Doppelkarrierepaare gewinnen wegen der aufgezeigten Relevanz zunehmend an Bedeutung. Da dieses Paararrangement zentral für diese Bachelor-Arbeit ist, wird zunächst eine Begriffsabgrenzung vorgenommen. Anschließend wird eine Definition entwickelt, die für die folgenden Betrachtungen grundlegend sein soll. Im darauffolgenden Unterkapitel wird ein Überblick über die Verbreitung der Doppelkarrierepaare in Deutschland gegeben.
Doppelkarrierepaare leben ein Paararrangement, bei dem beide Partner einer anspruchsvollen Beschäftigung mit der Zielsetzung des beruflichen Aufstiegs nachgehen. Sie treten in nennenswertem Umfang seit ca. 40 Jahren auf. Beginnend mit den klassischen Studien von Rapoport und Rapoport (1969, 1971) zogen die Paare die Aufmerksamkeit der Forschung auf sich. Bis heute spielen sie dort z.B. im Rahmen der Personalrekrutierung und des Human Resource Managements eine Rolle (z.B. Domsch/Krüger-Basener, 2003).[11]
Rapoport und Rapoport lieferten in ihren Studien eine erste Charakterisierung der Doppelkarrierepaare: „They are highly effective in their careers and at the same time have managed to have intact families which they also value and in which they find satisfaction.”[12]
Auf der Basis dieser Beschreibung sind weitere Verfeinerungen entstanden. In der deutschen Doppelkarriereforschung wird allerdings nicht von Karriere gesprochen, da dieses Wort eine andere Bedeutung hat als „career“ im Englischen. Vielmehr spielt der Begriff der Karriereorientierung eine tragende Rolle für die Eingrenzung von Doppelkarrierepaaren. Brehm ist der Ansicht, dass es für jede Definition von Doppelkarrierepaaren essentiell ist, „dass die Partner hochqualifiziert sind, eine lebenslange Karriereorientierung haben, ein hohes Maß an beruflicher Bindung aufweisen und ihren Lebensweg gemeinsam gehen möchten.“[13]
Die Rapoports sahen das Kriterium als gegeben, wenn Berufe ausgeübt wurden, „which are highly salient personally, have a developmental sequence and require high degree of commitment.”[14] Eine vom Beruf losgelöste und daher besser geeignete Definition liefern Domsch und Ostermann. Diese Definition soll als Grundlage für diese Arbeit gelten. Sie sehen unter Karriereorientierung „die subjektive, zielbezogene Ausrichtung an dem individuellen Konstrukt »Karriere« in Form von vergleichsweise höheren Graden an Motivation, Verbundenheit, Aufmerksamkeit und zugeschriebener Wichtigkeit.“[15] In diesem Sinne sehen Wissenschaftler, die sich mit Doppelkarrierepaaren beschäftigen, das Konstrukt der Karriere zunächst als ein rein persönliches und somit von unternehmensinternen Karrierepfaden unabhängiges Kriterium.[16] Dieses erlaubt es, Doppelkarrierepaare von teilweise ähnlichen Lebensmodellen, wie dem der „Double Income No Kids“[17], abzugrenzen. Abbildung 1 zeigt diese Unterscheidung.
Abbildung 1: Begriffsabgrenzung Doppelkarrierepaare[18]
Neben der Karriere ist das zweite Kriterium die Familie. In Bezug darauf ist gegenüber dem ursprünglichen Begriff Dual Career Couples eine Erweiterung mit dem Begriff der Doppelkarrierepaare entstanden. Zwar werden beide in der Literatur synonym verwendet, aber der ursprüngliche Begriff umfasste ausschließlich Partnerschaften mit Kindern.[19] Die synonyme Verwendung und die geringe Trennschärfe in der Forschung zwischen Paaren mit und ohne Kindern zeigt sich daran, wie z.B. Boehnke Dual Career Couples definiert: „Dual Career Couples (DCC) sind Paare mit Kindern oder ohne Kinder, in denen beide Partner einen Hoch- oder Fachhochschulabschluss besitzen, tatsächlich aktuell einer Vollzeiterwerbstätigkeit nachgehen, die diesem Qualifikationsniveau entspricht und mindestens 5 Jahre in einem gemeinsamen Haushalt leben.“[20] Abweichend davon gilt, dass nur von Doppelkarrierepaaren gesprochen wird, wenn diese Kinder haben. Der Grund ist, dass „die Familienarbeit kinderloser Dual-Career-Couples […] vergleichsweise übersichtlich“[21] erscheint. Denn zur Herausforderung wird die Doppelkarriere meist erst durch die Kinderplanung, da dann ein großer Zeitanteil für die familiäre Organisation aufgewendet werden muss.[22]
Als Kinder „zählen ledige Personen (ohne Altersbegrenzung) mit mindestens einem Elternteil und ohne Lebenspartner/-in bzw. eigene ledige Kinder im Haushalt.“[23] Aus dieser Definition geht hervor, dass Doppelkarrierepaare nicht verheiratet sein müssen. Es genügt eine nichteheliche Lebensgemeinschaft der Doppelkarriere-Partner mit der Absicht, den Lebensweg gemeinsam beschreiten zu wollen.
Im weiteren Verlauf werden (Ehe-)Paare, die mindestens ein Kind im Sinne der genannten Definition haben und in denen beide Partner karriereorientiert sind, als Doppelkarrierepaare bezeichnet. Die Karriereorientierung der gewählten Definition ist auf Grund der inhärenten Subjektivität nicht ohne weiteres erfassbar. Daher sollen in dieser Arbeit ein akademischer Abschluss und eine dem Abschluss angemessene Erwerbstätigkeit als Indikatoren dafür dienen.
Doppelkarrierepaare sind keine Modeerscheinung und stellen keine Einzelfälle dar. Um dies zu zeigen, wird im nächsten Kapitel zuerst auf begünstigende Trends für die steigende Zahl der Paare und anschließend auf deren zahlenmäßige sowie geografische Verbreitung in Deutschland eingegangen.
In diesem Zusammenhang ist festzustellen, dass der Anteil der Akademikerpaare an allen Paaren nach Berechnungen von Solga und Rusconi von einem Prozent aller (westdeutschen) Paare im Jahr 1971 auf neun Prozent (gesamtdeutsch) im Jahr 2004 gestiegen ist.[24] Die Bedeutung dieser Entwicklung ergibt sich, wenn man bedenkt, dass Akademikerpaare ein besonders hohes Potenzial für die Realisierung von Doppelkarrieren haben.[25]
Fraglich ist allerdings, ob mit steigender Anzahl der Akademikerpartnerschaften auch die Anzahl der Doppelkarrierepaare gestiegen ist. So wurde herausgefunden, dass Frauen mit akademischem Abschluss oft keine oder keine professionelle Tätigkeit ausüben konnten.[26] [27]
Trotzdem zeigen sich Trends, die darauf hindeuten, dass die Anzahl der Doppelkarrierepaare in der Zukunft potenziell zunehmen wird. So konnten Völkel, Grunschel und Dries durch eine Befragung ihre Hypothese bestätigen, dass heutige Studenten diese Lebensform präferieren. Dabei sprachen sich 67,2 Prozent der insgesamt 247 Teilnehmer dafür aus.[28] Allerdings sind es häufiger die Frauen als die Männer, die das Lebensmodell wünschen. Die gleiche Studie kam zu dem Ergebnis, dass 50 Prozent der Männer das Lebensmodell favorisierten, wohingegen 75,5 Prozent der Frauen sich dafür aussprachen.[29]
Das Modell der Doppelkarrierepaare ist u.a. deshalb so gefragt, weil junge Männer und besonders junge Frauen sich damit identifizieren können. Für letztgenannte ist die Gleichberechtigung innerhalb der Partnerschaft zunehmend wichtiger. Dies geht einher mit der parallel dazu ablaufenden Entwicklung der steigenden Bildungsbeteiligung von Frauen.[30] Diese zeigt sich beispielsweise an der Aufteilung der Studienberechtigten nach Geschlecht. So waren im Jahr 2011 hiervon 52,8 Prozent weiblich.[31]
Erkennbar ist außerdem, dass die Zahl derer, die eine Ehe mit einem Partner mit ähnlichem Bildungsstand eingehen, steigt. Die Chance auf eine Doppelkarriereehe erhöht sich dadurch, da ein Akademiker eher eine Akademikerin als Partnerin wählen wird und umgekehrt. Jedoch sind Frauen mit gutem Bildungsabschluss, die beruflich erfolgreich sind, häufiger ledig. Das zeigt sich z.B. daran, dass 30- bis 34-jährige Frauen mit Abitur dreimal so häufig ledig sind wie gleichaltrige Frauen ohne Abitur.[32] Das könnte daran liegen, dass Männer vom Status eher „nach unten“ heiraten als Frauen. Diese wählen häufiger einen Partner, der vom Sozialprestige und der beruflichen Stellung mindestens gleichwertig, am besten aber noch über ihnen steht. Durch diese unterschiedlichen Kriterien der Partnerwahl beider Geschlechter stehen gut gebildeten, beruflich etablierten Frauen zahlenmäßig nicht ausreichend gleichwertige Männer zur Auswahl, die eine gleichwertige Partnerin wünschen. Das könnte den Anteil der übermäßig vielen Akademikerinnen über 35 Jahre an den elf Millionen Singles in Deutschland erklären.[33]
Nachdem die Entwicklungen, die dieses Lebensmodell beeinflussen können, aufgezeigt...