Findest du mich zu dick, Schatzi?
Warum Frauen und Männer unterschiedlich essen
Die Damen sind im Durchschnitt keineswegs dicker als die Herren, aber viel unzufriedener mit ihrer Figur. Denn sie stellen höhere Ansprüche an sich selbst und geraten leichter in typische Abnehmfallen. Bei Frauen wie Männern spielen jedoch die Hormone, alltägliche Belastungen und Gewohnheiten eine Rolle, wenn es ums Gewicht geht.
Warum Frauen leichter zunehmen, aber schlanker sind
Frauen sehen bei sich selbst vor allem Problemzonen und machen Diäten. Männer dagegen sehen das nicht so eng und sind zufrieden, solange sie sich selbst einigermaßen gefallen.
EINE FRAU UND EIN MANN sitzen im Restaurant. Der Kellner jongliert die Tabletts zum Tisch und weiß schon lange, bevor er Getränke und Essen serviert: Das Wasser ist für die Dame, das Bier für den Herrn. Die Platte mit den grünen Blättern und dem homöopathisch dosierten Stück gebratenem Vogel ist für die Dame, die Haxe vom Schwein im Pommes-Haufen geht an den Herrn.
Frauen und Männer haben unterschiedliche Vorlieben
Klischee hin oder her – man muss keine wissenschaftlichen Studien und immer wieder neue Langzeitbeobachtungen der Gattung Mensch in der Überflussgesellschaft machen, um herauszufinden, dass die meisten Männer am liebsten deftig-kräftig schmausen und Frauen zur Not auch mal eine Zeit lang mit Körnerpicken klarkommen können.
Gemeinsam abnehmen: Die Vorteile überwiegen
Um es mal überspitzt pauschal zu formulieren: Kerle lieben Fleisch und Bier, Mädels mögen Schokolade und nagen zum Ausgleich an Gemüsesticks und Salat. Nun könnte das durchaus unproblematisch sein: Soll doch jeder essen, was ihm schmeckt, und selbst dafür sorgen, dass er dabei einigermaßen in Form bleibt! Doch sobald zwei Individuen zum Paar werden, entsteht bekanntlich das Bedürfnis, Küche und Bett zu teilen. Und auch sonst einige Gemeinschaftsprojekte durchzuziehen, zum Beispiel Mahlzeiten zu zweit. Gesagt, getan – und schon bald hängt der Haussegen schief. Sie möchte mal wieder ein bisschen abnehmen, aber das beschließt sie schon seit Jahren regelmäßig im Vier-Wochen-Abstand. Er findet das ganz überflüssig. Sie sieht schließlich gut aus, und er selbst sowieso. Warum also der Stress mit dem Hungern? »Weil ich zu dick bin.« – »Biste doch gar nicht.« – »Bin ich doch.« – »Nein.« – »Doch.« – »Wo denn?« – »Na überall.«
Lebensphasen und Essgewohnheiten
Wenn man Frauen über ihr Aussehen reden hört, klingt es oft so, als seien sie wandelnde Problemzonen. Sie hüpfen von einer Diät zur nächsten, von Start, Abbruch, Neustart zu Neuabbruch und Jo-Jo-Effekt und erneutem Neustart, und zwar meistens lebenslang und unter immer wieder neuen Bedingungen: vom Single, der sich vor allem um sich selbst kümmern muss, über das kinderlose Paar mit doppeltem Einkommen und viel Zweisamkeit – bis zu Familienversorgern. Paare mit Kindern kochen und essen in den ersten Jahren oft unter Dauerstress, nach dem Motto »Fürs Kleinkind das Beste, für die Eltern nur die Reste«.
Bis die Kinder entdecken, dass es auch außerhalb der elterlichen Küche interessante Imbisse gibt, vergehen ein paar Jahre, in denen sich die Essgewohnheiten der Eltern oftmals grundlegend verändern. Deshalb ist auch nach dieser Zeit das Essen ein wichtiges und manchmal schwieriges Thema bei Paaren.
Paare mit bereits erwachsenen Kindern essen schließlich meist nur noch dann gemeinsam mit ihrem Nachwuchs, wenn dieser gelegentlich zum Futterfassen vorbeikommt. Sie kennen das Gefühl »Jetzt sind wir endlich wieder dran«.
Aber auch Berufstätige ohne Kinder kommen oft irgendwann vom anfänglichen Dauerstress in ein ruhigeres Fahrwasser und besinnen sich darauf, was sie jetzt für sich selbst tun wollen. Dazu gehört oft der Wunsch, attraktiv zu bleiben und etwas mehr für die eigene Gesundheit zu tun. Wenn sie zu diesem Zeitpunkt eine Diät starten, staunen sie häufig darüber, dass die Paarprobleme in Sachen Besseressen mit zwanzig nicht viel anders als mit fünfzig oder sechzig sind.
Julia und Jonas: ein typisches abnehmwilliges Paar
Für die Paarkonflikte zum Thema Essen schicken wir in diesem Buch symbolisch Julia und Jonas ins Rennen, ein prototypisches abnehmwilliges Paar. Die beiden sind schon ein paar Jahre verheiratet und haben beide im Laufe ihrer friedlich-gemütlichen Ehe einige Kilos zugelegt. Langsam, aber sicher auf die Jahre verteilt, fiel es lange Zeit kaum auf. Doch jetzt haben die beiden Probleme in Sachen Figur und Selbsteinschätzung.
Sie schnippelt Salat, er wärmt die Fertigpizza auf
Ernsthafte Paargespräche über Essen und Gewicht bringen meist gar nichts. Er gibt auf, akzeptiert ihre Diät und futtert selbst munter weiter wie bisher. Beißt genüsslich in den Burger, während sie im Salat stochert. Raschelt mit der Chipstüte vorm Fernseher, während sie am Wasserglas nippt, und bringt sie mit der arglosen Frage »Willst du auch ein Rippchen Schokolade?« an den Rand eines Nervenzusammenbruchs. Hungerbedingt ist sie an Diättagen schlecht gelaunt, gibt seinem Hundeblick (»Nur ein kleines Stückchen!«) schließlich nach und gibt ihre mühsam aufrechterhaltene Selbstdisziplin auf. »Wenn ich ja doch schon wieder damit angefangen habe, kommt’s jetzt auch nicht mehr drauf an, ob ich ein Stück oder die ganze Tafel nehme.« Und schwups ist alles weg.
»Ab jetzt wird alles besser«?
Mit ihrer Reue kommt die Schimpfe, die ihn trifft: »Du bist schuld. Du hast mich verführt. Wenn du das Zeug nicht geholt hättest, wäre das nicht passiert.« Er seufzt und verspricht: Beim nächsten Mal wird alles besser. Dann mache ich auch mit. Nicht beim Hungern, aber beim richtigen Einkaufen. Hey, damit hat sie nicht gerechnet. Solidarisches Verzichten, das ist doch mal was: Sie setzt ihre Kohlsuppen-Diät fort; er packt ihr zuliebe keine Dickmacher mehr in den Einkaufswagen.
Jetzt wird alles gut? Von wegen. Nun passiert etwas viel Schlimmeres. Während sie nur noch Süppchen löffelt, mümmelt er bei den Mahlzeiten munter weiter, lässt aber abends mal das Bier im Kasten. Nach einer Woche kommt’s zum Showdown im Badezimmer. Während sie trotz Baucheinziehen und Luftanhalten dreiunddreißig Gramm mehr auf die Waage bringt als in der Woche davor, triumphiert er: drei Kilo weniger! »Nicht zu fassen«, schnaubt sie.
Alles mal aus neuer Perspektive betrachten: das hilft beim Entschlussfassen.
Die Natur ist ungerecht
... das stimmt zumindest in Sachen Gewicht. Frauen müssen etwa doppelt so viel leisten, um ebenso erfolgreich abzunehmen wie Männer. Die meisten Paare kennen das: Bei ihm reicht ein schlanker Tag zwischendurch, um einen Schlemmerabend wieder auszugleichen. Bei ihr klebt das Zuviel auf den Hüften, wenn sie nicht tagelang diszipliniert dagegen kämpft. Er beschließt mal eben, abends eine Runde durch den Park zu laufen und das Auto mal in der Garage zu lassen – danach ist gewichtsmäßig alles wieder im Lot. Sie strampelt auf dem Fahrrad zum Bauch-Beine-Po-Kurs, macht Yoga, Pilates, Staubsaugen und Treppensteigen – und die Waage dankt es ihr nicht.
Fettpolster waren in früheren Zeiten Lebensversicherungen
So gemein, wie die Natur hier erscheint, ist sie allerdings nicht. Denn das offenbar merkwürdige Abnehmverhalten moderner Menschen hatte ursprünglich mal einen Sinn. Es diente der Arterhaltung. In der Höhle waren Fettpolster Lebensversicherungen für Notzeiten. Wer am meisten speichern konnte, kam besser durch lange Winter. Die Fettdepots wurden da angelegt, wo sie am nützlichsten waren: Bei Frauen in der Bauch-Beine-Po-Zone (als Wärmespeicher, Reserven fürs Baby, fürs Stillen und zum Sitzen und Pflücken), bei Männern im Bauchbereich, weil Fettschichten an den Beinen beim Jagen hinderlich gewesen wären. Unsere männlichen Urahnen schoben allerdings selten prachtvolle Kugelbäuche vor sich her. Ihre zum Jagen notwendigen Muskeln fraßen den Frontspeicher schnell auf, sobald Beute in Sicht war und erlegt werden musste. Sich vorm Rennen drücken? Keine Lust zum Laufen? Lieber am Feuer herumliegen? Gab’s damals nicht. Es ging schließlich ums Überleben.
Bis heute haben wir daran zu knabbern. Wenn Männer zu viel essen, entwickeln sie sich im Laufe ihres Lebens zum Modell »Schwangerer Storch« (Kugelbauch auf Stelzenbeinen). Bei Frauen liegen die von der Natur bevorzugten Fettspeicher bis heute an Po und Oberschenkeln und halten sich hartnäckig.
Frauen essen besser, Männer genießen mehr
Männer, Frauen und Diäten – das scheint so wenig zusammenzupassen wie Frauen und Einparken oder Männer und Beziehungsgespräche. Das ist schade! Frauen und Männer könnten viel davon profitieren, wenn sie bei allen Themen rund um den Teller voneinander lernen würden.
In der Disziplin »Besseressen« macht Julia auf jeden Fall das Rennen vor Jonas – und liegt damit im statistischen Durchschnitt. Julia kann besser kochen als Jonas. Sie achtet mehr auf Frische, auf Kalorien, Fettanteile, Nährwerte und regelmäßige Mahlzeiten. Das hat Folgen für...