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Wurzeln der modernen Sportmedizin, Physiotherapie und Trainingslehre: Sport und Medizin in der griechisch-römischen Antike

AutorMarion Repschläger
VerlagDiplomica Verlag GmbH
Erscheinungsjahr2018
Seitenanzahl84 Seiten
ISBN9783961461509
FormatPDF
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis19,99 EUR
Sport und körperliche Erziehung hatten schon in der Antike eine besondere Bedeutung - die Erkenntnisse aus dieser Zeit finden auch heute noch in den Bereichen Sport, Medizin und Physiotherapie Anwendung. Im vorliegenden Buch stellt die Autorin die Ansätze einer antiken Trainingslehre vor und untersucht anschließend die Bedeutung des Sports in der Antike für die Bereiche Prävention und Rehabilitation. Abschließend werden die Gemeinsamkeiten zwischen den antiken 'Urvätern' der Krankengymnasten und dem modernen Physiotherapeuten herausgearbeitet, und die Autorin geht näher auf den 'modernen' Streit zwischen Physiotherapeuten und Sportlehrern, einen im Grunde 'antiken' Streit zwischen den beiden Bewegungsspezialisten, ein. Dieses Werk ist eine überarbeitete Neuausgabe des 2011 veröffentlichten Buches 'Sport und Medizin in der griechisch-römischen Antike'.

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Leseprobe
Textprobe: Kapitel 3.1.1.1: Die ionischen/milesischen Naturphilosophen: Die bedeutendsten Vertreter dieser Schule sind Thales, Anaximander und Anaxi-menes, die im 7. und 6. Jhd. v. Chr. lebten. Thales, ein weitgereister und u. a. in Ägypten in den Naturwissenschaften ausge-bildeter Mann, war in erster Linie als Mathematiker bekannt. Er gilt als Begründer der Naturphilosophie. Durch intensives Beobachten und Studieren der Natur gelangt er zu der Auffassung, das Wasser sei der Ursprung allen Seins. Für Anaximander hingegen ist das Prinzip allen Werdens und Seins das (abstrakte) apeiron (???????), 'quantitativ unbegrenzt [... und] qualitativ unbestimmt' (33). Es stellt quasi den Urstoff dar, aus dem alles wird und zu dem alles wieder zurückkehrt, und seine Unbegrenztheit garantiert ein ewiges Werden in der Welt. In sich trägt das apeiron alle Gegensätze, das Warme und Kalte, das Feuchte und Trockene, die Dynameis (????????), die sich in beständigem Kampf um die Vorherrschaft eines Elementes befinden. Der Ausgleich der Gegensätze, die Harmonie, bedeutet Ge-sundsein, ein Ungleichgewicht dagegen Krankheit. Anaximenes, der jüngste Vertreter der ionischen Naturphilosophen, sieht wieder ein 'konkretes' Element, die Luft, als Ursprung des Seins an: Durch Verdichtung und Verdünnung entstehen aus ihr Feuer, Wind, Wolken, Wasser, Erde und Stein. Seine These von der Luft als Urstoff wurde später die Grundlage der Lehre vom Pneuma. Es ist für uns kaum noch vorstellbar, wie revolutionär diese Thesen für die Menschen der Antike gewesen sind. Der Mensch war gewohnt, die Natur und die in ihr existierenden Erscheinungsformen als voneinander unabhängig, verschiedenartig und ohne einen größeren Zusammenhang zu betrachten (34). Die 'neuen Denker' (35) aber stellten erstmals alles Sein, Werden und Vergehen unter ein einheitliches Prinzip: Alle Stoffe, schienen sie auch noch so verschieden, waren in Wahrheit die verschiedenen Erscheinungsformen ein- und desselben Urstoffes und standen untereinander in Beziehung. Indem sie die Menschen der Antike lehrte, die Welt aus einem neuen Blickwinkel zu betrachten - und damit zur Grundlage für spätere Philosophien wurde -, beeinflußte diese neue Betrachtungsweise das gesamte Denken der abendländischen Welt und damit auch die Entwicklung der Medizin. 3.1.1.2: Die Pythagoreer: Der monistischen Weltanschauung der ionischen Naturphilosophen stand die dualistische der Pythagoreer gegenüber: Sie unterschieden erstmals zwischen dem Stofflichen und Geistigen und fragten nach ihrem Verhältnis zueinander und ihrer Wechselwirkung. Als bedeutendste Vertreter dieser Schule gelten ihr Begründer Pythagoras, ein weitgereister Mann, und sein Schüler Alkmaion (beide im 5. Jhd. v. Chr.). Da Pythagoras seine Lehre nicht schriftlich niederlegte und diese seinen Schülern als streng zu wahrendes Geheimnis galt, ist nur wenig authentisch über-liefert. Die Pythagoreische Lehre beinhaltet mystische und rationale Tendenzen: Nach ihrer Auffassung stehen sich Zahl (im Sinne des Ursprungs, des Logos/geistigen Prinzips) als ordnendes, gestaltendes Prinzip und noch ungeformte Materie im Kampf gegen-über. Das Ergebnis dieses Kampfes ist die Vereinigung der Gegensätze in einer Struktur. Da die Zahl (das Geistige) die ordnende Funktion hat, ist die Harmonie der menschlichen Konstitution, der Gesundheit, umso größer, je dominanter die Zahl ist; ein Überwiegen der Materie (des Stofflichen) bedeutet demnach Disharmonie, Krankheit. Aristoteles umreißt die Lehre der Pythagoreer mit dem Satz: 'Der ganze Himmel ist (ihnen) Harmonie und Zahl.' (36). Auf der Erkenntnis aufbauend, daß der Geist, der Intellekt über den Körper und seine Bedürfnisse herrschen muss, so der Mensch gesund sein will, entwickelten die Pythagoreer eine Diät (??????), eine bestimmte Lebensweise bzw. eine Anleitung dazu. Sie bemühten sich also, ihre Theorie auch in der Praxis umzusetzen. Um in Gesundheit leben zu können, sollte der Mensch in jeder Beziehung maßvoll sein und zeit seines Lebens Leibesübungen zur Abhärtung und Bezähmung der körperlichen Begierden betreiben. Einen überzeugenden Beweis für den Erfolg dieser Lebens-weise stellte Milon von Kroton dar, einer der erfolgreichsten Athleten der Antike über-haupt und angeblich ein Schwiegersohn des Pythagoras. Die bis dahin fatalistische Einstellung der Menschen, jede Krankheit auf den Einfluß einer Gottheit zurückzuführen, wurde allmählich ihrer Grundlage beraubt. Die Men-schen erkannten, daß es in ihren eigenen Händen lag, Gesundheit und Krankheit zu beeinflussen. Alkmaion überarbeitete den Gedanken der Pythagoreer vom Beherrschenden (Zahl) und Beherrschten (Materie). Er entwickelte die experimentelle Methode, gewann anatomische Kenntnisse durch Tiersektionen und untersuchte die Sinnesorgane bzw. deren Funktion. Durch seine Sektionen entwickelte er den Gedanken, dass das Gehirn der Sitz des Denkens sei und nicht - wie bisher angenommen - das Herz. Diese These war so ungewöhnlich, dass viele Nachfolger sie abstritten. Hippokrates hingegen übernahm sie (37). Nach Alkmaions Auffassung war das Gleichgewicht des Kalten und Warmen, des Feuchten und Trockenen Ausdruck der Harmonie, der Gesundheit, und nicht die Herrschaft eines Elementes. War für Pythagoras diese Herrschaft noch Vorausset-zung für die Gesundheit, so bedeutete sie bei Alkmaion die Ursache der Krankheit. Seine Theorie von der richtigen Mischung der Elemente war in der gesamten Antike von größter Bedeutung und Grundlage für viele Theorien. Die Behandlung einer Krankheit erfolgte durch Aderlassen oder Fasten, also dem 'Wegnehmen' eines Teiles aus dem Körper, um es dann durch Heilmittel oder regulierende Nahrung wieder zu ersetzen und so das Gleichgewicht wiederher-zustellen. 3.1.1.3: Die Atomisten: Stellvertretend für die Atomisten sei Demokrit (5./4. Jhd. v. Chr.) vorgestellt. Auf-bauend auf den Erkenntnissen seines Lehrers Leukipp entwickelte Demokrit seine Atomtheorie. Seine Atome sind keine in modernem wissenschaftlichen Sinne kleinste Materieteilchen; vielmehr sind sie das Sein (Seinsteilchen) im Gegensatz zum Nichtsein (der Leere). 'Jedes einzelne Atom ist ungeworden, einheitlich, stetig, unteilbar, unveränderlich; es ist als solches starr, hart, fest (???????); aber es ist in ständiger Bewegung, und zwar deshalb, weil es vom leeren Raum umgeben ist, in den es hineinstürzt.' (38) Erst die durch Wirbelbewegung zusammengesetzten Atomkomplexe sind für unsere Sinne wahrnehmbar; sie unterliegen dauernder quantitativer und qualitativer Verän-derung. Die Wahrnehmung erfolgt über die von Gegenständen und Gedanken ab-fließenden Atome, die ein vollkommenes Abbild ihrer Ausgangsobjekte sind. Diese sich nach allen Seiten ausbreitenden Abbilder werden durch die Poren in einen anderen Körper aufgenommen. Die günstigsten Voraussetzungen für das Eindringen sind zugleich die Merkmale der Gesundheit: Das richtige Verhältnis von Warm und Kalt im Körper, der richtige Grad der Feuchtigkeit im Gewebe, die möglichst offenen und trockenen, von schädlichen Einflüssen freien Poren (39).
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