Bei der Wertorientierung werden in der Literatur zwei Sichtweisen unterschieden, der Stakeholder-Ansatz und der Shareholder-Ansatz. Die Stakeholder sind hierbei alle Interessengruppen bzw. Individuen, die Einfluss auf die Ziele des Unternehmens in Hinsicht auf ihre Erreichung nehmen oder deren Ziele durch das Unternehmen beeinflusst werden.[143] Die wichtigsten Stakeholder eines Unternehmens sind die Eigenkapitalgeber, die Mitarbeiter, die Öffentlichkeit, die Kunden, die Fremdkapitalgeber, die Lieferanten, das Management und der Staat.[144] Die Berücksichtigung der Interessen der verschiedenen Anspruchsgruppen führt jedoch zu erheblichen Problemen.[145] So ist die Identifikation der betroffenen Stakeholder wie auch die Beschreibung und Gewichtung ihrer Interessen oftmals mit Schwierigkeiten verbunden. Deshalb und aufgrund von Zielkonflikten zwischen den verschiedenen Anspruchsgruppen kann dieser Ansatz auch keine eindeutige Zielfunktion aufweisen.[146]
Der Shareholder-Ansatz hingegen ist lediglich auf die Interessen der Eigentümer des Unternehmens ausgerichtet. Somit kann ein klares oberstes Führungsziel formuliert werden und der Erfolg des Unternehmens kann zudem durch monetäre Größen gemessen werden.[147]
Aufgrund der Schwächen des Stakeholder-Ansatzes und der Vorteile des Shareholder-Ansatzes wird im Rahmen dieser Arbeit dem Shareholder-Ansatz gefolgt.
Der Ursprung des Shareholder-Value-Ansatzes liegt in den USA. Das Konzept wurde zunächst bei einmaligen Entscheidungen im Rahmen von Unternehmens-restrukturierungsprojekten eingesetzt, wobei betrachtet wurde, wie sich der Unternehmenswert aufgrund von Akquisitionen, Abgabe von Geschäftsfelder oder spin offs verändert.[148] Später wurden diese Überlegungen auf die laufende Planung und Steuerung übertragen.[149]
Aufgrund der boomartigen Entwicklung bei Unternehmensübernahmen in den 80er Jahren, v.a. in den USA, verbreitete sich der Shareholder-Value-Ansatz seit dieser Phase sehr schnell.[150] So genannte „Corporate Raider“ versuchten lukrative Übernahmekandidaten zu finden, diese nach der Übernahme durch Restrukturierungsmaßnahmen im Wert zu steigern und anschließend wieder zu verkaufen. Unternehmen können sich somit am Besten vor feindlichen Übernahmen schützen, indem sie ihre Geschäftsbereiche so führen, dass solche Wertlücken geschlossen werden und potentielle Käufer keine Möglichkeit sehen, einen Mehrwert durch eine Restrukturierung des Unternehmens zu erzielen.[151]
An Steuerungsrechungen von Unternehmen sind zur Erfüllung ihrer Zwecke (Entscheidungsunterstützung, Verhaltenssteuerung und Kontrolle[152]) verschiedene Anforderungen zu stellen. Demnach sollen die bereitgestellten Informationen zugleich zeitnah und valide, verständlich und präzise sowie möglichst wirtschaftlich und dennoch bedarfsgerecht sein.[153] Diese Kriterien werden im Folgenden näher konkretisiert, um eine Basis zu schaffen, an der der Nutzen der IAS/IFRS als Grundlage kontrollorientierter Steuerungsrechnungen abgeschätzt werden kann und ein Vergleich der IAS/IFRS und anderer Rechnungslegungssysteme im Hinblick auf ihren Nutzen durchgeführt werden kann.
Die in der Literatur angeführten Kriterien unterscheiden sich teilweise. Jedoch kristallisieren sich die im Folgenden aufgeführten Anforderungen heraus.[154]
Kontroll- und Steuerungsrechnungen dienen Entscheidungsträgern als wichtiges Informationsinstrument. Die bereitgestellten Informationen müssen hierzu der Anforderung der Analysefähigkeit gerecht werden, welche sich in die drei Aspekte Aktualität, Relevanz und Vergleichbarkeit untergliedert.[155]
a) Aktualität und Zukunftsorientierung
Damit bei Bedarf rechtzeitig Steuerungsmaßnahmen ergriffen werden können, ist es unerlässlich, dass die von den Kontroll- und Steuerungsrechnungen gelieferten Informationen aktuell sind. Dabei erfordert die zeitliche Entscheidungsverbundenheit eine möglichst große Nähe zwischen der Entscheidung und deren Wirkung.[156] Hierdurch wird gewährleistet, dass langfristige Entscheidungen, die den Wert eines Unternehmens dauerhaft steigern, aufgrund ihrer verzögerten Ergebniswirkung nicht vernachlässigt oder vollständig ausgesetzt werden.[157] Diese zeitliche Entscheidungsverbundenheit ist eng mit der Frage nach dem Realisationszeitpunkt verbunden. Hierbei wird später auf die unterschiedliche Erfassung nach HGB (Completed-Contract-Method) und nach IAS/IFRS (Percentage-of–Completion-Method) eingegangen.[158]
b) Relevanz
Betriebswirtschaftliche Informationsinstrumente können immer nur einen Teil der realen Tatbestände wiedergeben. Aufgrund dieser wahrgenommenen Wirklichkeit ist die Relevanz dieser Daten von besonderer Bedeutung.[159] Demnach sind Informationen relevant, wenn sie für eine konkrete Entscheidung nützlich sind.[160]
c) Vergleichbarkeit
Um die generierten Informationen korrekt interpretieren zu können, muss auf die zeitliche, materielle und formelle wie auch strukturelle Vergleichbarkeit geachtet werden. Materielle Vergleichbarkeit bedeutet hierbei, dass die bereitgestellten Daten in gleicher Weise zustande gekommen, aggregiert und gegliedert sind. Wird eine
Begriffs-, Abgrenzungs- und Gliederungskontinuität gewährleistet, so ist von formeller Vergleichbarkeit zu sprechen.[161] Seitens der zeitlichen Vergleichbarkeit sollten über mehrere Perioden hinweg die gleichen Ermittlungsmethoden zum Einsatz kommen. Die strukturelle Vergleichbarkeit soll es ermöglichen unterschiedliche Vergleichsobjekte, wie beispielsweise Geschäftbereiche oder ganze Unternehmen, gegenüberzustellen.[162]
Die Anreizverträglichkeit eines Kontroll- und Steuerungssystems ist dann gegeben, wenn eine Zielkongruenz zwischen den Zielen des Gesamtunternehmens und den unternehmerischen Teileinheiten besteht, und wenn die Objektivität der berichteten Informationen gewährleistet ist.[163] Diese Anforderungen sind hauptsächlich für dezentral organisierte Unternehmen von Bedeutung, denn hier besitzen die verschiedenen Geschäftsbereiche weitreichende Entscheidungsspielräume. Aufgrund von bestehenden Interessendivergenzen und einer asymmetrischen Informations-verteilung besteht somit eine typische Principal-Agent-Beziehung.[164]
Zur Motivation einer gesamtunternehmenszielkonformen Nutzung von Entscheidungsspielräumen werden in den Unternehmen bzw. Teilbereichen Kontrollrechnungen eingesetzt. Dieses Steuerungssystem muss zwangsläufig aus den Oberzielen des Gesamtunternehmens abgeleitet werden. Hierbei muss für die Entscheidungsträger erkennbar sein, wie zukünftig geplante sowie tatsächliche Handlungen auf die Erreichung der obersten Ziele einwirken.[165] „Übertragen auf den einzelnen Verantwortungsbereich bedeutet dies, dass ein durch die Kontrollrechnung festgestelltes höheres (niedrigeres) Erfolgsniveau einen positiven (negativen) Beitrag zum Gesamtunternehmenserfolg reflektieren muss.“[166] Probleme treten insbesondere dann auf, wenn die Auswirkungen von Entscheidungen erst in den Folgeperioden berichtet werden. So besteht die Gefahr, dass „strategische Kosten“ für eine nachhaltige Steigerung des Unternehmenswerts wie bspw. Forschungs- und Entwicklungskosten außen vor gelassen werden, um das kurzfristige Bereichsergebnis möglichst positiv zu gestalten.[167]
Eine weitere Anforderung an Kontroll- und Steuerungsrechnungen ist die Objektivität. Hiernach soll die Informationsehrlichkeit der Inhalte der Steuerungsrechnungen sichergestellt und somit Manipulationen und Sachverhaltsgestaltungen vermieden werden.[168] Es besteht in größeren Unternehmen prinzipiell die Gefahr, dass Steuerungsrechungen durch bewusste Manipulationen ad absurdum geführt werden,[169] bspw. um Entscheidungen der Unternehmensleitung in Bezug auf Investitionsentscheidungen zu beeinflussen oder aktiv eine Verbesserung der erfolgsabhängigen Vergütung zu erreichen.
Die Kommunikationsfähigkeit der Kontrollrechnung muss vor dem Hintergrund der naturgemäß beschränkten intellektuellen...