Faszination VW Bus
Unzählige Oldtimerfreunde haben bereits darüber sinniert, wieso gerade vom VW Bus eine derart große Faszination ausgeht, während seine damaligen Konkurrenten in der öffentlichen Wahrnehmung heute eher ein Schattendasein führen. Eine verbindliche Antwort fällt auch an dieser Stelle schwer und so kann nur darüber spekuliert werden, warum gerade der Bulli neben dem Käfer zum wohl kultigsten deutschen Automodell aufsteigen konnte.
Zum einen spielt sicherlich der klassenlose Charme des VW-Transporters eine große Rolle. Als Sambabus oder in der Luxusausführung war er als standesgemäßes Reisefahrzeug ebenso opportun wie als hemdsärmeliger Kipper auf Baustellen oder als kombinierter Familien- und Kleinlastwagen in Gärtnereien oder auf Wochenmärkten. In der Automobilgeschichte besitzt der Bulli daher fast schon revolutionäres Potenzial. Erfolgreiche Geschäftsleute und Showgrößen bewegten ihn ebenso mit großem Vergnügen über die Straßen dieser Welt, wie Otto Normalverbraucher auf seiner täglichen Fahrt ins Büro oder in die Fabrik. Ein altgedienter Automobiljournalist sagte einmal über den Käfer, dass dieser das Autofahren demokratisiert habe. Für den VW Transporter kann diese Einschätzung wohl uneingeschränkt übernommen werden.
Zum anderen besitzen T1 und T2 auch heute noch alle deutschen Tugenden, die ihre Anschaffung als ebenso nützliche wie langfristige Investition rechtfertigen. Der VW-Transporter ist praktisch und schlicht zugleich. Seine Form ist zeitlos und einprägsam. Häufig reicht schon ein Fahrzeugdetail aus, um ihn aus der automobilen Masse heraus identifizieren zu können. Die Zuverlässigkeit ist sprichwörtlich und kleine Macken machten ihn schon zu „Lebzeiten“ zu einem eher liebenswerten, denn perfekten Fortbewegungsmittel. Seine Funktionalität steht auch nach über 50 Jahren nicht hinter der moderner Fahrzeuge zurück und seine enge Verwandtschaft zum Käfer sorgt auch dann noch für neidlose Blicke der Nachbarn, wenn sein Marktwert längst in Dimensionen moderner Oberklasselimousinen vorgedrungen ist. Zudem hat sich sein Erscheinungsbild zwischen 1949 und 1979 nur unwesentlich verändert, was nicht nur für einen hohen Erkennungswert sorgt, sondern auch Beständigkeit im oft allzu hektischen Autoalltag suggeriert. Wo beispielsweise ein betagter Ford Transit mal als Frontlenker und mal als Haubenfahrzeug nur vom geschulten Auge als solcher zu erkennen ist, geben T1 und T2 auch automobilen Laien bis heute keine Rätsel auf. Ihre einst massenhafte Verbreitung als Post-, Kommunaloder Verkaufswagen weckt zudem Erinnerungen an die eigene Kindheit oder Jugend, als das sehnsüchtig erwartete Paket der Großtante mit einem gelben VW-Transporter zugestellt wurde oder der Eismann mit seinem zum Verkaufswagen umgebauten Hochdachbus im Sommer pünktlich um 15 Uhr durch die Siedlung fuhr. Doch auch in Ausbildung oder Studium waren T1 und T2 nahezu omnipräsent. In Ermangelung eines eigenen fahrbaren Untersatzes war es nicht selten der VW-Transporter des Meisters, mit dem der Führerscheinneuling die erste Runde durch seinen Heimatort drehen durfte. Und auch in intellektuellen Kreisen besaß der Bulli spätestens seit 1968 Kultstatus. In den Semesterferien ging es mit dem knallbunt lackierten Fensterbus und einer ebenso bunten Schar gleichgesinnter Kommilitonen zu einer bewusstseinserweiternden Spritztour an den Bosporus, wo das Fahrwerk nicht nur auf den ungeteerten Straßen seinen enormen Federungskomfort unter Beweis stellen musste... Ganz zu schweigen von den legendären Hippie-Trails, die Bus und Mannschaft nach Afghanistan, Indien oder an die US-amerikanische Westküste führten. Vielleicht mit Ausnahme des Citroën 2 CV, verkörperte der Bulli wie kein anderes Auto „Peace and Happiness“ in Reinkultur. Kein Wunder also, dass sich sowohl T1 als auch T2 in den Köpfen der Menschen eingeprägt haben. Wie schon der Käfer, ist auch der VW-Transporter nahezu überladen mit persönlichen Erinnerungen und sein Fahrer nicht selten Adressat eines nostalgischen Mitteilungsbedürfnisses. Das Repertoire reicht dabei von „Mein Vater fuhr den gleichen Bus“ bis hin zu detaillierten Erzählungen aus dem Familien- oder Berufsleben, wobei hin und wieder auch ein vergilbtes Schwarz-Weiß-Foto aus der Geldbörse geholt wird, das den Gesprächspartner mit stolzgeschwellter Brust vor dem damals neuen Familienbus oder beim Abladen von irgendwelchen Ladegütern zeigt.
Aber auch denjenigen, die niemals selbst einen VW Bus besessen haben, sind erstaunlich viele Eigenheiten des VW-Transporters in Erinnerung geblieben–sei es der unverkennbare Sound des Boxer-Motors, der hohe Federungskomfort oder die thermischen Probleme im Volllastbetrieb an heißen Tagen. All dies hält den Mythos VW Bus bis heute am Leben und trägt entscheidend dazu bei, dass sich inzwischen auch Generationen für den Transporter begeistern, die weitaus später als dieser das Licht der Welt erblickt haben. Längst ist das Bus-Hobby generationsübergreifend und die Fan-Gemeinde zu einer weltweiten Familie gereift.
Egal ob als bewundertes Exponat im Volkswagen AutoMuseum in Wolfsburg, als gepflegtes Ex-Einsatzfahrzeug der Freiwilligen Feuerwehr, als Teamtransporter in der historischen Rennsportszene oder als originalgetreue Replika jenes außergewöhnlichen Renntransporters mit einem um 1,20 Meter verlängerten Radstand, der vom amerikanischen Privatteam „Rennsport Bunker“ Mitte der 1950er Jahre zum Transport eines Porsche 550 Spyder eingesetzt wurde und auf der Techno Classica 2007 stand–alle Bauformen des VW Bus genießen heute Kultstatus. Fotos: Stiftung AutoMuseum Volkswagen (1), Jürgen Schlegelmilch
Da der T1 bereits 1967 seinem Nachfolger Platz machen musste, ist er aus der Nutzfahrzeuglandschaft schon seit langem verschwunden. Zwar waren noch Anfang der 1980er Jahre einige wenige Exemplare bei Freiwilligen Feuerwehren oder als städtische Fuhrparkreserve im Einsatz, doch fristete zu diesem Zeitpunkt bereits ein Großteil der erhalten gebliebenen Fahrzeuge ein tristes Dasein als Ersatzteilspender oder Gartenlaube. Die traurige Mehrzahl war hingegen längst als Kühlschrott in den Konvertern der Stahlindustrie gelandet. Vergleichsweise wenige Besitzer erkannten überhaupt den historischen Wert des Wolfsburger Bestsellers. Wie auch, könnte man fragen, wenn einem dieses Auto täglich zu Dutzenden auf der Straße begegnete?
Weitaus besser als den reinen Lasteseln erging es vielen Bussen und Wohnwagen, die–im deutlich gepflegteren Zustand–langsam fit für ihr zweites Leben als Youngtimer gemacht wurden. Noch waren gut erhaltene T1 für den berühmten warmen Händedruck zu bekommen, da viele Besitzer sie nicht einfach dem Schrottplatz überlassen wollten. Wer hätte damals auch geahnt, dass ein Samba-Bus oder ein Westfalia-Campingwagen einmal den Gegenwert einer neuen Mercedes-E-Klasse repräsentieren würden? Schließlich galt der Transporter noch immer als Gebrauchsfahrzeug und seine verstärkt um seinen Erhalt bemühten neuen Eigentümer als argwöhnisch beäugte Exoten.
Somit ist es auch nicht verwunderlich, dass sich der Start des T2 in seine neue Zukunft als automobiler Klassiker noch ungleich schwieriger gestaltete. Zwar beherrschte er seit seinem Debüt 1967 unangefochten die Phalanx leichter Transporter und Personenbusse, doch haftete ihm nie der Hauch des Besonderen an. Während der T1 noch auf den ersten Blick als Käfer-Derivat zu erkennen war und damit so etwas wie Nostalgiegefühle weckte, wirkte der T2 einfach viel zu modern, um als potenzieller Oldie ernstgenommen zu werden. Zudem wurde er ein Opfer der von ihm selbst forcierten Mobilitätsgesellschaft. Als kostengünstiges Nutzfahrzeug diente er in seinem Rentenalter zahllosen Einmannbetrieben als Kurier- oder Transportfahrzeug. Zumeist für wenig Geld am Straßenrand erworben und mit noch weniger Geld am Leben erhalten. Angesichts seines moderneren Nachfolgers T3, der die Vorzüge des T2 mit zeitgemäßer Technik aus dem damals aktuellen VAG-Regal verband, konnten sich zunächst nur wenige T2-Fahrer mit dem Gedanken anfreunden, ihr Fahrzeug nicht gegen das neue Modell eintauschen zu wollen. Somit wurden die meisten T2 vorschnell in Zahlung gegeben oder aber bis zum bitteren Ende gefahren, um sie danach direkt der Entsorgung zuzuführen. Vor allem Pritschenwagen und Doppelkabinen blieben häufig bis „zum letzten Tropfen Öl“ im Einsatz, so dass derartige Fahrzeuge heute zu den gesuchten Raritäten zählen. Auch für den Erhalt von Spezialfahrzeugen, wie zum Beispiel Verkaufs- oder Kühlwagen, war die Zeit offenbar noch nicht reif, so dass auch sie zu Tausenden den Weg allen alten Eisens gehen mussten. Eine erfreuliche Ausnahme bildete allerdings auch hier die Campingwagenfraktion. Mehr aus praktischen Gründen, für einen vergleichsweise geringen Kaufpreis ein vollwertiges Wohnmobil zu bekommen, überlebten unverhältnismäßig viele Campingwagen bis in die Gegenwart. Nicht wenige Bulli-Freunde fanden überhaupt erst über den Camper zum Heckmotorbus und so bildete nicht selten der erste Campingwagen die Basis für...