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E-Book

Was fühlt mein Hund? Was denkt mein Hund?

Hundeexperte antwortet Hundefreundin

AutorNina Ruge
VerlagGRÄFE UND UNZER
Erscheinungsjahr2012
ReiheGU Mensch-Hund-Beziehung 
Seitenanzahl192 Seiten
ISBN9783833832833
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis13,99 EUR
Wie kann es sein, dass mein Hund erkennt, wann ich traurig oder wütend bin? Heißt das, er ist intelligent? Können Hunde Gefühle empfinden? Fragen, die sich wohl jeder Hundehalter schon gestellt hat und die auch Nina Ruge beschäftigen. Der Hunde-Verhaltensexperte Günther Bloch steht Nina Ruge Frage und Antwort rund um das Gefühlsleben der Hunde. Unterhaltsam und verständlich wollen Nina Ruge und Günther Bloch dem Rätsel der Hundeseele näher kommen und Ihnen zeigen, was Ihr Vierbeiner braucht, um glücklich zu sein. Zudem gibt Günther Bloch Tipps, wie Sie sich Ihrem Hund gegenüber verhalten können, um Missverständnisse zu vermeiden und eine harmonische Beziehung aufzubauen. Interviews mit Experten wie Dr. Silke Wechsung, Dr. Udo Gansloßer und Dr. Immanuel Birmelin erläutern Themen wie die Intelligenz der Hunde oder den Einfluss der Hormone auf das Gefühlsleben der Tiere. Ein modernes Layout und tolle Fotos machen dieses Ebook zu einem Muss für alle Hundebesitzer.

Nina Ruge ist Fernsehmoderatorin und Journalistin. Aus Nachrichtensendungen und erfolgreichen eigenen Formaten wie 'Leute heute' ist sie einem großen Publikum bekannt. Nina Ruge schreibt Bücher und moderiert unter anderem Kongresse und verschiedene Talk-Formate.

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Leseprobe

Mein Hund, das unbekannte Wesen


Die Seele des Hundes

Wundertier Hund


Klar, Hunde müssen fressen, saufen und laufen. Aber sie wollen auch spielen, schmusen und lernen. Denn diese gefühlvollen Wesen haben ein weitaus facettenreicheres Seelenleben, als viele von uns vielleicht vermuten.

Dürfen sie ihre Persönlichkeit nicht ausleben, leidet ihre Lebensfreude.

Haben Hunde eine Seele?


NINA RUGE: So oft unsere Hunde auch herumtoben, liegen sie doch auch gerne einfach mal auf der faulen Haut. Heute Morgen zum Beispiel beobachtete ich unseren Entlebucher Sennenhund Lupo dabei, wie er ganz offensichtlich zutiefst zufrieden vor sich hin döste. Er sah so selig aus. Und schon schoss mir ein Gedanke durch den Kopf: Haben Hunde überhaupt eine Seele?

Ich begann zu grübeln: Was ist die »Seele« eigentlich rein wissenschaftlich gesehen?

Unterscheidet sie sich von Emotion und Psyche? Kann man diese Begriffe überhaupt voneinander abgrenzen? Oder entzieht sich die Seele jedem forschenden Instrumentarium? Meine Recherche im Internet brachte mich nicht viel weiter: »Im heutigen Sprachgebrauch ist oft die Gesamtheit aller Gefühlsregungen und geistigen Vorgänge beim Menschen gemeint.« Aha. Scheinbar haben also nur Menschen eine Seele.

Weiter las ich, dass die Begriffe Seele und Psyche quasi ein und dasselbe beschreiben.

Ist »Psyche« also der wissenschaftlich definierte Abdruck der Seele? Na gut, die Seele als »Gesamtheit aller Gefühlsregungen und geistigen Vorgänge« zu beschreiben, das ist zwar nicht wirklich wissenschaftlich, aber es gefällt mir. So kann ich die »Innenwelt« meiner Hunde wunderbar beschreiben, ohne mich mit lästigen Kategorisierungen aufhalten zu müssen. Und ich kann mit dem Brustton der Überzeugung sagen: Meine Hunde haben ein Seelenleben. Stimmt das?

GÜNTHER BLOCH: Ich persönlich halte gar nichts von der Behauptung, der Mensch wäre das einzige Tier mit Seelenleben. Dagegen sprechen allein schon die Erkenntnisse aus der Delfin- und Orkaforschung. Wer würde heute noch bezweifeln, dass diese hochintelligenten Meeressäuger ein Bewusstsein haben? Dasselbe gilt auch für Kaniden, wie unsere Haushunde, und, wie unsere neuesten Studienergebnisse zeigen, in besonderem Maße auch für Rabenvögel.

Die Gefühls- und Hirnforschung zeigt außerdem ziemlich eindeutig, dass viele Tiere emotionale Regungen verspüren. Ich persönlich halte es, wie meine Kollegin Elli Radinger und ich es ausführlich in unserem Buch »Affe trifft Wolf« beschrieben haben, sogar für sehr wahrscheinlich, dass der Urmensch Empathie, soziale Ethik und Moral einst vom Wolf gelernt hat. Allerdings weiß ich auch, dass ich mich damit rein naturwissenschaftlich wohl in einer Grauzone befinde.

Doch ich entgegne auf den Hinweis, dass es an beinharter Erkenntnis zum Thema Tierseele noch mangelt, gerne: Kann der Mensch wissenschaftlich belegbar beweisen, dass er eine Seele hat beziehungsweise dass Kaniden keine haben? Wohl kaum. Und daher plädiere ich wie in der Rechtswissenschaft: Im Zweifel für den Angeklagten.

Hunde wollen sich an uns binden. Wird dieses Verlangen nicht erfüllt, leidet ihre Seele.

Auch Tiere haben ein Bewusstsein

Allerdings ist »Seele« ja ein völlig abstrakter Begriff, der noch dazu oft ein stark religiöses und philosophisches Gewicht hat. Wissenschaftler sprechen deshalb lieber von Bewusstsein im weitesten Sinne. Die »Seele« eines Tieres würde somit die Gesamtheit seines verhaltensbiologischen und sozioemotionalen Repertoires bezeichnen, einschließlich der Frage nach seinen Absichten, momentanen Gestimmtheiten und Stimmungen. Kaniden sind zum Beispiel stets bemüht, mit allen Mitgliedern der Gemeinschaft, in der sie leben, zu kommunizieren.

Sie tun das zugleich auf sozialer als auch auf emotionaler Ebene. Die Tiere müssen schließlich nicht nur den sozialen Rang jedes Mitbewohners richtig einschätzen, sondern auch seine typischen Charaktereigenschaften oder das momentane Befinden. Nur so können sie beurteilen, ob ein Gruppenmitglied situationsbedingt schlechte Laune hat, ob es wütend, traurig, beleidigt oder freudig erregt ist. Genauso drücken Hundeartige ihr momentanes Befinden auf unterschiedliche Art und Weise aus, je nachdem, wie sie sich gerade fühlen.

Sobald sich Hundeartige untereinander und/oder mit uns Menschen beschäftigen, sind also immer auch Gefühle im Spiel.

Doch noch mal zurück zur ursprünglichen Frage: Ja, lassen wir die oben angeführte Definition der »Gesamtbefindlichkeit« gelten, haben Hunde durchaus eine Seele.

Endlich Zeit füreinander. Solch innige Momente genießen Mensch und Hund gleichermaßen.

Empfinden Hunde Gefühle wie Freude und Liebe?


NINA RUGE: Für mich steht außer Frage, dass unsere Vierbeiner unterschiedliche Emotionen kennen und durchleben. Und ich kann mich immer wieder nur darüber wundern, dass manche Menschen daran zweifeln. Dieses glückliche Jauchzen, wenn Lupo hört, wie sich der Schlüssel im Haustürschloss dreht. Wie er dann heransaust, sich auf den Rücken wirft, mit den Beinen strampelt, grunzt, quietscht und im Überschwang auch mal ganz hoch hüpft, obwohl er weiß, dass er das nicht darf. Das soll keine Freude sein? Niemals!

Ein anderes Beispiel: Sobald ich mich zu meiner Großen Schweizer Sennenhündin Vroni hinunterbeuge, schleckt sie mir hingebungsvoll den Hals. Sie knabbert zärtlich an meinen Händen, wenn ich ihren Kopf berühre. Rollt sich voll Wonne auf den Rücken und grunzt, damit ich ihr den Bauch massiere. Verdreht ihre Augen und gibt mir ein Bussi. Wie traurig schaut sie mich an, wenn ich dann wieder aufstehe und sie »verlasse«. Alles nur Einbildung?

Verklärung einer Hundenärrin? Niemals.

Das ist Liebe pur. Also, für mich steht fest: Hunde haben Gefühle. Und die ähneln unseren eigenen ganz gewaltig. Aber was ist, wenn ein Hund keine Möglichkeit hat, all diese Gefühle auch auszuleben? Wirkt sich dies nicht negativ auf sein Seelenleben aus?

Mensch und Hund sind über die Jahrtausende hinweg ein unschlagbares Team geworden.

GÜNTHER BLOCH: Da sind wir uns einig. Die Gefühlswelt der Hundeartigen ähnelt unserer eigenen enorm. Wir sollten uns diesbezüglich auch durch niemanden beirren lassen. Worüber man stattdessen diskutieren sollte, ist, wann, wie und in welcher Form hundliche Emotionen zum Ausdruck kommen. Damit muss sich jeder Hundehalter ernsthaft auseinandersetzen – und er tut dies am besten, indem er die körpersprachliche Gestik und Mimik seines Hundes im jeweiligen Verhaltenszusammenhang tagtäglich genau beobachtet.

Heute sprechen selbst angesehene Wissenschaftler wie Marc Bekoff, ehemaliger Professor für Ökologie und Evolutionsbiologie an der Universität von Colorado in Boulder, oder der holländische Zoologe und Primatenforscher Frans de Waal Tieren die Fähigkeit zu Mitgefühl, wie Trauer oder Versöhnungsbereitschaft, zu. Während letzterer vor allem über das Sozialverhalten von Menschenaffen, wie Schimpansen, Orang-Utans und Gorillas forscht, galt das besondere Interesse Bekoffs schon früh Kaniden, wie Wölfen, Kojoten und Haushunden.

Nicht umsonst zählt auch das bekannte Standardwerk »Hundepsychologie« der Ethologin Dorit Feddersen-Petersen im Untertitel neben den Begriffen »Sozialverhalten«, »Wesen« und »Individualität« auch die Emotionen auf. Trotzdem bewegen wir uns in Bezug auf eine hundertprozentige naturwissenschaftliche Beweislage auf etwas dünnerem Eis. Nichtsdestotrotz: Ich persönlich halte es für mehr als abenteuerlich, das Gefühlsleben von Tieren auf ihr Instinkt- und Triebverhalten zu reduzieren, auch wenn das in einigen Teilen der »Hundeszene« durchaus üblich ist. Vor allem die Anhänger des Behaviorismus, also jenes Wissenschaftszweigs, der das Verhalten von Lebewesen ohne irgendeine Innenschau und Einfühlung beobachtet, lehnen jegliche tierische Emotion kategorisch ab. Ihre Begründung: Gefühle seien aus naturwissenschaftlicher Sicht nicht zweifelsfrei nachweisbar. Das mag zwar sein, erscheint mir aber als »fachliche« Erklärung mehr als dürftig.

Die Körpersprache der Hunde ist diffizil. Man muss genau hinsehen, um sie zu verstehen.

Von den Wölfen lernen

Wenn meine Frau und ich versuchen, das Familienleben »unserer« Wölfe in all seinen Facetten akribisch genau zu dokumentieren, berücksichtigen wir immer auch den gesamten Kontext, in dem wir die gezeigten Verhaltensweisen beobachten, einschließlich der ausdrucksstarken, sehr nuancenreichen Körpersprache dieser Tiere. Summa summarum ist für uns entscheidend, was vor einer bestimmten Situation geschah und wie sich die Tiere im Anschluss daran verhalten.

Ich nenne hier einfach einmal ein beliebiges Beispiel: Ein Wolf mit einem Stock im Maul nähert sich einem anderen in tänzelnder Schrittfolge. Er legt den Stock ab, nimmt eine spieltypische Vorderkörpertiefstellung ein und fordert sein Gegenüber mittels extrem übertriebenen angedeuteten Bewegungen zum gemeinsamen Herumtoben auf.

Daraufhin packt mal der eine, mal der andere den Stock, rennt los und lässt ihn dann bewusst wieder fallen. Die Rollen von Jäger und...

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