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Sozialinformatik in der Sozialen Arbeit

AutorUwe Janatzek
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2006
Seitenanzahl158 Seiten
ISBN9783638558518
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis11,99 EUR
Diplomarbeit aus dem Jahr 2006 im Fachbereich Soziale Arbeit / Sozialarbeit, Note: 1.0, Evangelische Hochschule Rheinland-Westfalen-Lippe, 111 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: Die Sozialinformatik und das, was damit verbunden wird, wird seit ca. zehn Jahren diskutiert. Dabei haben sich differente Verständnisweisen herausgebildet, von denen sich jedoch keine tatsächlich durchgesetzt hat. Die vorliegende Arbeit versucht zum einen, einen allgemeinen Überblick über den Stellenwert der Sozialinformatik im Rahmen der Sozialen Arbeit und ihre unterschiedlichen Verständnisweisen zu geben. Dazu erfolgt anfangs im ersten Abschnitt die Klärung des Begriffs sowie eine historische Betrachtung zur Entstehung des Computers sowie der Sozialen Arbeit und ihr Verhältnis zur technischen Entwicklung, die letztendlich in der Sozialinformatik ihren Niederschlag findet. Danach erfolgt im zweiten Abschnitt eine kurze Erläuterung des Informatikbegriffs sowie eine kritische Erörterung der derzeitigen sozialinformatischen Ansätze, Gegenstandsbeschreibungen und Aufgabenzuweisungen. Um einen umfassenderen Überblick zu liefern, wird zudem im dritten Abschnitt die Berücksichtigung der Sozialinformatik bzw. sozialinformatischer Inhalte im Rahmen der derzeitigen Studiengänge für Sozialarbeit bzw. Sozialpädagogik oder Soziale Arbeit an deutschsprachigen Hochschulen untersucht sowie weitere Aktivitäten zur Sozialinformatik aufgezeigt. Darüber hinaus erfolgt eine kurze Betrachtung zur Relevanz sozialinformatischer Kenntnisse am Stellenmarkt für Arbeitsfelder der Sozialen Arbeit. Zum anderen verfolgt die vorliegende Arbeit aber auch den Zweck, ein alternatives Verständnis der Sozialinformatik als Disziplin zu entwickeln, das auf einer hermeneutischen Basis und auf einem klientenbezogenen Ansatz beruht und mit der Sozialarbeitswissenschaft weitestgehend korreliert. Dazu wird im vierten Abschnitt aufgezeigt, welche Aufgaben der Sozialinformatik auf dieser Grundlage zufallen können hinsichtlich der Gestaltung und Erstellung soziotechnischer Systeme, der Professionalisierung der Sozialen Arbeit, der Sozialarbeitsforschung sowie der Erweiterung der Handlungskompetenz und auf welcher theoretischen Grundlage dies geschehen könnte. Darauf aufbauend wird im fünften Abschnitt ein Curriculum vorgeschlagen, um sowohl die theoretischen Grundlagen als auch die technischen Inhalte der im vierten Abschnitt entwickelten Sozialinformatik in der Lehre umzusetzen.

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Leseprobe

Verwiesen wird mit dem obigen Zitat insbesondere auf das mechanistische Zeitalter, dessen Grundlage in den Denkschemata des cartesianischen Rationalismus, in Newtons physikalischem Imperativ des Naturverständnisses 8 sowie in dem durch Bacon explizit formulierten Machtanspruch des Menschen gegenüber der Natur 9 wurzelt, ohne die eine Entwicklung moderner Informationstechnologie als eine der späteren Folgen der industriellen Revolution nicht denkbar wäre. Die (negativen) sozialen Auswirkungen der Denkmodelle und Produktionsformen des mechanistischen Zeitalters führten bekanntlich erst überhaupt zu den ersten Anfängen einer staatlichen Sozialpolitik, wenn diese sich anfangs allerdings - in Deutschland schon sehr frühzeitig vor allem als Reaktion auf die desolaten gesellschaftlichen Zustände als Spätfolgen des Dreißigjährigen Kriegs 10 - meist nur auf die Einrichtung von Zucht- und Arbeitshäusern 11 zur Disziplinierung künftiger bzw. möglicher karg bezahlter Lohnarbeiter beschränkte 12 . Eine gewisse Zäsur brachte die französische Revolution von 1789 mit sich, zumindest im Hinblick auf mögliche Staats- und Gesellschaftsordnungen. In Deutschland hingegen (oder besser gesagt in den vielen deutschen Kleinstaaten insbesondere nach der Auflösung des Kaiserreichs 1806) blieb die Mehrklassengesellschaft weitestgehend erhalten, von egalité konnte keine Rede sein. Die zunehmende Industrialisierung und der ungebändigte Kapitalismus in Verbindung mit einer schnell wachsenden Bevölkerung, der Landflucht und einer hohen Arbeitslosigkeit führte bekanntlich zur Verelendung ganzer Volksmassen, die im 19. Jahrhundert die Elendsquartiere der Städte bevölkerten oder in Dörfern am Rande des Existenzminimums oder darunter dahinvegetierten. Staatliche Eingriffe und Verbesserungsversuche gab es kaum, sieht man von einzelnen (nur wenig erfolgreichen) gesetzlichen

der Leibeigenschaft in Preußen 1807 (tatsächlich im Sinne der Aufklärung vollzogen) und die damit in Zusammenhang stehende Bodenreform von 1811 (die allerdings nach der Niederlage gegen Napoleon zur Stärkung des preußischen Staates dienen sollte) führte zwar bis 1850 tatsächlich zu einer Verdoppelung der landwirtschaftlichen Erträge, allerdings auch dazu, daß viele Bauern aufgrund der gesetzlich vorgeschriebenen Ausgleichszahlungen für die früheren adligen Landbesitzer und vor allem die landlosen, Kleinvieh haltenden Dorfbewohner durch die Auflösung der Allmenden verarmten und so das Heer der dörflichen Heimarbeiter und der Lohnarbeiter in den Städten noch vergrößerten 14 . Neben diesen wenigen und unzureichenden (um nicht zu sagen kontraproduktiven 15 ) staatlichen Regulierungen entwickelten sich allerdings sowohl private wie auch kirchliche Initiativen zur "Linderung" der materiellen Not der Lohn- und Heimarbeiter. Diesbezüglich sind insbesondere die Tätigkeiten von Wichern 16 und Fliedner 17 zu nennen (aber auch z.B. von Kolping). Allerdings muß gesagt werden, daß diese Bemühungen aus einem bestimmten Geist heraus resultierten, insofern also einerseits zwar an den Lebensbedingungen der Zielgruppen orientiert waren, andererseits aber auch als reaktionär angesehen werden können, da es nicht darum ging, grundlegende (bzw. politische) Änderungen durchzusetzen. Auch die "Deutsche Revolution" von 1848/49 18 führte aufgrund ihres Scheiterns nicht zu Verbesserungen hinsichtlich der sozialen Lage der Lohn- und Heimarbeiter 19 . In anderer Hinsicht war das Jahr 1848 ebenfalls nicht unbedeutend - so verfaßte zum einen Karl Marx zusammen mit Friedrich Engels das "Manifest der Kommunistischen Partei", zum anderen wurde auf der Grundlage der Arbeit von Wichern und Fliedner (sowie vieler weiterer Aktivitäten in protestantischen Gemeinden) der "Centralausschuss für die Innere Mission" gegründet 20 (was auch in direktem Zusammenhang mit den zunehmenden kommunistischen Strömungen gesehen werden kann). Später kamen weitere religions- bzw. politisch intendierte Wohlfahrtsorganisationen hinzu 21 , die jedoch teilweise erst in der Weimarer Republik gegründet wurden und dort auch erstmalig in der rechtlichen Stellung eines an staatlichen Sozialmaßnahmen beteiligten

12 Vgl. Sagebiel, J.: Geschichte der Sozialen Arbeit - Die Mütter der Sozialen Arbeit, FH München FB Sozialwesen, in:

http://www.fhm.edu/fb11/Lehrmaterial/Sagebiel/Material/Skript_Geschichte_Sozialen_Arbeit.pdf, 01.06.2006

Auflösung der Verbände durch die NSDAP nach dem zweiten Weltkrieg in der Bundesrepublik wiederhergestellt wurde.

Die Wohlfahrtsverbände stellen heute 74 % aller Einrichtungen sozialer Dienste (mit ca. 1,2 Millionen hauptberuflich Beschäftigten ein nicht unwesentlicher Anteil am Arbeitsmarkt 23 ), in denen insbesondere zu Verwaltungszwecken und zur Mittelverteilung (bisweilen auch für andere Zwecke) Computer eingesetzt werden, ein nicht unwesentlicher Gesichtspunkt hinsichtlich der hier behandelten Sozialinformatik.

Die Idee, sich mithilfe mechanischer oder anderer Hilfsmittel die Arbeit zu erleichtern, kam bekanntlich aber nicht erst mit dem mechanistischen Zeitalter oder der Industrialisierung auf 24 , auch nicht auf dem Sektor der Rechenarbeit, also der grundlegenden Funktion eines Computers. Tatsächlich sind schon seit dem Altertum Geräte und Hilfsmittel bekannt, die der Rechenvereinfachung dienten, die ältesten Geräte dürften dabei Kerbhölzer und Rechenbretter gewesen sein, auch die schon im Altertum verbreitete Fingerrechnerei (von der auch Herodot berichtet 25 ) kann dazu gezählt werden, zur gleichen Zeit (also ca. 500 v.u.Z.) war in Ägypten bereits der Abakus bekannt 26 . All diese Rechenhilfen blieben über Jahrtausende in Gebrauch, der Rechentisch (ähnlich dem antiken Rechenbrett) wurde in Frankreich sogar erst im 18. Jahrhundert im Zuge der Revolution im Schulunterricht abgeschafft 27 , der Abakus blieb (als Kinderspielzeug) noch weit länger im Gebrauch. Daneben waren schon seit der Antike verschiedene Rechentabellen und Anweisungen für die Berechnung von Brüchen und auch zur Umrechnung von Werten (Längen, Maße) bekannt, ab dem ausgehenden Mittelalter kamen vermehrt arithmetische und logarithmische Tafeln hinzu, die insbesondere für die Navigation in der Schiffahrt, für Geländeberechnungen und andere Zwecke benötigt wurden. Gerade die Erstellung dieser teilweise sehr umfangreichen Tafeln bzw. die damit verbundene stupide und langwierige oder auch als unwürdig empfundene Anwendung einfacher, mechanisch ablaufender Operationen weckte immer wieder den Wunsch, diese Arbeiten zu automatisieren. So ist sowohl von Schickard, Pascal, Leibniz und Charles Babbage als auch von Konrad Zuse und Howard H. Aiken bekannt, daß sie aus diesem Wunsch eine wesentliche Motivation für die Entwicklung ihrer Rechenmaschinen zogen. Daneben steht die Geschichte des Computers (und damit der angewandten Informatiken) aber auch in engem Zusammenhang mit der Entwicklung der Automaten, die zwar schon seit

21 Caritas 1897, AWO 1919, DPWV 1924, DRK 1863, ZWST 1917.

durch den zunehmenden Handel gesteigerten Ideenflusses in Verbindung mit der Entstehung naturwissenschaftlicher Methoden in größerer Stückzahl hergestellt werden konnten 31 , was sich insbesondere auf die Einführung von Heim- und Manufakturarbeit als eine Veränderung der bisherigen Art der Arbeits- und Produktionsformen und als Vorläuferform der späteren Industrialisierung bezieht (dies steht natürlich auch in Zusammenhang mit der Kolonisierung anderer Kontinente durch die europäischen Staaten, wodurch einerseits Materialien für die Massenproduktion erschlossen wurden und andererseits [auch] die Absatzmärkte für industriell gefertigte Massenprodukte, was besonders für die Stahlerzeugung 32 und Baumwollprodukte 33 gilt. Diese Zusammenhänge sollen hier jedoch aufgrund ihrer Komplexität nicht weiter verfolgt werden 34 ).

Zemanek (1991: 34 f) verdeutlicht die Verbindung zwischen Computer und Automat und ihre Bedeutung in prägnanter Weise: "Ein Automat ist eine technische Einrichtung, welche eine Aufgabe - oder ein ganzes Bündel von Aufgaben - nach einer Auslösung selbsttätig ausführt. Es kann dabei um Verkauf, Transport, Verarbeitung, Musik - um jede technisch lösbare Aufgabe gehen, um Material, Energie oder Information.

Der programmierte Automat arbeitet mit einem Programm, einer Kette von Befehlen, und er wird immer mehr zum computergesteuerten Automaten, weil die dafür geeigneten Microcomputer leistungsfähig und billig sind. Damit werden Computer und Automat fast identische Begriffe - denn die Informationsverarbeitung ist die zentrale Funktion des Automaten, und schon beim Rechengerät kommen als >>Sinnes-<< und >>Ausführungs-<<Organe Ein-und...

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