Tourismus kann infolge der hohen Informationsintensität touristischer Produkte und Prozesse grundsätzlich als Informationsgeschäft verstanden werden.[6] Der strategische Erfolgsfaktor „Information“ trägt maßgeblich zur zukünftigen Ertragskraft des Tourismus bei. Im nachfolgenden Abschnitt wird auf die Bedeutung des Faktors „Information“ sowohl aus Sicht des Gastes als auch aus Sicht der Tourismusorganisation eingegangen.
Die wichtigste und erste Phase für einen Gast bei der Wahl seines Reiseziels ist die Informationsphase. Die Reiseentscheidung des unberechenbaren Hyperkonsumenten[7] ist sehr stark von seinen Informationsbedürfnissen und den ihm zur Verfügung stehenden Informationsquellen abhängig. Die zunehmende Bedeutung des Internets muss besonders hervorgehoben werden. Wurde vor wenigen Jahren in den „Reiseanalysen“ das Internet kaum erwähnt, so hat es rapide an Bedeutung gewonnen (vgl. Kulinat 2003, S. 107). „Bei 19 % aller Haupturlaubsreisen 2004 informierte man sich dort, mehr als dreimal so häufig wie vier Jahre zuvor“ (Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen e.V. 2005, S. 6).
Die Thematik „Information“ ist sehr eng mit den Besonderheiten des Dienstleitungsprodukts verflochten. Die touristische Dienstleistung ist immateriell und intangibel. Zunächst ist sie ein bloßes Versprechen der Leistungsfähigkeit eines Anbieters. Es fehlt ein vorfabriziertes Produkt, denn die Dienstleistungsproduktion entsteht erst, wenn Anbieter und Nachfrager zusammentreffen (uno-actu Prinzip) und damit ein Leistungsversprechen eingelöst wird. Während die Qualität und Quantität der physischen Faktoren (Tangibles) meistens schon vor dem Leistungsbezug eingeschätzt werden können, sind andere Leistungskriterien wie
Reliability (Fähigkeit, die versprochenen Leistungen zu erfüllen),
Responsiveness (Bereitschaft auf den Kunden einzugehen),
Assurance (Wissen, Höflichkeit und Fähigkeit Vertrauen sicherzustellen) und
Empathy (Sicherstellung einer individualisierten Aufmerksamkeit)
kaum fassbar (vgl. Lässer 1998, S. 10f).
Diese sind im Gegensatz zu den Tangibles nur schwer durch Informationssysteme kommunizierbar. Die Technologien können nur indirekt wirken, indem sie den Gästen z.B. individualisierte Aufmerksamkeit ermöglichen und die Bereitschaft aufzeigen auf den Kunden einzugehen. Dass der Gast aus der Qualität der Information auf die Qualität der später zu beziehenden touristischen Dienstleistung schließt, gilt speziell bei Erfahrungseigenschaften. Anders ausgedrückt: schafft es der Leistungsträger, dem potenziellen Gast bei der Informationsgewinnung eine positive Erfahrung zu vermitteln, ist die Wahrscheinlichkeit einer daraus folgenden Nutzung der Leistung relativ (zur negativen Erfahrung) größer. Der potenzielle Gast kann grundsätzlich davon ausgehen, dass beim effektiven Leistungsbezug nur mit geringer Wahrscheinlichkeit eine negative Erfahrung droht. Er kann sich folglich relativ risikolos für diese touristische Dienstleistung entscheiden (vgl. Lässer 1998, S. 14). Die Vorabinformation in all ihren Ausprägungen wird damit zum Vorläufer und Erstindikator der nachgelagerten, effektiven touristischen Dienstleistungen, die Qualität und Quantität der zu Verfügung gestellten Information und damit touristische GI-Systeme (Web Mapping und Location Based Services) zum strategischen Erfolgsfaktor.
Strategisch geführte Destinationen müssen sich einen Überblick über ihre Managementbereiche und Wettbewerbsposition verschaffen, um aktuelle und zukünftige Entwicklungen abschätzen und fundierte Entscheidungen treffen zu können. Grundlage dafür ist die Beschaffung hochwertiger interner und externer Daten, als Vorstufe von Informationen, Wissen und Erkenntnissen (vgl. Abbildung 2).
Abbildung 2: Daten und Informationen als Grundlage fundierter Entscheidungen
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Bernhardt 2002, S. 36
„Für das Management von Destinationen sind Daten auf operativer, taktischer und strategischer Ebene erforderlich“ (Beritelli et al. 2004, S. 52). Die Generierung von Informationen aus diesen Daten entwickelt sich im heutigen nachfrage- und serviceorientierten Markt für jede Destination zu einem wichtigen Wettbewerbsfaktor. „Wissensvorsprung sichert Wettbewerbsvorteile“ (Bernhardt 2002, S. 45). Dadurch wird es immer wichtiger, möglichst flexibel auf den Markt reagieren zu können und schnell handlungsfähig zu sein. Infolge des rasanten Anstiegs der Datenflut wächst die Menge nicht verwertbarer Daten und Informationen. Informationen steigen aber auch im Wert, je mehr Menschen sie nutzen. Ihre Verbreitung schafft Netzwerke, die durch Netzeffekte Mehrwert in den Tourismusorganisationen schaffen (vgl. Abschnitt 3.3). Zudem ergibt sich aufgrund der externen Effekte des Tourismus und der zum Teil öffentlichen Finanzierung von Tourismusorganisationen ein Interesse der Öffentlichkeit an umfassenden Informationen zur Leistungsbeurteilung des Managements der Destination. Dieses Informationsinteresse steigt mit der Verknappung öffentlicher Mittel. Gleichzeitig darf sich die Tourismusorganisation im heutigen Wettbewerbsumfeld keine gravierenden betriebswirtschaftlichen Fehlentscheidungen erlauben (vgl. Beritelli et al. 2004, S. 52). Geographische Informationensysteme gepaart mit Datenhaltungs- und Analysemethoden bewältigen die Nachteile der Informationsflut und verwandeln den verborgenen Schatz an komplexen Informationen in leicht verständliche digitale[8] thematische[9] Karten.
Ein Informationssystem definieren Bill und Zehner als ein „System zur Aufnahme, Speicherung, Verarbeitung und Wiedergabe von Informationen. Es besteht aus der Gesamtheit von Daten und Verarbeitungsanweisungen“ (Bill & Zehner 2001, S. 137). Die Erfassung, Verwaltung, Analyse und Präsentation von Daten, als Grundlage von Informationen, sind Aufgabenblöcke eines Informationssystems, wobei die Verwaltung von Daten konkret die Datenmodellierung, -strukturierung und -speicherung umfasst. Ein wesentliches Charakteristikum eines Informationssystems ist die Zusammenführung von mehreren Datenbeständen unter einem gemeinsamen thematischen Bezug und die Möglichkeit eines problemzentrierten Zugriffs auf diese Informationen (vgl. Bill & Zehner 2001, S. 137). Diese Definition zeigt, dass Informationssysteme mit den verschiedensten Ausprägungen und Schwerpunkten möglich sind. Auf problemorientiert ausgewählte Informationssysteme im Tourismus wird im Folgenden eingegangen.
„Touristische Informations- und Kommunikationssysteme“ ist der Sammelbegriff für Informationssysteme im Tourismus. Schertler unterteilt diese weiter in Computer-Reservierungs-Systeme (CRS) und in Destinationsinformationssystemtechnologien (DIS) (vgl. Schertler 1994, S. 527f). Auf CRS wird im Weiteren nicht eingegangen, da CRS-Systeme für diese Arbeit von untergeordneter Bedeutung sind und es zahlreiche Ausführungen verschiedenster Autoren zu dieser Thematik gibt.[10] Destinations-informationssysteme können auf unterschiedlichen Medien mit variierendem Inhalt (Content) verwirklicht werden. Die Bandbreite der Medien reicht von klassischen Datenträgern (Festplatten, CDs, DVDs) über elektronische Infotafeln und -terminals (Innen- und Außeninformationssysteme) hin zu Informationssystemen im Internet und auf mobilen Endgeräten. Oft sind es auch integrierte Systeme, die unabhängig vom letztendlichen Wiedergabemedium Informationen speichern, verarbeiten und wiedergeben.
Im deutschsprachigen Raum ist die Bandbreite an Herstellern touristischer Informations- und Kommunikationssysteme groß. Der führende Anbieter im DIS-Bereich ist die Tiscover AG, auf die exemplarisch eingegangen wird, um die Relevanz dieser Systeme am Beispiel des Internets zu verdeutlichen. Zu ihren Kunden zählen Tourismusorganisationen auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene ebenso wie touristische Leistungsträger (z.B. Hotels). Die Kundenzahl weltweit belief sich 2004 auf rund 2000 Tourismusorganisationen und rund 16.000 Betriebe (vgl. Tiscover AG 2004, S. 1f). Das Unternehmen mit Hauptsitz in Innsbruck...