Nicht zuletzt durch die Einführung von Wettbewerbselementen und der Stärkung der Patientensouveränität durch den Gesetzgeber unterliegt das Selbstbild der Patienten einer Veränderung in der Weise, dass die Patienten sich zunehmend als „Kunden“ der Leistungsträger, wie z.B. den Krankenkassen, und der Leistungserbringer, wie z.B. den Krankenhäusern und niedergelassenen Ärzten, sehen. Dieser Wandel in der Rolle des Patienten bildet einen weiteren wesentlichen Veränderungstreiber für das Krankenhaus und wird daher im Folgenden näher untersucht.
Aufgrund der besonderen Bedeutung der Frage nach der zukünftigen Rolle des Patienten soll als Grundlage zunächst die Beziehung zwischen Patient und Leistungserbringer (d.h. dem Krankenhaus und - auf der Ebene der Erbringung der Dienstleistungen am Patienten - den Ärzten) dargestellt werden. Es gibt verschiedene theoretische Denkmodelle, die die Beziehung des Patienten zum Arzt untersuchen:
Das paternalistische Modell
In diesem traditionellen Modell nimmt der Arzt die Rolle des Alleinverantwortlichen für die Behandlung ein. Er allein hat ausreichende Kompetenzen, die Therapie für den Patienten nach Nutzen und Risiken einzuschätzen. Der Patient wird lediglich nach rechtlichen Vorschriften über mögliche Komplikationen, Wirkungen und Nebenwirkungen aufgeklärt. Die Therapieentscheidung liegt hier allein beim professionellen Akteur in der Beziehung, dem Arzt. Ein extremes Beispiel für ein paternalistisches Entscheidungsmodell stellt die Notfall- oder auch Komasituation dar, in welcher der Patient keine Möglichkeit zur Mitentscheidung besitzt.[38]
Das Informationsmodell
Hier gibt der „Professionelle“, der Arzt, alle zur Entscheidung nötigen Informationen an den Patienten weiter, so dass beide einen äquivalenten Informationsstand zur Therapie besitzen. Idealerweise sammelt der Patient zusätzliche Informationen durch eine zweite Expertenmeinung, durch das Internet oder weitere Betroffene. Dieses Prozedere vollzieht der Patient, bis er zu einer Entscheidung für die weitere Behandlung gelangt und diese dem behandelnden Arzt mitteilt. Im Gegensatz zum paternalistischen Modell liegt hier die Entscheidung also ausschließlich auf der Seite des Patienten. [39]
Das partnerschaftliche Modell und Shared-Decision-Making
Dieses Modell beinhaltet, dass sich Arzt und Patient gemeinsam über ihren Informationsstand zur Erkrankung und zur bevorzugten Therapie austauschen. Arzt und Patient durchlaufen bei dieser „gemeinsamen Entscheidungsfindung“ verschiedene Phasen: Zunächst gibt der Arzt alle für die Therapie relevanten Informationen an den Patienten weiter und berücksichtigt hierbei die spezielle Lebens- und Krankheitssituation des Patienten. An der Entscheidung beteiligen sich dann Arzt und Patient gemeinsam, wobei beide Partner mit der Umsetzung der Entscheidung einverstanden sein müssen.[40]
In den letzten Jahrzehnten hat sich in Deutschland die traditionelle Sichtweise der Arzt-Patient-Beziehung gewandelt und verschiebt sich zunehmend von paternalistischen zu partnerschaftlichen Beziehungsstrukturen. Auch die Bedeutung des Shared Decision Making steigt fortwährend an.[41] Der Patient wird zu einem kooperierenden, gleichgestellten Partner, der Einfluss auf die Arzt-, Therapie- und auch Krankenhauswahl hat und diese maßgeblich mitbestimmt.[42] War früher die Rollenverteilung zwischen Arzt und Patient klar definiert, so ist dies heute oft nicht mehr der Fall. In diesem Zusammenhang wird auch vom „Patient Empowerment“ (engl. Ermächtigung, Übertragung von Verantwortung auf den Patienten) gesprochen, dass sich als Befähigung des Patienten zur aktiven Bewältigung seiner gesamten gesundheitlichen Situation, d.h. einem gesundheitsfördernden Verhalten als auch dem Umgang mit akuten Krankheiten, verstehen lässt. Dazu nehmen die Handlungs-, Entscheidungs- und Kontrollspielräume des Patienten zu, während gleichzeitig seine Eigenverantwortung steigt.[43] Aus passiven Leistungsempfängern werden „mündige Patienten“, die den Leistungen der Ärzte und Krankenhäuser zunehmend kritisch gegenüberstehen und sich zu selbstbewussten „Nachfragern“ von Gesundheitsleistungen entwickeln.[44]
Krankenhäuser können sich diesen Entwicklungen nicht entziehen und müssen den Patienten vermehrte Aufmerksamkeit schenken, da diese immer „autonomer“ werden und z.B. zunehmend selbst über die Wahl des Krankenhauses entscheiden.
2.2 Besondere Aspekte der Beziehung zwischen Patient und Krankenhaus
Ein wichtiger Aspekt, der bei der Betrachtung der Beziehung zwischen Patient und Krankenhaus zu beachten ist, stellt der zunehmende Informationsgrad des Patienten dar. Der Patient vertraut nicht mehr blind auf die Empfehlung des Arztes bei der Wahl des Krankenhauses, sondern hat die Möglichkeit, Leistungen zu vergleichen und daraufhin die Einrichtung zu wählen, der er am meisten vertraut und welche in seinen Augen die beste Qualität liefert.[45] Der Patient verlässt sich folglich nicht mehr nur auf eine Informationsquelle, sondern gleicht mehrere Quellen ab. Der Arzt spielt Untersuchungen zufolge zwar immer noch die wichtigste Rolle, seine Bedeutung sinkt allerdings gegenüber anderen Quellen, wie z.B. den Medien, Selbsthilfe- oder Patientengruppen als auch Freunden und Familie.[46] Eine besondere Rolle nimmt an dieser Stelle auch das Internet als Informationsquelle ein, welches zu jeder Zeit die Recherche nach jeder nur erdenklichen Information über Landesgrenzen und nationale Rechtsräume hinweg ermöglicht und mittlerweile eine bedeutende (wenn auch nicht qualitätsgesicherte) Informationsquelle für die Patienten darstellt.[47] Krankenhäuser müssen auf dieses erhöhte Informations- und Aufklärungsbedürfnis der Patienten reagieren.[48]
Bei der Erforschung der Beziehung zwischen Krankenhaus und Patient, muss bedacht werden, dass es sich zudem um eine erheblich durch rechtliche Rahmenbedingungen geprägte Leistungsbeziehung handelt, die von zahlreichen Regulierungseingriffen staatlicher Seite betroffen ist. Es gibt eine Reihe von Pflichten für das Krankenhaus, aber auch für den Patienten. Laut dem Fünften Sozialgesetzbuch (SGB V) bestehen für Krankenhäuser beispielsweise die Dokumentations- und Aufklärungspflicht, sowie der Kontrahierungszwang[49], während Patienten zur Mitwirkung zum medizinischen Erfolg verpflichtet sind.[50]
Die Beziehung zwischen Patient und Krankenhaus wird ferner durch die hohe persönliche Implikation des Gutes „Gesundheit“ mit meist langfristigen Folgen und hoher Emotionalität für den Patienten, bestimmt. Patienten befinden sich im Krankenhaus in einer besonderen Situation, da sie unter Umständen Schmerzen erleiden oder (lebensbedrohenden) Grenzsituationen ausgesetzt sind.[51]
Einleitend lässt sich anführen, dass die Patientenzufriedenheit und -bindung vor dem Hintergrund einer steigenden Patientensouveränität an Relevanz für das Krankenhaus gewinnen, da sie einen hohen Einfluss auf Patientenentscheidungen haben (z.B. hinsichtlich einer Weiterempfehlung, der Fortsetzung der Behandlung oder der erneuten Inanspruchnahme des Krankenhauses). Zudem sind sie „verwandt“ mit den Begrifflichkeiten „Kundenzufriedenheit“ und „Kundenbindung“, die grundlegend für das Konzept des CRM sind, aus welchem später der PRM-Ansatz entwickelt wird. Im Folgenden werden daher die Patientenzufriedenheit und -bindung und ihre Bedeutung für das Krankenhaus erläutert.
Die „Patientenzufriedenheit“ wird in der Mehrzahl der Literatur der Krankenhausbetriebslehre aus dem Begriff der Kundenzufriedenheit abgeleitet, wobei diese „das Ergebnis individueller Abgleichprozesse zwischen den Erwartungen des Kunden an die Leistung und der tatsächlich erhaltenen Leistung, wie sie der Kunde wahrnimmt“, darstellt.[52]
In der Theorie werden mehrere Erklärungsmodelle der Kundenzufriedenheit unterschieden, während gleichwohl das Confirmation/Disconfirmation-Paradigma (C/D-Paradigma) die häufigste Verwendung findet. Das C/D-Paradigma dient als grundlegendes Konzept der Erzeugung von Kundenzufriedenheit bzw. –unzufriedenheit und kann auch auf die Patientenzufriedenheit bzw. -unzufriedenheit angewendet werden. Zentrale Aussage dieses Modells ist, dass Kunden(un)zufriedenheit als Resultat aus dem Abgleich einer während einer Leistungsinanspruchnahme gemachten Erfahrung mit einem vorhandenen...