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RFID - Anwendungsbereiche, Chancen und Risiken einer Querschnittstechnologie

AutorSven Jedamzik
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl149 Seiten
ISBN9783656574613
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis34,99 EUR
Masterarbeit aus dem Jahr 2013 im Fachbereich BWL - Beschaffung, Produktion, Logistik, Note: 1,0, Beuth Hochschule für Technik Berlin, Sprache: Deutsch, Abstract: Eine zunehmend dynamische Entwicklung von Markt- und Wettbewerbsbedingungen stellt die Unternehmen in Deutschland vor immer größere Herausforderungen. Der daraus resultierende Handlungsbedarf stellt hohe Anforderungen an die Unternehmensführungen. In vielen Branchen ist eine weitere Gewinnsteigerung nur noch durch Rationalisierungsmaßnahmen und Prozessoptimierungen möglich. Chancen ergeben sich in diesem Kontext aus einer zunehmenden Vernetzung der Wertschöpfungs- und Lieferketten. Diese Entwicklung ist vor allem durch eine enge Zusammenarbeit und Kooperation der Unternehmen untereinander gekennzeichnet. In den letzten Jahren haben in vielen Branchen, insbesondere im Handel, in der Konsumgüterindustrie, der industriellen Fertigung und in der Distributions- und Lagerlogistik automatische Identifikationsverfahren (Auto-ID-Verfahren) Einzug gehalten und konnten sich schnell und erfolgreich etablieren. Die Gesamtheit der automatischen Identifikationsverfahren schließt die Vergabe, die Allokation, die Übermittlung und die Verarbeitung von maschinenlesbaren, elektronisch gespeicherten Informationen ein. Daten, die auf solche Art und Weise verarbeitet werden, bilden die wesentliche Grundlage zur Steuerung von Unternehmensprozessen. Primäres Kennzeichen und Vorteil dieser Technologie ist, dass Geschehnisse und Zustände der realen Welt ohne Zeitverzug in Informationssystemen als Echtzeitinformationen darstellbar sind. Daraus ergeben sich große Potenziale für alle Stufen der Wertschöpfungskette. Betriebliche Prozesse können transparenter und wirtschaftlicher gestaltet werden, was mittelfristig zu Kostenersparnissen und Effizienzsteigerungen führt. Damit leisten diese Technologien zugleich einen wichtigen Beitrag für die weitere Existenzsicherung des Unternehmens. Die weiteste Verbreitung mit einem geschätzten Gesamtanteil von rund 75 Prozent der verwendeten automatischen Identifikationsverfahren weist die Barcodetechnologie auf. Trotz vieler Vorteile stößt der Barcode heute indes schnell an seine technischen Grenzen. Weitaus bessere ökonomische Möglichkeiten bietet die RFID-Technologie. Es ist daher insbesondere zu analysieren, in welchen Bereichen sich der RFID-Einsatz bereits bewährt hat und inwieweit Integrationshemmnisse bestehen. Mit den Ergebnissen dieser Abhandlung soll es ermöglicht werden, Potenziale und Hemmnisse dieser Querschnittstechnologie realistisch einzuschätzen und Handlungsempfehlungen zu vermitteln.

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Leseprobe

3 Reifegrad und Marktchancen der RFID-Technologie


 

3.1 Struktur und Entwicklung des RFID-Marktes


 

Die RFID-Technologie konnte sich seit den Anfängen ihrer kommerziellen Vermarktung als Nischentechnologie in den 1990er Jahren mittlerweile als Massenanwendung und feste Marktgröße etablieren. Trotz des weiterhin erforderlichen Entwicklungs- und Forschungsbedarfs verzeichnet die gesamte Branche im Verlauf der letzten Jahre zweistellige Wachstumsraten. Dennoch wurden die Marktchancen anfänglich deutlich zu positiv bewertet. So musste eine noch im Jahre 2006 von der Deutschen Bank AG prognostizierte Wachstumsrate von 57 Prozent pro Jahr für den Zeitraum von 2004 bis 2010 nach unten korrigiert werden. Statt der spekulierten 22 Mrd. US-Dollar Gesamtumsatz wurden lediglich 5,61 Mrd. US-Dollar erreicht.[160] Als Gründe hierfür sind neben der sehr langen Reifezeit der Technologie auch ökonomische Bedenken bezüglich der Chancen und Risiken aufzuführen (siehe dazu auch Abschnitt 2.6). Eine Bewertung bisheriger Erfahrungen mit RFID fällt potenziellen Anwendern durch die große Anzahl unterschiedlicher Ergebnisse in vielen Pilotprojekten schwer und stärkt so die Vorbehalte, die gegen eine RFID-Einführung sprechen. Zudem besteht allgemeiner Konsens, dass Zukunftstechnologien in der Einführungsphase oft zu positiv bewertet werden.[161] Bedingt durch einen stagnierenden Automobilabsatz wirkten sich des Weiteren die wirtschaftlichen Krisenjahre 2009 und 2010 negativ auf den RFID-Gesamtumsatz aus. Dessen ungeachtet war die RFID-Branche in weit geringerem Ausmaß von Absatzeinbrüchen betroffen als viele andere Branchen.[162]

 

Analysten zufolge wird sich der positive Trend der letzten Jahre auch zukünftig fortsetzen und soll in den nächsten Jahren zusätzlich an Kraft gewinnen. Nach einer Marktstudie von ABI Research aus dem Jahr 2012 wird eine durchschnittliche Wachstumsrate von 20 Prozent pro Jahr erwartet. So erhöhte sich allein im Jahr 2011 der globale RFID-Gesamtumsatz um 900 Mio. US-Dollar[163] auf ein Gesamtvolumen von 6,51 Mrd. US-Dollar.[164] Bis zum Jahr 2014 wird eine weitere Steigerung auf 8,25 Mrd. US-Dollar prognostiziert.[165] Für das laufende Jahr 2013 sind keine verifizierbaren Prognosen verfügbar. Nach einer Mitgliederbefragung des Industrieverbands für Automatische Identifikation, Datenerfassung und mobile Datenkommunikation für Deutschland, Österreich und Schweiz (AIM-D) ergibt sich jedoch ein durchweg positives Bild. Befragte Unternehmen verweisen auf gestiegene Umsätze und hohe Investitionen im ersten Halbjahr 2013 im Vergleich zum Vorjahr.[166] In Abbildung 15 ist die Entwicklung des weltweiten Gesamtumsatzes von 2004 bis 2012 dargestellt.

 

 

Abbildung 10: Weltweiter Umsatz im RFID-Bereich von 2004 bis 2012, eigene Darstellung[167]

 

Für eine Analyse des Marktwachstums erfolgt in Tabelle 7 eine zusammenfassende Auswertung des Gesamtumsatzes für den Zeitraum von 2004 bis 2012. Daraus ergab sich eine Wachstumsrate von 24,64 Prozent im arithmetischen Mittel. Aufgrund der teilweise sehr starken Schwankungen des Marktzuwachses im Zeitverlauf gibt eine Berechnung des einfachen Durchschnitts ein verzerrtes Bild ab und ist als aussagekräftige Kennzahl nicht zu empfehlen. Eine genauere Bewertung ermöglicht die in der Investitionsrechnung verbreitete Kennzahl der Compound Annual Growth Rate (CAGR). Im Deutschen steht CAGR für die durchschnittliche jährliche Wachstumsrate eines Unternehmens oder einer ganzen Branche. Mit der CAGR-Kennzahl werden unter Annahme einer exponentiell geglätteten Wachstumsrate prozentuale Größenänderungen in einer gegebenen Datenreihe berechnet.[168] Sie wird wie folgt berechnet:

 

 

 

Tabelle 7: Wachstumsrate des RFID Marktes von 2004 bis 2012, eigene Darstellung[169]

 

 

Aus der Berechnung der CAGR-Kennzahl über den Zeitraum von 2004 bis 2012 ergibt sich eine Wachstumsrate von 19,88 Prozent. Der von ABI Research errechnete Wert von ca. 20 Prozent erhält folglich Bestätigung. Findet die Umsatzprognose für das Jahr 2014 Berücksichtigung, schwächt sich die durchschnittliche jährliche Wachstumsrate auf rund 17 Prozent leicht ab.

 

Die hohe Wachstumsrate der letzten Jahre wurde vor allem durch die steigenden Bedarfe nach RFID-Produkten in der Logistikbranche, dem Transportwesen, dem öffentlichen Bereich und dem Einzelhandel beeinflusst. Ihr Anteil wird mit rund 60 Prozent beziffert. In den vergangenen Perioden war es vor allem die Automobilbranche, die als wichtigster Nachfragesektor im RFID-Bereich fungierte. Bis zum Jahr 2015 wird sie bei gleichbleibender Entwicklung diese Position jedoch an den Einzelhandel abgeben.[170] Insbesondere der hohe Bedarf an passiven RFID-Tags in der Textilbranche zeigt hier Wirkung. Dieser lag im Jahr 2012 bei ca. 1 Mrd. Stück, bei einem weltweiten Gesamtabsatz von 3,98 Mrd. Tags. Damit wurden 1,05 Mrd. Tags mehr verkauft als noch im Jahre 2011 (2,93 Mrd.).[171] Zu einem bedeutenden Wachstumstreiber könnte sich nach aktuellen Einschätzungen von IDTechEx Ltd. die Verbreitung von intelligenten Verpackungen (e-Verpackungen) mit integrierten passiven RFID-Transpondern entwickeln.[172] Wie Abbildung 16 verdeutlicht, entfiel bereits im Jahr 2011 der weitaus größte Anteil am RFID-Gesamtmarkt auf den Absatz von passiven RFID-Tags.

 

 

Abbildung 11: Struktur des RFID-Marktes im Jahr 2011 in Anlehnung an Kalliwoda Research GmbH (2012), S. 9

 

Eine Kurzbetrachtung der RFID-Branche in Deutschland wird die Untersuchung der Marktpotenziale beenden. Deutschland wird im internationalen Vergleich eine Führungs- und Vorreiterrolle bei der Entwicklung der RFID-Technologie innerhalb Europas zugeordnet.[173] So sieht das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) die deutschen Unternehmen nicht nur in der Rolle als RFID-Nutzer, sondern als wichtige RFID-Technologieanbieter und technische Dienstleister.[174] Dies spiegelt sich auch durch in Deutschland ansässige Technologieunternehmen wie z.B. die Mühlbauer AG wider, die als einer der Weltmarktführer für RFID-Anwendungen gilt.[175] Der deutsche RFID-Markt ist in seiner Gesamtheit sehr stark fragmentiert. So erfolgt die Herstellung der Mikrochips durch eine geringe Anzahl sehr großer Unternehmen wie Infineon, während Zulieferer z.B. für die Inlays zumeist mittelständisch geprägt sind. Im Segment RFID-bezogener Servicedienstleistungen und der Systemintegration (Hardware- und Softwareintegration) sind sowohl Großunternehmen wie Siemens und die IBM Deutschland GmbH vertreten als auch zahlreiche KMU. Organisiert hat sich die Branche im Industrie- und Wirtschaftsverband Association of Identification Manufactures für Deutschland, Österreich und Schweiz (AIM-D).[176] In dem Verband sind neben einigen Großunternehmen vorwiegend KMU vertreten.[177]

 

3.2 Beurteilung des technologischen Reifegrads


 

Als ein Haupthindernis für die Implementierung einer RFID-Infrastruktur führen viele befragte Unternehmen eine mangelnde technologische Reife auf, ohne dabei spezifische Aspekte anzugeben.[178] Daher wird innerhalb dieses Abschnitts eine kritische Betrachtung der RFID-Technologie bezüglich des technologischen Reifegrads erfolgen. Eine Bewertung des Umsetzungs- oder Reifegrads von Technologien erweist sich als notwendig, da sie als abstrakte Gebilde selbst nicht quantifizierbar sind.[179] Der Begriff des Reifegrads wird in der Fachliteratur zumeist im Zusammenhang von erfolgreichem oder weniger erfolgreichem Projektmanagement diskutiert.[180] Nach Kerzner hat „ein Unternehmen […] einen hohen Reifegrad im Projektmanagement erreicht, wenn es eine Standardmethode und Begleitprozesse eingeführt hat, die eine hohe Wahrscheinlichkeit für wiederholten Erfolg bietet.“[181] Wird diese Definition für die Bewertung einer Technologie angewendet, hieße dies, dass eine Technologie einen hohen Reifegrad erreicht hat, wenn sie in einem Anwendungsbereich erfolgreich eingeführt wurde und eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass dies auch für weitere Bereiche der Fall sein wird. Eine solche Deutung ist für die Beurteilung der Reife einer Technologie nicht ausreichend. Neben der erfolgreichen Umsetzung in Projekten sind wichtige Rahmenbedingungen wie anfallende Kosten für Forschung und Entwicklung, Wirtschaftlichkeit des Einsatzes, Anwendungsbreite, Benutzerfreundlichkeit, gesetzliche Vorschriften und vieles mehr essenziell.

 

3.2.1 Einordnung der RFID-Technologie im S-Kurven-Konzept


 

Eine weiter differenzierte Betrachtung des Reifegrads ist unter Einbeziehung der kumulierten Forschungs- und Entwicklungskosten gegeben. In Abbildung 17 ist dazu das S-Kurven-Konzept von McKinsey dargestellt. In dem Modell wird die Entwicklung der Leistungsfähigkeit von Technologien im Kontext des kumulierten Aufwands für Forschung und Entwicklung (F&E) veranschaulicht....

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