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Beyond Budgeting: Von der Theorie zur Praxis

Implementierung des Modells am Beispiel einer Handelsunternehmensgruppe

AutorNatalie Heck
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2013
Seitenanzahl63 Seiten
ISBN9783656528876
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis29,99 EUR
Diplomarbeit aus dem Jahr 2012 im Fachbereich BWL - Controlling, Note: 1,5, Hamburger Fern-Hochschule, Sprache: Deutsch, Abstract: 'Wer nichts verändern will, wird auch das verlieren, was er bewahren möchte.' Gustav Heinemann (1899-1976), dt. Politiker Exposé EHEC, Dioxinskandal, Finanz- und Wirtschaftskrise - um nur einige Schlagwörter zu nennen - könnten durchaus auch als Unwörter des Jahres 2011 bezeichnet werden, denn sie haben zu massiven Umsatzeinbrüchen geführt und dem Handel viel abverlangt. Dennoch stehen diesen Schlagzeilen auch Meldungen von Rekordgewinnen einiger renommierter Unternehmen wie Daimler oder Rheinmetall gegenüber (O. V. http://www.handelsblatt.com/unternehmen /industrie/bilanz-daimler-praesentiert-rekordgewinn/6188392.html und O. V. http://www.derwesten.de/nachrichten/rheinmetall-verbucht-rekordgewinn-id6388970.html). 'Handel ist Wandel'. Dieses gefällige Sprichwort wird von Führungskräften allzu gerne benutzt, wenn es darum geht, die andauernd notwendige Veränderungsbereitschaft in Handelsunternehmen zum Ausdruck zu bringen. Die Anpassung an die Dynamik des Käufer- und Konsumentenverhaltens stellte zu allen Zeiten die zentrale Herausforderung des Handels dar. Die Entwicklungen des Käufer- und Konsumentenverhaltens lassen sich im Wesentlichen in soziodemographische (z. B. 'alternde' Gesellschaft), psychographische (z. B. High-Tech- versus High-Touch-Gesellschaft) und verhaltensspezifische (Abwechslungsneigung z. B. Marke bzw. Anbieter zu wechseln) Kategorien unterteilen (O. V. http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/handel-ist-wandel-entwicklungen-in-der-handelsstruktur.html). Auch die verfügbaren Einkommen, die heutzutage stagnieren, lassen den finanziellen Spielraum vieler Konsumenten eher gering ausfallen, was wiederum zu zurückhaltendem Kaufverhalten führt. Gleichzeitig wird der Kunde von immer mehr Unternehmen umworben. Die leistungsstarken Mitbewerber aus dem Ausland und die wachsende Globalisierung erhöhen den Druck auf die Unternehmen. Der Handel wird zunehmend mit schwierigen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen konfrontiert. Um erfolgreich zu bleiben, müssen moderne Handelsunternehmen neuartige Strategien entwickeln und umsetzen. Die Voraussetzungen dafür sind Innovationskraft und technologischer Fortschritt. Zudem müssen die Unternehmen die Erfolg versprechenden Ideen schnell umsetzen und moderne Technologien frühzeitig nutzen. (vgl.Kotler et al. 2011: 242). Dabei ist ein zuverlässiges Controlling selbst für Kleinbetriebe unabdingbar geworden. Controller verstehen sich als Unternehmensberater im eigenen Unternehmen...

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Leseprobe

3. Beyond Budgeting


 

3.1 Entstehung des Beyond Budgeting Konzepts


 

In den vergangenen Jahren stellte sich für immer mehr Unternehmen die Frage, ob die herkömmliche Budgetierung effektiv und damit verbundene Prozesse effizient genug sind, um ein Unternehmen in heutiger turbulenter Zeit managen zu können (vgl. Pfläging 2003: 82). Anfang der 90er widmete sich eine unabhängige internationale Forschungsvereinigung namens „Consortium for Advanced Manufacturing International“ (CAM-I) dieser Problematik. Es wurde ein Projekt Namens „Beyond Budgeting Round Table“ (BBRT) in London gestartet, in dessen Rahmen ein neues Managementmodell für den Übergang vom Industriezeitalter zum Informationszeitalter entwickelt werden sollte. Unter der Leitung von Jeremy Hope und Robin Fraser im Jahr 1997 schlossen sich dem BBRT bereits 34 Unternehmen an, die in sehr traditionellen Branchen agierten: Automobilhersteller, Banken, petrochemische Unternehmen und Möbelhersteller.

 

Es wurden mehrere Unternehmen untersucht, die erfolgreich ganz oder fast ohne Budget gesteuert wurden. Dabei wurde deutlich, dass die analysierten Unternehmen Eines gemeinsam haben: Dezentralisierte Organisation (anstatt zentralistische) und adaptive Prozesse (anstatt statisch-fixen). Dies äußerte sich im Vertrauen gegenüber den Mitarbeitern, dialogischem Management, Leistungswettbewerb und Informationstransparenz, welche lähmende Überplanung und feste Leistungsverträge ersetzten. Entsprechend diesen Erkenntnissen wurde vom BBRT ein Beyond Budgeting Modell entwickelt, das je sechs Prinzipien für die Gestaltung adaptiver Managementprozesse und die Realisierung eines dezentralisierten Organisations- und Führungsleitbildes beinhaltet. Diese insgesamt zwölf Prinzipien werden den neuen Herausforderungen gegenüber gestellt, denen die Unternehmen durch wandelnde Märkte und zunehmend komplexere Umwelt täglich ausgesetzt sind (vgl. Pfläging 2003: 89 f.).

 

Später löste sich der BBRT von der CAM-I und ist bis heute als unabhängige mitgliederfinanzierte Forschungsorganisation tätig. Ihre Aufgabe ist es, durch kollaborative Forschung und gemeinsames Lernen das Beyond Budgeting Modell weiter zu entwickeln (vgl. Tschandl, Schentler 2006: 93). Die namhaftesten Mitglieder der BBRT sind z.B. Svenska Handelsbanken, American Express und IBM Cognos (vgl. Online im Internet: URL: http://bbrt.org/BBRT/bbrt-members.html [Stand: 30.06.2012]). Im deutschsprachigen Raum haben vor allem dm - drogerie markt und Aldi dieses Konzept längst erfolgreich implementiert (vgl. Pfläging 2011: 14-15).

 

3.2 Definition und Ziele


 

Das Beyond Budgeting Modell ist eine Philosophie, die auf mehreren Grundprinzipien beruht. Es handelt sich dabei weder um ein Instrument, noch um ein Informationssystem. Es darf auch nicht fälschlicherweise als Planungskonzept verstanden werden. Weiterhin ist es keine Methode, um das bereits eingesetzte Budgetierungssystem zu verbessern bzw. zu optimieren (vgl. Pfläging 2003a: 190). Beyond Budgeting verkörpert viel mehr ein allgemeines Managementmodell, dessen Hauptfokus auf eine fundamentale Änderung des traditionellen Steuerungsansatzes abzielt (vgl. Pfläging 2003a: 188 f.). Die Abkehr und strikte Ablehnung der Budgetierung und damit einhergehenden angelegten Einschränkungen und Fesseln werden dabei gefordert. Allerdings verlangt man damit keinen Verzicht auf grundlegende Managementdisziplinen (wie z. B. Planung, Leistungsbemessung, Reporting, Kontrolle). Diese Abwendung von der Budgetierung sollte an sich kein Ziel darstellen, sondern nur als Anstoß für die Verbesserung des gesamten Steuerungsprozesses im Unternehmen sein. Eine Organisation ohne Budget setzt ein tieferes und umfassenderes Verständnis davon, wie Unternehmen gemanagt werden sollen voraus (vgl. Pfläging 2003a: 190). In Folge dessen stellt Beyond Budgeting für viele Manager und Controller essentielle Fundamente ihres Controllingsmodells in Frage (vgl. Pfläging 2003: 82).

 

Das Beyond Budgeting Modell verfolgt kein geringeres Ziel als „die Befreiung fähiger Menschen von den Ketten des Top-Down-Leistungsvertrages und darum, sie dazu zu befähigen, die Wissensressourcen der Organisation zu nutzen, um auf profitable Weise Kundenzufriedenheit zu erreichen und konsistent den Wettbewerb zu übertreffen“ (Pfläging 2003: 84). Die richtigen Steuerungsinstrumente und –prozesse, die durch Controlling entwickelt und umgesetzt werden, sollen dabei helfen diese hochgesteckten Ziele zu erreichen. Da Beyond Budgeting vor allem auf der humanen Ebene greift, besteht die Aufgabe des Managements darin, die neue Managementkultur im Unternehmen zu generieren. Dies bedeutet vor allem die Mitarbeiterverantwortung und unternehmensorientiertes Handeln zu fördern. Größere Flexibilität und Freisetzung vollständiger Potentiale für die operative wie auch für die strategische Unternehmensführung ist die positive Folge des Beyond Budgeting-Ansatzes (vgl. Daum 2005a: 32).

 

3.3 Prinzipien


 

Das Beyond Budgeting Modell umfasst insgesamt zwölf Prinzipien (Abb. 2), die sich gegenseitig bedingen und ihre Wirkung erst durch eine ganzheitliche Anwendung entfalten (vgl. Greiner 2004: 192).

 

 

Abb. 2: Das Beyond-Budgeting-Konzept (eigene Darstellung in Anlehnung an Bunce et. al. 2001: 62)

 

Von den zwölf Prinzipien beziehen sich die ersten sechs auf die Unternehmensstruktur und Kultur, während die anderen sechs sich mit den Management- und Controllingprozessen befassen. Im Kern streben die ersten sechs eine Veränderung der Denkhaltung von Führungskräften an. Dabei soll eine neue Führungsvision implementiert werden, die den unteren Führungsebenen mehr Vertrauen schenkt. Ziel ist es, ein Klima zu schaffen, das die operativen Manager zu mehr Verantwortungsübernahme motiviert, ihnen selbstständige Entscheidungen gestattet und den Ressourcenzugriff zu jedem Zeitpunkt ermöglicht. Weitere sechs Prinzipien charakterisieren einen neuen, sich stets an die veränderte Umwelt anpassenden Managementprozess. Wenige ausgewählte vor- und nachlaufende Steuerungsgrößen sollen den Teamerfolg relativ zum Wettbewerb festlegen. Operative Manager, die nah an den Kunden agieren, werden in die Lage versetzt, schnell auf Veränderungen reagieren zu können. Sie sind für die kontinuierliche Planung und Erreichung, der sich an internen und externen Benchmarkings orientierenden Ziele, verantwortlich (vgl. Gleich, Leyk 2003: 492).

 

Nachfolgend wird auf jedes einzelne Prinzip näher eingegangen.

 

3.3.1 Struktur und Kultur der Dezentralisation und Delegation


 

3.3.1.1 Steuerungsrahmen

 

Der herkömmliche Budgetierungsprozess weist aufgrund seines starren Reglements die Entscheidungsfreiheit der Führungskräfte immer wieder in ihre Grenzen. Mangelndes Vertrauen in die Führungsqualität der Mitarbeiter behindert nicht nur die freie Entscheidungsfindung, sondern lässt eine Übertragung von Verantwortung kaum zu. Mit der Schaffung klarer Richtlinien und Begrenzungen kann ein Ansatz für Delegation gefunden werden. Das Management kann in Form des couch and support-Führungsstils dazu beitragen, dass sich diese Vorgaben im Unternehmen manifestieren (vgl. Hope, Fraser 2003: 126).

 

Die Grundlage des Steuerungsrahmens ist das Vertrauen in die dezentralen Organisationseinheiten. Gemeinsame Werte und eindeutige Handlungsgrenzen helfen Bürokratie auf ein Maß zu reduzieren, welches dem operativen Management ermöglicht, schnell auf das Marktgeschehen reagieren zu können und effektiv Entscheidungen zu treffen. Das oberste und auch mittlere Management treten dabei als Mentoren und Trainer und nicht wie Kommandeure und Kontrolleure auf (vgl. Leyk, Kopp 2004: 41). Wenn beispielsweise ein Fehler auf der operativen Ebene von einer Führungskraft entdeckt wird, wird nur Kontakt zum Mitarbeiter aufgenommen. Darauf zu reagieren ist dann die Aufgabe des Mitarbeiters selbst. Als Führungskraft nicht einzugreifen gilt als eines der schwierigsten Elemente im neuen Führungsprozess (vgl. Hope, Fraser 2003: 128).

 

3.3.1.2 Hochleistungsklima

 

Bei der klassischen Budgetierung dient die erreichte Leistung des abgelaufenen Jahres häufig als Basis zur Zielsetzung für das Folgejahr. Zudem werden Ziele für sämtliche Organisationseinheiten und ihre Untereinheiten festgelegt, ohne das Unternehmen als Ganzes zu berücksichtigen, da bei den herkömmlich geführten Unternehmen ein umfassendes und integrierendes Wertesystem fehlt. Viele Führungskräfte fixieren sich nur darauf, die Quartals- und Jahreszielvorgaben zu erreichen. Geringe Performancesteigerung und dysfunktionales Verhalten von Führungskräften können dabei die Folge sein.

 

Eine Alternative, die das Beyond Budgeting vorzieht, ist eine Führung ohne fixe Zielwerte und Anreize. Dieser Führungsstil kann, unter der Voraussetzung, dass die Führungskräfte das Vorhaben unterstützen, erhebliche Leistungssteigerung erzielen. Zu diesem Zweck müssen die Führungskräfte die Leistungen verfechten, den Ergeiz fördern und den internen Wettbewerb und die Zusammenarbeit ausbalancieren. Statt fixierten Leistungsvereinbarungen,...

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