Mediation ist ein Verfahren, bei dem eine neutrale dritte Person die Beteiligten darin unterstützt, die zwischen ihnen bestehenden Konflikte durch Verhandlungen einvernehmlich zu lösen (vgl. Haynes, Bastine, Link, Mecke, 1993, S.12) Dieses Verfahren ist vor allem eine sach- und handlungsbezogene, sowie eine bedürfnis- und zukunftsorientierte Vorgehensweise der Konfliktbearbeitung
Daher lässt sich Mediation in spezifischer Weise dazu nutzen, die Beziehung zwischen den Konfliktbeteiligten zu verändern. Die Mediation bietet dafür eher Möglichkeiten, als andere Formen der Konfliktführung wie Kampf, Aufgeben, Delegation, Leiden etc. (vgl. Römer-Wolf, Theilmann-Braun, 2003, S.105).
Konflikt ist gesund, aber ein ungelöster Konflikt ist gefährlich.
Häufiger resultiert ein Konflikt daraus, dass die Parteien nicht wissen, wie sie ein Problem lösen können, als dass sie ihn nicht lösen wollen.
Die an einem Streit Beteiligten können grundsätzlich bessere Entscheidungen über ihr Leben treffen als eine Autorität von außerhalb, wie etwa ein/eine SchiedsrichterIn.
Menschen treffen vollständigere und deshalb bessere Entscheidungen, wenn sie die Gefühle, die durch den Konflikt entstanden sind, bewusst wahrnehmen und in die Entscheidung integrieren, ohne dass sie die rationalen Belange überwältigen.
Verhandlungen sind eher erfolgreich, wenn die Streitparteien ihre Beziehung nach dem Streit fortsetzen müssen, als wenn sie danach keine Beziehung mehr zueinander haben.
Die Beteiligten einer Übereinkunft halten sich eher an die Bestimmungen, wenn sie selbst für das Ergebnis verantwortlich sind und den Prozess, der zur Übereinkunft geführt hat, akzeptieren.
Der neutrale, vertrauensvolle und nicht-therapeutische Charakter der Mediationssitzungen ermutigt, daran teilzunehmen.
Die in der Mediation erlernten Verhandlungsfähigkeiten sind nützlich, um zukünftige Konflikte zu lösen.
(Grundannahmen des Mediationskonzeptes“ Besemer, Christoph: Mediation, Vermittlung in Konflikten. Stiftung gewaltfreies Leben: Königsfeld, Werkstatt für gewaltfreie Aktion: Baden, Heidelberg, Freiburg, 1997, S. 37).
Wie bereits in der Einleitung dieser Arbeit erwähnt ist die Durchführung einer exakten Trennung zwischen Mediation und dem Beratungsgespräch der SozialarbeiterInnen kaum möglich. Zum einen verwenden Sozialarbeiter in ihren Beratungsgesprächen viele theoretische Elemente ihrer Ausbildung, zum anderen finden in der Mediation Theorien und Methoden unterschiedlicher Fachbereiche ihre Anwendung.
Ich habe in den vorigen Kapiteln theoretische Hintergründe, sowie Grundhaltungen, Überschneidungs- und Abgrenzungspunkte zwischen Beratungsgespräch mit SozialarbeiterInnen und MediatorInnen aufgezeigt und werde nun noch näher darauf eingehen. Dieses Wissen ist wichtig, um dann im 5. Kapitel die Möglichkeiten und Schwierigkeiten des Einsatzes der Mediation am Jugendamt kritisch hinterfragen zu können.
Klassische Arbeitsfelder der Sozialarbeit sind generell mit Konfliktbewältigung assoziiert. Die Rolle der Vermittlerin/des Vermittlers ist zentral in Theorie und Praxis der Sozialarbeit. Eine Sozialarbeiterin/ein Sozialarbeiter wird häufig als MittlerIn zwischen der Klientin/dem Klienten und seiner Umwelt charakterisiert, wobei durch seine Unterstützung die gestörte Verbindung der Klientin/des Klienten mit seiner Umwelt wieder hergestellt werden soll.
Dennoch unterscheidet sich Mediation in einem Punkt grundlegend von der sonst üblichen professionellen Identität der Sozialarbeiterin/des Sozialarbeiters. Die Mediatorin/der Mediator nimmt nicht primär diagnostische, therapeutische oder „anwaltliche“ Funktionen wahr, sondern tritt als neutraler Vermittler zwischen die Parteien.
Typische Konflikte, mit denen SozialarbeiterInnen konfrontiert werden, können grob in vier Kategorien unterteilt werden. An der Spitze steht wohl die Konfliktsphäre im familiären Umfeld, etwa auf der Paarebene, der Eltern-Kind-Ebene, in der Mehr-Generationen-Familie oder in Stieffamilien.
SozialarbeiterInnen interessieren sich wohl auch aus diesem Grund für Methoden der Konfliktbearbeitung und –lösung. Dazu führt Falk aus, dass sich nahezu sämtliche Professionen, die sich im weitesten mit Streit- oder Konfliktregelung befassen, zurzeit mit dem Thema Konfliktbewältigung und Konfliktregelung befassen, viele davon denken äußerst engagiert über Mediation nach. Einige davon, und gerade viele SozialarbeiterInnen seien hiervon nicht ausgenommen, sind der Meinung, Mediation ohnehin „schon immer“ betrieben zu haben.
Es mag zwar sein, dass einzelne Techniken, zum Beispiel in der Gesprächsführung, wie das Spiegeln, von SozialarbeiterInnen und MediatorInnen angewendet werden, oder dass von SozialarbeiterInnen auch mediative Elemente verwendet werden, es gibt aber sehr wohl Unterschiede zur „Professionellen Mediation“:
Falk führt dazu aus:
„Professionelle Mediation ist ein systematisch nachvollziehbarer Vorgang innerhalb eines Gesamtmodells, in dem sowohl Voraussetzungen, Rahmenbedingungen, Strukturen und Ziele als auch spezifische Rollen, Methoden und Techniken beschreibbar sind“ (Falk, S. 381, 2004).
Beide Ausbildungen – sowohl jene zur Sozialarbeiterin/zum Sozialarbeiter, als auch jene zur Mediatorin/zum Mediator, betreffen eine Ausbildung im psychosozialen Bereich.
Die Ausbildungsgrundlage ist jedoch sehr unterschiedlich: Die Ausbildung zum Sozialarbeiter hat, wie bereits am Anfang der Arbeit erklärt, eine lange Tradition in Österreich. Es handelt sich um eine Berufsausbildung, die als Zugangsvoraussetzung grundsätzlich die Matura hat. Der Abschluss ist ein auch im öffentlichen Dienst anerkannter. SozialarbeiterInnen werden in Österreich häufig im öffentlichen Dienst oder Sozialeinrichtungen, die direkt oder indirekt über die öffentliche Hand finanziert werden, beschäftigt. Die Ausbildung findet an von der öffentlichen Hand und gesetzlich geregelten finanzierten Fachhochschulen statt, außer Studiengebühren fallen keine weiteren unmittelbaren Kosten an. Es gibt auch die Möglichkeit, bei sozialer Bedürftigkeit, auf Ansuchen Stipendien zu erhalten.
Freiberufliche Soziale Arbeit ist in Österreich unbekannt. Die einzige vergleichbare freiberufliche Tätigkeit ist jene des „Lebens- und Sozialberaters“, der für die Erlangung des Gewerbescheines eine Ausbildung absolvieren muss. Der Lehrgang umfasst ein Minimum von 584 Stunden in mindestens fünf Semestern, und ist in einer dazu von der Gewerbebehörde befähigten Ausbildungseinrichtung (§ 119 Abs. 5 GewO, 1994) zu absolvieren, die Ausbildungskosten variieren je nach Anbieter um ca. € 4.500,--. Daher hat diese Ausbildung nur einen Bruchteil des Stundenausmaßes im Vergleich zur Sozialarbeiterausbildung.
Das Stundenausmaß für die Ausbildung zur MediatorIn ist um einiges geringer als jenes zur Ausbildung zur SozialarabeiterIn, und zwar beträgt es mindestens 365 Stunden nach dem ZivMediatG. Es gibt keine explizite Zugangsbeschränkung in Form einer Matura oder ähnliches.
Für den Auszubildenden entstehen zum Teil erhebliche Kosten, die privat finanziert werden müssen. Die Ausbildung ist zwar etwas preisgünstiger als jene zum Lebens- und Sozialberater, kostet aber ebenfalls über € 3.500,-.
Bei den beiden letztgenannten Ausbildungen gibt es keine unmittelbaren staatlichen Förderungen, Es besteht nur die Möglichkeit, im Rahmen der Arbeitnehmerveranlagung die Ausbildungskosten geltend zu machen.
Ist das Berufsbild der Sozialarbeiterin/des Sozialarbeiters nach Abschluss seiner Ausbildung, wie eingangs erwähnt, sehr breit gefächert, und ergibt es sich eigentlich erst aus der aus seiner Anstellung resultierenden Tätigkeit, so scheint das Berufsbild der Mediatorin/des Mediators eigentlich sehr klar und eng umgrenzt: Durchführung von Mediationen freiberuflich oder auf angestellter Basis in einer Beratungsstelle.
Aufgrund der verschiedenen Quellberufe (Rechtsanwälte, Lehrer, Sozialarbeiter, „Quereinsteiger“ aus allen möglichen beruflichen Bereichen), Arbeitsbereiche (Familien, Wirtschaft, Nachbarschaft, Umwelt…..) und natürlich aus der Persönlichkeit des Mediators und seiner persönlichen Arbeitsweise ist auch hier eine sehr breite Fächerung gegeben. Am ehesten normiert sind jene Mediationen, die innerhalb des Bereiches der Familienmediation bei Scheidungen staatlich gefördert werden. In diesen Fällen ist unter anderem eine gemischtgeschlechtliche Co-Mediation eingetragener...