TEIL I
Baumeister und die Lage auf der Vermögens-Baustelle
Lieber eine Stunde über Geld nachdenken als eine Stunde für Geld arbeiten.
John Rockefeller, Bankier und Milliardär
Die meisten Menschen werden nur deswegen nicht reich, weil sie vor lauter Arbeit keine Zeit zum Geldverdienen haben.
Jimmy Durante, Schauspieler
1 | Der Bauplan für ein Portfolio, den Banken verheimlichen |
Seit Generationen wissen wir, dass Bauern »nicht alle Eier in einen Korb legen« sollen. Diese Binsenweisheit drang zur Finanzwelt vor und so war die richtige Mischung von Aktien und Wertpapieren seit jeher Gegenstand der Betrachtung. Je breiter die Mischung, desto geringer das Risiko, ausgerechnet die Nieten zu erwischen.
Wie sieht nun das private Portfolio in Deutschland aus, das neben 4,6 Billionen Euro Immobilienvermögen über 4,5 Billionen Euro Geldvermögen umfasst (bei Schulden von 1,5 Billionen)?
Dividenden und Zinsertrag der Bankanlagen 20071 | 3,0 % |
Jahresertrag des Geldvermögens 1991–20062 | 4,2 % |
Umlaufrendite Bundeswertpapiere 1998–20083 | 4,2 % |
* per Ende Juni. 1 Vor Inflation. Eigene Berechnung aus Deutsche Bundesbank Monatsbericht 9/2008 u. Postbank: Research Spezial Juli 2008; 2 Vor Inflation. Allianz Global Investors: Sparen – aber richtig! 3. Aufl., Nov. 2007; Deutsche Bundesbank, Zeitreihen, eigene Berechnung
Geldvermögen Private Haushalte 2008*
Defensivstrategie: Selten ein Tor kassiert, aber nie eins geschossen
Die Rendite von 3 bis 4 % des Geldvermögens liegt naturgemäß nahe bei der Rendite der stark gewichteten Bankanlagen. Der typische Deutsche legt offensichtlich risikoscheu und mager verzinst an. Nach Börsencrashs, Inflation und mehrjährigen Niedrigzinsphasen erkennen viele Sparer allerdings, dass Banken wie Anlagegurus jahrzehntelang keine ertragreiche Mischung feilboten. → vgl. Kapitel 3, Hilflose Bankberater
Das irrige Motto von Bankern, Buchautoren und Börsengurus der letzten Jahrzehnte lautet: »Streuen Sie auf Aktien, Renten und Zertifikate.« Die Wahrheit ist, dass Sie damit kaum streuen, denn die Börsen sind verwandt, Aktien werden gar in Sippenhaft genommen. Vor allem bleiben wesentliche Märkte außen vor.
Portfolios der Erfolgreichen
Besser wäre es gewesen, sich nach den Portfolios der Erfolgreichen zu richten. Also nicht nur weniger der zerbrechlichen traditionellen Eier in den Korb zu legen, sondern alternativ Gemüse und Obst beizufügen. Die Erträge der konservativen Stiftungsvermögen der Universitäten Harvard (16,2 % p. a. 1992–2007) und Yale (16,8 % p. a.; seit 1985 nur ein Jahr Verlust) oder der Harald-Quandt-Holding schlagen seit vielen Jahren diejenigen herkömmlicher Investmentfonds um Längen. Yale erzielte 2007 auf seine 18 Mrd. Dollar Vermögen 28 % Ertrag, Harvard 23 % auf stolze 29 Mrd. Dollar, Stanford 23 % auf 19 Mrd. (1997–2007 15,1 % Ertrag pro Jahr). Jedes Jahr, selbst in Börsenkrisen, erwirtschafteten die Stiftungen Gewinne. Nur 2008/2009 werden sie wohl nicht ungeschoren davonkommen, denn sie sind börsenlastig, haben langfristig aber die Nasen weit vorn. Woran liegt das? An der hohen Gewichtung alternativer Anlageklassen und von Sachbeteiligungen, die dort Tradition hat. So hat Yale als erster institutioneller Investor seit 1990 Hedge-Fonds im Portfolio:
Mischstrategie: Sturm und Defensive
Über 2,7 Mrd. Dollar von Harvard stecken in Waldgebieten, im Kaufjahr ein Anteil von über 11 %. Die Vermögensverwaltung Auda, die unter anderem für die Familie Quandt in den USA arbeitet, investiert ein Milliardenvermögen in Private-Equity- und Hedge-Fonds. Die Universität von Texas verwaltet über 13 Mrd. Dollar, knapp 12 % davon in Private Equity. Denselben Anteil hält Stanford und darüber hinaus 18 % in Hedge-Fonds bzw. »Total-Return«-Fonds. Die Pensionskasse der Staatsbediensteten Kaliforniens, CalPERS, steckte bislang 6,1 % ihrer 250 Mrd. Dollar in Private Equity. Die deutsche Allianz-Versicherung war per 2006 mit 3,8 Mrd. Dollar investiert. Das alles kann so verkehrt für den Normalanleger folglich nicht sein. Die Feri Wealth Management, eine der größten deutschen Vermögensverwaltungen und nur für Anlagesummen ab 5 Mio. Euro tätig, empfiehlt, die Hälfte des Vermögens in alternativen Investments anzulegen.1 Professor David Swensen baute das Vermögen der Yale-Stiftung auf und sagte, sein Weg zum Erfolg sei »ein wirklich diversifiziertes Portfolio und eine starke Orientierung an Aktien und aktienähnlichen Anlagen.«2
Doch Harvard und Yale haben noch nicht breit genug gestreut, denn es finden sich keine Sachwerte wie Schiffe, Flugzeuge oder Windräder in ihren Portfolios. Die Universitäten weisen den Weg, gingen ihn bislang aber nicht konsequent zu Ende. Wir wollen dies auf den folgenden Seiten versuchen.
Private Equity und Hedge-Fonds klingen risikoreich? Stockkonservative Großanleger betrachten sie jedoch offenkundig als Basisinvestment! Ihre Erkenntnis:
»Risikoreiche Anlagen werden gut gemischt und langfristig risikoarm!«
Es ist sicherer, etwas zu riskieren, als passiv zu sein.
George Soros, Spekulant
Spekulieren ist kein Spiel mehr, es ist eine Maßnahme zum Schutz des Vermögens.
André Kostolany, Spekulant
Wenn Sie bislang glaubten, Sie hätten auf Aktien, Renten, Zertifikate, Lebensversicherungen und Investmentfonds gestreut, dann irrten Sie, lehrt Professor Franz-Joseph Busse in seinen Vorträgen: Sie seien in einer Anlageklasse geblieben, denn alle legten letztlich in Aktien- und Rentenmärkten an, am Finanzmarkt. Durch die weltweit vernetzte Wirtschaft synchronisierten regionale Aktienmärkte stärker als früher und liefen mit Rentenmärkten häufiger im Gleichschritt. Dies belegen auch andere Studien.3 Forschungen seines Instituts ergaben, dass geschlossene Fonds mit herkömmlichen Wertpapieren hingegen wenig korrelierten, deutlich zeigt sich dies bei psychologisch-politischen Aktienkrisen:
Der Vorteil geschlossener Fonds als Vermögens-Bausteine ist die geringe Abhängigkeit (Korrelation) ihrer Erträge von denen traditioneller Anlagen sowie untereinander. Die Mieterträge eines Immobilienfonds hängen weder von Börsenkursen noch vom Schiffsverkehr ab, den wiederum Holzpreise nicht tangieren, welche Waldfonds beeinflussen. Windräder erzeugen Strom unabhängig von Immobilienprojekten in Dubai. Patentverwertungen berühren nicht Policenfonds, deren Gewinn von Lebenserwartungen abhängt. Nur eine Weltwirtschaftskrise könnte sämtliche Anlageklassen inklusive Sparbücher treffen. Weitere Studien bescheinigen Private-Equity-Fonds oder Schiffsfonds eine geringe, somit risikomindernde Korrelation zu Aktien und Anleihen.4 Die Rendite von Sachwerten schwankt deutlich geringer als die von börsenpsychologisch geprägten Aktien, so das Hamburgische Weltwirtschaftsinstitut.5
Geschlossene Fonds reduzieren somit portfoliotheoretisch das Anlagerisiko durch Beimischung von börsenfernen Beteiligungen. Gemessen wurden die historischen Ergebnisse seit 1987 über 19 Jahre mit repräsentativen Indizes:
Bereits in einer Anlageklasse kann man das Risiko durch internationale Streuung deutlich senken: Immobilienpreise und Mieten entwickeln sich weltweit in zeitlich versetzten Wellen. Wenn in Westeuropa die Mieten sinken, steigen sie durchaus an anderen Ecken der Welt (vollständig gegenströmig wäre dies bei –1 der Fall):
Bei einer Studie mit Hedge-Fonds in einem Portfolio aus Aktien, Anleihen und alternativen Investments ergab sich, was für traditionelle Depots – bestehend aus Aktien und Anleihen – schon häufiger nachgewiesen wurde: Hedge-Fonds haben einen positiven Effekt auf Portfolios. Je nach Zusammensetzung des Depots kann die Volatilität (die Ertragsschwankung) sich bei gleich bleibender Rendite bis zur Hälfte reduzieren bzw. bei steigender Rendite die Volatilität sich vermindern.6
Kennt man die Abhängigkeiten und ungefähren Ertragserwartungen aller »Eier«, lässt sich für eine gewünschte Rendite das risikoärmste Portfolio in den Korb legen. Großanleger legen bereits auf die optimale Gewichtung hohen Wert, denn Studien ergaben, dass der Anlageerfolg (genauer: die Variation der Portfolioerträge) nicht von besonders zinsreichen Einzelanlagen, sondern zum weitaus größten Teil, zu über 90 %, von der Marktauswahl und Vermögensaufteilung...