Um den Einstieg in diese Arbeit zu erleichtern, erscheinen eine Auseinandersetzung sowie eine Darstellung von relevanten Grundlagen zunächst angebracht und erforderlich, um auf diese Weise eine Verständnisgrundlage für die weiteren Ausführungen zu schaffen.
Den Begriff „Wissen“ als Grundlage dieser Arbeit eindeutig und allgemeingültig zu definieren, ist an mancher Stelle mit Schwierigkeiten verbunden, weshalb ein Abgrenzungsversuch als sinnvoll zu erachten ist. Eine einheitliche Definition des Wissensbegriffs scheint nicht zu existieren, was sich u.a. auf die Tatsache stützt, dass gerade in der einschlägigen Literatur dieser Begriff in unterschiedlicher Weise gebraucht wird und sich verschiedene Definitionen und Begriffsauffassungen finden lassen.[7] Da der Wissensbegriff in mehreren Wissenschaftsdisziplinen[8] und auch im täglichen Sprachgebrauch verwendet wird, ergeben sich verschiedene Perspektiven und Darstellungsweisen, die sich teilweise widersprechen, jedoch aus Sicht des Definierenden ihren Anspruch haben.[9] Wissenschaftler und Praktiker sind zwar der Meinung, dass Wissen als Ressource für Unternehmen sehr wichtig ist, dennoch hat sich bisher keine einheitliche Begriffsdefinition herauskristallisieren können.[10]
Nachfolgende Übersicht über verschiedene Wissensdefinitionen soll die Vielfalt unterschiedlicher Begriffsbestimmungen andeuten und zur Diskussion anregen:
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Abb. 1: Ausgesuchte Wissensdefinitionen
Quelle: Eigene Darstellung
Um den Wissensbegriff differenziert darstellen zu können und so eine allgemeine Verständnisgrundlage zu schaffen, bietet sich zunächst eine Abgrenzung der Begrifflichkeiten Zeichen, Daten sowie Information und Wissen an, welche nachfolgend vorgenommen wird Eine Differenzierung der Begriffe ist außerdem sinnvoll, da im Unternehmensalltag oft auf eine deutliche Unterscheidung verzichtet wird und die Begriffe weitgehend synonym verwendet werden.[16] Die nachfolgende Graphik sowie die sich anschließende Begriffsdifferenzierung anhand eines Beispiels sind an die Ausführungen von Rehäuser und Krcmar angelehnt.[17]
Abb. 2: Die Begriffshierarchie Zeichen, Daten, Information und Wissen[18]
Quelle: Eigene Darstellung
Zeichen
Die unterste Ebene der Begriffshierarchie bilden Zeichen. Buchstaben, Ziffern und Sonderzeichen bilden den Zeichenvorrat. Beispielhaft sollen die Ziffern „1“, „3“, „0“ und das Sonderzeichen „,“ aus dem Zeichenvorrat ausgewählt werden, die zunächst noch zusammenhangslos sind.
Daten
Daten, welche sich aus einzelnen oder einer Reihe von Zeichen zusammensetzen und durch diese repräsentiert werden, erfahren eine derartige Verknüpfung, dass sich ein sinnvoller Zusammenhang ergibt, der entweder bekannt ist oder unterstellt wird. Oben genannten Zeichen sowie das Sonderzeichen lassen sich z.B. zu der Zahl „1,30“ zusammensetzen. Noch fehlt aber der Bezug, durch den diese Zahl näher bestimmt wird. So könnte es sich bspw. um einen Preis oder um eine Größenangabe handeln.
Information[19]
„Aus Daten werden Informationen, wenn sie in einen Problembezug eingeordnet und für die Erreichung eines Zieles verwendet werden“[20]. Daten werden somit erst durch die Einbettung in einen Kontext zu Information. Die Zahl „1,30“ kann z.B. als Austauschverhältnis zwischen Euro und Dollar verstanden werden.
Informationen sind aber wertlos, wenn sie nicht mit weiteren aktuellen oder in der Vergangenheit erworbenen Informationen verknüpft werden können.[21]
Wissen
Werden Informationen nun zweckorientiert und sinnvoll mit persönlichen Erfahrungen vernetzt, entsteht Wissen.[22] So weiß bspw. ein Reisender, der in die USA möchte, dass der Eurokurs in der Vergangenheit immer anstieg, wenn die Leitzinsen der EZB über denjenigen der amerikanischen Zentralbank lagen oder angehoben wurden, da in diesem Fall aus dem Ausland verstärkt Euro und festverzinsliche Wertpapiere in Euro nachgefragt werden. Durch die steigende Nachfrage steigt der Preis für Euro in Dollar z.B. auf € 1 = $ 1,35, wodurch der Reisende einen besseren Umtauschkurs bekommt und sein Urlaub günstiger wird. Er verknüpft also die Informationen über den aktuellen Wechselkurs und die Nachricht über die bevorstehende Anhebung der Zinsen sinnvoll miteinander und weiß aus seinen Erfahrungen, dass er sein Geld erst nach der Erhöhung der Leitzinsen umtauschen sollte, um von dem besseren Wechselkurs zu profitieren.
Wissen ist anders als Zeichen, Daten und Information „zweckrelativ und an den individuellen Kontext des Erfahrungsträgers gebunden.“[23] Informationen hingegen sind nicht an Personen gebunden und können daher auch von Dritten interpretiert und verarbeitet werden.[24] Auf das Beispiel übertragen bedeutet dies, dass eine andere Person, die die gleichen Informationen erhält, diese eventuell gar nicht interpretieren kann, da ihr die persönlichen Erfahrungen fehlen und sie den künftigen Kursverlauf des Euros deshalb nicht vorherbestimmen kann.
Interessant wird die Interpretation von Informationen in verschiedenen Kulturräumen, da je nach kulturellem Kontext diese in sehr unterschiedlichem Maße verstanden und verknüpft werden können. So wird ein Kopfnicken in unserem Kulturkreis als Zustimmung verstanden, in Griechenland jedoch bedeutet das leicht veränderte Kopfnicken „Nein“. Wissen ist folglich von individuellen Erfahrungen geprägt, abhängig vom Kontext und an Personen gebunden.[25]
In der nachfolgenden Abbildung wird das obige Beispiel zusammengefasst und ein Überblick über die Beziehungen der verschiedenen Ebenen der Begriffshierarchie zueinander gegeben.
Abb. 3: Die Beziehungen zwischen den Ebenen der Begriffshierarchie
Quelle: In Anlehnung an Rehäuser/Krcmar (1996), S. 6.
In Anlehnung an Scheuble und Probst et al. wird Wissen in dieser Arbeit als Summe aller Kenntnisse, sowie aller erlernten kognitiven und motorischen Fähigkeiten verstanden, die Individuen zur Lösung von Problemen und zur Durchführung von Handlungen einsetzen. Diese haben sich auf Basis vergangener Erfahrungen und Beobachtungen im Umgang mit der Umwelt als nützlich erwiesen. Dabei entsteht Wissen als individueller Prozess und ist stets an Personen sowie an ihre individuellen Erfahrungen gebunden.[26]
Wissen erschließt sich demnach nicht nur rein theoretisch aus Lehrbüchern oder aus der Ausbildung, sondern auch durch dessen Anwendung. So weiß bspw. ein Produktionsmitarbeiter wie er eine Schleifmaschine einstellen muss, damit sie im optimalen Wirkungsbereich läuft. Er kann es vielleicht nicht verbalisieren, ab wann die Maschine z.B. eine niedrigere Drehzahl fahren muss und warum, durch seine Erfahrungen hat er sich darüber jedoch Wissen angeeignet und wendet es intuitiv an, ohne eventuell diesen Lernprozess bewusst wahrgenommen zu haben.[27]
Wissen hat besondere Eigenschaften, die es weitestgehend von den klassischen Produktionsfaktoren Arbeit, Boden und Kapital unterscheidet, aber auch Gemeinsamkeiten, die im folgenden Abschnitt erarbeitet werden.
Wissen kann z.B. problemlos zeitgleich von mehreren Personen am selben Ort oder auch an verschiedenen Standorten angewendet werden, wobei materielle Produktionsfaktoren zur gleichen Zeit immer nur an einem Ort genutzt werden können. Maschinen und Werkzeuge nutzen sich durch Gebrauch ab, verschleißen und verlieren an Wert, wohingegen sich Wissen durch Nutzung nicht verringert, sondern sich durch vielfältigen Gebrauch sogar vermehrt.[28] Die Anwendung von Wissen unterscheidet sich somit grundlegend von den anderen Produktionsfaktoren, da nicht knappe Ressourcen verteilt werden müssen, sondern Wissen permanent neu geschöpft wird.[29]
Vermehrung oder Verlust von Wissen kann dabei nicht...