruppen und sind von vielen Faktoren wie dem Herkunftsland und der Aufenthaltsdauer abhängig. Die älteren Generationen zeigen noch Defizite im Umgang mit der deutschen Sprache auf und tendieren zum Gebrauch der Herkunfts- beziehungsweise Muttersprache. Die Jüngeren, vor allem zweite oder dritte Generationen wachsen teilweise mit der deutschen Sprache und teilweise mit der Herkunftssprache auf und tendieren zum Bilingualismus.
Die Verwendung der Sprachen hängt vom Umfeld ab und reicht von alleiniger Herkunftssprache (mit Eltern und Verwandten) über einer Verschmelzung von Mutter- und deutscher Sprache (mit Geschwistern und Freunden) bis hin zur ausschließlich deutschen Kommunikation (in der Schule, im Beruf, andere soziale Kontakte). Insgesamt reichen die deutschen Sprachkenntnisse für Alltagssituationen, darunter auch für die Auseinandersetzung mit Werbung sehr gut aus.[108]
Haushaltsgröße
Personen mit Migrationshintergrund leben mit einer Haushaltsgröße von 2,4 Personen in etwas größeren Haushalten als Einheimische mit 2,0. Mit nur knapp 13% leben sie seltener allein gegenüber circa 22% bei Personen ohne Migrationshintergrund. Ehepaare ohne Kinder, Alleinerziehende oder alternative Lebensformen kommen deutlich seltener vor. Stattdessen steht die klassische Familie mit Eltern und Kindern im Vordergrund (rund 60% gegenüber rund 40%).[109] So sind ethnische Gruppen mit bis zu 1,8 Kindern im Vergleich zu Heimisch-Deutschen mit einem Durchschnitt von 1,3 kinderreicher.[110]
Geschlecht
Die Geschlechtsstruktur (männlich, weiblich) ist durchschnittlich gleich verteilt. Abweichungen um die 50% Verteilung hängen je nach Herkunftsland ab.[111]
Alter
Insgesamt sind alle Personen mit Migrationshintergrund mit einem Durchschnittsalter von 35 Jahren deutlich jünger als die einheimischen Deutschen mit 45 Jahren. Rund 70 % sind jünger als 45 Jahre, während dies bei Personen ohne Migrationshintergrund nur bei der Hälfte festzustellen ist. Der Anteil der Altersgruppe zwischen 45- und 65 Jahren ist bei Migranten (mit circa 22%) kleiner als bei den Personen ohne Migrationshintergrund (circa 28%). Rund 23% der Einheimischen sind über 65 Jahre alt, bei den ethnischen Gruppen lediglich 9,0%.[112]
Bildung
Hinsichtlich des Bildungsstatus verfügen...